Kann der Kemper eigentlich auch Vintage?

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Schönen guten Abend allerseits,

angetrieben von den aufflammenden Debatten rund um die Röhre erinnerte ich mich letztens, im Dezember 2014 ein Video in einem der Würzburger Studios aufgenommen zu haben. Ich besuchte einen bekannten Engineer damals, um seinen neuen Kemper zu testen. Der war zu der Zeit bereits länger auf dem Markt und hochgelobt, was mich nicht sonderlich interessierte. Ich bin 23 Jahre alt und aufgrund mehrerer Zufälle und glücklicher Umstände trotz meiner späten Geburt in einer Art analogen Blase aufgewachsen, die erst mit meiner Pubertät zu platzen drohte; heißt - ich wuchs auf mit Led Zeppelin, Eric Clapton, Deep Purple, Peter Green, Rainbow und Gary Moore, ernährte mich musikalisch gesehen mühsam von alten VHS und Vinyls, musste mit 7 Jahren in einer Welt ohne Online-Tabs Songs heraushören und konnte lange Zeit über alte Röhrenamps spielen, unter anderem einen originalen 100 Watt Plexi meines Onkels. Diese Reise hat sich bis heute fortgesetzt - ich spiele am liebsten alte Marshalls, am liebsten laut, am liebsten erdige Rockmusik, brauche daher weder viele Treter auf dem Board noch digitale Simulationen oder ähnliches. Im großen und ganzen möchte ich sagen, ich bin, was mein Gitarrenspiel betrifft, ähnlich "old school" unterwegs wie so mancher Babyboomer hier. ;)

Deshalb war ich besonders neugierig auf ein paar Profiles des Kempers, die mir quasi den Eindruck vermitteln sollten, ich stände vor dem alten Plexi meines Onkels. Wer von Kindheit an den Sound eines solchen Originals gewohnt ist, trennt relativ schnell die Spreu vom Weizen - das ist Fluch und auch Segen, je nach dem, in welcher Lage man sich befindet. In diesem Fall wollte ich ohne große Vorurteile an die Sache herangehen, schließlich war der Kemper wirklich von vielen Seiten hochgelobt worden, auch von Gitarristen die ich gut kenne und deren Meinung ich schätze. Den Camcorder nahm ich mit, um mich hinterher noch einmal mit den Sounds befassen zu können. Ich plante eigentlich, noch 2014 das Zeug online zu stellen, aber irgendwie geriet der Clip dann in Vergessenheit und kam mir erst wieder in den Kopf, als hier letztens so ausgiebig über die Verwendung von Röhren diskutiert wurde.

Was sagt dieser Clip aus? Nicht viel allgemein gültiges, da die Umstände es nicht zuließen, das Zeug direkt mal in die DAW zu recorden. Was ihr hört, ist der Sound aus ein paar ADAM S3X Monitoren, die mein Camcorder aufnimmt. Das ist sicherlich keine neutrale Signalkette, aber es reicht in jedem Fall, sich ein Bild darüber zu verschaffen, wie nah das Teil an eure alten Schätzchen rankommt.

Meine eigene Meinung?
Manche Profiles sind besser als andere. Die besseren inspirieren mich ähnlich wie ein alter Amp, da sie nahezu genauso komplex aufklaren wenn man das Volumepoti zurückdreht, und ähnlich in den tiefen Mitten röcheln, wie der Plexi, den ich kenne. Ein für und wieder des Kempers im allgemeinen zu diskutieren ist glaube ich ähnlich sinnlos wie im Röhrenthread, aber das mühelose Abrufen von starken Presets ist für ein Studio einfach Gold wert. Die hauptberuflichen Engineers in diesem Board werden mir zustimmen, dass das aufnehmen von Bands mit unterdurchschnittlichem Equipment genauso trauriger Alltag ist, wie der Einsatz von Autotune. In diesem Fall muss man sagen, dass sich ein Kemper für diesen Einsatzbereich wirklich lohnt. Ich als einzelne Person bräuchte ihn nicht, ich muss keine 300 Amps besitzen. Aber ein guter Sound lässt sich aus diesen Teilen allemal heraus kitzeln. Eine spontane Session im Studio, für die man gebraucht wird, und der Transport des eigenen Equipments wird zu zeit - oder kostenintensiv? Da hätte ich mit dem Gerät hier auch als Gitarrist und Röhrenfanatiker überhaupt keine Sorge. Mit anderen Worten: Mich hat das Teil überzeugt. ;)

Die Profiles sind verschiedene "Mutationen" von Marshall Plexi und 1987X. Sie tragen Beinamen wie "Cranked", "Hotrodded", "Gain Mod" oder "Classic", nagelt mich also nicht auf die genauen Spezifikationen der "geprofilten" Amps fest, das war etwas undurchsichtig. Ihr hört im Video ja selber, wie Ali mich durch die Presets jagt - manche klingen wirklich sehr originalgetreu.

Equipment im Video: Mein schon 5 Jahre unangefochtener Favorit, die 58er Les Paul Reissue aus dem Custom Shop. Häussel Pickups, ein dutzend mal verändert bzw. mit neuen Magneten bestückt. Kemper Rackversion, ADAM S3X. Viel Spaß damit!

 
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Cooles Video...warum hast Du denn nicht gleich den Plexi Deines Onkels auch profilieren lassen?
Soundtechnisch gefällt mir das Profil so ab Minute 4 am besten...
 
Die ganze Aktion war relativ spontan und daher konnte man sowas nicht in Angriff nehmen. Außerdem hat Ali sowieso weiß Gott wieviele Profile, der ist da sicher nicht auf noch einen Plex angewiesen.. :)
 
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Prächtig, Besten Dank!
 
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Schön, dass du den Kemper für dich entdeckt hast. Ich spiele zwar Axe FX aber in der Liga - gute Box vorausgesetzt - hört UND fühlt keiner mehr den Unterschied im AB-Vergleich.
Wie funktioniert das eigentlich beim Kemper-Profil? Lassen sich Gain und EQ noch gut anpassen oder legt man dann eher ein neues Profil an?

Btw: ich brauche genauso wenig wie du 300 Amps. Aber ich brauche einen Blackface, einen Plexi, Dumble clean und Rotary Speaker. Alles zusammen kostet... und wiegt... und ist LAUT wie Hölle.
 
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Also auf dem Video klingts schon gut, dann wird es wohl in Wirklichkeit noch besser geklungen haben - ausgezeichnet.
Waren das alles schon vorhandene Profile oder selbst geschusterte?
 
Das waren jedenfalls keine werksseitigen Profiles. Woher die jetzt genau kamen, kann ich bei Interesse noch nachfragen. Ich war vor allem überrascht wie wunderbar manche Profiles aufklaren, wenn man das Poti zurückdreht. Wirklich teilweise überraschend starke Sounds die ich im Studio blind wohl kaum unterscheiden könnte. Überzeugt war ich allemal, zumindest in der Recording-Area. Live ist's ne andere Geschichte, da spielen für mich auch noch andere Dinge eine große Rolle, die ich nicht testen konnte. Danke soweit schonmal für das positive Feedback, vielleicht kommt noch ein bisschen mehr Input. ;)
 
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Wenn das keine mitgelieferten Profile waren, wäre es wirklich interessant woher die stammten, bzw. ob sie selbst erstellt sind oder eingekauft.
 
Moinsen,

ich hab mir zum Kemper ein Profile-Paket von The Amp Factory gegoennt. Da sind Profile drauf von:
- Mesa Boogie
- Fender
- Marshall
- Rivera
- Diezel
- Bogner
- EVH
- Two Rock
- uvm.

Teilweise mit verschiedenen Mics und Boxen, einmal ueber alle Kanaele, mit und ohne Tubescreamer, etc...

Ueber die Rigmanager Software kann man Userprofile direkt von der Kemper Datenbank saugen.

VG
Jacky
 
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Danke soweit schon mal für die vielen Kekse und das gute Feedback! Wenn Interesse besteht, kann ich bei Ali sicher nochmal nachfragen, wo er die Profiles her hatte. Sagt bescheid.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Wie funktioniert das eigentlich beim Kemper-Profil? Lassen sich Gain und EQ noch gut anpassen oder legt man dann eher ein neues Profil an?

EQ, Tubescreamer, etc. lässt sich alles noch an den vorhandenen Profiles modifizieren. Trotz vorgefertigter Profiles kann man dann also trotzdem noch tweaken bis dir die Laune vergeht. Da ich aber wie im Eingangspost beschrieben irgendwie er der Plug n Play Typ bin, haben wir im Video einfach mal ein paar x-beliebige Profiles durchgeklickt. ;)
 
Ja, frag mal bitte, ob er sie eingekauft oder selbst angelegt hat.
 
...ach wenn man so spielen kann, wäre auch nicht weiter aufgefallen, wenn da ein Profil eines Marshall MG15 dazwischen gerutscht wäre. :great:
 
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@InTune danke!
@6L6 Ich habe nachgefragt und poste, sobald ich Antwort von Ali habe.
Ich kenne mich da ja nicht aus - gibt's denn auch Profiles von Budget Transistor-Amps? Wäre ja eigentlich blödsinn. Da aber fast jeder zuhause selber Profiles herstellen könnte, wage ich mal zu behaupten, dass man sich bestimmt auch alte Valvestate Marshalls saugen kann. :p
 
@6L6 : Ich habe Neuigkeiten von Ali, die Profiles sind allesamt von theampfactory.com. Ob das jetzt die besten auf dem Markt sind oder nicht, kann ich nicht sagen, aber der Sound (selbst durch die Cam) mancher Profiles spricht ja für sich.
 
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Dank dir fürs nachfragen. theampfactory gilt schon als sehr gute Anlaufstelle.
 
Interessant wäre natürlich deine Erfahrung mit selbst gemachten profiles...
Dazu ist der Kemper ja eigentlich da...
Wenn du jetzt mit gezogenen schon an deinen zielsound kommst - umso besser!
Aber zum vergleichen, ob der jetzt nach dem oder dem Marshall klingt, musst du eigentlich selbst ran...
 
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Das würde ich auch gerne mal angehen. Ich würde zum Beispiel äußerst gern mal meinen eigenen Silver Jubilee (nicht irgendeinen - die Dinger schwanken soundmäßig) profilen und schauen, ob das Profil dann alles kann, was der Amp kann. Vielleicht wäre das ja mal ein Musiker Board Projekt, dass jemand angeht, der Kemper + ein wenig brauchbare Hardware hat ;) Ich stelle mich gerne als Test-Ohr und Spieler bereit. ;p
 
Da könnte man ja mal nen Board-Projekt draus machen. Ich stell nen Mesa F-50 und nen ISO-Cab mit EVM 12L!!
Müssen wir nur noch nen Studio für nen WE mieten :p

@Lonestar: Danke für das Video, aber die Überschrift hätte lauten müssen: "Kann der Joey eigentlich auch digital?" ;)

Und ja, er kann....
 
Klingt schon ziemlich überzeugend.
Hatte heute mal ein paar Vids zum neuen Kemper mit Poweramp gesehn.

Wenn die Sounds überzeugend sind, kann man so auch im Proberaum/Live gewohnt übers Cabinet spielen.
Das Ganze dann quasi mit mehreren verschiedenen Amps, schon praktisch.

Sieht aber nicht so Rock n Roll-mäßig aus wie ein echtes Marshallstack ;-)
Am besten dann die Rackversion kaufen und ein Marshall-Style Topgehäuse dazu bauen :D,
dann wird die Optik auch mit bedient.
 
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