Der Einfluss von Depression auf die Singstimme

Cörnel
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Hallo zusammen,
ich frage mich, welchen Einfluss eine endogene Depression auf den Gesang hat. Eine endogene Depression ist eine Depression von innen heraus, die also mehr oder weniger schon immer da war. Reaktive Depressionen können bei Verlusten (Trauerfall, Trennung, Job etc.) und anderen einschneidenden Erlebnissen entstehen. Die meine ich explizit nicht! Da es oft MissverstĂ€ndnisse im Bezug auf Depression gibt: Depression ist nicht gleichzusetzen mit traurig sein! Überspitzt will ich mal sagen, dass depressive Menschen eher nicht traurig sind sondern in grauer Emotionsmatsche sitzen.

Ich habe einen ganzen Haufen von Ideen, möchte die Diskussion aber nicht von Anfang an beeinflussen, daher wĂŒrde ich die erst spĂ€ter posten, wenn es euch recht ist.

Ich bitte außerdem darum, dazuzuschreiben, ob es Erfahrungen, Spekulationen oder gesicherte Fakten (Studien etc.) sind!


Vielen Dank!
Cörnel (glĂŒcklicherweise ohne Depression)
 
Eigenschaft
 
Nur Spekulation:

Ich glaube, dass die Auswirkung der Depression (egal welcher) auf den Gesang ebenso schwer typisierbar sind, wie deren Symptome oder der Depressive selbst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schwieriges Thema, aber ich kann mich nicht zurĂŒckhalten :)
da ich selber singe und mit der Krankheit zu kÀmpfen hatte.

Ich gebe Antipasti recht. Das lÀsst sich so nicht typisieren.... Die Aussage, dass man gar nicht mehr singen will, es sich nicht zutraut
oder das Hobby Musik wie auch andere Hobbies abbricht trifft eher zu.
War zumindest bei mir so....
Singen war fĂŒr mich wĂ€hrend der Krankheit, wenn ich dann mal gesungen habe was sehr selten war, im Nachhinein die einzige TĂ€tigkeit
in der ich noch irgendwie GefĂŒhle gespĂŒrt habe.

GrĂŒĂŸe vom Gott sei Dank nicht mehr depressiven alusi
 
Cörnel;5424361 schrieb:
.....welchen Einfluss eine endogene Depression auf den Gesang hat. Eine endogene Depression ist eine Depression von innen heraus, die also mehr oder weniger schon immer da war. ....

Mal so ĂŒberlegt:
Wenn die Depression schon immer da war wird sie keinen (merklichen) Einfluss auf die Stimme haben.
Grund: Da die Depression schon immer da war klingt die Stimme auch schon immer so wie sie klingt.

Merkliche VerĂ€nderungen der Stimme können IMHO nur nicht schon immer dauerhaft dagewesene EinflĂŒsse haben. Man braucht ja eine Referenz als Vergleich um den Unterschied zu bemerken.

Gruß

Dr. Fish
 
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Hallo antipasti,
die hatte ich seit "Jahrzehnten" in mir :) (Also nicht reaktiv). Schwierig zu erklĂ€ren, ist hier auch nicht der richtige Platz dafĂŒr.
Mehr Infos gerne ĂŒber PN weil mir das Thema sehr sehr am Herzen liegt.
GrĂŒĂŸe
 
Meine Überlegungen dazu:

Aufgrund der BeschĂ€ftigung mit sich selbst und der Kehrung nach innen (introvertierte Haltung) kann der Depressive beim Gesang schwerer aus sich herausgehen. Es kann also sein, dass der Gesang an emotionaler IntensitĂ€t abnimmt. Tendenziell wird man wenn man eine Last auf der Brust spĂŒrt etwas kurzatmiger. Zudem durfte der Gesang an Kraft einbĂŒĂŸen. Andererseits kann dem Depressiven je nach AusprĂ€gung das Singen auch Helfen wieder mehr aus sich Herauszugehen, ein besseres KörpergefĂŒhl wiederzuerlangen und darin ein Ventil fĂŒr die negativen Gedanken finden.

Durch du zumeist gebeugte und wenig offene Körperhaltung bei depressiven Personen ist die Atemanbindung und StĂŒtze erschwert, mit bekannten Folgen...
 
Ich glaube wie antipasti, daß man den Einfluss von Depressionen auf SĂ€nger bzw. ihre Stimme nicht verallgemeinern kann. Einige verlieren wohl ihre Stimme (Callas) oder enden im Suizid (Ian Curtis, Kurt Cobain), andere singen trotzdem hammermĂ€ĂŸig gut - ich habe z.B. irgendwo einmal ein Interview mit Christina Aguilera gesehen, in dem sie erzĂ€hlte, daß sie immer wieder unter depressiven SchĂŒben leide, daß aber gerade dieses Leiden ihr auch ermögliche, sich kĂŒnstlerisch auszudrĂŒcken. Robbie Williams hat zumindest unter Depressionen gelitten und war deshalb auch in klinischer Behandlung, ob das immer noch der Fall ist, weiß ich nicht. Janis Joplin soll schwer depressiv gewesen sein. Die Liste ließe sich wohl endlos fortsetzen...
 
Das liegt eben auch daran, dass Depression nicht gleich Depression ist. Ursache ob endogen oder exogen ist jetzt wurscht, Depressionen Ă€ußern sich nicht immer gleich. Es gibt welche, die sind eher Ă€ngstlich agitiert, andere die nur Bauchschmerzen haben, andere die sich zu nichts motivieren können, usw.
Wenn sich die Krankheit wÀhrend einer depressiven Phase auf die Sprache auswirkt, sie also verlangsamt, melodiearm und ausdruckslos klingt, wird sich das sicher auch auf den Gesang auswirken. Der Gesang klingt dann wohl ausdruckslos und die Stimmbeweglichkeit nimmt ab. Ist die Sprache normal, ist wahrscheinlich auch der Gesang normal.
Diejenigen, die ihre KreativitĂ€t aus der Depression schöpfen, sind ĂŒbrigens meistens bipolar (also manisch-depressiv). WĂ€hrend der depressiven Phase setzen sie sich viel mit sich und der Welt auseinander, kriegen es aber oft nicht hin sich auszudrĂŒcken. WĂ€hrend des nachfolgenden manischen Phase aber kommen sie schöpferisch zur Hochform und schreiben sich das, was sich wĂ€hrend der Depression angestaut hat, regelrecht von der Seele. Es gibt viele großartige Komponisten und KĂŒnstler, die eine bipolare Störung haben. Manche sagen sogar, dass einige KĂŒnstler nur so großartig sind, weil sie diese Krankheit haben. Sie machen sich wĂ€hrend der depressiven Phase viele außergewöhnliche und ergreifende Gedanken und wĂ€hrend der manischen Phase haben sie so einen Schaffensdrang und verhalten sich so sonderlich, dass sie als interessant und unkonvetionell wahrgenommen werden. FĂŒr die Kunst vielleicht bereichernd, aber fĂŒr sich selbst bedauernswert, denn da stecken meist wirklich kaputte Seelen hinter. Aber genug OT.
 
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Es gibt viele großartige Komponisten und KĂŒnstler, die eine bipolare Störung haben. Manche sagen sogar, dass einige KĂŒnstler nur so großartig sind, weil sie diese Krankheit haben.

Das habe ich auch schon oft gedacht.
Meine LieblingskĂŒnstler (SĂ€nger/Musiker, Maler, Dichter/Schriftsteller) sind in aller Regel so geartet.
Die Kunst der immer Fröhlich-Ausgeglichenen ist mir oft zu seicht.
 
Mal aus eigener Erfahrung...

Ohne eine leicht depressive Verstimmung wĂŒrde es mir schwer fallen, Texte zu schreiben. Egal ob die Texte eher destruktiv sind oder Hoffnungsvoll sind, ich kann in einer euphorischen Stimmung nicht wirklich gut Songs schreiben... Soviel zum Songwriting. Eine bipolare Störung ist bei einigen KĂŒnstlern sicher ein gewisser Antrieb. Mir fĂ€llt zB Devin Townsend ein, ein super genialer und kreativer Musiker der offen zu seiner Störung steht.

Aber eine bipolare Störung ist ja keine "klassische" Depression. Ein Symptom einer Depression kann auch das vernachlĂ€ssigen von Hobbies und Isolation von der Umwelt sein. Somit fĂ€llt nicht nur das Singen schwer, sondern erstmal das "sich dazu aufraffen", zu ĂŒben oder zu Bandproben zu erscheinen.

Definitiv schwierig wird es wenn Medikamente ins Spiel kommen. :rolleyes:
 
Es gibt viele großartige Komponisten und KĂŒnstler, die eine bipolare Störung haben. Manche sagen sogar, dass einige KĂŒnstler nur so großartig sind, weil sie diese Krankheit haben.
Genie und Wahnsinn und so. Das kommt ja nicht von ungefÀhr.

Ohne eine leicht depressive Verstimmung wĂŒrde es mir schwer fallen, Texte zu schreiben. Egal ob die Texte eher destruktiv sind oder Hoffnungsvoll sind, ich kann in einer euphorischen Stimmung nicht wirklich gut Songs schreiben...
Anastacia (man mag zu ihr stehen wie man will) hat mal gesagt, dass sie viele Songs schreibe, die ihrem direkten Umfeld Sorge bereiten wĂŒrden, weil sie meist schwermĂŒtige Themen verarbeite. Das heiße nicht, dass es ihr schlecht ginge, aber das seien eben die Dinge, ĂŒber die sie schreiben könne, die sie kĂŒnstlerisch umsetzen könne. Wenn sie in beispielsweise zwei Wochen vielleicht einen "blue day" habe, nĂ€hre der dann neue Texte, die anderen 13 netten Tage eben nicht.
 
NatĂŒrlich kann man nicht alle FĂ€lle ĂŒber einen Kamm scheren, aber es ist wohl kein Zufall, dass die meisten Antworten in die selbe Richtung zeigen: Von einem positiven Einfluss einer Depression auf's Singen schrieb niemand, lediglich von einem möglichen KreativitĂ€tsschub, und dann ist noch die Frage: Depression oder bipolare Störung?

Die Beobachtungen in Richtung "gar nicht singen wollen", "Kehrung nach innen", "Last spĂŒren" oder "Ausdruckslosigkeit" teile ich, teilweise aus eigener Erfahrung. Allerdings kann/will ich dabei nicht zwischen endogener und reaktiver Depression unterscheiden. Vielleicht hat es einen guten Grund, dass diese Unterscheidung heute nicht mehr angewendet wird. Was heißt denn schon endogen und wie erkennt man das? Und will man eine depressive Phase im Erwachsenenalter, deren Ursachen in die Kindheit zurĂŒckreichen, als "reaktiv" mit der Reaktion auf Trauerfall oder Jobverlust zusammenfassen?
Man könnte endogen gleichsetzen mit genetisch bedingt, aber Zwillingsstudien belegen meines Wissens, dass es eine rein genetisch bedingte Depression nicht gibt, und auch Depressionen, die lebenslang oder ĂŒber sehr lange Zeit auftreten, tun dies normalerweise in mehr oder weniger starken SchĂŒben, die hĂ€ufig Reaktionen (etwa auf UmwelteinflĂŒsse) sind.
 
Sehr interessante BeitrÀge!

Nun meine Spekulationen:

Eine Möglichkeit:
Durch einen allgemein grauen GefĂŒhlsmatsch kann es dem SĂ€nger nicht möglich sein, loszulassen und sich in einer Stilistik festzufahren. Dramatische Songs, leidend, laut, wĂŒtend, agressiv, viel Belt. Schwer fallen dem SĂ€nger: Leichte Töne, Liebe, reine Trauer, kindlich naive Töne .

In den Stilistiken die der SÀnger beherrscht werden die Emotionen durch Effekte auf die Töne raufgelegt, aber sie kommen nicht von innen, weil der SÀnger auch im Leben gelernt hat, möglichst "hart" und "stark" zu sein, stets nach dem Motto "Ich gehör nur mir".

Option 2
Der SÀnger singt sehr monoton, man hört in der Stimme nur Mattheit und Traurigkeit. Es fehlt die Energie.
 
Ich kann nur aus eigener Erfahrung sagen, dass als ich depressiv war eher komponiert habe, aber fĂŒrs Singen nie die Kraft gefunden hĂ€tte, weil vorallem die Depression mit Angst und inneren Unsicherheit daherkam, da mal laut zu werden und loszulassen hĂ€tte nie im Leben geklappt. Das kommt in der Tat wohl auf die Depressionart an und auf die mit dieser verbundenen Ängste und andere Probleme.
 
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Hier herrscht immer noch ein Prototyp des Depressiven vor.

Ich kenne nicht viele, bei denen ich sicher weiß, ob sie wirklich Depressionen haben oder nur ne "schlechte Phase" oder vom Wesen her eher verinnerlicht-melancholisch veranlagt sind.

Aber die wenigen "echten" Depressiven, die ich kenne - nein: kannte, denn sie haben sich alle das Leben genommen - waren nach Außen die lebenslustigesten, bestgelauntesten und lautesten Menschen, die ich kennengelernt habe. Von "blockiert" keine Spur, auch nicht unbedingt aggressiv (höchstens "auto-aggresiv"). Sogar, wenn sie mal echt schlecht drauf hatten, waren sie dabei alles andere als leise. Einer davon war sogar ein begabter Naturbariton, den man um zwei HĂ€userblöcke schmettern hören konnte.
 
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Aber die wenigen "echten" Depressiven, die ich kenne - nein: kannte, denn sie haben sich alle das Leben genommen - waren nach Außen die lebenslustigesten, bestgelauntesten und lautesten Menschen, die ich kennengelernt habe. Von "blockiert" keine Spur, auch nicht unbedingt aggressiv (höchstens "auto-aggresiv"). Sogar, wenn sie mal echt schlecht drauf hatten, waren sie dabei alles andere als leise. Einer davon war sogar ein begabter Naturbariton, den man um zwei HĂ€userblöcke schmettern hören konnte.

Das stimmt. Ich kannte auch zwei, drei solche Exemplare. Alle waren fassungslos, als ihr Suizid bekannt wurde, niemand hĂ€tte es fĂŒr möglich gehalten....
 
Depression kann so sein oder so oder anders.
Als ich in der Depression steckte ging unterrichten und singen schon noch. Aber ich war ĂŒbermĂ€ĂŸig empfindlich. Daher wĂŒrde ich heute sagen, daß ich nie wieder wĂ€hrend einer Phase der Depression auf die BĂŒhne gehen wĂŒrde. Ich habe mir damit einiges angetan, was nicht auch noch hĂ€tte sein mĂŒssen. Das Singen selber war nicht das Problem, denn es verbindet eine mit dem Leben, wirkt im besten Sinne be-lebend. Solange nicht der Aspekt der Leistung hineinspielt.
 
Cörnel;5436328 schrieb:
Meinst du, es könnte auch sein, dass man es schafft, laut zu singen, aber mal loszulassen und leise, ausgelassen, heiter zu singen blockiert ist?
Ich denke es kommt auf den Menschen an... aber wenn jemand wirklich depressiv ist, da ist demjenigen wohl nicht nach heiter singen zumute...

---------- Post hinzugefĂŒgt um 18:09:47 ---------- Letzter Beitrag war um 18:06:50 ----------

Ich kenne nicht viele, bei denen ich sicher weiß, ob sie wirklich Depressionen haben oder nur ne "schlechte Phase" oder vom Wesen her eher verinnerlicht-melancholisch veranlagt sind.
Aber die wenigen "echten" Depressiven, die ich kenne - nein: kannte, denn sie haben sich alle das Leben genommen - waren nach Außen die lebenslustigesten, bestgelauntesten und lautesten Menschen, die ich kennengelernt habe. Von "blockiert" keine Spur, auch nicht unbedingt aggressiv (höchstens "auto-aggresiv"). Sogar, wenn sie mal echt schlecht drauf hatten, waren sie dabei alles andere als leise. Einer davon war sogar ein begabter Naturbariton, den man um zwei HĂ€userblöcke schmettern hören konnte.
Ich denke mal, jeder verarbeitet die Depression anders nach aussen hin... Einige spielen eine Rolle des GlĂŒcklichen, andere ziehen sich zurĂŒck von der Umgebung... bei dir klingt es so, als ob die wirklich depressiven Menschen verdammt dazu sind letzenendes sich vom Leben freiwillig zu verabschieden. Ich habe auch oft an Suizid gedacht, aber auf der einen Seite es mich nicht getraut und auf der anderen doch noch die positive Seite des Lebens kennenlernen wollte.
 

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