Aufnahmehemmungen

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Knickzimt
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Hallo,

Es geht um Hemmungen, Verkrampftheiten während der gezielten Aufnahme des eigenen Spiels.
Ich habe nun schon so oft versucht, meine freien Improvisationen festzuhalten, aber es stellt sich nach Starten der Aufnahme immer wieder zuverlässig das gewohnte Gefühl ein, beobachtet zu werden, perfektes Material hervorbringen zu müssen. Das endet dann regelmäßig darin, dass ich frustriert die Aufnahme beende, nachdem ich 40-mal neu angesetzt habe, weil mir alles zu belanglos schien. Mir fehlt die Unbekümmertheit, die ansonsten die spannendsten Improvisationen aus mir hervorsprudeln lässt, aber unter solch Verschärften Bedingungen kommt einfach keine Entspannung auf. Das macht mich ganz kirre und ich möchte das bekämpfen und würde zu diesem Zweck gerne wissen, ob es irgendwelche Körperübungen, Entspannungstechniken oder sonstigen, vielleicht ganz simplen, Kniffe gibt, die mich endlich auch unter Aufnahmeaufsicht das spielen lassen, das ich zu spielen im Stande bin.
Ähnlich ist es eigentlich auch bei Auftritten, da schöpfe ich mein improvisatorisches Potential längst nicht aus, weil es immer etwas gibt, dass das lockere Ideenspinnen unterbindet, das scheint eine ganz sensible Sache bei mir zu sein.
Ich suche nun nach Informationsmaterial zu diesem Thema, das muss ja eine sicherlich weiter verbreitete Musikerkrankheit sein, gegen die es schon Strategien gibt.


Könnt ihr mich da beraten?

Gruß

Knickzimt
 
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Jepp, das ist ein bekanntes Phänomen...

Nervös macht einen immer das, was man noch nicht kennt, wenn es also - im wörtlichen Sinne - "unnormal" ist.

Das funktioniert bei dir in etwa so:

Normalfall: Du spielst so vor dich hin, probierst Sachen aus, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Ist aber auch egal, du daddelst ja eh gerade nur vor dich hin. Man könnte sagen "Der Weg ist das Ziel", wenn das nicht so furchtbar abgedroschen wäre :D

Dann die Aufnahme: Oh Gott, ab jetzt wird alles für die Ewigkeit festgehalten! Also sollte es mögllichst nahe an perfekt sein! Wenn ich mich jetzt verspiele - furchtbar! Oder wenn ich nur dummes Zeugs spiele, das könnte sich ja hinterher jemand anhören! Aus der kreativen und entspannten Ziellosigkeit von vorhin ist eine Streßsituation geworden. Leistungsdruck sozusagen. Das rote Lämpchen ist an, die Welt wartet auf vorzeigbare Resultate...

Beim Gig gilt natürlich das Selbe: Improvisationen könnten toll klingen, aber es besteht natürlich auch die Gefahr, dass es ganz übel in die Hose geht. Und dieser Gedanke ist halt immer irgendwie im Hinterkopf.

In beiden Fällen ist der Effekt der selbe: Man spielt eher auf "ankommen", will sagen: Fehlerfreiheit bekommt den Vorrang vor Experimenten.

Was also tun?

Nimm die Erwartungshaltung aus dem Vorgang des Aufnehmens. Oder nimm dir im Gegenteil mal vor, wirklichen Müll einzuspielen :p

Mach so viel wie möglich "sinnfreie" Aufnahmen, d.h. lass so gut wie immer die Aufnahme mitlaufen, egal, was dabei herauskommt. Nach einiger Zeit wird die Aufnahmesituation vom belastenden Ausnahmezustand zum Normalfall, und du spielst deutlich freier. Mach einfach eine Gewohnheit draus.

Bei Gigs ist das natürlich nicht ganz so einfach, aber auch da trainiert man sich die Nervosität im Lauf der Zeit durch Gewohnheit weg.

Viel Spaß dabei :)
 
Hallo, Knickzimt,

was Entspannungstechniken anbelangt, schau Dich mal bei autogenem Training, Jacobson oder Feldenkrais um, ggfs. noch Tai Chi. Ist allerdings sehr von Dir selbst abhängig, nicht alles funktioniert bei jedem. Als Soforthilfe hat bei mir in meinen schlimmsten Lampenfieberzeiten eine Dosis "Rescue-Tropfen" gut geholfen (Bachblüten-Produkt, pflanzlich, keinerlei Nebenwirkungen...). Auch das geht nicht bei jedem, aber probieren kannst Du es. Bei mir hatte es den Effekt, daß sich meine zitternden Kniescheiben (ich konnte kaum noch stehen!) vor meinem ersten Solo (klassischer Gesang) völlig beruhigten und ich mit der Einstellung "Dies sind meine Töne - liebt sie oder nicht..." 'rausgegangen bin. Und es hat gut geklappt.
Rein "hardware"-mäßig: Wenn Du Dich selbst zuhause aufnimmst, kannst Du Dir die Recording-Umgebung völlig nach Deinen Wünschen gestalten und es Dir gemütlich machen. Wahrscheinlich hat die Umgebung mit hellem Licht, Mikrofon u. a. einen hemmenden Einfluß... ich habe schon oft bei nervösen Sängerinnen ein paar Kerzen in den Aufnahmeraum gestellt und das große Licht ausgemacht. Die Verbesserung war meistens unglaublich.
Am Vocals-Board gibt es auch einen großen Thread zum Thema Lampenfieber, vielleicht steht da auch was hilfreiches für Dich drin!

Viele Grüße
Klaus
 
du könntest dich auch einfach beim üben aufnehmen. so wird erstens das aufnehmen eine routinesache, weil du immer aufgenommen wirst, und zweitens kannst du nachher die sachen, die dir gut gefallen haben nochmal raushören, und sie dir irgendwie als feste patterns zulegen.
dazu braucht die qualität der aufnahme ja nicht gut zu sein.
 
J
Dann die Aufnahme: Oh Gott, ab jetzt wird alles für die Ewigkeit festgehalten! Also sollte es mögllichst nahe an perfekt sein! Wenn ich mich jetzt verspiele - furchtbar! Oder wenn ich nur dummes Zeugs spiele, das könnte sich ja hinterher jemand anhören! Aus der kreativen und entspannten Ziellosigkeit von vorhin ist eine Streßsituation geworden. Leistungsdruck sozusagen. Das rote Lämpchen ist an, die Welt wartet auf vorzeigbare Resultate...

The good news: Es ist nicht fuer alle Ewigkeit :D Aufnahmen, die nix taugen, lassen sich loeschen. Dummes Zeugs laesst sich loeschen. Und im Zeitalter des Digitalismus verschleudert man nicht mal mehr Band :great:;) Und selbst bei Aufnahmen fuer CDs kann man wiederholen, man kann tongenau einen Ton "einsetzen".

Gewoehnung hilft viel, das stimmt.
 
Wahrscheinlich hat die Umgebung mit hellem Licht, Mikrofon u. a. einen hemmenden Einfluß... ich habe schon oft bei nervösen Sängerinnen ein paar Kerzen in den Aufnahmeraum gestellt und das große Licht ausgemacht. Die Verbesserung war meistens unglaublich.
Lustig, genau dasselbe haben wir bei unseren Aufnahmen auch gemacht.

Was mir bei den Aufnahmen geholfen hat war ein zweiter Musiker. Okay, man hat dann natürlich auch nicht mehr dieses Gefühl des ungehemmten drauflosspielens, aber wenn man zu zweit abwechselnd aufnimmt und das Band die ganze Zeit mitläuft lenkt man sich selbst genügend ab. Legatos Tipp etwas sinnfreies einzuspielen lässt sich damit sogar kombinieren. Nach etlichen Stunden zusammen mit einem Freund planlosem herumgezocke waren da drin immer wieder ein paar gute Sequenzen die wir im nachhinein zu nem Song ausgebaut haben.
 

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