Wieviel Dynamik für Pop/Jazz/Akustik-Demo?

Jay
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Hallo,

das ist eigentlich eher eine moralische Frage. ;) Wir haben im Proberaum Songs für eine CD aufgenommen, die in erster Linie als Demo zu Veranstaltern gehen soll. Stilistisch ist das ein Mix aus Vocal- und Smoothjazz, ein paar akustische Popsongs, Katie Melua, Norah Jones, so die Ecke. Jetzt bin ich ein wenig unsicher, wieviel Kompression für das Endprodukt noch vertretbar ist. :confused: Ich selbst bin ja Jazzer, d.h. ich neige dazu, eher zu wenig als zuviel zu komprimieren. Den SZ-Artikel übers "Totkomprimieren" hab ich seinerzeit übrigens mitbekommen ("Was nicht knallt, hat keine Chance ...").

Ich stell mir jetzt halt die Frage, wieviel Rücksicht muss ich auf weniger feinfühlige Ohren nehmen? Also z.B. jemanden, der eine Band für eine Firmenveranstaltung sucht und in seiner Freizeit vielleicht was anderes als Jazz hört. ;) Und gibts eigentlich außer dem Hörvergleich zu professionellen Produktionen noch andere Orientierungshilfen wie z.B. dB-Werte (Unterschied lauteste/leisteste Stelle oder so ähnlich ...)?

Bin für Tipps dankbar,
Jay
 
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Bob Katz, die Mastering-Legende, hat das K-System entwickelt. Vereinfacht gesagt wird der RMS-Lautstärkewert des endgültigen Mixes gemessen und dann, je nach gewünschem Ergebnis der Master-Compressor/Limiter eingestellt. K-14 bedeutet dann z.B. dass das Master einen RMS-Level von -14 dbFS hat. Je niedriger der K-Wert, desto wenige Dynamik.
Es gab mal einen Artikel von Bob Katz dazu bei Digital-Domain in dem er verschieden Alben entsprechend ihrer "Lautheit" in das K-System eingeordnet und kommentiert hat. Rock/Metal "verträgt" demnach niedrigere K-Werte (K-14), Jazz/Pop höhere Werte (K-20).
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke, das ist doch mal ein Anhaltspunkt. :great:
 
Es ist vielleicht sogar Zeit, die sparsame Verwendung von Kompression zum Vorteil einer natürlichen Dynamik, als "Plus" des eigenen Produktes zu vermarkten und die Thematik auch zu thematisieren und dem Kunden zu vermitteln. So wie auf Lebensmitteln das Bio-Siegel oder Sprüche wie "Ohne Konservierungsstoffe". Man kann sich sein eigenes "Siegel" einfallen lassen und Slogans "wie natürliche Dynamik" etc. und im Booklet ein zwei Sätze zum Thema bringen und vielleicht einen Link.

Ob der Kunde das nun hört oder nicht, es versteht oder nicht, es macht sicher den Eindruck, "dass da Leute am Werk sind, die sich Gedanken machen". Es ist ja heute wieder generell Trend bzw. Bedrüfnis, weg vom "bösen Künstlichen" hin zum "guten Natürlichen", wie man eben an den Themen Lebensmittel, Klimaschutz, etc. sehen kann. Ich sehe "Rückkehr zur Dynamik" als Teil dieses ganzen Trends. So wie der Konsument eigentlich meist gar nix Genaues weiß über Bio-Landwirtschaft und Konservierungsstoffe und schon gar keinen Unterschied schmeckt, erfüllt es ihm doch ein Bedürfnis nach dem "Natürlichen und Guten". So wird das hier auch sein.

Gruß
Uranus
 
Interessanter Gedanke. Wobei ich die Dynamikdebatte auf einer Demo-CD wohl nicht so in den Vordergrund rücken würde. Es geht ja eher darum, eine gelungene Mischung zwischen audiophilem Hörgenuß und sofortiger Überzeugung potentieller Auftraggeber / Konzertveranstalter zu finden. Wahrscheinlich werden die wenigsten sich abends aufs Sofa setzen, ein Glas Wein einschenken, Telefon abschalten und sagen: "So, jetzt werde ich mir diese großartige Scheibe mal in aller Ruhe anhören." ;) Ich lasse mich zwar gerne vom Gegenteil überzeugen, aber da wir zum Teil auch mainstreamige Sachen spielen, existiert eventuell bereits eine Vorstellung in den Köpfen der Leute, wie das Lied im Radio klingt.

Live sieht die Sache wieder anders aus. Ich stehe gelegentlich mit Leuten auf der Bühne (nicht diese Band), wo im Bereich von "Stecknadel fallen hören" bis "ohrenbetäubend laut" Musik gemacht wird. Im selben Stück. Ginge es um ein Live-Album für solche Musik, wäre ein kleines Warnschild "Achtung, 50 dB!" vielleicht ein gutes Verkaufsargument. :D Man muss aber dazusagen, dass das wiederum Musik ist, die ausschließlich im Rahmen eines Konzerts bzw. einer Session gespielt wird, wo die Leute gezielt wegen der Musik kommen, während das Demo auch für Golfhotels, Ärztekongresse und Vernissagen taugen muss. :p
 
Um es überspitzt und leicht zynisch zu formulieren: Wenn da ein Sticker auf der CD ist von wegen natürliche Dynamik bla bla nicht der Böse Mainstream bla bla, dann wird alleine DAS einem gewisssen "weniger feinfühligen" Kreis ein gutes, überlegenes Gefühl geben, auch wenn's dann plattgebügelt ist wie eine Flunder. Nicht das ich für so einen Etikettenschwindel wäre, ganz im Gegenteil, ich glaube einfach, dass da so ein Mechanismus am Werk ist.

Wie's nun in deiner Praxis aussehen soll: Eine CD eures Genres, die für den reinen Hörgenuss bestimmt ist verträgt sicher nicht viel Kompression. Wenn's allerdings gezielt auch als Hintergrundmusik eingesetzt werden soll, wirst Du um eine gute Portion Kompression aus rein praktischen Gründen nicht rumkommen. Es macht ja keinen Sinn, wenn die Musik ständig im Gemurmel untergeht um danach wieder plötzlich voll heraus zu "brüllen". Ich weiss nicht wie ihr das vervielfätigen und vertreiben wollt, aber es könnte sinnvoll sein 2 oder 3 verschiedenen Versionen anzubieten.

Im Jazz und Klassikbereich mit vergleichsweise extremer Dynamik sollte vor der Kompression natürlich erstmal der Fader und die Automation ran. Dann solltest Du evtl. mal "parallele Kompression" ausprobieren, wirkt hier oft wesnetlich dezenter bzw. "unhörbarer".
 
Ich weiss nicht wie ihr das vervielfätigen und vertreiben wollt, aber es könnte sinnvoll sein 2 oder 3 verschiedenen Versionen anzubieten.
Wie es halt bei Demos so ist: Bei Anfragen bekommt der Auftraggeber in spe einen Download-Link, bei persönlicher Vorstellung (Clubs ...) drückt man dem Gegenüber einen Silberling in die Hand. :) Ein "Vertrieb" über die Demofunktion hinaus wird sicher nicht stattfinden, von Freunden, Onkels und Tanten mal abgesehen. 2 oder 3 verschiedene Versionen sind imho da nicht notwendig.

Gestern hab ich mich an die finale Version gesetzt und erstmal eine "defensivere" Variante gewählt. Mal sehen, was die Bandkollegen dazu sagen. Ganz nett ist in dem Zusammenhang immer zu sehen, wie denn die einzelnen Originalproduktionen an die Sache rangegangen sind. Während die im ersten Beitrag erwähnten Damen noch eine recht angenehme Umsetzung zu bieten haben, ist z.B. das Album von Frau Sarkozy (ehemals Bruni :D ), von der wir auch Songs spielen, ziemlich totkomprimiert. Jetzt sind wir halt leiser. :rolleyes:
 
Interessante Problemstellung ;)

Gerade in anbetracht dieses Umstandes:
aber da wir zum Teil auch mainstreamige Sachen spielen, existiert eventuell bereits eine Vorstellung in den Köpfen der Leute, wie das Lied im Radio klingt

Würde ich versuchen mich daran zu orientieren (was du sicher so und so tun wirst :D)
Allerdings sollte man garnicht erst versuchen "besser" zu klingen. Lieber einen Gang zuück schalten.

Welches Punblikum "bespielt" ihr denn so idR.?
immerhin wird doch auch der Veranstalter vom Musikgeschmack her eher in eure Richtung sein. Sprich natürlicher und weniger modern. Oder sehe ich das Falsch?

Lg Melody
 
Interessanter Fred!
Ich denke, man kann das nicht alles über einen Kamm scheren. Dynamik - also Lautheit - ist auch eine stark zielgruppenorientierte Angelegenheit. Was ich damit meine, ist, dass Metal und Volkstümliche Musik (also die Kategorie "Marianne und Michael" etc..) von der Lautheit völlig anders sind als z.B. eine Jazz-Aufnahme (ich denke da z.B. an "Jazz at the Pawnshop" - falls die noch jemand kennt, oder auch Al Jarreau's "Accentuate the possitive", um nur 2 zu nennen).

Hat u.a. damit zu tun, das die jeweiligen Zielgruppen jeweils andere Hörgewohnheiten haben.

Zielgruppe "Marianne und Michael": Das dudelt beim staubsaugen, bügeln, Keller aufräumen... so nebenher.
Dynamik zu genießen ist hier fehl am Platz, das muß immer gut verständlich und leicht konsumierbar sein. Ähnliches gilt für die Metal-Fraktion, hier gehört es aber zur musikalischen Ausdrucksweise, laut zu sein.

Ziegruppe "Jazz": Da setzt man sich schon mal mit einem Glas Wein vor die Hifi-Anlage und genießt die Musik.

Ich weiß, so eine Kategorisierung ist blöd, aber ich hoffe ihr wisst was ich meine.
Eine über die Maßen dynamische Metal-Aufnahme hört sich genau so bescheuert an wie eine vom Summenlimiter zugematschte Jazz-Aufnahme. Außerdem ließen sich beide auch so nicht verkaufen.
Interessante Seite: http://www.dynamicrange.de/de/de/unser-ziel
 
so jetzt mal vernab vom theoretischen gefasel (wobei ich das sicherlich auch einige sätze zu schreiben könnte :D) ein paar vorgehensweisen wie ichs machen würde^^

ich würde mit einem guten kompressor die dynamik dezent einschränken (also ratio bis max 1,5:1) und dann mim limiter vllt 4-6db rausholen (der soll halt dann wirklich nur bei sehr starken snare schlägen arbeiten) das erhöht die lautheit einer produktion idR schonmal sehr stark ohne wirklich dynamik zu klauen.

an deiner stelle würde ich aber wenns nur eine demo ist lieber ein bisschen zu viel als zu wenig empfehlen. egal ob man nun audiophil veranlagt ist oder nicht im alleraller ersten moment is lauter = besser nunmal einfach sone art "urinstinkt"
und wenns dann eben darum geht an gigs zu kommen würde ich lieber ein bisschen lauter fahren als zu leise einfach um gegen die "konkurrenz" in punkto lautheit nicht völlig unterzugehn. trotzdem halt nicht übertreiben sondern eben die grenze zwischen laut aber trotzdem dynamisch finden (so leicht sich das hier schreibt :D)

ich weiss nicht mehr wer es gesagt hat aber der wortlaut war irgendwie folgender "mastering heutzutage bedeutet immer ein kompromiss zwischen konkurrenzfähig und trotzdem noch qualitativ zu arbeiten)
 
Die Dynamik ist mit 1.5:1 (bei den Drums auch mehr) bereits dezent eingeschränkt. ;) Die Version vom Wochenende lasse ich jetzt erstmal bis nächste Woche so stehen, um ein bisschen Abstand zu gewinnen. Dann setze ich mich nochmal dran. Vielleicht ist ja bis dahin das Dynamic Range Meter verfügbar, dann könnte ich auch mal konkrete Werte nennen.

Vielleicht noch eins: "Natürlicher" würde ich nicht unbedingt als "weniger modern" bezeichnen. ;) Wir spielen ziemlich viele Stücke von Alben, mit denen andere (siehe oben) gerade Millionen verdienen. :p
 
google mal nach RMS buddy der zeigt dir auch rms werte an dann kannst anhand von anderen produktionen vergleichen (wobei -10db auf der skale schon ziemlich laut sind)
 
Hi Jay!

okay stimmt hast du recht, ich wollte "klassisch" nicht schon wieder "künstlich" gegenüberstellen. Ich hoffe es kam das an was ich wollte, wenn nicht: vergesst es. :D

Lg Melody (der auch von ein paar Freunden Jay genannt wird ;))
 
....
ich würde mit einem guten kompressor die dynamik dezent einschränken (also ratio bis max 1,5:1) und dann mim limiter vllt 4-6db rausholen ....

Ratio ist bei einem Kompressor relativ nebensächlich. Wie stark er arbeitet kann man am
Besten anhand der Gain-Reduction (die sich aus den Einstellungen ergibt) ablesen.
Auch mit 1.5:1 kann man viel Gainreduction und Pumpen rausholen, was nicht gut ist.
Wichtig ist aber auch, dass die Attack-Zeit nicht zu kurz ist, damit die Transienten nicht ganz weggebügelt werden.

Ein Limiter mit Gainreduction 4-6dB ist schon sehr heftig. Kann noch musikalisch klingen,
speziell wenn es nur einzelne Stellen betrifft. Wenn aber jeder Snare-Schlag den Limiter 6dB abverlangt, dann kann eine im Mix gut klingende Snare plötzlich komplett weich und hintergründig klingen.

....
an deiner stelle würde ich aber wenns nur eine demo ist lieber ein bisschen zu viel als zu wenig empfehlen. egal ob man nun audiophil veranlagt ist oder nicht im alleraller ersten moment is lauter = besser nunmal einfach sone art "urinstinkt" ....

Lautheit kann man nur mit Qualitätseinbußen "erzwingen". Wenn man viel Ahnung vom Mastering hat und diese Qualitätseinbußen sehr gering halten kann, kann man es auch laut machen. Aber gerade für ein Demo wird (glaube ich) mehr der Song und der Sound bewertet als die Lautheit. Das sollten normal schon Leute beurteilen die Ahnung von der Sache haben. Wenn der Song von irgendwem abgelehnt wird, weil er zu leise ist, dann ist das eh nicht seriös.

lg. JayT.
PS.: Habe gerade selber einen (Pop-)Song so laut gemacht, dass ich von anderen (keine Profis) zu Recht eine vernichtende Kritik bekommen habe. Der Sound war nur mehr hart, kratzend und beissend. Sogar für Pop zuviel. Qualität soll immer vor gehen. Prof. Lautheit muss dann ein Mann mit langem weißen Bart in einem sau teurem Mastering Studio rausholen. Selbermachen erfordert so viel Wissen und Erfahrung, dass man keine Chance hat*G
 
Ratio ist bei einem Kompressor relativ nebensächlich. Wie stark er arbeitet kann man am
Besten anhand der Gain-Reduction (die sich aus den Einstellungen ergibt) ablesen.
Auch mit 1.5:1 kann man viel Gainreduction und Pumpen rausholen, was nicht gut ist.
Wichtig ist aber auch, dass die Attack-Zeit nicht zu kurz ist, damit die Transienten nicht ganz weggebügelt werden.
naja klar zeigt die gainreduction wieviel weggebügelt wird aber es macht nen unterschied ob ich 30db dynamik mit 1,5:1 oder mit 4:1 bearbeite ;)


naja wie gesagt man kann bei den meisten songs 6db rausholen in dem man einfach die 3-4 snare schläge die bis 0db gehn (und die anderen entsprechend weniger) wegbügelt. die 3-4 snare schläge klingen mit nem guten limiter dann immer noch ok aber insgesamt hört sich das schon doppelt so laut an !

und zu demos: die werden reingeschoben und wenns nicht gleich gefällt wirds weggeworfen. deswegen auch mein lieber bissl lauter als mans sonst machen würde. das die jungs die sowas bewerten kompetent sein sollten (und entsprechend einfach lauter machen) ist halt in 90% der fälle nicht so und solange man es mim maximizen nicht total übertreibt leider auch die qualität nicht in dem maße drunter dass der sound unertragbar wird ..

wie gesagt einfach rms buddy runterladen und einfach mal vergleichen und dann ungefähr zwischenmaß zwischen einer leisen und lauten profiproduktion wählen das passt dann schon ^^
 

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