Binaural aufnehmen?! Illusion fürs Ohr

  • Ersteller Jesterhead
  • Erstellt am
Noch geiler wär natürlich eine eigene Vorstellung nur für Kunstköpfe (ausgebuchtes Konzert simulieren) :great::D:D

Na, Spaß beiseite. Das Problem bei diesen tollen theoretischen Ansätzen ist ja meistens, dass sie in der Praxis aus irgendwelchen (meistens später bekannten) Gründen nicht funktionieren.

Kunstkopf ist (was ich weiß, bin nur Hobby-Tontechniker aus der fanatischen Ecke) deswegen "out", weil:
- Es nur für Kopf-Bezogene Wiedergabe-Systeme (also nur Kopfhörer) funktioniert.
- Der Gehörgang eigentlich nicht mitsimuliert werden sollte (Kunstkopf hat ja ein "Ohr").
- Das Ohr jedes einzelnen anders ist. Wenn man das Signal nicht direkt auf die Hörnerven legt, wirds immer jeder Mensch anders hören.

Das "normale" Surround ist deswegen in der Praxis beliebt weil tatsächlich ein Signal von hinten von Lautsprechern kommt. Egal wie echt oder unecht das im Detail ist, man hört was von hinten und der Höreindruck in der Praxis "für Otto-Normalverbraucher" ist viel besser.

Finds aber total super, dass ein paar die Hoffnung nach dem perfekten Sound noch nicht aufgegeben haben.

So, muss jetzt Musik für Handy's produzieren gehen. :D:eek:

lg. JayT.
 
Hi,

die binaurale Technologie fand z.B. bei Pearl Jams Album mit dem Titel (Überraschung!) "Binaural" Anwendung.

Zu der Frage nach praktischen und für uns relevanten Anwendungen:

-Man kann z.B. "binaural" Mastern, das Endergebnis ist dann, dass man über Kopfhörer die Tracks hört, wie wenn man sie in einem guten Abhörraum hören würde. Mit gewissen Einschränkungen natürlich. Man hat dann keine Surround-Musik im eigentlichen Sinne, aber das Hörerlebnis ist wesentlich natürlicher und weniger ermüdend. Nachteile der Kopfhörer-Wiedergabe von normal gemischtem Material, wie z.B. Im-Kopf-Lokalisation, etc. werden verbessert. Das Ohr und Gehirn hat mit der Kopfhörer-Wiedergabe von normalem Material eben einige Probleme, denn es treten einige Phänomene auf, die es beim natürlichen Hören nicht gibt, es fehlt einfach die HRTF. Es wäre gerade auch für "kleine" Künstler interessant, auf ihrer HP solche Versionen zum zusätzlichen Download anzubieten, z.B. betitelt als "ipod"-mastered Versions oder so. Wäre schon allein als Gimmick was wert, und einige User fänden die Versionen im Kopfhörer sicherlich vorteilhafter. Bei Interesse kann ich mal jemandem so ein Master machen, natürlich kostenlos

-Wenn man z.B. konsequent "ambisonisch" mischt und produziert hat man einen entscheidenden Vorteil: Die Produktionen sind äusserst kompatibel mit allen vergangenen (100% monokompatibel, Stereo, auch binaurales Decoding ist problemlos möglich) und künftigen Formaten. Selbst wenn morgen jedes Wohnzimer mit einer "Wellenfeldsynthese-Tapete" bekleistert ist, kann man die Produktionen sinnvoll dekodieren. Je besser die Wiedergabe-Technologie, desto besser klingt dann auch die Produktion und zwar ohne, das man aufwändig Remixen oder sich irgendwelcher zweifelhafter Upmix-Algorithmen bedienen muss. Da das System einen festen mathematisch-physikalischen Bezugsrahmen hat, werden auch ständig neue Formen der Dekodierung entwickelt.

5.1-Aufnahmen sind morgen veraltet. Natürlich kann man die auch für andere Wiedergabesysteme aufbereiten, ABER nicht mehr Information rausholen als schon drin ist, und die ist begrenzt. Im Gegensatz dazu hat Ambisonics z.B. 360°-3D-Informationen und kann diese möglichst sinnvoll auf vorhande Wiedergabekanäle "aufteilen". Je mehr Informationen das Lautsprecher-Setup "verarbeiten" kann, desto besser wird das "Bild".

Angeblich - ich habe es noch nicht gehört - soll es heute schon möglich sein, praktisch Signaleviel höherer Ordnung aus "ambisonischen" Signalen erster Ordnung zu generieren. Signale, die man mit keinem Mikrofon der Welt hinbekommt. (Bei Ordnung geht es um die Richtwirkung Kugel=0, Niere, etc =1)

So sieht die Richtcharakteristk eines koinzidenten 5.1 Mikrofonsystems erster Ordnung aus:

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Die "Überlappungen" führen zu schlechter Lokalisation, Klangverfärbungen und vermindern den Räumlichkeitseindruck.

So die Richtcharakteristik der angesprochenen Dekodierung:

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(Quelle der Bilder: www.illusonic.com)

Ambisonics ist übrigens bei vielen bekannten Herstellern (u.a.: Waves, T.C.) "hinter den Kulissen" aktiv, ohne dass der Anwender das mitbekommt.

Natürlich mag man fragen, interessiert all das den Hörer letzlich. Die meisten sicherlich nicht. Das muss ihn aber auch nicht interessieren, aber ich bin immer noch der Meinung, dass eine gute Produktion die alle vorhandenen Möglichkeiten möglichst ausschöpft, die Musik in allen Belangen - auch im Bezug auf die Rezeption des Hörers - nach vorne bringen kann. Ein weiterer Punkt ist auch, dass unser Wirtschaftssystem einfach darauf basiert, dass man dem Endkunden immer wieder neue Technologien "andreht" obwohl er sie eigentlich nicht braucht. Deswegen ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis jeder selbsteinmessende 3D-Lautsprecher-Systeme zu hause hat (die Gamer werden die ersten sein) oder ein Produkt wie der "ipod" integriertes Headtracking hat.

Ausserdem gibt es - neben Klang, den viele als überlegen bezeichnen - die oben genannten Vorteile, wie Zukunftskompatibilität, etc., die dem Musiker, Produzenten und Verwerter einfach Vorteile bringen.

Gruß,

Uranus
 
Hi,

Interessant. Scheinst ja echt an Tau zu haben. Simme voll und ganz zu. Ich hätte es bisher nicht benennen können ("ambisonisch"), aber mit viel Respekt bei Top Produktionen bewundert.
Die kann man überall anhören und sie klingen gut. Und zwar kompromisslos.

lg. JayT.
 
Hi JayT,

danke für dein Interesse. Ich habe jetzt kurz gebraucht, um deinen Post zu verstehen. Ich weiss allerdings nicht, ob ich ihn richtig verstanden habe. Zur Erklärung:

Ambisonics ist eine völlig eigenständige Technologie, mit einer eigenen zugrundeliegenden Theorie, kein Mischstil oder so. Es gibt dafür eigene Tools wie spezielle Mikros, Panpots, Reverbs, etc.. "Ambisonisch" war nicht als Wort gemeint, das besonders kompatible Produktionen bezeichnen soll, sondern das Ergebnis der Verwendung der Technologie hat eben die entsprechenden Features.

Wenn man "ambisonisch" aufimmt oder mischt, hat man - im Gegensatz zu Stereo, da sind's zwei - am Ende das sogenannte B-Format mit 4 Kanälen, die WXYZ benannt sind. Mit dem ominösen Quad-System der 70er hat das ganze übrigens nichts zu tun. Es gibt auch B-Format zweiter Ordnung, mit 9 Kanälen, wobei es dafür Mikrofone nur als Prototypen gibt, wohl aber Mixing-Tools. Dieses B-Format kann dann mit Hilfe von Hard- oder Softwaredecodern, Feeds für beliebige Lautsprechersetups generieren, wobei symmetrische Anordnungen mit jeweils zwei gegenüberliegenden Lautsprecherpaaren ideal sind. Mit Hilfe von "virtuellen" Speakern via HRIRs und Headtrcking kann man Kopfhörerwiedergabe realisieren, die eine freie Rotation des Kopfes auf allen drei Achsen, sowie in gewissen Grenzen eine vor/zurück Bewegung ermöglicht, und das Decoding in Echtzeit anpasst.

Ambisonics-Mikrofon 1. Ordnung:

mic_array.jpg


Zum grundlegenden Verständnis gibt's:

http://en.wikipedia.org/wiki/Ambisonics


Gruß,

Uranus
 
Kunstkopfaufnahme Tip: Can, Flow Motion

Der helle Wahnsinn mit gutem Kopfhörer:cool:


Greetings

lg
 

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