(A-Git) Plaudern über Picking

Bei den ganzen Musikheften darf aber eines nicht fehlen, besonders da seins gerade 50 Jahre geworden ist (und er selber 76 ist...)
Peter Bursch...
 
Umwege erhöhen die Ortskenntnis.
Ein sehr gelungener Aphorismus! Ich schätze Menschen, die die Realität mit Aphorismen erklären. Nehme ich in meine private Sammlung "Aphorismen für Musiker" auf.
Literaturverzeichnisse zum Erlernen von Picking dürften sehr umfangreich sein, auf dem Cover von Harry Taussig sind 10 weitere Lehrbücher des Verlages gelistet, im Buch noch weitere, dazu 229 Langspielplatten der damaligen Zeit, die man sich anhören sollte, um die diversen Styleunterschiede zu verfolgen.
Ich hatte zum Glück immer das Talent, mich von zu viel des Guten nicht Erschlagen zu lassen. In der Kunst geht es um Selbstverwirklichung, quasi ein "Schaut her, das bin ich!".
Und natürlich, im Alter hat man einen Lebenslauf und also auch einen musikalischen Lebenslauf. Die Meilensteine, an denen man ihn festmacht, sind kleine Anekdoten und/oder Schlüsselerlebnisse. Kaum mehr als 50 oder 100 Ereignisse. Das waren meist Entscheidungen oder Begegnungen mit Menschen, die einen lange wirkenden Impact auslösten. Ein einziges Buch kann das Leben und die Karriere verändern. Ein Mensch reicht.
 
So ein richtiger "Picker" war ich nie und ich habe auch bis heute keine richtige Westerngitarre.
Als ich damals anfing mich so richtig für Gitarre zu interessieren gab es im Fachblatt vorläufer "Spotlight" verschiedene Kurse, die ich alle in mich aufgesogen hatte. So hab auch neben einem Bass-Kurs und einem Bluesharp-Kurs die Grundlagen in einem Fingerpicking - Kurs gelernt. Aber außer einem Grundmuster hab ich da nie weitergemacht, da ich immer möglichst "universell" lernen wollte und nicht viel Zeit in einzelne Stücke reinstecken wollte, die ich dann wieder vergesse.
Als ich mich dann für Rockabilly interessiert habe, hab ich mich wieder für einfaches Fingerpicking interessiert.
Heute bin ich dabei ein wenig Travis-Picking zu üben, einfach um bei der Begleitung von Songs noch ein Ass im Ärmel zu haben.
Komplexe Songs zu picken hab ich kein Interesse.
 
Schwierige Songs kann man vereinfachen, einfache Sachen kann man beliebig aufhübschen.
Kottke sagte sinngemäß, er nimmt eine einfache Melodie und jagt sie in Grund und Boden.
In meinem ersten Lehrbuch, s.o., sind ja noch einige Stücke, die ich überhaupt nie gespielt habe.
Ich denke, fürs Picking gilt der Lehrsatz "von nichts kommt nichts" wirklich absolut.
Es schadet sicher auch nichts, neugierig, mit viel mehr Kenntnis als damals, näher an das Geschriebene heranzugehen, auch wenn der Autor sinngemäß sagt: "Spiele nicht das, was da steht, sondern was gut klingt. Kein guter Musiker spielt 2x identisch das Gleiche."
Noch ein Gedanke zum Spiel mit Plektren: Die Musik beginnt ja meist erst da, wo Double Stops technisch sauber erklingen. Also, Plektrum halten und trotzdem picken. Mit freien Fingern fällt mir das leichter, zwei, drei oder vier Saiten exakt zu treffen.
 
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Ich kann's nicht und es reizt mich auch nicht besonders. Die Musik, die ich höre/spielen will, da wird wenig bis gar nicht gepicked. Ist irgendwie ne andere Baustelle, einfach nicht "meins". Wobei's mir hin und wieder schon gut gefällt, dann aber auch schnell langweilig wird.
 
Das Gefühl der Langeweile kann sich aber überall einstellen. "Picking" ist ja kein Ablassbrief gegen Langeweile. Langeweile ist aber auch keine Anekdote. Eine Anekdote wäre, "als ich durch den Umzug gezwungen wurde, auf lautes Spielen zu verzichten, habe ich mich dem Pickingspiel mehr gewidmet als früher". So hat Musik manchmal was mit sozialen Veränderungen zu tun. Ich nutze sogar alte Saiten. Die sind leiser. Powerchords kann man super picken, sehr abwechslungsreich. Man kann auch leise Picken und daraus ein Gewitter entfachen mit Lautsprechern.
 
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Das Gefühl der Langeweile kann sich aber überall einstellen. "Picking" ist ja kein Ablassbrief gegen Langeweile. Langeweile ist aber auch keine Anekdote. Eine Anekdote wäre, "als ich durch den Umzug gezwungen wurde, auf lautes Spielen zu verzichten, habe ich mich dem Pickingspiel mehr gewidmet als früher". So hat Musik manchmal was mit sozialen Veränderungen zu tun. Ich nutze sogar alte Saiten. Die sind leiser.
Nö, das sind einach zwei unterschiedliche Genres. Das eine gefällt mir, das andere nicht.
 
Für mich ist Picking kein Genre sondern eine Spieltechnik.
 
Folk picking für Fingerstyle Guitar von Siegfried Schwab war mein Einstieg, der mir gleichzeitig auch Noten näher brachte. Der Siggi hatte nämlich eine Tabulaturallergie, was er im Buch auch begründet hat. Habe zwar nicht bis zum Ende durchtrainiert und vom Blatt kann ich auch nicht spielen, dennoch hat es mich ein gutes Stück voran gebracht.
 
Picking kein Genre sondern eine Spieltechnik.
Es ist - bevor wir gleich in die Wortklauberei gehen - beides: Es fing meiner Beobachtung nach als Spieltechnik an, patternorientiert mit Akkorden (Ragtime, Folk Blues, Country, Folk), oft zur Songbegleitung, um dann daraus eigenständigere, flexible Instrumentalstücke zu machen (so etwa mit Fahey in den USA, Graham etc. in UK) Damit wird's dann iwann auch zur Genrebezeichnung, aber dann oft als "Fingerstyle", nicht als "Picking" bezeichnet.
Das war die etymologische Spekulationsstunde für heute...
 
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Ein einziges Buch kann das Leben und die Karriere verändern. Ein Mensch reicht.
(dein Zitat von Kottke)
Ja, eine Anekdote. War mit der Gitarre ganz am Anfang. In einer Jugendherberge war ein Junge aus England mit Gitarre, nur wenig älter als ich. Der spielte so ein unerhörtes Fingerpicking, wie ich es noch nie gehört hatte, nicht mal auf Platte oder im Radio. Ich kannte diese Musik einfach nicht. Das hat mich unerhört motiviert.
"Spiele nicht das, was da steht, sondern was gut klingt. Kein guter Musiker spielt 2x identisch das Gleiche."
Hier gilt wie überall: Virtuosität muss man sich leisten können. Wichtig ist vor allem, dass das, was man macht rhythmisch stimmt...
Komplexe Songs zu picken hab ich kein Interesse.
Muss man auch nicht. Lieber mit einfacher Technik (etwa 3 Fingern) im Takt bleiben, als ständig verpassten Gelegenheiten (= verfehlten Tönen) hinterher zu hetzen und sich zu verhaspeln. Letzteres passiert mir immer wieder. Nämlich dann, wenn ich versuche, elegante Verzierungen zu spielen, die ich bei 10 Versuchen 8 x verkacke. Wenn ich alleine spiele, egal. Beim Spiel mit anderen ärgere ich mich über meine Musiker-Eitelkeit. Ich sollte solche artistischen Übungen erst dann spielen, wenn ich sie sicher drauf habe.

Beim Fingerpicking muss man aber auch dranbleiben. Habe es jahrlang nur nebenher gemacht, jetzt wieder intensiver, weil ich mit einer Sängerin entsprechende Stücke übe. Ich muss mir derzeit Sachen wieder ranschaffen, die ich mal mühelos drauf hatte.
 
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Es ist - bevor wir gleich in die Wortklauberei gehen - beides: Es fing meiner Beobachtung nach als Spieltechnik an, patternorientiert mit Akkorden (Ragtime, Folk Blues, Country, Folk), oft zur Songbegleitung, um dann daraus eigenständigere, flexible Instrumentalstücke zu machen (so etwa mit Fahey in den USA, Graham etc. in UK) Damit wird's dann iwann auch zur Genrebezeichnung, aber dann oft als "Fingerstyle", nicht als "Picking" bezeichnet.
Das war die etymologische Spekulationsstunde für heute...
Ja, du hast recht! Gut erklärt. In jedem Genre, in dem eine Gitarre musikalisch auftaucht, kann man aber die "Picks", also Finger, einsetzen.
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Beim Fingerpicking muss man aber auch dranbleiben. Habe es jahrlang nur nebenher gemacht, jetzt wieder intensiver, weil ich mit einer Sängerin entsprechende Stücke übe. Ich muss mir derzeit Sachen wieder ranschaffen, die ich mal mühelos drauf hatte.
Das ist exakt, was ich meine mit "von nichts kommt nichts".
Selbst so gängige Muster wie die 6/8tel von House of the rising Sun müssen immer wieder mal frisch geölt werden.
Ich habe das Spiel mit Plektrum nicht absichtlich verlernt, es hat sich ergeben. Das war keine dogmatische Lebensentscheidung.
Auch das Spiel mit Metallpicks dürfte ich inzwischen weit verlernt haben (muss ich mal testen...)
Früher waren das Songabhängig-Instrumentabhängig getrennte Technik-Welten für mich gewesen. Nun habe ich nur noch einen Planeten, egal welches Genre oder welcher Verstärkersound.
Es mag verwundern, aber ich mache oftmals einen Schritt zurück und übe Basics. Manchmal sind es auch drei oder vier Schritte. Mir macht das immer Spaß, sich noch mal zu erarbeiten, was man eigentlich beherrscht. Sogar Klopfübungen, Body Percussion.
 
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Für Neugierige ein Übemuster (Suzanne/L.Cohen):
Metronom auf 4/4. Nur mit Metronom!!
Akkord E-Dur=022100
a. Bass e0 auf den Beat mit dem Metronom als Loop, nur Daumen, nur eine Saite.

b. Wechselbass e0 a2 e0 a2, nur Daumen.
Eins zwei drei vier

c. Zeigerfinger spielt Answerpick d2 auf der "+" hinter jeder Bassnote. Laut mitzählen 1 und 2 und 3 und 4 und...Das UND ist immer der Zeigefinger.

d. Auf der Zählzeit 2 und 4 spielt der Zeigefinger zusätzlich den Pick g1, also das gis im E-Dur-Akkord. Jetzt erklingen zwei Saiten!
Der Zeigefinger spielt weiterhin auch jedes "+". Der muss jetzt zwei Saiten bedienen im Wechsel.

e. Auf der Zählzeit 1 spielt der Ringfinger den Akkordton b0, die offene Saite. Da diese Saite nicht gedämpft wird klingt sie im ganzen Takt, quasi als Gewürz zum bisherigen Pattern.

Nicht trivial! Üben. Weitere Akkorde für dieses Muster F#m, G#m, A-Dur im V. Bund. Beim Wechsel der Akkorde das Muster absolut strikt durchhalten.

Zur Hilfe für Schritt e) diese Vorübung aa) Daumen spielt nur Basston e0, der Ringfinger zupft b0 auf der Zählzeit Eins. Laut mitzählen zum Metronom. Nicht ohne Metronom üben!
 
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..was Fingerpicking-Begleitung für mich so unglaublich hilfreich macht, ist der hohe Automatisierungsgrad, den man damit erreichen kann..

..Daumen, Mittelfinger, Daumen, Zeigefinger, für C-Dur auf den mittleren vier Saiten..für andere Akkorde leicht angepasst..darüber muss man bald nicht mehr nachdenken..dazu kann man singen, sich unterhalten, nebenbei auf den Bildschirm schauen usw..

..das Tempo ist fast beliebig skalierbar..und ich finde auch heute noch, dass der Flow eines schnellen Pickings kaum zu toppen ist..

..das Geheimnis liegt im Wechselbass..der macht das Spiel timingfest..die anderen Finger dürfen sich derweil in Spielereien versuchen..Melodietöne, Hammer-Ons, Pull-Offs, Flageolets einflechten..es gab eine Werbung für einen Orgel Begleitautomaten etwa mit den Worten: „Sie brauchen nur einen Finger, den Rest können sie getrost in die Tasche stecken“..ähnlich auch hier..der Daumen der Zupfhand reicht für manche Song-Passagen oder auch ganze Songs, wenn andere Spieler im Fokus stehen..

..apropos „andere Spieler“..was mir sehr geholfen hat, war ein zweiter Lernender, gemeinsam Entdecken, mal Schüler, mal Lehrer sein, den Capo nutzen, damit es nicht komplett identisch ist, was man spielt..Capo nutzen hieß, im Kopf transponieren und schon allein durch die üblen Konstruktionen der Geräte bedingt ein ständiges Training im Nachstimmen..

..ich kann jedem nur empfehlen sich, sobald sich die Chance ergibt - verregneter Urlaub, ein z.B. durch einen beherzten Hammerschlag außer Betrieb gesetzten Greiffinger, dem Trainieren der Zupfhand zu widmen..14 Tage und eine Grundlage ist geschaffen..

..ich finde die Hefte von John Pearse (mit Schallfolie!?) sind eine gute Einstiegshilfe..

Wetterphänomene lassen sich durch ein wenig „Dust in the Wind“ ersetzen und selbst beim „blutender Finger Szenario“ hilft Akkordstimmung und Slide;-)

..Also „Don‘t think twice“ (Denk nicht weiter drüber nach)..
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..ach ja..Heroes..

..Lämmerhirt..Marcel Dadi..Kottke..Ralph McTell - hör mal das entspannte Barges..
 
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„Dust in the Wind“
Passt wie die Faust aufs Auge, nein, wie der Daumen auf der E-Saite. Genau diesen Song wollte die Sängerin, da konnte ich sofort liefern, weil ich den ohne Stress und ohne viel Übung hinkriege. Dabei hatte ich den nie richtig gespielt, ewig nicht gehört, nur als ferne Erinnerung im Ohr gehabt.
„Don‘t think twice“
Perfekt fürs Fingerpicking. Kann sein, dass sie ihn nicht mag, aber einen Versuch ist es wert. Immerhin kann die Person, die abhaut ("You just kinda wasted my precious time") auch eine Frau sein. Damit wird der Song feministisch. Von Dylan gesungen war es der typische 60ies Machismo.

Mit deinen anderen schlauen Bemerkungen wie: "das Geheimnis liegt im Wechselbass, der macht das Spiel timingfest." trittst du bei mir offene Türen ein.
 
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Als Linkshänder, der normal rechtsherum Gitarre spielt, waren Pickingmuster mit der rechten Hand zunächst echt hart. Ich kann mich erinnern, das beim Fernsehen geübt zu haben, bis es endlich ins Kleinhirn gewandert ist.
 

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