Doch dann kam Sie

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mal eine etwas freiere Form




Doch dann kam Sie


doch dann kam Sie
und brachte alles durcheinander
und all sein Halt zerfiel wie Sand
und er erschrak vor ihrer Hand
und ihrem Duft und ihrem Blick
mit dem sie ihn sofort verbrannte
wie eine unsichtbare Flamme

und ihre ungestüme Art
ihre Gefühlsachterbahnfahrt
die ihn aus allen Festen warf
die ihn seither so gut geschützt
vor allem was logisch unnütz
und vom Verstand nicht brauchbar war
womit man niemals an ein Ziel
und nie zu einem Schluss gelangte

so war die Welt bisher gewesen
berechenbar und voller Thesen
die klug und objektiv beschrieben
dass dieses Ding um das sie alle
so viel des Aufhebens doch machten
nur eine Überreaktion
bestimmter Botenstoffe war
er war gewiss er hatte recht
und es für sich stets nur belächelt

doch dann kam sie
ein Sturm von weiblicher Chaotik
mit langen Haaren und auch sonst
allem so dran
was man sich eigentlich auch denken kann

er hatte es schon oft gesehen
ja ja
doch nun war es um ihn geschehen
er hatte Sehnsucht träumte wach
könnte sie auch könnte sie - ach

er wollte glauben, schwören, rein sein
sagen lass mich auf ewig dein sein
er wollte lachen, schreien, weinen
war so schwach auf seinen Beinen
und ganz verwirrt, wenn er sie sah
wollt‘ sich verstecken, bersten, zittern
wenn er sie hörte, war erschüttert
wollt‘ zu ihr stürzen, wollte fliehen
wollte vor ihr auf seinen Knien…

er wusste nicht was ihm passiert
nur eins nur eines garantiert:
sie, es ist sie!
und er wird nie, nie wieder, nie
nie nie nie wieder jemals sein
der er bisher gewesen war
 
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oh, ich muss den mal hochholen. Gibt es da irgendwelche Meinungen dazu?
 
Ja - es gibt von mir aus eine Meinung:
Es stimmt alles, es ist alles wahr,
und mir wird erzählt, wie es geschah.
Lieber wär mir, mir wär gegeben
all dies zu sehen, zu erleben.

Ich wünschte mir, mehr "show, don´t tell", um viel mehr in den Sog zu kommen. Denn nachvollziehen kann ich es schon und kennen tun es wohl viele - und doch erreicht mich der Text vor allem über den Verstand und selten über die Sinne.

Natürlich - das ist ein Text und die musikalische und gesangliche Umsetzung mag mich genau in die Gefühlswelt versetzen, die ich gerne hätte - was, by the way, ja meine Erwartung ist und nicht die Deine sein muss. Nehme ich meine Erwartung ernst und beziehe sie auf den Text, so würde ich aus dem Stand heraus vielleicht mit ein paar Dingen spielen:
Die Vergangenheitsform ist per se schon distanzierter, reflektierter und eher auf ein Fazit aus. Und natürlich ist sie wichtig, weil das, was hier geschehen ist, ja eine Art Erkenntnis und Weckruf ist. Aber vielleicht kann man die Durchgängigkeit aufbrechen und einen mehr unmittelbaren Zugang schaffen:
und all sein Halt zerfiel wie Sand
und er erschrak vor ihrer Hand
und ihrem Duft und ihrem Blick
mit dem sie ihn sofort verbrannte
wie eine unsichtbare Flamme

und all sein Halt zerfällt wie Sand
und er erschrickt vor ihrer Hand
und ihrem Duft und ihrem Blick
mit dem sie ihn sofort verbrannt
wie eine unsichtbare Flamme

Und an anderer Stelle:
er will glauben, schwören, rein sein
sagen lass mich auf ewig dein sein
er will lachen, schreien, weinen
ist so schwach auf seinen Beinen
und ganz verwirrt, wenn er sie sieht
will sich verstecken, bersten, zittern
wenn er sie hört, ist er erschüttert
will zu ihr stürzen und will fliehen
will vor ihr auf seinen Knien…

Ich glaube, das Prinzip, das ich meine, ist klar. Man müßte, will man es verfolgen, eine stimmige und subtile Mischung aus Jetzt-Zeit-bestimmtem Chaos und vergangenheitsorientierter Reflexion finden - aber ich denke, das kann klappen und erzeugte mehr Unmittelbarkeit als jetzt vorhanden.

Im Grunde würde ich hauptsächlich mit den Zeitformen spielen und schauen, was dann passiert. Denn vieles ist schon unmittelbar beschrieben und sinnlich zugänglich. Dass sich keine chronologische Erzählung ergibt (erst tat er dies, dann tat sie das, worauf er dies tat ...) stört mich nicht weiter, denn im Grunde geht es - in meiner Betrachtung des Textes - um die Wucht des Erlebens, woraus resultiert, dass das Lyrische Ich nie mehr so sein wird, wie es war.

Ich weiß noch nicht, wie ich zu dem offenen Ende stehe. Denn so empfinde ich es: das Lyrisch Ich wird nie mehr die selbe Person sein - aber wer oder wie wird sie (oder er) sein? Mutiger? Verschreckter? Noch verstörter? Und ist diese Liebe tatsächlich schon vorüber, noch bevor sie begann? Sicher durch sein Zögern (meine Phantasie). Aber bei der nächsten Wucht der Liebe wird es dann anders? Wie gesagt: Es geht mir weniger darum, dass ich ein definiertes Ende möchte, eher darum, genauer zu erfahren oder gezeigt zu bekommen, WAS genau sich in dem Lyrischen Ich getan hat und WIE sich das Lyrische Ich durch das Erlebnis (bzw. der Reflexion des Erlebnisses) gewandelt hat.

Das wäre meine Beobachtungen und Fragen an den Text - vielleicht gibt es weitere und andere ...?

Herzliche Grüße

x-Riff

x-Riff
 
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Hallo x-Riff,

danke für Deine ausführliche Antwort.

Die Zeitform könnte man ändern. Ich sehe im Moment nicht, dass Präsens die Story unmittelbarer machen würde. Das ist vielleicht Geschmackssache. Vielleicht ist es für andere tatsächlich auch so. Nur - ich selbst empfand sie eben nicht im Präsens. (Ich muss dazu sagen, dass ich manchmal eine leichte Abneigung gegen Präsens habe, was modernen Kindergeschichten geschuldet ist. Früher standen die - ebenso wie Märchen - meist in der Vergangenheit. Heute wird die Gegenwartsform mMn überstrapaziert ("der kleine Igel geht zum Frosch und fragt ihn..."). Der Versuch, dadurch Unmittelbarkeit zu erzeugen, ist mir persönlich oft etwas unangenehm.

Zum Punkt show don't tell . . . was ja kein Universalrezept oder Allheilmittel ist. Ein Text wird nicht automatisch dadurch besser, dass man mehr "showT" als "tellT".

Aber Deine Anmerkung hat mich herausgefordert, mich zu fragen, wo ich im Text mehr showing und wo mehr telling angewandt habe.

Der Text beschreibt ja die Wandlung eines LI von der reinen Vernunft-Gesteuertheit zu einem Wesen, dass auch fühlen kann. Unter diesem Blickwinkel finde ich, dass die Aufteilung von tell und show die Entwicklung unterstützt, weil Am Anfang mehr berichtet wird, während am Ende die Gefühle des LI stärker beschrieben werden.
 
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Hi @logologia farfalla,

für mich schlägt hier das Herz des Songs..
er wollte glauben, schwören, rein sein..
..auf seinen Knien
..ein Feuerwerk von gut einem Dutzend Verben , dem man zwar folgen, aber die man kaum reproduzieren könnte..Verben stehen für Aktivitäten..es ist nicht zu überlesen, dass etwas mit dem Song-ER passiert, wie etwas Besitz ergreift von ihm..sehr schön..
Ich sehe im Moment nicht, dass Präsens die Story unmittelbarer machen würde.
..welche Story möchte ich fragen..was passiert, wann, wo..? ..soweit ich den Text verstehe gibt es allein ein Geschehen: sie ist plötzlich da..voilà..

..jede der Strophen kommt mir vor wie ein Chorus, in dem resümiert bzw etwas zusammengefasst wird..
Ein Text wird nicht automatisch dadurch besser, dass man mehr "showT" als "tellT".
..vielen Texten tun Abläufe und Details gut..ich denke, unsere Neugierde sehnt sich danach und unsere Erinnerungen klammern sich genau daran..

..ein einfacher Check, ob man genug "geShowT" hat, könnte darin bestehen, dass man eine Strophe neben dem Text in ein anderes Medium überträgt..lässt sie sich adäquat in eine Film-Szene übertragen, oder als Comic zeichnen?

..wie funktioniert das für "Gefühlsachterbahnfahrt" oder die "Welt [...] berechenbar und voller Thesen"? Beides sind schöne Schöpfungen, aber bleiben ohne Geschehenskontext für mich abstrakt..
Wandlung eines LI von der reinen Vernunft-Gesteuertheit zu einem Wesen, dass auch fühlen kann.
..was ist Erkenntnis gegen eine Geschichte, die jeder für sich mit der eigenen Erfahrung abgeglichen werden kann?
Am Anfang mehr berichtet wird, während am Ende die Gefühle des LI stärker beschrieben
.."berichten" und "Gefühle des LI beschreiben" würde ich beides eher dem "Tell" zuordnen..ich glaub, es wär vor allem die Strophe mit den vielen Verben, die einem Leser/Zuhörer im Gedächtnis bleiben..
 
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Mir gefällt der Text, hat was und wenn das Verliebtsein zuschlägt, bleibt ja eh kein Auge trocken.
Trotzdem hätte ich den Text wohl in die Ich-Perspektive gewandelt. Finde ich direkter, spannender und beim Einbau bestimmter Formulierungen authentischer.
 
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..welche Story möchte ich fragen..was passiert, wann, wo..?
Es passiert im Inneren des LI.

bleiben ohne Geschehenskontext für mich abstrakt
Texte sind immer abstrakt. Selbst die bildhaftesten Beschreibungen verlangen dem Leser ab, dass er sie in seinem Kopf zu eigenen Bildern macht.
In diesem Text wäre es meiner Ansicht nach verlorene Liebesmüh gewesen, dem Leser etwas zu servieren, was er ohnehin noch einmal für sich verstoffwechseln muss. Den Prozess kann ich ihm nicht ersparen. Also habe ich mich auf das beschränkt, was meinem Empfinden nach für den Text wichtig war - eine innere Hast, ein hohes Tempo zu erzeugen, um zu zeigen, dass das, was mit dem LI geschieht, was sozusagen wie eine Naturgewalt über es kommt, dieses in Verwirrung stürzt und es machtlos dagegen ist. Blumigere Umschreibungen hätten da für mein Empfinden das Tempo herausgenommen und die Entwicklung behäbig gemacht.

Trotzdem hätte ich den Text wohl in die Ich-Perspektive gewandelt. Finde ich direkter, spannender und beim Einbau bestimmter Formulierungen authentischer.
Zu dem Text inspiriert hat mich eine Filmszene. Ich war selbst nur der Beobachter der Szene und habe meine Eindrücke in Worte umgewandelt. Mich selbst zu jener Figur zu machen, über die ich geschrieben habe, wäre für mich nicht authentischer.
 
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Was meinst Du, noch dazu schreiben?
 
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..na was in der Filmszene passiert beschreiben..vielleicht magst du ja sogar den Link dazu teilen..
 
Ehrlich gesagt: ich weiß nicht mehr, welcher Film es gewesen ist. Aber das tut auch nichts zur Sache.

Er stand da, vor einem Supermarkt, sie kam angebraust, hat ihm in aller Öffentlichkeit laut die Leviten gelesen, ist dann wieder in ihr Auto gestiegen und davon gebraust. Er sah ihr verdattert hinterher - und hat endlich kapiert, dass er sie wohl liebt. Irgendwie so...
 
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..verstehe..
sie […] hat ihm in aller Öffentlichkeit laut die Leviten gelesen,
..und das hat wie eine Art Weckruf funktioniert..
Er sah ihr verdattert hinterher - und hat endlich kapiert, dass er sie wohl liebt. Irgendwie so...
..ich denk, da muss schon noch was spezielles in der Szenerie gewesen sein..so in der reinen „Papierform“ wirkt es auf mich abschreckend..

..ich kannte mal eine Frau, die war fähig und auch schon mal bereit, von einem Moment auf den anderen ihre Zuneigung zu entziehen und in eine persönliche Demütigung vor dritten umschlagen zu lassen..damit muss man erstmal zurecht kommen..sie war in unserer Band eine von zwei Frontsängern..zum Glück hat sie mich in der Wahl der Opfer ausgelassen..schön war es nicht, einen ausgelebten Konflikt mit ihr mitzuerleben..aber..

..Katzen landen auf den Füßen - allerdings nicht immer..
 

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