Warum denken wir eher in Dur?

Hi PVaults,

jetzt nimm doch meine kleine Spitze nicht so tierisch ernst. So war es nämlich nicht gemeint.

Aber, wie an Deinem Logo/Avatar zu sehen ist, geht es hier wahrscheinlich um das Zentrum Deines musikalischen Verständnisses. Da hätte ich vielleicht sensibler drauf reagieren sollen. Tut mir leid!

Ansonsten kann ich Deine Gefühle gut verstehen. Ich habe ganz ähnliche. Die Signatur von Günter Sch. "Denn man muß den Weisen ihre Weisheit erst entreißen." sehe ich eher
in ihrem Gegenteil bewahrheitet:

"Man kann seine "Schätze" ruhig zeigen, die Werte werden doch nicht erkannt und wenn man sich noch so sehr "den Arsch aufreißt", es wird glatt draufgeschissen."

Ich habe mich in diesem Thread ja auch schon dafür entschuldigt, daß ich manchmal meine Sensibilität schütze. Verletzungen sind zu Hauf schon passiert, damit muß man in einem Forum, an dem sich jeder beteiligen kann, rechnen.

Vielleicht können wir die Thematik später einmal unter anderem Vorzeichen besprechen.

Herzliche Grüße
Klaus




EDIT:
Selber entdecken (und denken) ist anscheinend heute out, auch wenn man den Weg ebnet um es leichter zu haben. Zeitgeist? Ich weiß es nicht... schade, schade.

Damit sprichst Du einen wichtigen Punkt an! Ja, es ein Teil des Zeitgeistes. Ich wurde in einer Zeit musikalisch geprägt, da war man weit mehr als heute darauf angewiesen, selbst zu entdecken, wollte man weiter kommen. Und ich habe es gern getan und tue es weiterhin gern. Allerdings mußte ich feststellen, daß meine "Entdeckungen" in den heutigen Harmonielehren teilweise ganz selbstverständlich erwähnt werden. In den "klassischen" Harmonielehren war davon gar nicht die Rede. Vielleicht ist es heute eher das Problem, die Masse der jetzt leicht zugänglichen Information aufzunehmen und die Fähigkeit zu entwickeln, Werte überhaupt erst zu erkennen. Das geht m.E. am besten über die Praxis, z.B. selbst gestellte kompositorische Aufgaben.

Ansonsten sehe ich bei Dir ein großes Verständnis für harmonische Zusammenhänge. Allerdings ist mir auch aufgefallen, daß Du mit leichtfertigen Unterstellungen recht schnell bei der Hand bist.

Naja, nobody is perfect.

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

klaus111 schrieb:
Warum sollte der Hummelflug von Korsakov den Hörer überfordern? [...] Und es ist ja auch nicht seine Aufgabe, die Noten so zu erkennen, so daß er die Partitur schreiben könnte.

wir sprachen nicht davon, ob jemand die Noten aufschreiben könne, also zurück zum Thema:


Wir sprachen darüber, das Du meintest, es wäre sinnlos Dinge zu komponieren, die nicht wahrgenommen werden. In dem sehr beliebten Stück von Korsakov lässt sich allerdings auch vom geübten Hörer nicht alles Wahrnehmen. Die Tonfolgen sind so rasend schnell und werden auch noch von anderen Dingen überlagert (z.B. "komplizierten" Akkordfolgen) das sie kein Mensch richtig und im einzelnen wahrnehmen geschweige denn nachsingen kann.


Es ist doch ganz einfach zu verstehen, was ich meine: Es ist sinnlos, Dinge zu komponieren, die nicht wahrgenommen können.

Was müsste man denn aus dem Stück von Korsakov weglassen, damit nur noch enthalten ist, was wahrgenommen werden kann? Und was würde übrig bleiben? Man könnte z.B. bei den Sechzehnteln jede zweite Note fortlassen. Die Akkorde müssten auch verändert werden, da harmonisch zu weitschweifig. Die Chromatik sollte möglicherweise auch beseitigt werden, damit es rein diatonisch ist.


Sehr interessant! Und wie lauten jetzt die 43 Buchstaben des Tonanagramms von Beethoven?

Was willst Du mir damit sagen? Vorher hast Du doch bemängelt, das man bei dem Kammerkonzert von Berg eine Melodie aus 19 Tönen hätte, und diese Anzahl würde die Aufnahmefähigkeit des Durchschnittshörers überfordern. Dem hielt ich die beliebte Melodie Beethovens entgegen, welche 43 Töne enthält.


Du hast Dich ja als Kenner ausgewiesen. Die Beispiele würden mich daher interessieren.
Ich möchte das im Einzelfall gar nicht unbedingt ausschließen und hatte es auch nicht getan. Mir ist allerdings aufgefallen, daß atonale/reihentechnische Musik eher geeignet ist, negative Gefühle auszudrücken.

Ich glaube, das liegt eher daran, das jene Werke, die eher trauer und dergleichen ausdrücken, anscheinbar weitaus bekannter und beliebter sind (z.B. das Requiem von Mozart,). Leider ist es natürlich darum auch schwer soetwas auf youtube (sogar CD) zu finden. Da besteht viel Aufbereitungsbedarf. Aber das nur nebenbei.
Ich führe mal zwei Werke Hanns Eislers an.

Vor allem das Nonett Nr. 1:
http://www.youtube.com/watch?v=I5p9pPNJ7fM

Und die Reisesonate:
http://www.youtube.com/watch?v=CRcPno7YoF8
http://www.youtube.com/watch?v=F7m-FTAARrE
http://www.youtube.com/watch?v=BhuudHhMIps


Nein, das möchte ich nicht! Jeder soll die Musik schreiben können, die er schreiben "muß".
Er kann sie auch für einen kleinen Kreis schreiben. Wird dann eben schwierig, wenn der Komponist einen allgemeinen Anspruch erheben möchte oder vom Komponieren leben möchte. Wenn er genügend "Freunde" findet, kann er sie auch aufführen oder gar aufnehmen.

Das ist dann aber ja nicht dein Problem, sondern das des Komponisten ;)


Ich finde Du machst es Dir etwas zu leicht, wenn Du auf Details herumreitest, ohne den Kern meiner Aussage zu berücksichtigen.

Im Gegenteil, der Kern setzt sich nun mal aus diesen Details zusammen. Wir erarbeiten die Details, und sehen, was vom Kern übrig bleibt. Die meisten haben sich bis jetzt als falsch oder zumindest fragwürdig herausgestellt. Und mit obigem sind wir ja schon mittendrin.

Viele Grüße
 
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Dieser lithurgische Gesang müsste doch das Paradestück "einlullender Musik" der Kirche sein: In den 1630er Jahren komponiert und bis 1870 in der Karwoche in der Sixtinischen Kapelle aufgeführt.

Die Musik ist in der Tat sehr einfach gestaltet. Im Gesang, mit seinen inherenten Abweichungen, mit Wiederhall und Überlagerungen im Raum der Kirche, klingt sie auch relativ gut.

Ich meinte jedoch die Orgelmusik aus ca. 600 bis 500 Jahren zuvor stammend, welche in den Kirchen erklingt und während des Gottesdienstes die Menschen einlullen soll. Die Kirche befolgt damit seither besondere Absichten, die sie bis heute noch nicht überwunden hat. Sie muss die Menschen irgendwie einschläfern, in Trance versetzen, um ihnen irgendwelche Botschaften einzutrichtern.

So einfache Musik kann Dich natürlich nicht befriedigen, eher diese mit viel Bedacht gewählte Harmonisierung eines Kinderliedes.

Was bezweckst du mit diesem Link und der vorangehenden Unterstellung? Falls du mich diskreditieren willst, so wünsche ich dir viel Spaß dabei. Das kann ich leider nur als unpassende Reaktion deinerseits betrachten. Vielleicht hast du den Thread nicht aufmerksam gelesen. Die Harmonisierung des Kinderliedes war ein Experiment. Du wirst in dem Thread feststellen können, dass mir auch sehr simple Musik gefallen kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Spitzer geht in diesem Video etwas auf die Thematik ein.

Dieses Video ist insgesamt der größte Schwachsinn den ich je über Musik gehört habe. Unseriös, verallgemeinernd, mit Absolutheitsanspruch und alles schön im Stile des Freisprechers, der einfach redet und nichts belegt.

Beispiel, die These bezüglich des Geigenspiels. Weiss der gute Mann denn nicht, dass es nicht umsonst soetwas wie Linkshänderviolinen, Linkshändergitarren etc. gibt?

http://www.violinsonly.info/images/lefthandedviolinandcello.jpg

Edit: Nachdem ich den ernstzunehmenden Blog-Beitrag "Manfred Spitzer - The Moralapostel strikes back" http://vicarocha.wordpress.com/2006/08/21/manfred-spitzer-–-the-moralapostel-strikes-back gelesen habe, bin ich nicht mehr so sehr verwundert über die Existenz dieses Videos.

Alternative Quelle: http://www.ruhr-uni-bochum.de/hoersaal-city/sose2008.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
...andererseits zeigt das ein Musik-Weltbild, daß der Komponist gefälligst solche Musik schreiben soll, die dem Hörer gefällt.

Diese Aussage soll man jetzt aber nicht so verstehen, daß die Leute gefälligst Musik hören sollen, die Ihnen nicht gefällt? :confused:

Selbstverständlich kann auch eine dissonantere Musik gefallen, aber doch eher, wenn sie einen tonalen Bezugspunkt hat. Er muß ja nicht so ausgeprägt sein, wie in diesen Hits:
Pink Floyd
Hendrix

Da hat man offensichtlich vergessen, den Hörerkreis ausreichend zu analysieren. Ebenso hat man vergessen...

Hast Du die Arbeiten gelesen, daß Du das sagen kannst, was man "vergessen" hat? Man ist bei den Untersuchungen sicher erst in den Anfängen, aber von "vergessen" würde ich nicht sprechen.

Ich habe außerdem lediglich eine Vermutung darüber geäußert, wie der Satz aus "Die Zeit" zu verstehen sein könnte. Ich werde mich aber weiter über die Thematik informieren.

Wenn die Kiddies eine entsprechend gute Ausbildung bekommen, die nicht nur das klassisch musikalische, sondern viel mehr die künstlerische Wertigkeit beachtet, würde das sich bemerkbar machen.

Den Begriff "künstlerische Wertigkeit" würde ich am liebsten so verstehen, daß in Kindergarten und Schule mehr gesungen und Musik gemacht werden sollte und die Möglichkeit erleichtert werden sollte, ein Instrument zu erlernen.

P.S.: und was den Ausgangs-Thread betrifft - Auflösung immer in Dur-Akkorde: das ist vielleicht der Wunsch nach dem Happy-End?

Du sprichst hier einen wichtigen Aspekt an!
Denn in Musik lässt sich auch eine Welt ausdrücken, wie sie nicht ist, aber wie man sie sich vielleicht wünscht. Und natürlich wünscht man sich eher eine harmonische als unharmonische, orientierungslose Welt. (Letztere würde eher durch atonale Musik repräsentiert.) Die Harmonie läßt sich in Dur natürlich gut symbolisieren. Doch man muß berücksichtigen, daß Dur möglichst in einen neuen Zusammenhang gestellt werden sollte, sonst besteht die Gefahr, daß es, wegen zu häufiger Verwendung bekannter Muster, eine zu geringe Wirkung hat. Wie eine Droge wird Dur exzessiv verwendet und die Wirkung läßt dadurch nach.

Günter Sch.;4556438 schrieb:
Die harmonisch reichste musik, die ich kennengelernt habe, war der Big-band-sound der 40er und ff. jahre...

Daß auch in den 70ern noch harmonisch reiche Musik gemacht wurde, zeigt diese Harmonisierung von Michelle.

Günter Sch.;4556438 schrieb:
Nicht zu vergessen die wiederauferstehung der kirchentonarten in der rockmusik, weil man die ewige durerei satt hat.

Man könnte sogar sagen, daß die tonal-harmonsiche Musik neugeboren wurde, denn es ist schon interessant:

Just in der Zeit, als Schönberg einen tonal-harmonischen Bezug immer konsequenter aufgab, begann sich mit Blues und Jazz ein neuartiges Verständnis der Harmonien zu entwickeln, welches bis heute die U-Musik prägt und sich auch auf die E-Musik auswirkte (z.B. Gershwin, Copland, Bernstein) und die fragwürdigen Grenzen etwas aufweichte. Außerdem entwickelte sich der Jazz zu einer bisher unbekannten Kunstform, mit vorübergehenden Ausnahmen ebenfalls basierend auf einem harmonischen Verständnis.

Es ist interessant sich die Kommentare zu diesem Artikel anzusehen. Auf mehreren Seiten wird da grösstenteils mit dem Autor hart ins Gericht gegangen.

Wenn man die Kommentare liest, stellt man fest, daß einer der Kommentatoren gleich 15 Mal "hart ins Gericht" geht, bei insgesamt 49 Kommentaren.

Da schließe ich mich eher diesem Kommentar an:

14. Peinlich - diese Trotzreaktionen in den Kommentaren

Die Kommentare sind - von aussen betrachtet - selbst peinlich: Sie sehen eher aus wie Trotzreaktionen der Anhänger der "alten" neuen (deutschen) Musik nach der Mantra: "Was nicht sein darf nicht sein kann".
Man kann der Neurologie (noch) mangelnde Tiefe vorwerfen, auch hochmodische leichte Akzeptanz - aber ignorieren kann man sie nicht.
Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
In dem sehr beliebten Stück von Korsakov lässt sich allerdings auch vom geübten Hörer nicht alles Wahrnehmen.

Also, ich war schon beim Thema, denn ich habe versucht mir vorzustellen, was Du damit meinen könntest, als Du sagtest, daß der Hörer völlig überfordert wäre. Und da war für mich am wahrscheinlichsten, daß Du Dir vorstellst, den Hummelflug zu spielen oder niederzuschreiben. Solche Gedankengänge dürften Dir als musikalisch vorgebildetem Hörer sehr nahe liegen.

Es geht ja beim Hören nicht darum, daß man alles wahrnehmen soll. Aber man kann getrost das weglassen, was nicht wahrgenommen werden kann.

Was müsste man denn aus dem Stück von Korsakov weglassen, damit nur noch enthalten ist, was wahrgenommen werden kann?

Da würde ich nichts weglassen. Du hattest die folgenden Ideen:

- z.B. bei den Sechzehnteln jede zweite Note fortlassen.
- Akkorde verändern, da harmonisch zu weitschweifig
- Chromatik beseitigen werden, damit es rein diatonisch ist

Würde man eine dieser Ideen umsetzen, hätte das Stück eine andere Wirkung. Ganz anders wäre es bei ppppp neben fffff, wenn ersteres weggelassen würde und man einen Dynamikumfang annehmen kann, den die Abgaben nahelegen.

Um etwas realistischer zu bleiben: Wenn wir mal davon ausgehen, daß eine Zwölftonreihe i.d.R. nicht gehört wird, so erscheint es mir nicht plausibel, warum der Komponist jetzt unbedingt die Noten abzählen soll. Er könnte sich statt dessen der viel reichhaltigeren Möglichkeiten ohne Reihentechnick bedienen und die gewünschte musikalische Wirkung ausschließlich nach dem Höreindruck gestalten.

Vorher hast Du doch bemängelt, das man bei dem Kammerkonzert von Berg eine Melodie aus 19 Tönen hätte...

Das hast Du falsch verstanden! Mir ging es darum, daß Berg die 19 Töne eines melodischen Geschehen, nicht etwa nur nach dem Höreindruck auswählte. Nein, aus esotherischen Gründen schränkte seine kompositorischen Möglichkeiten ein, denn der Grund für die Auswahl der Töne lag ja darin, daß er ein Tonanagramm der Komponisten der Neuen Wiener Schule. Hätten die Komponisten einen anderen Namen gehabt, wäre ein anderes melodisches Geschehen entstanden, d.h., die Tonfolge hat zufälligen, beliebigen Charakter. Das erscheint mir gerade bei 19 Tönen ein zweifelhaftes Verfahren.

Ich glaube, das liegt eher daran, das jene Werke, die eher trauer und dergleichen ausdrücken, anscheinbar weitaus bekannter und beliebter sind (z.B. das Requiem von Mozart,).

Das kann doch nicht Dein Ernst sein! Gerade Mozart ist viel mehr für seine heiteren als für seine traurigen Stücke bekannt. Ich erspare mir eine lange Liste von Beispielen.

Ich führe mal zwei Werke Hanns Eislers an.

Das habe ich mir fast gedacht, daß Du Eisler anführen würdest. Ich wusste zwar, daß er Schönberg-Schüler war, doch kenne ich ihn eher als Komponist der Nationalhymne der DDR, des Solidaritätslieds und anderen Arbeiterlieder, Filmmusiken und durch seine Zusammenarbeit mit Brecht. Für ihn wird strenge Reihentechnik wohl nur eine Episode gewesen sein und er hat später ja auch tonal komponiert.

Danke für die Beispiele! Vom Nonett hatte ich gelesen, aber ich kannte es und die anderen Stücke nicht, zumindest nicht bewußt.

Hier meine spontanen Eindrücke, mal ungefähr formuliert:
Alle Deine Beispiele sind gut einsetzbar als Filmmusik, welche z.B. die ganz unterschiedlichen Eindrücke untermalen kann, die man bei einem Spaziergang durch eine Stadt haben könnte. Der Handlungsstrang des Filmes würde die musikalischen Eindrücke des Stücks gut verbinden.

Die Musik wirkt viel luftiger als die von Schönberg und Berg. Sie ist zwar von kleineren Stimmungsumschwüngen gekennzeichnet, die erzeugen aber keinen dramtischen Effekt, sondern wirken eher "nicht ganz erst gemeint". Keine der eher depressiven, abgründigen Tendenz, die man von Schönberg und Berg kennt. In Reihentechnik ist das sicher nicht komponiert und man assoziiert manchmal tonale Zusammenhänge. Themen werden leicht erkennbar von anderen Stimmen wiederholt, man kann mehr und vielfältiger mit den kleinen Geschehnissen des Lebens assoziieren.

Insgesamt ist die Musik zwar nicht harmonisch geprägt, doch man kann die einzelnen Elemente, Motive, Begleitstrukturen, Rhythmen auch so gut erfassen und verfolgen. Die einzelnen Stimmen sind aufeinander abgestimmt, z.B. rhythmisch und klingen in ihrem Verlauf plausibel, ohne daß ich im Moment sagen könnte, warum genau. Trotz eines fehlenden harmonischen Gerüsts fühlt man sich als Hörer zwar etwas orientierungslos, aber nicht verloren.

Keine hypernervös-hektischen Rhythmen, sondern nachvollziehbare. Keine Sprünge über mehrere Oktaven, welche die Musik chaotisieren würden und was man von Spielarten Neuer Musik kennt.

Selbst beim allegro spirito mit hektischen Phasen wirkt es nicht übertrieben und in Melodieführung und Rhythmik plausibel.

Es kommen thematische Wiederholungen vor, welche die Überschaubarkeit der Musik erhöhen.
Manchmal sogar an ein Frage-Antwort-Spiel erinnernd.

Fazit: Der Musik fehlt ein klares übergreifendes Ordnungsprinzip, ist aber gut als Filmmusik einsetzbar. Sie ist als Symbol für Harmonie, einem grossen Entwurf, oder gar Glanz oder Triumph nicht geeignet, eher für die kleineren Widersprüchlichkeiten des realen Lebens.


Das ist dann aber ja nicht dein Problem, sondern das des Komponisten..

Es könnte auch ein Problem der Verteilung öffentlicher Gelder sein. Doch darüber habe ich keine verlässlichen Informationen. Jedenfalls wird für die Musikerziehung zu wenig Geld ausgegeben.

Im Gegenteil, der Kern setzt sich nun mal aus diesen Details zusammen. Wir erarbeiten die Details, und sehen, was vom Kern übrig bleibt. Die meisten haben sich bis jetzt als falsch oder zumindest fragwürdig herausgestellt.

Nein, der Kern der Sache war, daß Du das Prinzip meiner Argumentation erkennst. Die von Dir bemängelten Details, wie ppppp statt pp, melodisches Geschehen statt Melodie, lassen das Prinzip völlig unverändert. Ich sehe bis jetzt nicht, wo irgend etwas wesentliches falsch gewesen wäre. Ich danke aber für die eindeutige Aussage Schönbergs zum Hören von Zwölftonreihen.

Viele Grüße
Klaus
 
Hallo, Klaus111,

In Reihentechnik ist das sicher nicht komponiert [...] Themen werden leicht erkennbar von anderen Stimmen wiederholt, man kann mehr und vielfältiger mit den kleinen Geschehnissen des Lebens assoziieren.

sämtliche Beispiele Eislers, die ich oben als youtube-videos verlinkt habe, sind in strengster Zwölftontechnik komponiert.

Viele Grüsse!
 
Hallo Algorithmus,

ist interessant, daß Du der Meinung bist, Deine Eisler-Beispiele wären in strengster Zwölftontechnik komponiert worden.

Ich dachte immer, es würde folgendes gelten:

Die Oktave wird, wie in der traditionellen tonalen Musik auch, als derselbe Ton wie die Prim aufgefasst, unterliegt daher dem "Wiederholungsverbot".
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zw%C3%B6lftontechnik#Zw.C3.B6lftontechnik_nach_Arnold_Sch.C3.B6nberg


In Deinem Beispiel Nonett Nr. 1 wird z.B. bei 00:19 ein Ton von der Flöte gleich vier Mal hintereinander gespielt und das Motiv sogleich vom Fagott, lediglich transponiert, beantwortet.

Da Du Dich mit diesem Thema wohl besser auskennst, kannst Du uns das vielleicht erklären.
Es sind ja gerade derartige leicht zu erkenennde Strukturen, durch die seine Musik der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit angepasster erscheint, als die von Schönberg, Berg und Webern.

Wie dem auch sei, er hat der Reihentechnik sogar noch etwas harmonisches (im weitesten Sinne) abgewinnen können.
Doch andererseits: War das wirklich nötig? M.E. hat er sich doch damit seine Arbeit unnötig schwer gemacht.

Habe etwas über Eisler recherchiert. Es hat ja gewaltig geknirscht zwischen Schönberg und ihm:
Demzufolge habe Eisler Schönbergs "12-Ton-Musik" kritisiert. Von der "modernen Musik" fühle er sich gelangweilt. "Ich will tatsächlich mit der ,Moderne' nichts zu tun haben", schreibt er an Schönberg. Schönbergs Abwehrreaktion war so stark, daß er noch 1928 schrieb:
"Soll ich hier mit ihm abrechnen? Es hält mich eines zurück: ich habe das Gefühl, daß er nicht alt wird."
Quelle: Martin Hufner in: Hanns Eisler(1898-1962)
Eisler hat m.E. aus der Not der Zwölftontechnik eine Tugend gemacht. D.h. wenn es mit dieser Technik schon so schwer ist, eine Struktur zu erstellen, die eine große Übersicht über das Stück erleichtert, dann wird sie eben für eine Aneinanderreihung von einzelnen Bildern genutzt. Titel wie "Reisesonate","Tagebuch", "Zeitungsausschnitte" passen gut in diese Sicht.
Ich lese gerade, daß Dein Beispiel, Nonett Nr. 1, sogar als Filmmusik gedacht war:

Nonet Nr. 1; Septet Nr. 2 (based on music for Charlie Chaplin's film Circus, never completed because of Eisler's forced departure from the U.S.).
Quelle: Andy Lang in: http://eislermusic.com/cd2.htm
Eisler ging seinen ganz eigenen Weg und befand sich schließlich zwischen allen Stühlen:

Als Komponist der Nationalhymne der DDR war er im Westen politisch anrüchig, als eigensinniger Querkopf, der die "große bürgerliche Neue Musik" nicht in Bausch und Bogen ablehnen wollte, wurden seine Werke in der DDR immer seltener gespielt.
Quelle: Martin Hufner in: Hanns Eisler(1898-1962)
Sein Bestreben war es jedenfalls: "Immer Musik zu schreiben, die gebraucht würde."
Dieses praktische Denken merkt man seiner Musik deutlich an.


Zitat von klaus111 Beitrag anzeigen
Dieser lithurgische Gesang müsste doch das Paradestück "einlullender Musik" der Kirche sein: In den 1630er Jahren komponiert und bis 1870 in der Karwoche in der Sixtinischen Kapelle aufgeführt.
Ich meinte jedoch die Orgelmusik aus ca. 600 bis 500 Jahren zuvor stammend, welche in den Kirchen erklingt und während des Gottesdienstes die Menschen einlullen soll. Die Kirche befolgt damit seither besondere Absichten, die sie bis heute noch nicht überwunden hat. Sie muss die Menschen irgendwie einschläfern, in Trance versetzen, um ihnen irgendwelche Botschaften einzutrichtern.

600 bis 500 Jahren zuvor, wäre dann ca. 1030 bis 1130. Da entwickelte sich die Orgel erst allmählich zum Hauptinstrument der christlichen Lithurgie. Einzelne Register konnte man noch nicht ab- und zuschalten. Es gab auch noch keine Tastaturen oder Manuale. Ein Ton wurde ausgelöst, indem man mit der ganzen Hand eine Holzlatte herauszog und so die Windzufuhr zu den Pfeifen für diesen Ton freigab.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Orgel#Geschichte
(Das änderte sich erst wesentlich in der Renaissance.)

Mir sind keine Orgelwerke aus dieser Zeit bekannt. Selbst wenn Du den Zeitraum 1400-1500 meinen solltest. Orgelkomponisten aus dieser Zeit kenne ich nicht. Erst ab dem 16. Jahrhundert geht es mit der Orgelliteratur richtig los (Liste), wie auch mit der Instrumentalmusik und der Mehrstimmigkeit überhaupt.

Selbst wenn man das erstbeste Beispiel des ersten Komponisten auf der Liste anhört: Einlullend klingt das nicht.

Falls Du Gregorianische Gesänge meinst: Die wurden seinerzeit in Parallelen auf der Orgel begleitet. Die Gregorianischen Themen sind bis in die heutige Zeit übrigens Inspirationsquelle für Komponisten, wie z.B. an diesem Beispiel sehen kann:

Jeanne Demessieux - Zwei gregorianische Präludien

Vielleicht meinst Du das mit "einlullender" Musik? Ich finde sie interessant.
Olivier Messiaen war ein rückhaltloser Bewunderer von Jeanne Demessieux.

Also belege das, was Du meinst! Deine Äußerungen klingen sehr ideologisch und nicht musikalisch fundiert.

Die Musik ist in der Tat sehr einfach gestaltet. Im Gesang, mit seinen inherenten Abweichungen, mit Wiederhall und Überlagerungen im Raum der Kirche, klingt sie auch relativ gut.

Freut mich, daß Du dieser sehr harmonischen Musik etwas positives abgewinnen kannst. Offenbar bist Du noch nicht so weit wie Pärt in seiner Krise.

Versuche einmal ein paar Takte Musik in diesem Stil zu schreiben. Dabei wirst Du viel lernen und auch beurteilen können, wie einfach sie wirklich ist.

Zitat von klaus111
So einfache Musik kann Dich natürlich nicht befriedigen, eher diese mit viel Bedacht gewählte Harmonisierung eines Kinderliedes.
Was bezweckst du mit diesem Link und der vorangehenden Unterstellung? Falls du mich diskreditieren willst, so wünsche ich dir viel Spaß dabei. Das kann ich leider nur als unpassende Reaktion deinerseits betrachten. Vielleicht hast du den Thread nicht aufmerksam gelesen. Die Harmonisierung des Kinderliedes war ein Experiment. Du wirst in dem Thread feststellen können, dass mir auch sehr simple Musik gefallen kann.

Warum die Aufregung? Deine Schöpfung war doch gar nicht einfach verständlich. Deshalb hast Du ja eine ausführliche Erklärung Deiner Gedanken dazu abgegeben.

Wenn ein Zitat Deines Schaffens als Diskreditierung verstanden werden kann, dann stimmt doch irgend etwas nicht. Ich denke einmal positiv und nehme an, daß Du Dich weiterentwickelt hast.

Dieses Video ist insgesamt der größte Schwachsinn den ich je über Musik gehört habe. Unseriös, verallgemeinernd, mit Absolutheitsanspruch und alles schön im Stile des Freisprechers, der einfach redet und nichts belegt.

Beispiel, die These bezüglich des Geigenspiels. Weiss der gute Mann denn nicht, dass es nicht umsonst soetwas wie Linkshänderviolinen, Linkshändergitarren etc. gibt?

http://www.violinsonly.info/images/l...inandcello.jpg

Edit: Nachdem ich den ernstzunehmenden Blog-Beitrag "Manfred Spitzer - The Moralapostel strikes back" http://vicarocha.wordpress.com/2006/...l-strikes-back gelesen habe, bin ich nicht mehr so sehr verwundert über die Existenz dieses Videos.

Alternative Quelle: http://www.ruhr-uni-bochum.de/hoersa...y/sose2008.htm

Du bist sehr leichtfertig mit Deinen Diffamierungen von Prof. Manfred Spitzer. Du behauptest, er würde nichts belegen. Selbstverständlich belegt er seine Aussagen so, wie es einer populärwissenschaftlichen Sendung angemessen ist. Wenn Du an weiteren Belegen interessiert bist, so findest Du sie in seinem Buch, das 21 Seiten eng bedruckt und zweispaltig Literaturbelege (über 600!) aufführt:

"Musik im Kopf: Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen Netzwerk (Broschiert) von Manfred Spitzer (468 S.)

Wie oberflächlich Du Deine falschen Aussagen dahinschluderst, zeigt sich beim Thema "Linkshänder".
Manfred Spitzer spricht dieses Thema explizit an:

Am Beispiel Einhandflöte sagt er z.B.: "Es gibt ein paar, da ist alles anders herum." "Die Häufigkeit ist etwa so groß, wie die Häufigkeit der Linkshänder."

Dein "ernstzunehmenden Blog-Beitrag" ist nun wirklich das Letzte! Eine völlig unbedeutende Seite. Jeder kann heute einen wordpress-Blog aufmachen und seine verbalen Fäkaleimer der Öffentlichkeit zumuten. Natürlich anonym, Impressum ist keines zu finden.
Damit wäre die Seite nach deutschem Recht sogar illegal. In deinem "alternativen" Link findet sich nichts zu dem Thema.

Es ist traurig, wie man sich so verirren kann, einem "motzenden" Anonymen mehr zu vertrauen, als einem ausgezeichneten Wissenschaftler, der nicht nur Studienabschlüsse in Medizin, Philosophie und Psychologie vorzuweisen hat, Promotion in Medizin und Philosophie sowie jüngster Professor einer Psychiatrie in Deutschland war.

Wenn Du jetzt sagen solltest, aus Musikersicht wäre das alles anders, so lassen wir Wolfgang Dauner zu Wort kommen. Er kommentiert das o.g. Buch so:

"Ein fantastisches Buch, ich werde es an meine Kollgen weitergeben..."

Dein Betrag unterstreicht, daß man Deine Ausführungen nicht wirklich ernst nehmen kann. Ich neige dazu, sie künftig weniger zu beachten und wünsche Dir, daß Du künftig qualifiziertere Beiträge schreibst. Das wird besser gelingen, wenn Du Dich an Material hältst, das von Leuten geschrieben wurde, die etwas von der Materie verstehen.

Viele Grüße
Klaus
 
Quelle zu meinen Aussagen zur Kirchenmusik: http://www.amazon.com/Measure-Musical-History-Science/dp/0684804344

Deine Antworten mit der Anspielung auf Pärt sowie der falschen Auslegung des Afternoon-Threads etc. lasse ich inhaltlich unkommentiert, denn das ist wirklich kein Niveau, auf dem ich hier diskutieren möchte.

Zu Spitzer: wer möchte, kann sich ja im Internet in Bezug auf dessen Glaubwürdigkeit erkundigen.
 
Wir versuchen, uns kollegial zu weiterführenden erkenntnissen zu verhelfen und den eigenen gesichtskreis zu erweitern. Wenn es uns gelingt, den einen oder andern zaungast zum lesen zu animieren, umso besser!
Weitschweifigkeit und polemik tragen nicht dazu bei.
Aber nun in eigener sache: "Immer Musik zu schreiben, die gebraucht würde."
Dieses praktische Denken merkt man seiner Musik deutlich an.

Das trifft genau auf mich zu, ohne dass ich mich dessen schäme: in meinen theaterjahren oder später setzte ich mich in meiner spärlichen freizeit hin und schrieb, was gerade nötig war: eine bühnenmusik, eine ballett-pièce, für klavier, orchester, kammermusik oder einen chorsatz. Manches hörte ich noch jahre später zufällig im rundfunk und meinte, so übel sei es nicht. Und das alles fast immer ohne honorar und würdigung, kunsthandwerk, das vielleicht noch in archiven herumliegt oder verloren gegangen ist.
Aber einmal war ich verärgert, hatte wenig zeit und schrieb etwas gleich in stimmen aus ohne particell: ich war nicht dabei, als es erklang, es soll grässlich gewesen sein, aber ich hatte meine rache! :)
Was aber nichts ist gegen den hochzeitsmarsch, den mein freund in Rio für sich selbst komponierte, die musiker meinten, das vom blatt spielen zu können, waren sich aber bei den wiederholungen nicht einig, sodass das ganze als kanon erklang, und was tonal gesetzt war, erklang nicht so. Womit wir wieder beim thema sind! Aber dem bräutigam trat der schweiß aus allen poren, und - - - - die ehe hielt nicht sehr lange.
 
Zuletzt bearbeitet:
ist interessant, daß Du der Meinung bist, Deine Eisler-Beispiele wären in strengster Zwölftontechnik komponiert worden. Ich dachte immer, es würde folgendes gelten:
Die Oktave wird, wie in der traditionellen tonalen Musik auch, als derselbe Ton wie die Prim aufgefasst, unterliegt daher dem "Wiederholungsverbot". In Deinem Beispiel Nonett Nr. 1 wird z.B. bei 00:19 ein Ton von der Flöte gleich vier Mal hintereinander gespielt und das Motiv sogleich vom Fagott, lediglich transponiert, beantwortet.
Da Du Dich mit diesem Thema wohl besser auskennst, kannst Du uns das vielleicht erkläreren.

Nichts leichter als das! Denn diese Regel gilt ja nur für das Bilden der Reihe selber (der Wiki-Artikel ist da leider Missverständlich). In der eigentlichen Komposition gehört das Wiederholen von Tönen ganz normal dazu und ist in sämtlichen Zwölftonkompositionen z.B. Schönbergs auf jeder einzelnen Partiturseite als wichtiges Prinzip zu finden.

Im folgenden ein paar Beispiele aus dem Streichquartett Nr. 3 op. 30 von Arnold Schönberg:

Von Oben nach Unten:
- Tonwiederholungen und Antwort in der Oktav.
- Transponierte Wiederholung
- Tonwdh. en masse
- Wechselnotenfiguren und Tonwdh.

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klaus111 schrieb:
Es hat ja gewaltig geknirscht zwischen Schönberg und ihm

Da hast Du recht. Dein Zitat stammt aus dem Jahre 1928. Das Nonett stammt aber aus dem Jahre 1939, die Reisesonate aus dem Jahre 1937.

Eisler sagte über die Zwölftontechnik im Jahre 1936, also 8 Jahre später:

Hanns Eisler schrieb:
Es ist notwendig, darauf hinzuweisen, das aufgrund der Reihenordnung des musikalischen Materials der Fantasie und Erfindungskraft des Komponisten keine engeren Grenzen gesetzt sind als in der alten Tonalität. Auch hier handelt es sich nicht um musikalische "Mathematik", sondern um künstlerisches Produzieren.


Jedenfalls hast Du deine Thesen über die Zwölftontechnik gründlich selbst widerlegt. Die Zwölftontechnik ist nur eine Technik, und der blosse Fakt der Anwendung sagt nichts über die Komplexität oder Verständlichkeit oder den Dissonanzgrad usw. aus.

Es wird klar, das die Musik Eislers, Schönbergs, Bergs, Apostels, usw. usf. so klingt wie sie klingt, nicht weil die Zwölftontechnik verwendet wurde, sondern weil diese Komponisten einen bestimmten Ausdruck erreichen wollten. Und das haben sie auch erreicht.

Mag Dir der Ausdruck einiger Werke nicht gefallen, so sind sie doch keineswegs unverständlich (gleichwohl die Gefahr des Missverständnisses bei jedem Musikstück gegeben ist). Das Eisler in seiner Musik das reale Leben ausdrücken wollte, hast Du ja verstanden.

Viele Grüsse!

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Günter Sch.;4561386 schrieb:
Wir versuchen, uns kollegial zu weiterführenden erkenntnissen zu verhelfen und den eigenen gesichtskreis zu erweitern. Wenn es uns gelingt, den einen oder andern zaungast zum lesen zu animieren, umso besser!
Weitschweifigkeit und polemik tragen nicht dazu bei.

So sehr ich dem ersten Satz zustimme, so sehr sehe ich einen Widerspruch zum zweiten.
Ist doch schön, wenn wir in diesem einmal Thread etwas schweifen dürfen und damit den Gesichtskreis erweitern können! Polemik sollte zwar nicht übertrieben werden, doch sie zeigt ja vielleicht auch ein Engagement, welches gerade dazu beiträgt, manchen Zaungast zum lesen zu animieren.

Sein Bestreben war es jedenfalls: "Immer Musik zu schreiben, die gebraucht würde."
Dieses praktische Denken merkt man seiner Musik deutlich an.

Günter Sch.;4561386 schrieb:
Das trifft genau auf mich zu, ohne dass ich mich dessen schäme:

Meine Charakterisierung Eislers war ganz positiv gemeint, nicht etwa polemisch. Denn die Musik entspringt ja ganz wesentlichen und praktischen Funktionen, wie sehr treffend 1962 geschrieben wurde (Sachs, C. and Kunst, J. (1962). In The wellsprings of music, ed. Kunst, J. The Hague: Marinus Nijhoff.).

An solche Erwägungen hatte ich dabei gedacht.

Men of high civilization have become voracious hearers but do hardly listen. Using organized sound as a kind of opiate, we have forgotten to ask for sense and value in what we hear.

In primitive music, on the contrary, sense and value are paramount qualities. Not only is singing indispensable for special events, like wedding and childbirth, puberty rites and death, and whenever luck must be forced on adverse powers in
hunting, harvest, and sickness. It also acts when regular work, as rowing a boat, or rocking a child, or grinding edible roots, demands and gives a rhythmical impulse. In this interweaving
with motions and emotions, music is not a reflex, remote and pale, but an integral part of life. As Ftirer-Haimendorf puts it exquisitely in words, this music ' 'resounds in the darkness, gripping the singers and blending them one and all, till they
finally merge in the unity of the dance. This rhythm is more than art, it is the voice of man's primeval instinct, the revelation of the all-embracing rhythm of growth and decay, of love, battle and death."
Eine treffende und beeindruckende Charakterisierung früher Musik, wie ich finde, mit der ich allerdings sicher nicht einer reinen Gebrauchsmusik das Wort reden reden möchte.
Doch ganz bestimmt brauchst Du Dich Deiner "Praktischen Musik" nicht zu schämen, eher im Gegenteil.

@Algorithmus

Wußte ich doch, daß man von Dir eine sachkundige Antwort erwarten kann. Danke dafür! :)
Die "Selbstwiderlegung" ist allerdings nicht korrekt, aber dazu später mehr.

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
@klaus111: Der Vollständigkeit halber hier noch meine eher tonale Harmonisierung von Good Afternoon, falls du diese übersehen hast. Eine Analyse im Rahmen der Harmonielehre hatte ich damals auch geliefert.
 
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@cvinos: Leider kann man Dein Beispiel nicht hören.
"Diese Datei wurde vom User oder durch eine Abuse-Meldung gelöscht."

Deine Analyse lese ich bei Gelegenheit. Ich fand allerdings das, was ich bisher in dem Thread gelesen habe schon sehr "auffällig". Normalerweise würde ich denken, daß das eine reine Provokation war, doch im Zusammenhang mit anderen Äußerungen von Dir bin ich mir da nicht mehr so sicher... :confused:

Gruß
Klaus
 
lol okay, also es war mit Nichten eine Provokation. Lediglich das falsche Forum, weil das Experiment über die Harmonielehre hinaus ging. Ich weiss auch nicht, die Aufnahme is wech. Ist aber fileupload.net schuld.

(Edit: Hier ist sie wieder. Am besten sprechen wir dann darüber im Afternoon thread. Ich habe diesen mal wiederbelebt.)
 
Zuletzt bearbeitet:
meiner Meinung nach hängt ein Dur-Denken mit einer in userer Kultur gepflegten sozusagen postiven und "tüchtigen", also sich möglichst effizient in das Erwerbsleben integrieren-wollenden Denke zusammen. Dur = heiter.

Michael

Zu den Zeiten der Stoiker begriff man die hellen großen Intervalle, die positiven als Intervalle in denen eine dehnende expandierende Kraft sich auswirkt.
Die dunklen kleinen Intervalle und hierzu muß man auch das C- F rechnen, dagegen haben eine zusammenziehende Kraft. Wenn man sein Gefühl sehr fein schult kann man wahrnehmen daß dies hundertprozentig zutrifft. Die Durtonleiter besteht daher bis auf Ausnahme des F (C-F) aus lauter Intervallen mit expandierender Tendez. Dagegen zeigt die dorische Leiter eine völlig Symmetrie, hat gleich viele expandierende und kontrahierende Intervalle und läßt es zu eine Musik zu konstruieren in der man völlig in seiner Mitte ruht, die Aufmerksamkeit und Bewußtheit sich praktisch zur Hälfte auf das innen und zur Hälfte auf das Außen verteilen kann. Die phrygische Leiter dagegen hat nur noch das G (C-G) als exoandierendes helles Intervall, ansonsten nur nach Innen in den tiefen inneren seelenraum wirkende kontrahierende Intervalle. Diese phrygische Tonart kann so mächtig in den geistigen und Seeleninnenraum wirken wie das Dur nach außen.
Ganz wichtig ist hierbei die kleine Sekunde Des die quasi als Leiton in den Grundton der phrygischen Tonart hineinleiten kann was als feste innere Einwurzelung erlebt werden kann. Das Mollerleben wird hier gerade zu zu einem Mittel vertiefter Bewußtheit, ist eigentlich die Tonart des beschaulichen Melancholikers dem am Handeln und Außenleben nicht viel liegt. Das ist Sache der Durtonart: Handeln und leben nach Außen, bei mangelnder moralöischer Entwicklung und Bewußtheit,
ganz wie unsere Gesellschaft erscheint. Das Dur prägt und manipuliert den heutigen Menschen zu dem was er ist, nämlich ein handelnder Vierbeiner mit übermäßiger Betonung seiner Emotionalität und seines selbsttischen Eigensinns, der heutige Konsum- und Arbeitsindividualist, dem das wqesentliche des Menschseins etwas abhanden gekommen ist. Daher ist die Dur-Tonart einerseits eine tolle musikalische Angelegenheit, sie ist für den neuzeitlichen selbst- und naturbewußten Menschen das tragende Element, ohne sie gäbe es weder das moderne Ich, noch gäbe es ohne die Dreiklänge die perspektivische Weltsicht die überhaupt erst eine Naturwahrnehmung im Innen und Außen möglich macht. Diese Dur-Weise ist aber auch ein gefährliches Gift die diese angedeuteten Einseitigkeiten erzeugt die allerdings alle bei entsprechendem Wollen auch aufgelöst werden könnten, wenn man die ausgleichenden anderen Leitern dadegen setzt.

Das moderne ICH spiegelt sich im Dur-Dreiklang wieder: C - E - G. Während Quarten und Quinten geistige Intervalle sind, kann man die Terzen und Sexten als emotionale Intervalle ansehen. Die Tetraktys des Mittelalters und des Altertums C - F - G - C zeigt diese geistige Orientierung auf. Hier weiß man noch von einem abgegrenzten unteren Oktavraum C - F und einem abgegrenzten oberen Oktavraum G - C. Beide stehen zueinander spiegelsymmetrisch, alles was im unteren Oktavraum vorhanden ist existiert spiegelsymmetrisch auf andere Weise auch im oberen Oktavraum. Diese heilige Vierzahl zeigt in ihrer Symbolik und Wirkkraft den Bauplan des menschen und der Welt gleichzeitig auf. Anstelle dieses Menschenbildes ist die C - E - G Dreiklangsstruktur getreten.
Gewissermaßen könnte man vereinfacht sagen, der Mensch ist vom geistigen F zum emotionalen E gefallen.
Das C stellt hierbei das ICH dar welches in ein starres Verhältnis zu seinem Selbst E steht und beides wiederum in einem starren verhältnis zum ersten noch oberflächlichen Kontakt zur Umwelt, zum Andern welches sich in der Quinte darstellt.

Jemandem dem ich die Struktur der Tetraktys vorspielte und dann abwechselte zum Durakkord und dies häufiger wiederholte, dem ging ein Licht auf, er meinte.
Hier wird plötzlich das Besitzen (wollen) durch Schauen ersetzt. Das ist es eben, die Alten konnten schauen, sie wußten noch was der Mensch eigentlich ist.
Das ist es, es gilt sich der großen Gefahren bewußt zu werden denen vor allem die sogenannte westliche Wertegemeinsachaft durch ein zügellos demonstriertes Dur ausgestzt ist. Die Musik bietet alle Möglichkeiten dem bewußt entgegenzuwirken und Wege zu gehen mit denen man zumindest sich selber aus diesem Treiben herausziehen und anders konfigurieren kann. Es mußnichts so sein wie es ist, wir können auch alles anders machen.
 
Damit wäre das thema wohl erschöpfend und sachkundig "non plus ultra" behandelt!
Wir freuen uns auf weitere beiträge aus solch sprudelnder quelle, ist "bonsai" nomen et omen?
 
Da frage ich mich denn aber doch, ob das statt "erschöpfend und sachkundig" nicht einfach nur "überinterpretierend" behandelt ist und mit altertümelndem Wiederauferstehungsbestreben der etwas unseligen Tonarten-Charakteristik. Mancher philosophiert und spekuliert halt gern. Meinetwegen kann man ja ruhig der Meinung sein, daß die Alten "noch wußten, was der Mensch eigentlich ist", aber das am Dur festzumachen, ist ja denn doch arg weit hergeholt, es sei denn, die Alten wußten bereits, daß der Mensch hauptsächlich ein Schwafler ist.
Oder war das alles Satire? Dann finde ich's OK.
 
Das ist manchmal schwer zu unterscheiden :) , ich habe musik-kritiken gelesen, wo ich mir nicht sicher war, ob die komik beabsichtigt war. Aber wenn du dich hier einliest - - - - - - , willkommen und - - - - viel spaß!
Manchmal sind wir aber auch ernsthaft, auch wenn es an augenzwinkern nicht fehlt. .
 
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