Tipp: Laut singen

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dibabgf
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Antwort auf mos:


Weil das Thema mich auch lange Zeit betraf, zeitlos ist und Sänger aller Fachrichtungen immer interessieren wird, will ich hier, nach so langer Zeit, trotzdem meinen Beitrag leisten: Ich habe Deinen Gesang auf Deinen Links angehört. Du hast Zweifel, weil den besonders schönen, sonorischen Charakter (metallischen Klangkern) Deiner Stimme, trotz tiefstehendem Kehlkopf, bei Deinem leisen, hauchenden Gesang kaum jemand hören kann, ist es dem Schall, bei kraftlosem Gesang, nämlich nicht möglich, die Akustik der Resonanzräume vor und hinter Deinen Stimmlippen zu verbinden und voluminöse Töne zu erzeugen. Das ist etwa so, wenn Du versuchst, mit einem Farbquirl, in einer kleinen Handbohrmaschine eingespannt, Mauermörtel anzurühren.
Traue Dich auch laut zu singen, wenn Du gefühlvolle Lieder interpretierst. Ein gefühlvolles Klagelied klingt nur verzweifelt schön, wenn Du fast schreist. (z. B. Die Tenor-Arie der neapolitanischen Barockoper "Tre giorni son che Nina" ) Verwöhne Dich nicht immer mit einem Mikrofon! Sing ohne - und Du wirst Deine Stimme neu entdecken! Übe schonungslos für Deine Nachbarn! Gib Deinem Gesanglehrer oder Korrepetitor exakt das auf die Ohren, was Du auf der Bühne präsentieren willst. Und ist die Lautstärke unerträglich, dann ändere die Einrichtung des Übungsraumes, auf keinen Fall aber Deine Lautstärke! In kahlen, Übungsräumen, ohne Teppich, wie sie auch häufig in Musikhochschulen üblich sein mögen, brauchst Du keinen Gesangsübungen beginnen. Eine Übungsstimme gibt es nicht. Oder hast Du schon einmal einen Hochspringer mit einem Spazierstock trainieren sehen? Du wirst auf der Bühne nie besser singen, als bei Deinem Gesangsunterricht. Je lauter Du singst, desto mehr wird Dein Gesangslehrer bemüht sein, Dich gut singen zu lehren. Wenn Dein Gesangslehrer von Dir verlangt, häufig Piano zu singen, dann will er Dich nicht zu Höchstleistung bringen, oder hat einfach zu wenig Bühnenerfahrung, ist er mehr Zuschauer und zu wenig Lehrer. Natürlich darfst Du nie mit zu großer Anstrengung singen und musst eben, wie ein Sportler, Deine Kräfte Deinen "Wettkämpfen" (Auftritte und Übungsstunden) anpassen und umgekehrt auch.
Da Du ausnahmslos den letzten Ton eines Legatos immer falsch - nämlich als Decrescendo - singst, musst Du Dich unbedingt wieder um Deine Atemstütze bemühen, bevor Du wieder Auftritte planst oder sogar Tonaufnahmen veröffentlichst! Singe prinzipiell und immer nur in Einatemhaltung und mit einem Minimum an Luftauslass! Verändere den Resonanzraum in Deinem Brustkorb nie innerhalb eines Tonklanges! Singe bei zärtlichen Interpretationen nie vornübergebeugt. Vermeide die Assoziation, ein Baby, oder einen Liebsten im Arm zu halten.
Ich bin auf Deine nächsten Tonaufnahmen gespannt und grüße Dich freundlich mit gutem Ton.
Andre Hüller, Basso profondo mit Ausnahmestimme (4 Oktaven), Komponist und Arrangeur, bei DiBaB in Dresden
PS: Ich bin kein Gesangslehrer und habe auch noch keine Bühnenerfahrung als Solist, gebe hier nur meine persönlichen Erfahrungen aus meinem Gesangsunterricht mit verschiedenen Gesangslehrern wieder. Ich habe täglich Gesangsunterricht bei dem besten Opern-Bass und Gesangslehrer, den es gibt. Heute ist er 72 Jahre jung. Daher weiß ich, dass es noch einige Jahre dauern wird, ehe ich Tonaufnahmen präsentieren kann. Dann wird es sich aber lohnen hinzuhören.
 
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Hallo dibabgf,

Danke dass du dir solche Mühe gibst, aber 1. hat dieser Thread 5, ja fast 6 Jahre auf dem Buckel!!! Ist für die Threaderstellerin nicht mehr relevant und sie war auch schon seit mehreren Jahren nicht mehr im Vocalsboard aktiv. 2. geht es um Jazzgesang und nicht Belcanto! Du kannst nicht das Klangideal der Klassik auf Jazz übertragen. Und 3. ist diese Lautstärkejagd in der Klassik heutzutage mMn ein Unding. Wie soll man auch dynamisch singen, wenn man von vorne bis hinten fff singt?? Wenn ich mir die ganzen jungen Soprane und Tenöre von heute anhöre, klingeln mir schon die Ohren. Wo ist die Tonqualität, die Musik, die großen Gefühle? Mir zuckt manchmal die Faust, wenn eigentlich wunderschöne Arien fast geschrien und geschlachtet werden. Auch an der Hochschule hier in München tönt aus den Übungsräumen immer Geschrei. *Kopfschüttel* Eine Mode im heutigen Belcanto, die ich nicht verstehen kann.
Gutes Pianosingen ist und bleibt eine Königsdisziplin, die ein guter Gesangslehrer mMn fördern und fordern muss. Ein Gesangslehrer, der ständiges Lautsingen verlangt, ist in meinen Augen kein guter Gesangslehrer. Tragfähigkeit hängt kaum mit der Lautstärke zusammen.
 
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geht es um Jazzgesang und nicht Belcanto! Du kannst nicht das Klangideal der Klassik auf Jazz übertragen.

Das stimmt natürlich. Aber was dibabgf da schreibt finde ich grundsätzlich recht interessant und allemal eine Diskussion wert.

@ Vali und antipasti: könnte man das nicht abspliten und als eigenen Thread ins Klassik-Sub schieben?
Edit by Vali: Dein Befehl sei mir Wunsch :D

Jedenfalls zum Thema "Laut oder leise üben/singen" im klassischen Gesang (beziehe mich im Folgenden v.a. auf die Frauenstimmen, bei den Männern kenne ich mich zu wenig aus, aber vermutlich gibts viele Parallelen):

Ich denke die gute Mischung machts!

Verlangt ein GL von seinen Schülerinnen, dass sie plusminus ausschliesslich auf der feinen Spur im piano singen, wird es sehr sehr schwer werden, diese Stimmen auf echtes solistisches Niveau zu bringen!

Kann umgekehrt jemand nur laut singen und hat Mühe zB. eine Übung fein und piano/pianissimo aber mit gleicher Intensität wiederzugeben, ist er/sie entweder einfach technisch noch nicht weit genug oder aber hat ein gröberes Stimmproblem.

Bei mir im Unterricht ist es oft so, dass ich eine Übung zuerst auf der feinen und leisen Spur singen muss und dann in einem 2. Durchlauf sagt die GL: "und jetzt mit etwas mehr von allem" und meint damit: mit mehr Körper, mehr vorderen Resonanzen etc. Daraus resultiert dann automatisch mehr Klang/mehr Volumen und auch, sozusagen als Dreingabe, mehr Lautstärke. Sie sagt aber nie direkt "sing lauter", denn dass, denke ich, könnte einem sehr schnell dazu verleiten zu drücken.

Ist auch spannend zu beobachten, wie die Stimme im Laufe der Ausbildung lauter, mächtiger, klangvoller - oder wie immer man es nennen will - wird, ohne dass man bewusst lauter tönen will, das kommt ganz von selber :)

Ein gefühlvolles Klagelied klingt nur verzweifelt schön, wenn Du fast schreist.

Jemanden raten "fast zu schreien" finde ich sehr gefährlich, v.a. wenn man nicht weiss, wie weit die betreffende Person technisch schon ist, ob sie schon gelernt hat den ganzen Körper als Instrument einzusetzen, zu singen ohne Druck auf die Kehle auszuüben...

Übe schonungslos für Deine Nachbarn!

Das hingegen würde ich unterschreiben. Wenn man dauernd mit angezogener Handbremse singt, wird es vermutlich nichts und die Gefahr des Sich-versingen ist erst noch grösser. Aber auch hier gilt: nicht primär laut singen wollen, sondern mit viel Körper.

Ich habe täglich Gesangsunterricht bei dem besten Opern-Bass und Gesangslehrer, den es gibt.

Schön, dass du mit deinem GL so glücklich bist. Dass er der beste Gesangslehrer ist den es gibt bezweifle ich aber, den besten (resp die beste) habe nämlich ich ;)

Ernsthaft: ich glaube dieser Ansicht sind viele Gesangsschüler: wenn Fachliches, Pädagogisches und die Chemie stimmen, kann man sich tatsächlich kaum mehr vorstellen, dass man wo anders mehr lernen könnte :) Und das ist jeweils auch gut so, weil daraus resultiert das absolute Vertrauen, das für gesangliches Vorwärtskommen so wichtig ist.
 
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@ Vali: Danke! :)
 
Weil das Thema mich auch lange Zeit betraf, zeitlos ist und Sänger aller Fachrichtungen immer interessieren wird, will ich hier, nach so langer Zeit, trotzdem meinen Beitrag leisten: Ich habe Deinen Gesang auf Deinen Links angehört. Du hast Zweifel, weil den besonders schönen, sonorischen Charakter (metallischen Klangkern) Deiner Stimme, trotz tiefstehendem Kehlkopf, bei Deinem leisen, hauchenden Gesang kaum jemand hören kann, ist es dem Schall, bei kraftlosem Gesang, nämlich nicht möglich, die Akustik der Resonanzräume vor und hinter Deinen Stimmlippen zu verbinden und voluminöse Töne zu erzeugen.

Da hab ich schon die Zähne zusammenbeißen müssen. ^^

Ich bin auf Deine nächsten Tonaufnahmen gespannt und grüße Dich freundlich mit gutem Ton.
Andre Hüller, Basso profondo mit Ausnahmestimme (4 Oktaven), Komponist und Arrangeur, bei DiBaB in Dresden
PS: Ich bin kein Gesangslehrer und habe auch noch keine Bühnenerfahrung als Solist


Und wenn du mir die Frage gestattest? Wozu braucht eine Bergsteiger-Firma einen Komponisten und Arrangeur?

Ich kann da leider nix nettes zu sagen. ^^

Paul Dickau,
nur ein unwichtiger Gesangslehrer. ^^
 
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Gutes Pianosingen ist und bleibt eine Königsdisziplin, die ein guter Gesangslehrer mMn fördern und fordern muss. Ein Gesangslehrer, der ständiges Lautsingen verlangt, ist in meinen Augen kein guter Gesangslehrer.

Das ist ganz meine Meinung, auch wenn ich im Gesangsfach noch relativ unerfahren bin. Ich habe keine Gesangsstunde, in der mein Lehrer mir nicht predigt, dass leise singen die größere Herausforderung ist, als rumzubrüllen. Ich weiß nicht inwiefern das stimmt, aber ich bekomme auch immer erzählt, dass man bei ständigem Lautsingen, wenn man die Technik noch nicht absolut 100% beherrscht, seine Stimme nachhaltig schädigt und irgendwann nur noch laut singen kann.

Wenn Dein Gesangslehrer von Dir verlangt, häufig Piano zu singen, dann will er Dich nicht zu Höchstleistung bringen, oder hat einfach zu wenig Bühnenerfahrung, ist er mehr Zuschauer und zu wenig Lehrer.

Was soll das denn?! Warum sollte ein Lehrer schlecht sein, wenn er von mir nicht verlangt immer in fff zu singen?
Neben den gesundheitlichen Risiken, die dadurch entstehen bleibt doch auch die Musikalität vollständig auf der Strecke!

Bleibt eine letzte Frage:
Waren die großen Liedkomponisten etwa einfach noch nicht auf deinem Bildungsstand, als sie "piano" in die Noten schrieben?
 
Ich habe keine Gesangsstunde, in der mein Lehrer mir nicht predigt, dass leise singen die größere Herausforderung ist, als rumzubrüllen. Ich weiß nicht inwiefern das stimmt

Wenn man nicht nur GU nimmt um eine hübsche Ensemble- oder Chorstimme zu bekommen, sondern das Ziel hat, solistisch zu singen, dh. irgendwann auch neben einem Orchester resp. einer grösseren Instrumentalistengruppe stimmlich bestehen zu können, wird man nicht drum herum kommen, beim üben, im GU etc. ab und zu auch voll aufzudrehen. Man muss lernen mit vollem Körpereinsatz zu singen, körperlich total an seine Grenzen zu gehen. Das geht am Anfang meist einfacher, wenn man dabei auch immer mal wieder etwas lauter sein darf.

Aber natürlich sollte nicht nur laut gesungen werden! Dazwischen müssen auch immer wieder feine Randstimmübungen eingeflochten werden.

Und: "laut singen" bedeutet ohnehin nie, dass man einfach irgendwie drauflosbrüllt :eek: Tut man das, wird das tatsächlich irgendwann der Stimme schaden und nützen tut es erst noch nichts. Wenn die technischen Voraussetzungen nicht da sind, kann ich so laut singen wie ich will, in Begleitung eines Orchesters wird vom Zuhörer trotzdem nur ein fadendünnes Stimmchen wahrgenommen.
 
Tonja trifft da so ziemlich den Punkt: Laut singen heißt eben nicht belten (zumindest nicht in der Klassik). Und laut singen ohne zu belten ist so ziemlich genauso schwierig wie piano singen ohne hauchig zu werden. Genau genommen sind die technischen Voraussetzungen für beides sogar sehr ähnlich.
 
Dem stimme ich nicht so zu. Man kann laut singen ohne zu belten, nämlich indem man randstimmig laut singt. Dass das möglich ist, beweisen die klassischen Sängerinnen. Man kann auch laut (aber nicht tragfähig) singen, indem man einfach kreischt (nicht so gesund). Aber vielleicht meinst du ja, dass es schwierig ist leise zu belten. Da finde ich tatsächlich, dass das nicht so gut geht.
Und auch piano singen ohne Hauch geht auch gut, wenn man genug stützt. Und gerade dieses piano singen ohne Hauch und trotz leiser Lautstärke tragfähig singen, das kann man nicht lernen, wenn man immer laut singt. Sollte man mMn aber lernen, denn wenn man schon in leise tragfähig singen kann, wird es einem leichter fallen, wenn man lauter singt.
Ansonsten habe ich den Eindruck, dass die meisten es auch so sehen, dass man beides können muss, nämlich laut und leise singen. Standard sollte mMn mittlere Lautstärke, also mezzoforte sein. Immer fff und immer pp singen, ist beides schlecht. Ersteres weil man irgendwann mit zu viel Druck ran geht und zweiteres weil man sonst unterspannt.
Worauf es letztendlich ankommt, ist Tragfähigkeit und nicht die Lautstärke!
 
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Ich finde es irreführend von laut und leise zu reden. Der Klassische Gesang ist für mich die Suche nach der optimalen und schönsten Resonanz und nicht nach der lautesten Stimme. Ich kann eine Arie leichter und schwerer singen. Die Stimme voll klingen lassen oder eben nur halb(oder gar nicht ;-)). In jedem Falle sollte man neben seiner vollen Stimme auch Voix mixte üben. Wenn man eine Arie anfängt zu üben ist es auch eine gute Übung alles mit zurückgenommener Stimme zu singen. Also alles im voix mixte bzw sogar falsett. Hilft mir vor allem bei der Intonation der höchsten töne, da man gezwungen wird diese leicht und von oben zu nehmen.
Laut meiner Frau, die Pop singt, ist bei mir sowieso alles laut ;-) im Vergleich zu ihr. Aber das liegt nicht daran weil ich mehr Drück ausübe, sondern aus dem leichten kopfigen Stimmansatz die volle Resonanz suche.

Zusammenfassend gesagt die Mischung machts und gerade der Übergang von Falsett ins voix mixte zur vollen Stimme sollte fließend gestaltet werden können. Aber wenn ich ehrlich bin ist eine voix mixte nicht echt leiser, sondern klingt vor allem leichter. Also bitte Dynamik hat nichts mit Lautstärke zu tun, sondern mit der Lebendigkeit und Variabilität der Stimme.
 
Dem stimme ich nicht so zu. Man kann laut singen ohne zu belten, nämlich indem man randstimmig laut singt. Dass das möglich ist, beweisen die klassischen Sängerinnen. Man kann auch laut (aber nicht tragfähig) singen, indem man einfach kreischt (nicht so gesund). Aber vielleicht meinst du ja, dass es schwierig ist leise zu belten. Da finde ich tatsächlich, dass das nicht so gut geht.
Mit dem laut singen ohne zu belten meine ich gerade das randstimmig laut singen. Konkreter meine ich damit den unteren bis mittleren Bereich der Randstimme (bei Männern ab g', bei Frauen ab etwa d''). In diesem Bereich wirklich richtig laut zu werden ohne dabei die Bruststimme hochzuziehen (=Belten) ist echt schwierig.

Leise Belten hingegen ist (zumindest so wie ich Belten definieren würde) entweder ganz einfach oder komplett unmöglich. Leises Belten auf sehr tiefen Tönen ist ganz einfach, das ist nämlich schlicht und einfach normales Sprechen. Leises Belten auf hohen Tönen ist physiologisch unmöglich, weil das Hochziehen der Bruststimme auf einen hohen Ton schlichtweg einen hohen Atemdruck voraussetzt.

Piano singen ist denke ich für Klassiker gerade deshalb so schwierig, weil der Twang-Mechanismus bei Klassikern oft nur wenig trainiert wird. Daher müssen sie oft viel mit Atmung und Stütze "arbeiten". Das soll nicht heißen, dass piano generell leicht ist. Ich finde nur dass laut singen in einem ganz bestimmten Bereich der Range noch etwas schwieriger.

Ich gebe dir aber auf jeden Fall recht, dass man beides können und auch aktiv trainieren sollte und es oft sogar so ist, dass das eine dabei vom anderen profitiert und umgekehrt.
 
Der Klassische Gesang ist für mich die Suche nach der optimalen und schönsten Resonanz und nicht nach der lautesten Stimme.

Da bin ich mit dir vollkommen einig. Wenn ich in den vorherigen Posts von "voll aufdrehen" etc gesprochen habe, meinte ich damit nie, dass man versuchen soll, primär lauter zu singen. Nie sollte man versuchen mehr Durchschlagskraft zu bekommen, indem man mehr Druck gibt, einseitig vordersitzlastig wird oder was auch immer. Das alles würde tatsächlich nur in einem Geschrei enden :( Mit "aufdrehen" meine ich, dass man mehr öffnet (Kehle, Brustraum), sich stärker im Körper verankert, dazu dann zwar schon auch etwas mehr vordere Resonanzen gibt, aber alles in allem einfach mehr Körper gibt, sozusagen: der Körper wird "lauter". Dass dadurch dann automatisch auch etwas mehr Lautstärke resultiert ist sozusagen ein Nebenprodukt. Und für ein schönes getragenes Piano kann man dann diese Körpereinstellungen beibehalten und die Stimme gleichzeitig wieder zurücknehmen.

In jedem Falle sollte man neben seiner vollen Stimme auch Voix mixte üben.

Das ist bei uns Frauen ja etwas anders. Ich als Sopran singe (ich drücke es jetzt mal ein bisschen schlampig aus - broeschies: weggucken! :)) ja eh nie mit Bruststimme. Empfinden tue ich es ohnehin bis ganz runter als sehr kopfresonanzig (wobei ganz tief (Literatur-Bereich e'-c') wohl schon etwas Brustresonanz mit dabei ist, dort dann also Voix mixte)

Aber wenn ich ehrlich bin ist eine voix mixte nicht echt leiser

und die Kopfstimme grad auch nicht! :D


Also bitte Dynamik hat nichts mit Lautstärke zu tun, sondern mit der Lebendigkeit und Variabilität der Stimme.

Sehe ich auch so.
 
Zu Lautstärke generell würde ich noch folgendes sagen. Es ist so ziemlich einer der größten Anfänger-Irrtümer, dass das starke Verwenden der Bruststimme Lautstärke erzeugt. Genau dieser Irrtum führt zum berühmten "pushing chest". Vielen ist schon klar, dass die sogenannte "subjektive Lautstärke" vor allem durch hohe Obertöne erzeugt wird, daher leuchtet es auch vielen ein, dass die Kopfstimme "subjektiv" laut sein kann. Tatsächlich ist es aber so, dass eine starke Verwendung der Bruststimme den Gesang nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv (also im Sinne von Schalldruck) leiser macht.

Das Grundprinzip ist ungefähr so (Vorsicht! starke Vereinfachung!): Die Bruststimme erhöht die Masse, die an der Schwingung beteiligt ist, die Kopfstimme verringert sie. Die Stimmlippen schwingen aber nur dann besonders stabil und frei und können ihre volle Lautstärke entfalten, wenn diese beiden Kräfte in Balance stehen, d.h. in einem Verhältnis zueinander stehen, das zum gesungenen Ton passt. Genau dann entsteht das Gefühl der "offenen Kehle". Die Lautstärke hängt aber dennoch von der Schwungmasse ab, deshalb muss diese erhöht werden OHNE die Bruststimme dabei dominanter werden zu lassen. Das funktioniert nur, wenn beide Kräfte in gleichem Maße erhöht werden. Da dadurch auch die "Gesamtspannung" am Kehlkopf steigt, muss auch der Atemdruck erhöht werden und damit auch die Körperspannung.

Am Bruch zwischen Brust- und Kopfstimme ist das Verhältnis der Kräfte genau 1:1. Das Grundprinzip des Beltings ist es dieses Verhältnis möglichst lange unter Aufwendung großer Atemspannung aufrecht zu erhalten. Das Belting besteht also nicht, wie viele glauben, in einer Verstärkung der Brustimme, sondern vielmehr in einer nicht-Schwächung der Bruststimme.

Nun belten Frauen in der Klassik halt nicht. Das ändert aber nichts daran, dass auch hier Lautstärke dadurch erzeugt wird, dass sowohl die Bruststimme als auch die Kopfstimme in gleichem Maße gestärkt werden. Angenommen auf einem Ton in der hohen Kopfstimme wäre das Verhältnis Kopf : Brust = 2:1. Dann entsteht ein lauterer Ton nicht dadurch, dass das Verhältnis auf 2:2 erhöht wird, sondern dadurch, dass das Verhältnis auf 4:2 erhöht wird.

Der objektiv lauteste Ton entsteht genau dann, wenn die Kräfte ungefähr im Verhältnis 1:1 stehen. Denn genau dann ist das Anbringen eines maximalen Atemdrucks möglich. Für Männer ist der lauteste Ton daher in der Regel der höchste Ton, den sie noch belten können. In der Klassik gelten dafür die "üblichen" Grenzen, d.h. bei Tenören etwa c'', bei Baritonen g', bei Bässen e' usw. Im Contemporary-Gesang hingegen sind die Männer nicht an das klassische Klangideal gebunden. Durch erhöhten Einsatz von Twang ist es ihnen deshalb oft möglich über die klassischen Grenzen hinaus zu belten.

Gegeben die Annahme, dass tiefere Stimmen insgesamt mehr Masse zur Verfügung haben, ist der theoretisch lauteste Ton in der Klassik das hohe e' eines Basso profondo. Im Contemporary-Gesang dürfte es das hohe c'' eines Basso profondo sein. Das klassische e' wird durch die Schaffung großer Resonanzräume wahrscheinlich objektiv lauter sein, das hohe c'' des Contemporary-Bass hingegen subjektiv lauter.

Bei Frauen ist die Lage etwas anders. Frauen haben insgesamt deutlich weniger Masse zur Verfügung. Deshalb ist ihre Lautstärke mehr noch als bei den Männern von der Schaffung von Resonanzräumen abhängig. Daher haben bei den Frauen mMn die Klassiker die Nase vorn was die Lautstärke angeht, obwohl sie nicht belten dürfen. Die größte objektive Lautstärke dürfte aber auch hier in einem Bereich liegen, in dem das kräfteverhältnis etwa ausgeglichen ist, also eher im Bereich der Mischstimme. Die größte subjektive Lautstärke hingegen dürfte im Bereich der höchsten Randstimmennoten liegen (also um c''').
 

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