[Gitarre] Epiphone Les Paul Custom Old Glory 2020

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Epiphone Les Paul Custom Old Glory 2020

Review einer Crossovergitarre: man nehme Gibsons top of the line-Modell die Les Paul Custom, kreuze sie mit der kleinen Schwester, der Les Paul Junior und heraus kommt eine pompöse Gitarre mit nur einem Pickup oder eben diese Old Glory. An diesen auf der einen Seite reduzierte und auf der anderen überbordenen Look muss man sich erst gewöhnen, sucht man bei dieser Art von Les Paul doch immer wieder den Neckpickup, der einfach nicht vorhanden ist. Was macht ihren Reiz aus, bietet sie wirklich nur eine limitierte Ausdrucksmöglichkeit oder macht sich das Fehlen des Neckpickups und das Mehr an Holz klanglich bemerkbar, vermisse ich überhaupt was an dieser Gitarre? Diese oder ähnliche Fragestellen führen früher oder später wohl oft dazu, sich einmal etwas genauer mit diesem Subtyp von Gitarre zu beschäftigen.

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Ebenso wie viele andere Hersteller widmet sich Epiphone auch Sonder- und Signaturmodellen, erweitert außerdem immer wieder das eigene Portfolio. Bei der hier vorgestellten Epiphone handelt es sich um eine Limited Edition, ist nicht mehr neu erwerbbar und hört auf den Namen Jared James Nichols Old Glory Les Paul Custom. Auf den Namensgeber der Gitarre will ich nicht groß eingehen. Ich kannte ihn vor Erscheinen dieser Gitarre gar nicht, bewog mich auch nicht, mich mit seiner Musik zu beschäftigen. Generell ist dieses Konzept einer reduzierten Les Paul auch nichts Neues, weder kann JJN als Erfinder dieser Gitarre angesehen werden. Vielmehr experimentierte Gibson immer wieder einmal mit Kreuzungen unterschiedlicher Gitarren, beispielhaft sei eine 1956er Goldtop mit zwei P90ern mit dem Top einer 1959er „Standard“ genannt. So gab es auch immer mal eine Custom oder Standard mit nur einem Pickup, oftmals mit einem Stoptail und einer Bridge kombiniert. Selbst eine ähnliche Plakette wie bei der Epiphone lässt sich in den Annalen von Gibson finden. Eine solche wurde von Gibson öfter bei der nachträglichen Installation eines Bigsbys verwandt, um die beiden Bohrungen für das Stoptail zu verbergen. Bei der Old Glory setzt JJN/Epiphone nun auf die starke Verbindung von P90 und Wrap, wie sie auch bei den 1954er Goldtop Les Pauls zu finden war.

Ausstattung
Wie es sich für eine Custom, allerdings keineswegs für eine Epiphone gehört, wurde das Griffbrett aus Ebenholz gefertigt. Dieses zeigt eine wunderbar ebenmäßige schwarze Färbung. Ob hier ein wenig nachgeholfen wurde, kann ich nicht sagen. Ich erhielt die Old Glory gebraucht. Jedoch konnte ich damals bei meiner neu erworbenen Les Paul Custom Bonmassa nichts dergleichen feststellen. Für Body und Neck wurde wie üblich Mahagoni verwendet. Dies alleine bedeutet bereits ein ordentliches sowie historisch korrektes Ausstattungsmerkmal. Nach wie vor bestehen die Griffbrettinlays aus Kunststoff und nicht aus Perlmutt. Schade, dass man sich nicht zumindest bei den Sondermodellen für das natürliche Material entschieden hat. Würde sie noch ein Ticken edler machen. Für die Jackplate griff man auf schwarzer Kunststoff zurück. Naja, solange nichts bricht, ist alles in Ordnung. Das E-Fach fräste man so großzügig wie bei jeder anderen Les Paul Custom, sprich für vier Potis. Dementsprechend weitläufig verteilen sich die beiden notwendigen Drehregler und ihr Kondensator. Hier herrschen beste Bedingungen für die doch überschaubaren Modifikationen. Warum der Jared auf die letzten drei Inlays im Griffbrett verzichtet hat, kann wohl nur er beantworten. Vielleicht, damit der Body komplett in schwarz erscheint. Mir gefällt das durchaus, so wirkt dieser in der Tat wie eine Einheit aus Schwarz.

Die Hardware wurde vernickelt und setzt sich aus Grover Rotomatic Tuner sowie einem Gibson- bzw. Epiphone typischen Wraparound mit kleinen Madenschrauben zur Oktaveneinstellung (wie immer kompromissbehaftet) zusammen. Bei dem Pickup hat man sich nicht aus dem eigenen Hause bedient, sondern spendierte ihr gleich ein Aggregat eines der größten und ältesten Replacementpickupherstellern der Welt, Seymour Duncan. Der P90 in Dogearformat wird in den Specs seitens Epiphone nur als Seymour Duncan P90 bezeichnet. Dabei könnte es sich um den SD90-2b Hot handeln. Dies kann ich nicht bestätigen, da ich dem Pickup nicht unter die Haube schaute. Leider ziert die Old Glory noch die alte und damit weniger schöne Epiphone-Kopfplatte, aber merkwürdigerweise funktioniert sie für mich wegen des Bindings richtig gut. Sie sieht recht eigenständig und vollwertig im Gegensatz zu der eine Standard aus.

Meine Modifikationen
Was macht eine echte Custom aus? Richtig, sie ist schwarz (oder weiß), besitzt überall Bindings, hinten und vorne und die Hardware ist golden! So sollte es auch bei meiner Old Glory sein. Und zuerst dachte ich, dass ich dafür alles im Haus hätte und nichts zukaufen müsste. Der Plan sah wie folgt aus:
  • Entfernen der Plakette (auch wenn meine vom Vorbesitzer in „The Gun“ umbenannt wurde)
  • zwei schwarze Tophatknobs (obwohl ihr Winchester-Patronenhülsen auch gut zu Gesicht standen)
  • Stoptailpiece meiner Orville Les Paul Custom (bleibt damit in der Familie)
  • Kluson Waffleback-Tuner
  • Trussrodcover mit „Les Paul Custom“-Schriftzug
Ah, ich musste doch noch etwas nachkaufen, die Adapterhülsen in Gold, um die 10er Bohrlöcher der Grover für die Aufnahme der Kluson vorzubereiten. Verpressen ging auch gut und schnell. Allerdings zeigte der Einbau der Kluson recht schnell, dass die Kopfplatte der Epiphone zu klein oder kurz für die ausladenden Waffleback-Tuner war. Alles saß krumm und schief, nicht in einer Reihe. Konnte so nicht bleiben. Plan B geagede Faber Tuner in Gold. Zum Glück besitze ich einen guten Draht zu einem Faber-Deal und so konnte ich die Mechaniken noch um 23 Uhr (!) bei ihm abholen und somit geriet mein Projekt nicht ins Stocken. Und diese Tuner sehen einfach klasse aus, egal ob Gold oder Nickel. Auch scheint die Tunerachse durch die Buttons. Mein Dealer teilte mir in dem Atemzug mit, dass Faber diese Tuner nicht mehr herstellen würde und ich quasi seinen letzten Satz erhielt. Ich weiß nun nicht, ob Faber die Herstellung aller Tuner oder nur die der Kluson-like einstellt. Wäre es natürlich schade für zukünftige Projekt und warum tun sie das eigentlich? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Teile schlecht liefen.Und warum es Epiphone nicht schafft, die Schrauben des Trussrodcover ordentlich senkrecht, sondern mit einem gewissen Gradversatz anzubringen bleibt mir ein Rätsel. Dies betraf jede meiner Customs. Auch bei der Old Glory feststellte, als ich das Trussrodcover mit dem typischen „Les Paul Custom“-Schriftzug anschraubte. Meiner Meinung nach gehört, im Gegensatz zu einer Standard die Modellbezeichnung auf eine Custom.

Verarbeitung
Aber generell zeigt sie sich makellos verarbeitet. Die Bundenden sind deutlich besser verrundet, als ich das damals bei der Heafy vorfinden könnte. Hier spürt man keinen Grad, der den Spielfluss stört. Ein Übergang zwischen Halsbinding und Hals fühlt man ebenfalls nicht. Wirklich leicht ist sie durch die Abwesenheit des Neckpickups nicht gerade, obwohl ein Tonabneher schon etwas schwerer, als ein Stück Holz ist. Dem Halsprofil würde ich das Prädikat „halbierter Baseballschläger“ bescheinigen, deutlich fetter als das Slim Taper der „Standard“-Custom und damit auf Augenhöhe mit dem der Bonamassa. Den Paintjob wurde vorbildlich umgesetzt. Homogen und glatt geriet dabei die Korpusvorderseite. Es finden sich keine Einschlüsse, Nasen, oder sonstiges. Mattlack ist ja immer so eine Sache des Geschmacks. In der Regel stehe ich nicht sonderlich darauf, aber bei der Old Glory passte es wirklich gut zum Gesamtbild. Das Schwarz erstrahlt schön seidenmatt.

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Tone
Viele Einstellungsmöglichkeiten bietet einem Dogear nicht gerade und beschränkt sich auf die Justierung der Polpieces. Die Frage ist dabei auch immer ein wenig, sitzt der Pickup nahe genug an den Saiten bzw. kann ich das mit den Polpieces kompensieren? In der Regel beschäftige ich mich mehr oder weniger recht lange mit der optimalen Einstellung der Pickups. Hier ging es doch recht fix. Die Polpieces ca. 4 - 5 mm aus dem Pickup gedreht, auf den hohen Saiten etwas mehr, auf der Basssaiten ein wenig niedriger und das war es auch schon.

Der Pickup klingt bissig und angriffslustig. Man hört deutlich die höhere Dynamik und Schnelligkeit gegenüber einem Humbucker. Das macht schon fast süchtig und man hat unvermindert das Gefühl, dass dagegen ein Humbucker irgendwie nicht aus den Hufen kommt. Der Tone bietet einen wunderbaren Attacke, den nur ein Singlecoil entwickelt.. Er klingt schön offen, ohne Überbetonung einer Frequenz und, wie sagt man diesbezüglich immer so schön, rotzig und ab nach vorne. Vordergründig hell, aber doch markant in den Bässen. Er tönt in your face!

Das Konzept Vollmahagonibody mit P90 geht für mich noch eine Spur besser, als bei der Bonamassa mit Humbucker auf. Es ist wirklich interessant diese beiden Welten abwechselnd hören zu können. Wenn ich den Duncan Dogear mit den Epiphone P90ern meiner 2020er Epiphone SG Special vergleiche, so klingt der Duncan deutlich erwachsener und satter, ohne ausgefranste Frequenzbereiche Ich bin wirklich am überlegen, ob ich meiner SG nicht auch einen Hot-P90 an der Bridge gönne.

Fazit
Was aus einer Laue und der Lust einer simplen, aber luxuriösen aussehend Gitarre entwickelt hat, geht voll und ganz für mich auf. Meine o.g. Modifikationen waren nicht notwendig und nur meiner Vorstellung geschuldet, die Gitarre ab Werk bestens verarbeitet und mit anständiger Hardware versehen (vor allen Dingen Tuner & Pickup). D.h., man hat mit der Old Glory gleich ein Instrument am Start, mit dem man sofort loslegen kann und sich keine Gedanken über Veränderungen machen zu müssen. Die schwarze Old Glory gibt es nicht mehr neu zu kaufen, dafür allerdings das Ganze in all Gold und das sogar mit der neu gestalteten Kopfplatte. Auch ein hübsches Instrument, aber eine Custom muss bei mir weiß oder schwarz sein. Oder doch eine Goldene mit cremefarbenem Pickupcover und goldenen Knobs? Nee, ich habe ja eine ein-Pickup-Gitarre und das ist völlig ausreichend, wenn sie zu überzeugen weiß. Ordentliche Fertigungsqualität, gute Ausstattung zu einem attraktiven Preis (OK, die Goldene kommt mit der Minimalausstattung schon auf 679 €, eine normale Standard 50s dagegen auf 559 €; aber vergleichen wir die Old Glory lieber mit einer Standard Outfit für 779 €, relativiert sich der Preis auch wieder). Darüber hinaus machen sich solche Sonderauflagen wie die Bonamassa bzw. Old Glory richtig gut und runden das Programm entsprechend ab. Sie versprüht durch ihre Optik den Eindruck einer lang gespielten Gitarre. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, so wären dies echtes Perlmutt im Griffbrett. Das es geht zeigen die Inlays der Kopfplatte. Am Endpreis würde es wohl nicht wirklich viel ausmachen, an der Optik dagegen schon.

Da es sich bei der Old Glory um eine limitierte Serie und es sich auch noch um eine besondere Custom handelt, wird es u.U. lange Zeit dauern, bis Epiphone ein solches Instrument wieder auflegen wird. Also bei Bedarf zugegriffen, bevor auch das goldene Modell ausverkauft sein wird.

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@Mr.513: besten Dank für die Kekse. Ich hoffe, der ehemalige Besitzer hat nichts dagegen, dass ich hier ein Foto des vorherigen Looks einstelle ;):

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Wie beschrieben, die Winchester-Knobs sahen schon richtig gut aus, waren dann allerdings doch nicht so mein Ding.
 
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Danke für das Bild vom vorherigen Zustand. Wirst Du noch versuchen die Spuren der Plakette zu beseitigen?
 
Gerne doch. Hätte ich damit Erfahrungen und könnte mir sicher sein, dass man nachher nichts mehr davon sieht, würde ich es machen. Aber an so exponierter Stelle, weiß nicht, da traue ich mich nicht so recht ran. Schön wäre es natürlich schon, nichts mehr davon zu sehen.
 
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Gutes Review. Ich liebe 1Tonabnehner Gitarren und besitze eine 55er Junior, eine 67er Esquire, eine SG Junior, eine Krautster 1, eine 1 Pickup Strat von Jason Smith (meine Hauptgitarre) und jetzt die Jared James Nicols.
 
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das ist ja ein cooles Teil, genau nach meinem Gusto! (y)
danke fürs vorstellen und für das schöne Review!
 
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Schönes Review und wirklich eine interessante Abwandlung der LP Custom.
Ein-Pickup Customs sieht man nicht alle Tage :great:
 

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