[Review] C.A. Seydel Söhne Session Steel C - diatonsche Mundharmonika

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SaxyMaultrommler
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Hiermit folgt ein Review bzw. mein Erfahrungsbericht für die Session Steel Bluesharp der deutschen Manufaktur Seydel.
Die Harp in C (sog. Richter-System) hatte ich mir als Anfänger aufgrund des positiven Markenimages des Herstellers bestellt.
Kaufargumente waren insbesondere ein Produkt von der ältesten Mundharmonikamanufaktur zu erwerben. Somit versprach ich mir erstklassige Qualität.

Der Kanzellenkörper ist abgerundet und besteht aus Kunststoff; ausserdem werden in diesem Modell diesselben korrosionsfreien Edelstahl-Stimmzungen wie auch in den teurerern 1847 Modellen verbaut; dies erleichtert die Reiniung enorm, was auch der einfachen Deckeldemontage geschuldet ist (2 Kreuzschlitzschrauben). Die Stimmplatten bestehen aus Neusilber, welche ebenfalls sehr pflegeleicht sind. Einfach unter den fliessenden Wasserhahn, ausschüttlen, trocknen lassen, fertig. Bei Holz, zumindest wenn es nicht sauber versiegelt ist, besteht frundsätzlich die Gefahr des Aufquillens.
Im Lieferumfang enthalten ist ein praktisches passgenaues Lederetui, was den Transport in der Hosentasche ermöglicht sowie ein kleines Reiniungstuch.
Zudem erhält man exklusiven Zugang zu einigen Lernvideos auf der Herstellerseite.

Soweit, sogut...kommen wir nun zum eigentlich Test:
Die abgerundete Form liegt gut in der Hand. Der Kanzellenkörper fällt etwas größer aus, was etwas gewöhnungsbedürftig ist, da der Mund insgesamt weiter geöffnet werden muss als bei den meisten Wettbewerbsmodellen. Keine Scharfen Kanten; Stimmzungen sind im Kunststoffkanzellenkörper integriert; somit keinerlei Verletzungsgefahr (Stichwort: blutige Lippen). Die Harp gibt es in unterschiedlichen Stimmungen und Farben (beim Hersteller selbst hat man neben dem typischen Orange die Auswahl zwischen Sommer- und Winteredition...das Innenleben ist immer dasselbe. Praktisch nur, wenn man jeder seiner unterschiedlich gestimmten Harps eine bestimmte Farbe zuweisen kann.
Die Edelstahlstimmzungen der Harp sind zwar stabiler und langlebiger als Messing-Stimmzungen oder aus Phosphor Bronze; um diese in Schwingung zu versetzten Bedarf es demzufolge mehr Anstrengung, was die Tonansprache träger gestaltet.
Der Klang an sich ist relativ laut und im Gegensatz zu anderen Herstellern etwas "metallern".

Bendings sind mir sehr schwer gefallen (kann auch an meinen Skills liegen). Aber: nachdem der Blaston auf Kanzelle 2 nur mit sehr viel Druck kam (Problematisch ist i.d.R. Ziehton auf Kanzelle 2), habe ich die Harp vorsichtig demontiert...und zu meiner großen Verwunderung war hier der erste gute Eindruck sehr schnell verflogen.
Zum einen greifen die Schrauben der Deckel nicht zuverlässig. Denke, dass man nach mehrmaligem Öffnen die Schrauben/Gewinde ersetzten müsste.
Auf den Montageplatten selbst befanden sich teils dunkle Flecken (Montageöl?) und Reste eines Fingerabdrucks.
Dann der Blick auf Blaszunge Kanzelle 2. Kein Wunder, dass hier nichts ging. Diese war mit viel zu großem Abstand zur Stimmplatte eingesetzt...ca. 1mm Abstand.
Nun ja, hätte bestimmt selbst Hand anlegen können und den Abstand vorsichtig korrigiert; zum einen besteht aber hier die Gefahr, die Stimmzunge zu brechen, zum anderen gehe ich davon aus, dass ich für ca. 50,-€ ein fehlerfreies Instrument bekomme. Zum Thema Endkontrolle kann und möchte ich mich nicht äussern, da ich vielleicht auch nur Pech hatte und ein Montagsprodukt erhalten habe.

Habe Sachverhalt reklamiert und direkt zum Hersteller, wo diese auch erworben wurde, zurück geschickt und mir bei Thomann eine Suzuki MR-200 Harpmaster C für ca. die Hälfte des Preises gekauft, welche out-of-the-box einwandfrei funktioniert. Spricht wieder mal für die Qualität der Japaner...

P.S.: Ben Bouman ist auf die Veredelung von Seydel Mundharmonikas spezialisiert.
Vielleicht wäre dies für den/die eine(n) oder andere(n) interessant, zumal die Instrumente nur unwesentlich teuer sind als direkt aus der Fabrik...hier ein Link:
https://www.benboumanharmonicas.nl/rapidcartpro/index.php?product/page/255/Session+Steel

Wer eine quasi chromatische diatonische Mundharmonika sucht und sich nicht monatelang mit dem Üben von Bendings, Overblows etc. herumärgern möchte, könnte die TurboSlide in Erwägung zieheh. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine modifizierte Session Steel:
https://turboharp.com/collections/the-turboslide-series/products/turboslide

C.A. Seydel Söhne Session Steel C
 
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Zum einen greifen die Schrauben der Deckel nicht zuverlässig. Denke, dass man nach mehrmaligem Öffnen die Schrauben/Gewinde ersetzten müsste.
Diese Einschätzung hat mich neugierig gemacht.
Die Deckelmontage mit Schrauben und Stiftmuttern fand ich bei Öffnen und Schließen des Deckels unproblematisch, solange - wie immer bei Kreuzschlitz - der genau passende Schraubendreher verwendet wird.

Auf meinem Bild sieht man rechts eine der beiden Deckelschrauben mit Stiftmutter als Gegenstück der Schaube. Der Schraubendreher zeigt auf den beim Exemplar des Reviews angesprochenen Lösabstand.
Seydel Session Steel Lösabstand.jpg

Bei meiner Session Steel passt für mich alles, die Verarbeitung, das Anspielverhalten und der Klang.
Nur wenig günstiger und vergleichbar gut fände ich allenfalls eine Lee Oskar Diatonic C. Deren Preisvorteil beruht auf den günstigeren Stimmplatten aus Messing statt der Neusilber-Stimmplatten mit Edelstahl-Stimmzungen bei der Seydel Session Steel.

Gruß Claus
 
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@Claus
Im Review habe ich die Blaszunge erwänht, welche quasi über den Kanzellenkörper zu sehen bzw. einzustellen sind, nicht die von Dir abgebildeten Ziehzungen.
In Puncto Schraubendreher setze ich ausschl. Markenprodukte ein; daran sollte es nicht gelegen haben...Die von Dir abgebildete Stimmplatte zeigt auf den ersten Blick eine sehr gute Einstellung, aber eben die Ziehtöne betreffend...im Gegensatz zu meinem Exemplar ist die Oberfläche auch sauber.
 
Stimmt schon. Vor allem hat mich aber interessiert, was mit der Schraubverbindung der Deckel los sein soll.
Als ich die Mundharmonika dann offen hatte, habe ich bei dieser Gelegenheit zwei Fotos gemacht, die Stimmplatte wollte ich für weitere Detailaufnahmen aber nicht demontieren. Fachfremde Leser haben m.E. auch so eine Veranschaulichung, um was es überhaupt geht.

Das folgende Bild zeigt also die "Rückseite" in montiertem Zustand, das erste Motiv fand ich einfach akttraktiver.
Seydel Session Steel innen.jpg

Fotos zum Beleg der Aussagen und Bewertungen in einem Review wären natürlich wichtig, aber Aufgabe des Verfassers.

Gruß Claus
 
...Mit Fotos meines Exemplars kann ich nicht dienen, da ich die Seydel enttäuscht nach entdecken des Mangels eingepackt und auf dem direkten Weg zurück geschickt habe.

P. S. Möchte das Produkt auch nicht schlecht reden, gebe hier lediglich meine ehrliche Erfahrung wieder... Vielleicht ein Einzelfall, mag sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Mecky
...mag schon sein; wäre für mich aber schon deshalb nicht in Frage gekommen, da mir die Ansprache des Instruments nichts zugesagt hat.
Gebe Claus ebenfalls recht. Ein Bekannter von mir spielt u.a. Lee Oskars in verschiedenen Stimmungen und ist sehr zufrieden.
Ich bin mit Suzuki glücklich. Sowohl Harpmaster als auch Bluesmaster einwandfrei und schöner Klang.
Ist halt Geschmackssache...und das ist gut so ;-)
 
Die Bewertungen bei thomann sprechen eher für die Qualität der Seydel-Muhas. Ich habe auch sehr gute Erfahrung mit dem telefonischen Kundensupport von Seydel gemacht, man kann mit den Leuten reden (mit den "Japanern" täte ich mich schwer). Meine einzige richtig schlimme "Zitrone", die ich mal erwischt habe, ist eine Chromatische von Hohner, die nicht mal der Reparaturservice richtig hinbekommen hat. Dennoch würde ich nicht daraus folgern, dass Hohner schlechte Qualität produziert. Passiert halt mal.

Bei den Stahlzungen ist für mich der Hauptvorteil, dass sie die Stimmung länger halten. Grad bei chromatischen Mundharmonikas (die ich am meisten spiele), ist das Nachstimmen ein ziemlich mühsames Geschäft. Da ich öfters mit anderen Instrumenten zusammen spiele, ist für mich die Stimmhaltigkeit sehr wichtig.
Der Klangunterschied zwischen Messing- und Stahlzungen wird vom Publikum nicht wahrgenommen, jedenfalls hat mich noch nie jemand drauf angesprochen. Ich könnte selbst nicht sagen, was von beiden "schöner" klingt. Bei Aufnahmen könnte ich hinterher nicht mehr erraten, welche Muha ich da gespielt habe (zB ob Seyel oder Hohner)

Seydel ist aus meiner Sicht der innovativste Muha-Hersteller, grade bei den Chromatischen, und ich finde es bewundernswert, was sie aus dieser "DDR-Klitsche" gemacht haben. Nach Kundenwunsch konfigurierte Mundharmonikas gibt es m.W. nur bei Seydel, und ich habe mir auch schon einige "maßschneidern" lassen. Da ich keinen Blues spiele, ist für mich bei den Diatonischen die "Paddy-Richter-Stimmung" am nützlichsten. Ich hab mit schon selbst solche gebastelt, aber bis man die Stimmzunge um einen Ganzton höhergeschliffen hat, das dauert. Dass man die fertig kaufen kann, finde ich klasse.
 
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Da ich einige Seydel-Muhas habe, liegen meine Erfahrungswerte was Qualität betrifft auf sehr hohem Niveau. Ganz hoch lege ich auch die Messlatte was der Seydel-Kundendienst betrifft. Und im Gegensatz zu anderen, bzw. einen namenhaften Hersteller, ist die Fa. Seydel überdurchschnittlich Flexibel. Ein gewisser Werbespruch: “Nichts ist unmöglich“ trifft es nahezu 100%.

Gewisse negative Erfahrungen sind m. E. eine Sache, zumal sich Beanstandungen anstandslos beheben lassen würden, wenn man es denn wollte.

Aber wegen einem faulen Apfel die komplette Ernte mit Samt dem Erzeuger öffentlich an den Pranger stellen, ist für meinen Geschmack schon mehr als gewöhnungsbedürftig.
 
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