Barockcello - was bedeutet das technisch?

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Liebe Gemeinde,

ich bleibe immer wieder an Aufnahmen mit Barockcelli hängen, vorzugsweise natürlich von meinen geliebten Bach-Suiten.
Nun frage ich mich, was ein "Barockcello" eigentlich ausmacht?
Ist es, vom Bogen abgesehen, mehr als fehlender Stachel und Darmsaiten?
Letztere könnte ich mir einfach mal kaufen, einen Bogen auch, und ich habe einfach mal versucht, mein Cello mit eingefahrenem Stachel auf die Unterschenkel zu stellen und zu spielen.

Die Haltung des Instrumentes selbst bereitet mir keine Probleme, weil ich auch meinen akustischen Fretlessbass auf diese Weise semiaufrecht spiele, das geht hervorragend. Allerdings steht das Cello dann schon sehr viel steiler als sonst, und das ist sehr ungewohnt: spielt hier der an der Stange gehaltene Barockbogen schon eine Rolle? Der Bogen wird in seiner Schwerkraft ja viel weniger aufgehalten als bei einem flacheren Winkel der Saiten.
Gerade mit dem Bogen habe ich aber meine größeren Baustellen und will mir den Unterricht auch nicht versauen, indem ich jetzt was ganz anderes versuche.

Aber die eigentliche Frage: sind Barockcelli grundsätzlich anders gebaut und meine Versuche wären sinnlos, oder kann man es zumindest mal so versuchen? Zunächst würde ich einen Bogen kaufen, wenn das gut geht auch Saiten, aber das wärs dann ja auch schon mit den Möglichkeiten.

Meinen klassischen Unterricht will ich natürlich mit allem Pipapo weiterführen, es geht nur um einen Seitenblick.
 
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man hat mal versucht, eine Stradivari nachzubauen mit einem Physiker, was wohl ganz gut gelungen ist. Darmsaiten statt Stahlsaiten. Concentus Musicus um Nicolaus Harnoncourt (mittlerweile verstorben) hat ja Original Instrumente verwendet.

Noch gravierendere Unterschiede sind hier die Naturhörner vs Ventilhörner
 
Danke auf jeden Fall!
Ich hätte mich aber vielleicht anders ausdrücken sollen: mir geht es nicht um authentischen Klang letzter Güte, sondern darum, ob man die Spielhaltung mit einem aktuellen Instrument sinnvoll simulieren kann, bei dem einfach der Stachel eingefahren bleibt.
Also: waren die vielleicht kleiner gebaut, wurden in kleineren Größen gespielt, waren die Korpus vielleicht in der Tiefe reduziert (weil sie so körpernah getragen wurden, es gab ja bestimmt auch Cellisten von eher stattlicher Statur)?
Mein Semmlinger ist ein Stradivari-Modell, würde das schon passen? Wurden die früher genauso gespielt, nur halt ohne Stachel?

Auch fiel es mir bisher schwer, etwas zur Bogenhaltung zu finden, hat vielleicht jemand einen Link dazu?
 
hmm, für eine Viola da Gamba, also ein kleineres Modell zwischen den Schenkeln, ist Dein Modell wohl zu groß ? das wäre vielleicht auch authentisch
 
Mir fallen einige bauliche Unterschiede ein: Halswinkel und Länge des Halses, Griffbrett, Steg, Bassbalken. Hier ist eine Seite, die die Unterschiede näher beschreibt: https://www.geigenmacher.at/fachliches/artikel/das-barockcello/

Das heißt aber nicht, dass man auf einem modernen Instrument nicht auch barocke Spieltechniken anwenden könnte. Mit einem Barockbogen geht schon viel und nur wer regelmäßig barock spielt wird auch ein um- oder nachgebautes Instrument besitzen.
 
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Aber die eigentliche Frage: sind Barockcelli grundsätzlich anders gebaut und meine Versuche wären sinnlos, oder kann man es zumindest mal so versuchen?
Ich habe mir kürzlich für mein E-Cello (Yamaha SVC-110) einen niedrigeren Steg anfertigen lassen. Dabei meinte die Geigenbauerin nebenbei, dass der Originalsteg eher die Höhe für Darmsaiten habe. Darmsaiten brauchen nämlich eine niedrigere Spannung und schwingen dadurch weiter aus. Wenn der Steg an deinem Cello zu niedrig ist, werden die Darmsaiten möglicherweise am Griffbrett anschlagen.
 
Danke für die Hinweise und den Link zum geigenmacher.at, da steht ja wirklich alles schön beschrieben.
Also der Griffbrettwinkel ist steiler, damit der Steg niedriger - aber eben im Verhältnis, es kann also tatsächlich nötig sein, für Darmsaiten den Steg höher zu haben.
Ich glaube, ich versuche es erst mal mit einem Bogen, und wenn ich irgendwann zu meinem Cellomann hier in der Nähe fahre, um mein Cello mal ansehen zu lassen, ob da auch noch alles in Ordnung ist, frage ich ihn mal wegen Darmsaiten.
Ist nur gerade blöd, weil 4. Welle und so, im Frühling hat er noch niemand in seine Werkstatt gelassen und nun wird es ja eher wieder schlimmer.
Es eilt aber auch überhaupt nicht :) ich habe da nur so ein grundlegendes Interesse, den Blick mal nach links und rechts schweifen zu lassen.
 
Hallo, hier kannst Du dich auch nochmal schlau machen: hier werden die kleinen und feinen Unterschiedes de Barock Cellos zu einem normalen Cello dargestellt. Grundlegend aber wird bei der Art der Musik und des Barock Vortages auf dem Instrument speziell mit der Bogen Technik die Barocke Interpretation herausgearbeitet. Man kann die Bogentechnik für die Barocke Spielweise grundlegend aber auf einem herkömmlichen Cello üben. so aber auch speziell mit der linken Hand auf dem Griffbrett Nuancierungen sowie Vibrato Differenzierungen studieren. Wenn ich kein Barrock Cello hätte, würde ich mir Einiges auf dem herkömmlichen Cello aneignen und dann irgendwann auf die Suche nach einem geeigneten Instrument gehen um die Spielfreude und Tiefe auszuarbeiten.
Hier ein Link:
https://www.ton-raum.de/home/meine-instrumente/barock-cello

Unabhängig davon: das sind meine Hobby Cello Seiten auf dem einem elektrischen Cello. Eigene Stücke und Kompositionen - leider mit dem Handycap einseitiger Taubheit. www.ecello.de

Gruß Matthias Eichhorn
 
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Hallo ratocaster,
Ich habe deinen Thread gerade zufällig auf der Startseite gesehen und dachte mir, ich muss da mitreden. ;) Gibt ja scheinbar nicht viele KlassikerInnen (zumindest CellistInnen) hier im Forum, zumindest wäre ein E-Gitarren-Thread schon mit mindestens 5 Seiten "übersät"...

Es wurde schon erwähnt, dass bauliche Unterschiede bestehen, besonders was den Steg und den Saitenhalter betrifft.
Da ich studierter Cellist bin, kann ich dir aber sagen, dass es genug Leute gibt, die einfach Darmsaiten auf ihr modern ausgerüstetes Cello spannen und mit einem Barockbogen spielen. Vielleicht kommt es bei der Geige öfter vor, weil das Saitenwechseln weniger anstrengend ist, aber es spricht eigentlich nichts dagegen, soweit ich weiß. (Bin natürlich kein Geigenbauer.)

Bzgl. Bogenhaltung kann ich nur bestätigen, dass man da nichts findet.
Es heißt zwar immer, die Bogenhaltung ist von Person zu Person unterschiedlich, aber mich hat es immer genervt, dass man trotzdem nirgendwo was findet, was zumindest einen Anhaltspunkt für den Anfang liefern könnte.

Ich hänge dir mal ein Bild an, so wie ich den Bogen halte – leider ist mein barocker gerade nicht hier bei mir, daher mache ich es mit dem klassischen, aber die Position kann man trotzdem ungefähr ablesen.

Hoffe, das hilft! :)
 

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