Songtexte "strecken"/ ausbauen

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Hallo Leute,

ich hab ein kleines Problem beim Songwriting.

Zum Hintergrund, ich bin in einer kleinen Hard Rock/ Metal Band und habe jede Menge Ideen für Songtexte, schaffe es aber meistens nicht sie fertig zu schreiben. Thema der Texte ist oft unterschiedlich, teilweise ein wenig Gesellschaftskritik, oft in viel Sarksasmus verpackt, teilweise aber auch einfach Dinge wie Spaß haben, Trinken (;)) und ähnliche belanglose Sachen.

Meistens läuft es immer gleich ab. Ich hab entweder ne Idee für nen Riff (spiele auch Gitarre) oder nen Text oder ne Gesangsmelodie, baue das entsprechend aus, baue meine Songstruktur auf, eigentlich alles recht reibungslos.
Wenn es dann aber ans Texten geht, dann sitze ich meistens da und habe nach dem Refrain oder der ersten Strophe schon alles gesagt was ich sagen wollte.

Klar kann man auch mal einen Song machen der nur eine Strophe hat (die sich z.B. wiederholt) oder halt nen sehr kurzen Song, oder man verliert sich in elend langen progressive Instrumentalparts um den Song länger als 30 Sekunden zu machen, aber auf Dauer ist das ja auch nix...

Ich weiß dass das eine eher schwierige Frage ist und es da kein Patentrezept gibt, aber kennt ihr dieses Problem und habt vielleicht ein paar Tipps für mich?
Generell bin ich auch eher ein schweigsamer Mensch, was als Sänger und Frontmann sowieso eher problematisch ist, und bin eher jemand der nicht viel redet und dass was er sagen will kurz und knackig jedem ins Gesicht sagt. Wie kriege ich also mehr aus meiner Idee raus, denn ich will ja auch nicht dass meine Songs nur einen kurzen relevanten Teil haben und im Rest singe ich dann absoluten Bullshit.

Bin gespannt auf eure Hinweise :)

Danke im voraus
 
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Das Problem kenn ich...

Viele Lieder von Nirvana haben auch nur eine Strophe, viele Punk Lieder sind kurz.

Je nach Stilart von dir kannst du Textstellen nach 1-2 Zeilen wiederholen, etwas Reimen, Sachen anders schreiben.

Zum Beispiel mal zwei Auszüge:
Bonaparte - Fly A Plane Into Me schrieb:
I've got what you don't get
You've got what I can't yet
I'll do it - you don't fret
Can't always want what you get

I can feel what you can't feel
I feel what you can't feel
 
Also, eine Möglichkeit, warum du dieses Problem hast, wäre zB mangelnder Wortschatz, falls du englische Texte schreibst.
Das ging mir eine Zeit lang so, als mein Englisch relativ basic war, dann habe ich mich aber vermehrt ( auch wg. Studium) mit der Sprache auseinandergesetzt und es ging sehr gut.

Was du mal versuchen kannst, ist einfach nach Wörtern zu suchen, die in den Kontext deines Liedes passen, und dann nach Wörtern suchen, die sich darauf reimen. Wenn diese nicht in den Kontext passen, ists nicht schlimm, dann brauchst du eben mehr "Filler", um einen herzustellen.

Beispiel:
Du willst einen Song schreiben, in dem du bsp. Vergänglichkeit darstellen willst. Ein gutes Wort dafür ist "ephemeral", also kurzlebig. Dann suchst du nach Wörtern, die sich darauf reimen...kommst zB auf "emerald", also Smaragd. Ok, was hat ein Smaragd mit Vergänglichkeit zu tun? Naja, gehen wir über Umwege, Smaragd ist grün, was kann noch grün sein? Augen. Schöne Augen? Vielleicht. Dann kommst du vl. auf eine Frau mit schönen Augen, die du als Metapher für Vergänglichkeit aufziehst, schon hast du mindestens eine Strophe.

Eine weitere Möglichkeit, Texte zu strecken, ist, Vergleiche zu finden, oder Metaphern, die man dann zu einer Allegorie ausweiten kann. Du erzählst auf bildlicher Ebene einen Vorgang (oder ähnliches), und bedienst dich eben dieser Bilder um einen realen Sachverhalt darzustellen.

Woran es auch liegen könnte, wäre, dass du dich nicht hinreichend mit der Materie beschäftigst. Gerade bei Gesellschaftskritik ist es ganz wichtig, fundiertes Wissen zu haben, denn es ist fast schon eine Konvention, Dinge nicht beim Namen zu nennen, sondern nur anzudeuten. Wenn du also Dinge nur andeutest, und nicht in die Tiefe gehst, brauchst du eben ein breiteres Spektrum. Was wäre zB ein kontroverses Thema? Die Flüchtlingsdebatte? Du nimmst dir das Thema und denkst nach, welche Position du vertreten willst. Wenn du Sarkasmus hineinbringen willst, nimmst du die Position, die nicht deiner eigenen entspricht. Und dann machst du ne Sammlung. Was gibt es für Facetten dieser Debatte? In diesem Beispiel: Soll man sie aufnehmen? Wie viele? Sind sie eine Gefahr? Wie bewältigt man das logistisch? Und dann auch : Warum machen die arabischen Länder nichts? Wie reagiert man anderswo?

Du kannst nahezu jedes Thema so aufsplitten, und je mehr Sachen du dazu findest, desto mehr kannst du schreiben
 
Ich habe bei Coursera mir mal einen MOOC über Songwriting aus Berkeley angehört (leider nur der erste Teil). Dort ist aber gerade sowas beschrieben, vielleicht kannst du mal danach suchen. War kostenlos.

Was die dort gesagt haben und ich seitdem immer wieder entdecke ist, dass in jeder Strophe ein eigenes Unterthema deines Gesamtthemas behandelt wird.

Also Strophe 1: Sie ist wunderhübsch
Strophe 2: wir verstehen uns super
...

Wenn du dir darüber vorher Gedanken machst, bist du auch gezwungen mehr über die einzelnen Facetten zu schreiben, wie mein Vorredner schon angedeutet hat.

Ich hab aber das selbe Problem. Frage ist, ob das immer ein Problem ist. "Killing in the Name of" ist wohl einer der weltweit größten Protestsongs und hat wirklich nicht viel Text :D
 
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Hallo, ich habe die Freude und Ehre in meiner neuen Band den Gesang übernehmen zu dürfen - neben der Gitarre. Das Songwriting selbst ist kein Problem für mich. Ich schreib seit mehr als 30 Jahren Songs - unterschiedlichster Qualität halt. Aber jetzt soll ich auch noch texten. Und da hab ich ein ähnliches Problem, dass mir irgendwann nix mehr einfällt. Wobei ich in einem ersten Text den Ansatz, jede Strophe ein Unterthema, eh schon (unbewußt) berücksichtige.
Aber am Ende hab ich das Gefühl, dass meine Texte nicht gut sind. Wobei ich sie dann mit Texten von diversen Größen vergleiche und feststelle - die kochen auch nur mit Wasser.
Ich glaub halt Texten ist auch eine Übungssache. Wichtig ist mal ein Thema zu finden, dann sollte sich der Rest irgendwie ergeben.
 
Ohje, hatte ich noch gar nicht für die ganzen Antworten hier bedankt, Asche auf mein Haupt =)

Ich hab mich mittlerweile mal ein wenig mit meinen Texten auseinander gesetzt und mittlerweile auch schon wieder ein paar neue geschrieben und hab mir mal Gedanken gemacht was mir geholfen hat, was mir schwer gefallen ist und so. Vielleicht hilft es auch anderen.

Hab auch die ganzen Tipps hier mehr oder weniger beherzigt, allerdings tatsächlich eher unbewusst. Bei einem etwas umfangreicheren Song mit viel Aussage habe ich mir, bevor ich angefangen habe, quasi ne Zusammenfassung geschrieben, also worum soll es gehen, was sind die Aussagen, was sind Punkte die ich unterbringen möchte und hab dann auch für jeden Part des Songs ne separate Zusammenfassung geschrieben, also was ich in der Strophe schreiben möchte. Hat auch geholfen, hab den Song zwar noch nicht fertig, aber ich glaube es hat ein wenig geholfen.

Was auch geholfen hat war die Erkenntnis dass man bei manchen Songs einfach viel zu viel nachdenkt. Ich habe halt jede Textzeile, jedes Wort, jede Formulierung auf die Goldwaage gelegt und 1000 mal hin und her überlegt ob ich das wirklich so schreiben will und wie das verstanden wird. Ist denke ich grundsätzlich nicht verkehrt, behindert aber beim kreativen Schreiben. Bei dem einen Song, da passt es, hab ich mir einfach gedacht: Ach scheiss drauf, das nimmste jetzt einfach, und siehe da, es passt und es ist nen guter Song bei rum gekommen.

Was zwar schon immer so war, ich mir aber erstmal drüber bewusst werden musste war, dass ich zu einem Song, wenn ich beispielsweise nur die Idee oder die Grundaussage des Songs habe, da ne Geschichte drum zu basteln. Also wenn man die Grundidee hat, einfach ne Geschichte einfallen lassen, die ein wenig ausschmücken und dann erst den Text schreiben. Da fiel es dann eher schwer mich kurz zu fassen, weil ich halt tatsächlich nicht jemandem meine Aussage näher bringen wollte, sondern eine komplette Geschichte erzählt habe.

Die ganzen Sachen werde ich auch zukünftig weiter so benutzen. Außerdem muss ich versuchen ne Balance zu finden, also dass ich, wenn ich mal was schreiben möchte, mich auch mal zwinge mal länger als 10 Minuten drüber nachzudenken und nicht gleich wieder aufgebe wenn mir auf Anhieb nix einfällt, aber trotzdem nicht ohne Sinn und letztendlich nen Ergebnis Stunden über nem Song brüte. Manchmal hat man halt auch keinen guten Tag für sowas.

Ja, das ist mir so in letzter Zeit bewusst geworden, was mir hilft. Wenn ihr weitere Tipps habt, dann immer her damit =)
 
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Ein Beispiel. Das ist die einzige Strophe, wird immer wiederholt.
Hier gefällt mir auch die klare Rückkehr zur Kernaussage in der 4. Zeile.
The Troggs schrieb:
Wild thing
You make my heart sing
You make everything groovy
Wild thing
 
der Thread ist natürlich auch schon älter - und Du hast sicher einige Songtexte verfasst.

EINE meiner Methoden beim Texteschreiben, oder einen Stil nenne ich "episodic lyrics". Statt EINER Geschichte erzähle ich EINE JE STROPHE, bzw. statt einer Situation schildere ich eine pro Strophe. Dann kommt der Chorus, die sich auf die Gemeinsamkeit bezieht. Da kann man viel mit machen - vor allem aber kann man einen Song kürzen oder verlängern wie es einem passt. Vorbild waren übrigens die Rolling Stones (Brown Sugar, Satisfaction). Mein letztes Machwerk in dem Stil heißt "bang, you're out" - da geht es ums Sterben ;-)

Mehr zum Texteschreiben laufend in meinem Blog (zu "episodic lyrics" gibt es bald auch ein Video, aber jetzt weißt Du ja eh schon alles...)

Bernd
 
Und natürlich noch einen Hinweis auf den workshop lyrics, wo viele songtextaktive ihre Erfahrungen, Hinweise, Tipps zu vielen Aspekten aufgeschrieben haben (gibt es auch als PDF zum downloaden, link n meiner Signatur) und natürlich den thread, wo man seine songtexte, die man gerade schreibt, reinstellen und sich Feedback abholen kann.

x-Riff
 

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