Sex with Your Girlfriend - zu heftig?

  • Ersteller mynodeus
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Dass du viel erklärst heißt für mich, dass du deinen Text ernst genug nimmst, um dich so damit auseinandersetzen. Ich hoffe, das gilt auch für die Kritik, die ich dir jetzt gebe.

Vorweg: die Erwähnung der Kriegsbilder (sowie zusätzlich die Sounddatei) lässt einen Film in mir ablaufen, mit vielen Nahaufnahmen und mit vielen verwackelten Einstellungen. Ich sehe keinen idealisierten Sex: ich seh einen jungen Mann, der trotz schlechten Gewissens endlich Sex will, und zwar mit dieser Frau. Er benimmt sich ungeschickt, und es ist nicht so schön wie er es sich vorgestellt hat, aber schließlich tut er es, er hat wirklich Sex. Genau wie der Typ, der in den Krieg zog und es sich auch anders vorgestellt hat, dort zu sein – aber genau das ist halt Krieg. Parallelen, die hier gezogen werden, und was allgemein ein Gefühl der Leere zurücklässt – nicht nur im betrogenen Typen, sondern auch im Ich-Erzähler.

Dieses POTENZIAL sehe ich. Angekommen ist bei mir eine unrunde Sache, wo ein Ich-Erzähler sich rauspickt, was er über sein Innenleben erzählt (er hatte schlechtes Gewissen, ist der Frau dankbar aber nicht wie es ihm WIRKLICH beim Sex ging), wodurch ich gelangweilt bin. Es ist so, als würde ein Freund mir die Geschichte erzählen, wie er mit einer Frau sein erstes Mal hatte, obwohl sie einen Freund hat, und vor allem darauf achtet, sich gut dastehen zu lassen: „Ja, wir hatten geilen Sex, hab mich gefühlt als würd ich ihren Freund damit verletzen, bisschen schlecht hab ich mich danach schon gefühlt, vor allem weil er ein netter Typ ist, aber ich bin ihr trotzdem für immer dankbar. Tja, keine Jungfrau mehr! Wie geht’s dir so?“ Dann schau ich ihn an und frage:

- Wie hast du das Mädchen kennengelernt? Bist du in sie verliebt, oder war sie echt nur eine Gelegenheit, nicht mehr?
- Wie hast du den Sex genießen können, wenn du wusstest, dass du einem anderen weh tust? War das die Art von ersten Mal, die du immer haben wolltest?
- Wie hast du später ihren Freund kennengelernt, über die betrogene Freundin? Wieso würdest du dich mit ihm treffen, wenn du ihn davor nicht kanntest?
- Und jetzt hast du keinen Kontakt mehr zu dem Mädchen, wieso das? Echt nur einmalige Sache?

Und solange ich keine Antwort bekomme, ist die Geschichte „aha“, aber nichts, an das ich mich erinnern würde später. Es fehlt einfach der interessante Konflikt, mit Betonung auf „interessant“ – ich selbst hab mal mit einer Frau geschlafen, wo ich kurz danach erst erfuhr, dass es der dreimonatige Todestag ihrer großen, mehrjährigen Liebe war. Hört sich ziemlich arg an, aber ich könnte kaum eine gute Geschichte rausholen, weil ich sie tatsächlich kaum kannte und auch kaum kennen wollte, emotional bei mir gar nichts los war, und auch umgekehrt ich ihr ziemlich egal war. Hier habe ich einen ähnlichen Eindruck, weswegen der Text irgendwie langweilig ist für mich.

Freu mich schon auf deine Antwort, hoffe mein Punkt ist klar geworden. :)

Liebe Grüße
 
Hi,

ich lese und muß meinen Gedanken und Gefühlen ständig befehlen, bei der Stange zu bleiben...

Kein Wunder bei der Vielzahl an Themen: Krieg, Einsamkeit, Untreue, erste Liebe, Tod,
Welches Thema steht im Vordergrund? - Für mich keines. Es ist Dir handwerklich noch nicht gut gelungen, ein Thema, Dein Thema - von mir aus auch PROVOKATIV - aus dem Wirrwarr hervorzuheben.

Die Reaktionen hier klingen mir zu sehr nach: "So weit ich das verstehe..."
Dein Text kommt offensichtlich nicht klar an. Ist zu kompliziert gebaut.
Warum eigentlich? Die Epik und Dramatik ist doch voller gelungener Szenen für Krieg, Einsamkeit, Untreue, erste Liebe, Tod....? Die Lyrik allerdings verkraftet so eine Themenvielfalt selten in einem einzigen Gedicht. Und wenn, arbeitet sie oft mit Anspielungen für Nebenthemen, um den Blick für das Wesentliche nicht zu verstellen.

Ich glaube, Du hast DEIN eigentliches Thema hier selber noch nicht gefunden.
Sollte es Untreue sein... wozu brauchst Du dann den Krieg... der alles so unwirklich und klein macht?
Sollte es Krieg sein, wozu dann die Untreue, die alles so unwirklich und klein macht?
Sollte es die erste Liebe sein, wozu brauchst Du dann die Untreue und den Krieg, die alles so unwirklich und klein machen?
Verstehst Du? Du nimmst dir Zeile für Zeile die Möglichkeit, mit DEINEM Thema zu spielen.

Wenn MICH denn schon etwas empört soll, dann höchstens die empfundene Unachtsamkeit, mit der Du mit deinem Haupt-Thema... und so gesehen, auch mit unserer Aufmerksamkeit.... umgehst.

Aber mich empört nichts. Ich lese einen ganz normalen Textentwurf auf dem Wege zur Unsterblichkeit oder in den Papierkorb ;-)

Lg

P.S.: Gerade denke ich darüber nach, wie stark eine musikalische Einschränkung - in Deinem Falle Darkwave - eine Idee vereinfachen, aber auch trivialisieren kann. Es ist schon schwer, sich als Musik-Texter dem Leben und nicht den angeblichen Erwartungen seines Nischenpublikums verpflichtet zu sehen. Das gilt übrigens für alles Genres!
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Mondluchs,
Vorweg: die Erwähnung der Kriegsbilder (sowie zusätzlich die Sounddatei) lässt einen Film in mir ablaufen, mit vielen Nahaufnahmen und mit vielen verwackelten Einstellungen. Ich sehe keinen idealisierten Sex: ich seh einen jungen Mann, der trotz schlechten Gewissens endlich Sex will, und zwar mit dieser Frau. Er benimmt sich ungeschickt, und es ist nicht so schön wie er es sich vorgestellt hat, aber schließlich tut er es, er hat wirklich Sex. Genau wie der Typ, der in den Krieg zog und es sich auch anders vorgestellt hat, dort zu sein - aber genau das ist halt Krieg. Parallelen, die hier gezogen werden, und was allgemein ein Gefühl der Leere zurücklässt - nicht nur im betrogenen Typen, sondern auch im Ich-Erzähler.
danke für diese Erläuterung zum Potential, das Du grundsätzlich in dem Text siehst!
Ich glaube, ich verstehe damit jetzt auch, warum Du so viele unterschiedliche Signale zum Erleben des LI in dem Text gefunden hast: Du hast die ersten Strophen so aufgefaßt, dass es eine übergeordnete Metapher "Sex ist ein Schlachtfeld" gibt; die Vorfälle auf dem Schlachtfeld würden dann das Erleben des LI spiegeln. Diese Sichtweise von Sex teile ich aber überhaupt nicht und es war auch nicht meine Absicht, das Erleben des LI durch die Schlachtfeld-Szenen auszudrücken. Vielmehr sollen die Schlachtfeldszenen darstellen, was in der Phantasie des LI dem Betrogenen zugestoßen sein könnte, während er Sex mit seiner Freundin hatte (in der Bridge angedeutet durch das "raging conscience"). Wenn man trotzdem Deine Sichtweise annimmt (wenn es denn diese war), kommt nur seltsames heraus:
- als der LI das T-Shirt der Frau hochschob, war es, als würde ihn eine Kugel treffen (wirkt übertrieben)
- als die Frau die Beine spreizte und der LI sie (dort) berührte, war es, als würde
sein Körper auf dem Schmutz (schmutzigen Boden) auftreffen (unplausibel)
- als der LI die Körperflüssigkeiten der Frau genoß, war es, als würde seine von
seiner Kleidung aufgesaugt (unplausibel)
- als der LI und die Frau den Punkt ohne Wiederkehr (also Orgasmus-Beginn) erreichten, war es für ihn, als würde er diesen überschreiten (auf den Soldaten bezogen also: die Grenze zwischen Leben und Tod überschreiten) und ins Leere hinaustreten (auch seltsam)
Meinst Du das mit den "widersprüchlichen Signalen"? War aber wie gesagt auch überhaupt nicht in dieser Weise gedacht.
Angekommen ist bei mir eine unrunde Sache, wo ein Ich-Erzähler sich rauspickt, was er über sein Innenleben erzählt (er hatte schlechtes Gewissen, ist der Frau dankbar aber nicht wie es ihm WIRKLICH beim Sex ging), wodurch ich gelangweilt bin. Es ist so, als würde ein Freund mir die Geschichte erzählen, wie er mit einer Frau sein erstes Mal hatte, obwohl sie einen Freund hat, und vor allem darauf achtet, sich gut dastehen zu lassen: "Ja, wir hatten geilen Sex, hab mich gefühlt als würd ich ihren Freund damit verletzen, bisschen schlecht hab ich mich danach schon gefühlt, vor allem weil er ein netter Typ ist, aber ich bin ihr trotzdem für immer dankbar. Tja, keine Jungfrau mehr! Wie geht's dir so?"
Dann schau ich ihn an und frage:
- Wie hast du das Mädchen kennengelernt? Bist du in sie verliebt, oder war sie echt nur eine Gelegenheit, nicht mehr?
- Wie hast du den Sex genießen können, wenn du wusstest, dass du einem anderen weh tust? War das die Art von ersten Mal, die du immer haben wolltest?
- Wie hast du später ihren Freund kennengelernt, über die betrogene Freundin? Wieso würdest du dich mit ihm treffen, wenn du ihn davor nicht kanntest?
- Und jetzt hast du keinen Kontakt mehr zu dem Mädchen, wieso das? Echt nur einmalige Sache?
Und solange ich keine Antwort bekomme, ist die Geschichte "aha", aber nichts, an das ich mich erinnern würde später.
Ich finde umgekehrt, dass der Text langweilig wäre, wenn er diese Fragen beantworten würde. Der Leser muß ja gar nicht alle Fakten erfahren. Es reicht doch zu wissen, dass das Verhältnis zwischen der Frau und dem LI so ist, dass ein Anruf mit einer eindeutigen Absicht möglich ist. Natürlich ist das nicht die Art erstes Mal, die man sich wünschen würde, aber das ist so offensichtlich, dass ich es nicht explizit aufschreiben würde. Von einem absichtlichen Treffen mit dem Freund ist nicht die Rede, sondern nur vom Kennenlernen, das ja auch zufällig - auf einer Party oder in einer Kneipe - passiert sein kann. Ich hatte auch darüber nachgedacht, den Fortgang der Geschichte noch zu entwickeln, aber hatte dann den Eindruck, dass der Kern der Geschichte schon im Text erfaßt ist und dass alles andere nur eine willkürliche Ergänzung wäre.
Es fehlt einfach der interessante Konflikt, mit Betonung auf "interessant" - ich selbst hab mal mit einer Frau geschlafen, wo ich kurz danach erst erfuhr, dass es der dreimonatige Todestag ihrer großen, mehrjährigen Liebe war. Hört sich ziemlich arg an, aber ich könnte kaum eine gute Geschichte rausholen, weil ich sie tatsächlich kaum kannte und auch kaum kennen wollte, emotional bei mir gar nichts los war, und auch umgekehrt ich ihr ziemlich egal war. Hier habe ich einen ähnlichen Eindruck, weswegen der Text irgendwie langweilig ist für mich.
Du hast recht, die Frau wird in dem Text auf das rein Sexuelle reduziert und auf ihre "Einsamkeit". Eine einfühlsame und liebevolle Schilderung des Verhältnisses zwischen dem LI und der Frau würde aber nicht zur Stimmung des Songtexts passen. Ein anderer Punkt ist, dass Dir ganz allgemein ein interessanter Konflikt in dem Text fehlt. Für mich war das schließlich der Gewissenskonflikt des LI, der in den Schilderungen des Soldaten ja ins Monströse geht. Aber ich hatte den Titel und die Grundidee eine ganze Weile liegen und hing an genau diesem Punkt fest, dass ich dachte, es bleibt trotz der Übersteigerung mit dem Kampfeinsatz und Tod des Soldaten eine banale Geschichte. Dann habe ich diesen Zugang über die parallele Beschreibung von Liebespaar und sterbendem Soldaten gefunden und habe gedacht, durch die Verschränkung der beiden mit doppeldeutigen Formulierungen (wie "point of no return" in Bezug auf Sex und Sterben, usw.) hätte ich den Inhalt interessant gemacht und wäre über die pure Provokation hinausgekommen. Wie ich jetzt an Dir (und anderen) sehe, hat das so nicht ausgereicht, obwohl es bestimmt noch langweiligere Texte zu diesen Themen gibt.
Gruß m.
 
Wie gesagt: der Konflikt "Ich habe mit einer Frau Sex, die ihren Freund dabei betrügt" ist für mich per se absolut uninteressant. Null provokant. Die Überlegung, dass er am Schlachtfeld stirbt, während sie Sex haben, hat zwar schon mehr Potenzial - aber der Gedanke allein hängt in der Luft bei dem Text. Aus dem heraus wird's noch immer nicht viel interessanter für mich. Und viel mehr seh ich in dem Text grad nicht, viel mehr scheinst du auch nicht gewollt zu haben, was ich deiner Antwort so entnehme. "Mann hat mit Frau Sex, die einen Freund hat. Man vergleicht mit seinem Tod auf einem Schlachtfeld. Ende." Mehr Interessantes kommt da nicht raus! Dass der Freund nett ist, dass der Mann der Frau immer dankbar ist - das ist mir relativ egal, weil es einfach nichts bewirkt.

Deswegen auch meine Fragen, ob nicht vielleicht doch woanders noch mehr Konflikt beabsichtigt sein könnte. Aber anscheinend hast du einen recht harmonischen Text angestrebt, der eher harmlos bleibt und nicht wirklich provoziert. Als ich den Titel las, dachte ich mir, dass der Erzähler entweder mal den betrogenen Freund verarscht ("Ha, so behandelt man deine Freundin richtig, du Lusche!") und daher Provokation entsteht (weil der Ich-Erzähler, mit dem man sonst sympathisiert, einfach ekelhaft ist) oder vielleicht arge Sachen passieren z.B. dass er eigentlich das Pärchen gefangen hält und den Freund zwingt zuzusehen, während er seine Freundin vögelt. DAS wäre schon mal ein Ansatz, um einen interessanten, provokanten Text zu schreiben.

Ehrliche Frage: wenn du wirklich provokant sein willst, wieso versuchst du es nicht einmal so? Wieso treibst du es nicht auf die Spitze? So wirkt es noch es sehr verhalten.
 
Hallo Mondluchs,
Wie gesagt: der Konflikt "Ich habe mit einer Frau Sex, die ihren Freund dabei betrügt" ist für mich per se absolut uninteressant.
für mich auch.
"Mann hat mit Frau Sex, die einen Freund hat. Man vergleicht mit seinem Tod auf einem Schlachtfeld. Ende."
Nein, die Provokation ist, dass es sich um einen Soldaten im Einsatz handelt, was die Hörer sofort Partei gegen den LI ergreifen läßt, und dass das Sterben des Soldaten in einer pietätlosen Weise mit den Etappen eines Liebesakts synchronisiert wird.
Aber das soll jetzt keine Verteidigung sein - es ist angekommen, dass dies für Dich und auch andere hier im Forum zu wenig für einen interessanten Text ist.
Als ich den Titel las, dachte ich mir, dass der Erzähler entweder mal den betrogenen Freund verarscht ("Ha, so behandelt man deine Freundin richtig, du Lusche!") und daher Provokation entsteht (weil der Ich-Erzähler, mit dem man sonst sympathisiert, einfach ekelhaft ist) oder vielleicht arge Sachen passieren z.B. dass er eigentlich das Pärchen gefangen hält und den Freund zwingt zuzusehen, während er seine Freundin vögelt. DAS wäre schon mal ein Ansatz, um einen interessanten, provokanten Text zu schreiben.
Der Thread-Titel weckt wegen des Song-Titels vielleicht die Erwartung, es ginge um heftigen Sex - aber es sind die Parallelen zwischen dem Sterbenden und dem Liebespaar, die bei diesem Text diskussionswürdig sind.
In Deinen Vorschlägen sehe ich das Potential für Provokation. Ich sehe aber Provokation nicht als Selbstzweck, sondern wollte nur eine bestehende Geschichte soweit verschärfen, dass sie Reaktionen erzwingt. Deine Vorschläge haben zu wenig mit mir zu tun, um darüber schreiben zu können, das würde überhaupt nicht passen.
Gruß m.
 
Hi,

mynodeus schrieb:
Nein, die Provokation ist, dass es sich um einen Soldaten im Einsatz handelt, was die Hörer sofort Partei gegen den LI ergreifen läßt, und dass das Sterben des Soldaten in einer pietätlosen Weise mit den Etappen eines Liebesakts synchronisiert wird.

Ok. den Ansatz verstehe ich. - Wobei Du allerdings unterstellst, dass der Hörer automatisch für den Soldaten Partei ergreift, egal, ob er als Aggressor oder Verteidiger starb ... ähm nee... wie denn nun... in deinem Song "fungiert".

Aber wozu muss das LI dann den (kerngesunden) Typen Wochen später noch kennen lernen? Angst vor Deiner eigenen Courage?
 
Hallo Jongleur,
Hi,
ich lese und muß meinen Gedanken und Gefühlen ständig befehlen, bei der Stange zu bleiben...
Kein Wunder bei der Vielzahl an Themen: Krieg, Einsamkeit, Untreue, erste Liebe, Tod,
Welches Thema steht im Vordergrund? - Für mich keines. Es ist Dir handwerklich noch nicht gut gelungen, ein Thema, Dein Thema - von mir aus auch PROVOKATIV - aus dem Wirrwarr hervorzuheben.
Du hast absolut recht, es stecken zu viele Themen in diesem Text, und ich bin kein handwerklich gefestigter Texter. Mein Ansatz für das Texten ist, zu einem einschneidenden Erlebnis Material zu sammeln und aus diesem allmählich den Text "herauszuschälen". So kommt es zu der Konstellation aus den Themen 1. Mal, Betrug, Freund als Soldat im Einsatz (welcher Art auch immer). Aber der Text muß ja für sich selbst stehen können. Ich habe versucht, diese Aspekte zu verweben (z.B. first girl des LI vs. last girl für den Verstorbenen), damit sie eine Einheit bilden, aber ein geübterer Texter hätte wohl stattdessen gleich die Themen eingeschränkt. Am ehesten ist wohl das Thema "1. Mal" verzichtbar, das die letzte Strophe auch noch schwülstig macht.
Aber wozu muss das LI dann den (kerngesunden) Typen Wochen später noch kennen lernen? Angst vor Deiner eigenen Courage?
Mir würde etwas fehlen, wenn ich das "Durchscheinen" der realen Geschichte in der Bridge streichen würde. Aber dieser Teil wurde von so vielen als verschlechternd empfunden, dass ich da noch einmal in mich gehen muß.
P.S.: Gerade denke ich darüber nach, wie stark eine musikalische Einschränkung - in Deinem Falle Darkwave - eine Idee vereinfachen, aber auch trivialisieren kann. Es ist schon schwer, sich als Musik-Texter dem Leben und nicht den angeblichen Erwartungen seines Nischenpublikums verpflichtet zu sehen.
In erster Linie ist mein Ziel, einen Text zu schreiben, den ich auch selbst gut finde; Darkwave ist nur der Hintergrund meiner Mitstreiter, und düstere Texte liegen mir auch selbst mehr und entstehen aus dem Ansatz, einschneidende Erlebnisse zu verarbeiten. Kann natürlich trotzdem gut sein, dass etwas triviales herauskommt.
Gruß m.
 
Hallo mynodeus
nodeus schrieb:
...aber ein geübterer Texter hätte wohl stattdessen gleich die Themen eingeschränkt....

Das glaube ich nicht. Ich arbeite oft anfangs so, wie Du es beschrieben hast. Aber irgendwann schält sich aus dem Material mein Hauptmotiv heraus. Also meine eigentliche Idee.

Und dann brauche ich plötzlich Platz, um mit den verschiedenen Fassetten DIESER Idee herum zu spielen.
Außerdem können sich Geschichten, die eben noch scheinbar hervorragend zusammen passten ( weil sie ja unter einem ehemals großen Dach gelagert wurden) plötzlich gegenseitig die Wirkung rauben.
Es geht MIR irgendwann nur noch darum, gnadenlos alles, was einst bei der Stoffsammlung anfiel, so zu streichen, dass der mutigste Gedanke sichtbar wird, der Blick darauf nicht verstellt wird von Bildern, die sich vorher eher zufällig einstellten. In dieser Phase brenne ich darauf, mein Anliegen total zu verschärfen. Am Besten so sehr, wie es sich noch nie ein Dichter vor mir traute:cool:

Komisch, diesen Prozess kann man kaum theoretisch beschreiben. Es ist ganz erstaunlich, von wie vielen Worten man sich letztlich noch trennen kann, nein muss, bevor der Text wirklich dicht wirkt.

Ich bin überzeugt, dass Du nichts verlierst, wenn der Soldat begraben bleibt. Auch auf DEINE Kugel, die IHN traf ( gefällt mir intuitiv auch) musst Du nicht unbedingt verzichten.
Ein Teil meiner Verwandtschaft lebt in den Staaten und arbeitet bei der Armee. So gesehen, hätte ich durchaus bei einer Frau landen können, deren Mann in Asien zeitgleich sein Leben hätte verlieren können. - Vielleicht fehlte Dir ja nur ein hautenger Bezug zum Krieg, so dass Du zu einer letztlich ängstlichen Lösung gekommen bist, um Dir ein authentisches Gefühl für Deinen Text zu bewahren.

Naja... das ist natürlich bereits sehr spekulativ von mir.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Jongleur,
Deine Einschätzung mit dem "Bewahren des authentischen Gefühls" trifft es sehr gut. Ich hatte plötzlich eine Idee, wie ich die Stoffsammlung zu einem Songtext machen kann. Diese habe ich in den ersten drei Strophen und im Refrain durchgezogen. In der dritten Strophe mit dem "body bag" hatte ich dann den Eindruck, dass sich die Sache totläuft und dass jetzt etwas neues kommen muß - bequemerweise neue Bestandteile der ursprünglichen Story. Ab diesem Punkt habe ich aus Gründen des "authentischen Gefühls" tatsächlich zu viel stehen lassen, was nun nicht mehr paßt und nur für mich, in Kenntnis der Ausgangsbasis, wichtig erschien. Die Folgerung ist jetzt für mich, die Bridge und die letzte Strophe noch einmal anzugehen, sobald der Text mal wieder an die Reihe kommt.
Gruß m.
 
hallo my nodeus,
ich bin mir nicht sicher, ob Du überhaupt etwas ändern musst, um die letzte Begegnung zu streichen.

Du könntest sie, quasi als Wiederholung, durch eine frühere Strophe ersetzen.

Zum Beispiel:

With trembling fingers I pushed up her T-shirt
when a bullet hit yours and it ripped you open.
She opened her legs and I gently touched her,
when your body touched the dirt.

Und weiter:

She was my first girl and for me it had been sacred.
For you she was the last.
It had been my first time and I'm forever indebted.
For you it was the moment of death.

I had sex, sex with your girlfriend
Somehow my bullet had sex with you.
We fell down, down on heaven
as your soul searched for the passage through.


Was meinst DU? - Gut, Du musst auch nicht die komplette Strophe wiederholen, sondern nur die ersten beiden Zeilen aufnehmen und mit zwei neuen ergänzen.
(Mit dem "Somehow" bin ich mir allerdings nicht sicher. Überhaupt vermisse ich die native speakers in diesem Thread....)

Ich will dich doch nur vor der immer nahe liegenden Gefahr beschützen, ein weiteres Thema in den Song zu schummeln :D

Songpolizist Jongleur
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Jongleur,
danke für Deine Vorschläge! So wie ich Deinen Beitrag verstehe, würdest Du nur die Strophe mit dem Lebenden streichen und die first girl/last girl-Strophe lassen. In der Form kann ich mir den Text gut vorstellen (er wird dann nicht so eindimensional wie beim Streichen der Strophe mit dem Lebenden und der letzten Strophe). Das schwülstige "forever indebted" würde ich dann vielleicht noch ändern.
Sehr gut finde ich grundsätzlich die Änderung mit dem "Somehow". Als Idee dahinter vermute ich, dass der Twist mit "my bullet", wenn nur "that" zu "my" geändert wird, vermutlich nur beim Lesen, aber nicht beim Hören erkennbar ist. Damit der Twist auch beim Hören ankommt, ist es wahrscheinlich nötig, auch die restliche Zeile noch etwas zu verändern. Leider ist "Somehow" zweisilbig und die Betonung liegt auch noch auf der zweiten Silbe, daher finde ich diese Variante noch nicht ideal (wenn ich den Text spreche, klingt das dann etwas gedrängt). Aber eine ähnliche Änderung, die metrisch besser paßt, könnte sinnvoll sein.
Grüße m.
 
Stark fände ich auch:

I had sex, sex with your girlfriend
and(!) THAT bullet had sex with you
Kommt eben drauf an, WELCHEN Grundgedanken Du herausheben möchtest.

Wenn Du Dein schlechtes Gewissen, im ambivalenten Wechselspiel mit Deinem Triumph zum Schluss betonen willst, könntest Du diese Doppelzeile zum Schluss mehrfach wiederholen (unter Umständen sogar mit einem fadeout)...

Was meinst Du?

-----------------------------------------------

P.S. Ich werde übrigens, je älter ich werde, immer häufiger hin und her gerissen, was ambivalente Aussagen betrifft.

Einerseits liebe ich das Unterschwellige, die Irritation, das Nachdenken, die Freude, eine Pointe erkannt zu haben...
... andererseits spüre ich immer wieder, vor allem im Umgang mit dem Publikum, wie mitreißend und erfrischend eine klare und originelle Aussage wirkt!

Ambivalenz heißt ja in letzter Konsequenz, das man selber keiner Seite (seiner eigenen Persönlichkeit) voll vertraut.
Das ist sicher eine kluge - aber auch distanzierte Position, die nicht wirklich mitreißt.

Eigentlich sollte es ein MUSS sein, im Zweifelsfalle BEIDES durch zu probieren: einerseits die zarte Andeutung und andererseits das "voll auf die Glocke!".
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Zeile mit dem Beine spreizen finde ich auch etwas heftig .
Den Rest aber finde ich MEGA geil !!!
Echt cooler Text!

Grüße Chrissi:great:
 
@Jongleur:
Danke für die Variante mit "and", die ich auch stärker finde als "when" oder "somehow". Ein einzelnes Wort kann die Aussage tatsächlich in einen Triumph drehen! (Natürlich paßt diese Version nur, wenn man die Bridge mit dem netten Kerl wegläßt).
Um Ambivalenz ging es mir bei dem Text nicht, sondern um Doppelbödigkeit. Ich hatte vorher eine Handvoll geradlinig erzählter Texte geschrieben und wollte mal einen konstruieren, der noch eine zweite Ebene hat und nicht so leicht greifbar ist. Nur erwartet man bei einem doppelbödigen Text wohl, dass die Ebene unterhalb der direkt erzählten die abgründige ist. Hier war es umgekehrt, im Vergleich zu der direkten Erzählung wirken die anderen Ebenen harmlos, daher hat das wohl nicht so gut funktioniert.
Gruß m.

@Slasher96:
Danke für Dein Lob und die Einschätzung, was Du am "heftigsten" findest.
 

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