Schnuffi, der kleine Igel - ein Hochwasseropfer

AchimK
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Meine Frau Renate und ich haben als Biologen schonmal Pfleglinge zum Aufpäppeln als vorübergehende Haustiere. Zuletzt eine verletzte Waldohreule, die aber in tierärztliche Behandlung wegen einer Flügelverletzung mußte. Nach gut 4 Wochen war sie von ihrer schweren Prellung auskuriert und wir haben sie wieder freigelassen.
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Schnuffi - der kleine Igel - ein Hochwasseropfer

Auch viele Wildtiere haben unter dem dramatischen Hochwasser an der Erft und ihren Nebenbächen gelitten. Renate machte Freitagabend einen Spaziergang rund ums Dorf, um nach Hochwasserresten auf den Feldern und Weiden zu schauen. Um 20:30 kam sie freudestrahlend früh zurück und rief schon von weitem: „Achim, schau mal!“ Ihre Hand umfaßte einen sehr kleinen Igel, der ohne Familie auf einem asphaltierten Feldweg umher irrte.

Wir packten ihn mit Zeitungspapier und einem Wasserschälchen in eine gelbe Postkiste, die noch hier stand. Auf die Schnelle war nix anderes da. Er schlabberte gierig das Wasser auf und rannte in seiner kleinen Kiste hin und her, überall schnüffelnd und wenig scheu. Wir hatten seit vielen Jahren keinen Igel mehr in Pflege und so auch kein Katzen- oder Hundefutter in kleinen Dosen. Also haben wir den Nachbarn um 21:00 angepumpt, der Katzen wie auch Hunde hält.

Schnuffi stürzte sich auch auf dieses Schälchen und verputze innerhalb einer Stunde dreizehn der viereckigen Futterwürfel in klarer Sauce (etwa 10g). Als Schlafhaus habe ich ihm ein großes eckiges REWE 450ml Gurkenglas mit Küchenpapier lose gefüllt hingestellt. Heute Morgen fanden wir ihn dort drin friedlich schlafend vor. Er pennte trotz Frühstücksgeklapper und WDR 5 in unserem Wintergarten einfach weiter. Hatte nach Igelmanier, die sind ziemlich unmanierlich was die Hygiene betrifft, einige schwarze Würstchen produziert, prima. Also scheint er gesund, noch nicht verwurmt, bloß deutlich untergewichtig. Solange die Jungen noch der Mutter folgen, um zu lernen sich selbst zu versorgen, wiegen sie bis 200g. Wenn die Familie auseinanderbricht, so etwa vier Wochen nach der Geburt, sollten die Kleinen mindestens 250g haben. Schnuffi brachte heute Morgen, ungefrühstückt nur 125g auf meine Digitalwaage. Vielleicht läuft er ja seit dem Hochwasser von Mittwochabend (14.7.) hungrig umher. Nun, das hat jetzt ein Ende. Wir werden ihn aufpäppeln bis 400g und dann unseren Garten als Heimat anbieten: es gibt einen Holzstoß mit Laub und alten Ästen, Hecken, Gebüsch, eine große Blumenwiese, einen Teich, viele Schnecken und Regenwürmer. Das sollte an sich ein Igelparadies sein. Wir finden auch immer wieder Igelkot dort.

Unser kleiner Igel hat noch keine Zecken, wohl aber einige Igelflöhe, die aber nicht auf den Menschen übergehen. Wir vermuten deshalb, das er auch einige Zeit im Wasser schwimmen mußte, das mögen die Flöhe nicht.

Nach vier Tagen Pflege ist er nachts sehr agil und versuchte schon aus seinem Quartier auszubrechen. Schnuffi ist ein Mädchen. Sie frißt sehr gut und wiegt nun schon 165g, nachdem das Gewicht die ersten beiden Tage eher stagnierte. Sie wirkte auch sehr erschöpft und verschlief die meiste Zeit. Jetzt reagiert sie auf angefaßt werden wieder mit dem typischen Einrollen, prima.
Weiter Bilder folgen bei Interesse...
 
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Fürs erste muß die Kiste reichen (es ist WE): läßt sich alles gut säubern und hygienisch halten. Und für dieses Händchen voll Igel ist ein sauberes, trockenes Schlafhaus jetzt richtig wichtig. Der Deckel wird lose aufgelegt, damit es ein wenig dunkler wird in der Kiste.
Die Kreisigelstation in Krispenich war auch unter Wasser...
 

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Interessante Behausung, man lernt ja nie aus. Ich freu mich auf weitere Bilder.

Vielen Dank für Euer Engagement :claphands: :prost:
 
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Sie frißt sehr gut - Schnuffi ist ein Mädchen - und wiegt nun schon 165g, nachdem das Gewicht die ersten beiden Tage eher stagnierte. Sie wirkte auch sehr erschöpft und verschlief die meiste Zeit. Jetzt reagiert sie auf angefaßt werden wieder mit dem typischen Einrollen, prima.

Schon einen Tag später steigt das Gewicht auf 197g. Dann gibt es eine neues Freßchen: Katzenfutter Rind mit Leber. Das wird verweigert, Gewicht sinkt auf 170g. Verweigern geht aber nicht, wie will sie in Freiheit dann Futter finden? Beim Aldi? Nach einem halben Tag fasten wird auch dieses Futter angenommen. Am übernächsten gibt es dann zwischendurch ein paar Bröckchen gutes, fetthaltiges Rindergehacktes. (Ich koche gerade meine allseits beliebte Spaghetti-Soße). Frist die kleine Igeldame jetzt auch ziemlich sofort. Dann im Wechsel Rind mit Leber und Huhn mit Leber. D.h. sie hat gelernt jedes dargebotene Futter anzunehmen, auch wenns anders schmeckt. Das wird wichtig, wenn wir sie mit 400g beginnen auszuwildern. Igel sind Stöberer, die 500-3.000 Meter pro Nacht rumlaufen, wie man aus Telemetriestudien weiß. Alles was sie finden wird auf Fressbarkeit geprüft, sonst klappt das mit dem Überleben nicht…
 
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Alles Gute für Schnuffi! Renate und Du, ihr seid echt cool...
Gruß camus
 
:) tolle Arbeit die ihr da leistet. Alles Gute für Schnuffi.
 
Arbeit die ihr da leistet
Danke für die Blumen, aber "Arbeit" an sich ist das nicht: einmal morgens die Kiste säubern, Schnuffi wiegen, 2-3x füttern pro Tag und fertig.
2 Tage Arbeit war der Neubau des Freigeheges, das aber nur eine Woche genutzt wurde. Dazu später mehr.
 
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Es kann nicht genug geschätzt werden, dass Ihr Euch kümmert. Leider kann man hier keine Kekse vergeben - also fühle Dich bekekst :hat: :prost:

Erst gestern sah ich eine Reportage über eine "Igel-Mama", die sich um die Tierchen kümmert, die ihr schlecht genährt bis schon fast verhungert/dehydriert gebracht werden. Ihr Lebensraum wird durch uns immer karger: weniger Insekten, weniger Fallobst, weniger zugängliche Flächen. Ich hab gegenüber 15 ha Biotop (mit allerdings wenig Bäumen) und - obwohl verboten (warum?) - bring ich da mein Laub hin, damit sich z.B. in den Haufen Igel einnisten können, von denen es dort einige gibt. Wir Menschen sind nur dabei zu nehmen. Dabei ist ein Bisschen Geben so einfach. Nicht wegschauen, sondern hinschauen. Nicht ignorieren, sondern tun.

Ganz herzlichen Dank Euch beiden und Schnuffi "toi toi toi".
 
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Unserer ist dieses Jahr zum Glück ganz munter :)
 
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Bei mir schauen auch immer mal wieder Igel im Garten vorbei. Allerdings bleiben die wegen meiner Tammy eben nicht ungestört. Einer fand mal einfach nicht mehr raus. Den habe ich dann "aufgegriffen" und mit einer extra Portion Futter rüber ins Biotop getragen, wo er (oder sie???) wieder in Ruhe seines Weges ziehen konnte (da sind ja auch meine Laubhaufen).
 
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Schön … bin froh, dass BACU nur guckt und sich für die Igel nicht weiter interessiert (y) .
Leider habe ich morgens mal ein Igelchen auf der Seite liegend noch schnaufend vor der Garage gefunden, sofort zum TA gebracht, wo er eingeschläfert werden musste. Vermutlich hat ihn der Marder erwischt.
 
Ich hab das Schnuffi-Thema mal in einen eigenen Thread verschoben, da das Thema wohl den Foto-Thread "sprengt" ;)
 
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@Lisa2 - ja sehr klein bloß noch125g = halb verhungert zum Auffindezeitpunkt. 2 Tage Wasser, Freßchen und Wärmelampe haben sehr geholfen.

@Maddina - Sehr schöne Fotos
 
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so, hier gehts weiter:
Nun hat klein Schnuffi nach 23 Tagen Pflege 408g auf die Waage gebracht: aus dem niedlichen Igelmädchen ist Miss Muffkopp geworden. Wie ein Teenager in der Pubertät macht sie was sie will, mal frisst sie drei Malzeiten in 24h, mal gar nichts. Seit vorgestern mußte sie lernen draußen zu übernachten und nicht mehr im kuscheligen Wintergarten, wo bloß das Fenster auf bleibt, damit die Nachttemperatur fällt und sie lernt ein warmes Nest zu bauen, was sie aus dem angebotenen Zeitungs- und Küchenrollenpapier auch gut hinkriegt. Für draußen sammeln wir derzeit Laub, Heu und Stroh und packen es ins Schlafhaus. Gestern Nacht hatten wir das 2,5 qm Igelgehege noch unter dem Schlafzimmerfenster stehen: Schnuffi zerriss die halbe Nacht ihre Zeitungen und hatte morgens ein gutes Nest in der Schlafkiste. Die gleiche, in der wir sie großgezogen haben. Damit der vertraute Geruch bleibt. Gestern Morgen hatte sie schon auf 425g zugelegt. Sie bekommt auch mehr Stacheln. Kleine Igel haben bei der Geburt nur einige hundert eingebettet in ihrer Haut, die brechen dann schnell durch und werden mehr. Schnuffi dürfte allmählich auf 3.000 Stacheln kommen, sie bekommt jeden Tag mehr. Ich kontrolliere das beim Wiegen. Wenn sie mich hört, stellt sie schon die Stacheln auf. Und das ist gut so. Ansonsten haben wir keinen Kontakt, kein Hochnehmen, Streicheln oder ähnliches, sie soll ja ein Wildtier bleiben. Fertig ausgewachsen hat so ein „Stachelritter“ etwa 7.000 nadelspitze Stacheln. Weshalb ich jetzt auch einen Arbeitshandschuh beim Wiegen brauche. Ab heute Nacht soll es regnen, so hat das Gehege auf der Hälfte der Fläche eine Abdeckung aus Dachpappe bekommen: Schlafhaus und Futterplatz sind so geschützt. Heute Morgen: 455g. Nach dem Wiegen rennt sie wie der Blitz in ihr Schlafhaus. Das ist gut, wenn sie dies mit „Sicherheit“ verbindet!

Foto: Mensch, laß mich bloß in Ruh‘ mit Deiner Scheiß Waage…
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Heute Abend (18.8.) ist Schnuffi (morgens 487g) wieder umgezogen: aus dem gepflasterten Hof an die Gartenmauer mit Wiesenuntergrund. Sie hat beim Reinsetzen kurz geschnüffelt und verschwand sofort wieder in ihrem Schlafhaus. Die drei Tage jetzt im Garten hat sie die Ecke links hinten als Lokus benutzt. Diagonal zum Schlafplatz in maximaler Entfernung. Das Tor zur Freiheit bleibt noch zu. Denke bei stabil über 600g machen wir auf, füttern aber weiter.
Am nächsten Tag morgens wiegt Schnuffi 485g. Sie hat jetzt viel Auslauf im Gras, die Nacht war weitgehend trocken, und das Schälchen leergeleckt. Ihr Klo ist benutzt. Beim Wiegen bleibt sie brummig, klar, so aus dem Schlaf gerissen. Ich füttere mittags etwas nach, mal sehen ob sie das bis am späten Nachmittag bemerkt und frißt. Nein, tut sie nicht. Erst abends, wenn es dunkel wird, wacht sie auf.
Heute Nacht (19./20.8.) bekommt sie um 23:00 mehr Futter, es wird frisch mit 13°C. Am nächsten Morgen hat sie ihr Nest zum ersten Mal zusätzlich mit trockenem Grass, was sie selbst gerupft hat, ausgepolstert. Dieses Verhalten scheint also auch vorprogrammiert und muß nicht erlernt werden. Mehr Futter schlägt sich sofort in mehr Gewicht nieder: 550g.
Die Größenzunahme ist deutlich: mit 27 Tagen Pflege nimmt sie auf der Waage doppelt soviel Platz ein wie mit 14 Tagen. :cautious:
 
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Und nun das Ende der Geschichte:

So jetzt ist es soweit, heute am 25.8. um 10:30 wog sie 581g. Um 20:30 wurde sie gut gefüttert und um 22:30 hab ich das Türchen zur Freiheit für Schnuffi aufgemacht. Mal sehen ob sie morgens noch oder wieder da sein wird. Renate und ich hoffen das Beste. Genug Futter für die Nacht hab ich ihr gegeben. Letzte Nacht hat sie offensichtlich vergeblich versucht sich durchzugraben.
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Große Enttäuschung am Morgen: Schnuffi ist weg, hat nichtmal das Nachtfutter angerührt! Die Nacht war nur 13°C warm und es hat leicht geregnet. Mal sehen, ob sie wieder kommt. Ob sie ihr warmes Nest wiederfindet und auch genug Nahrung zum Überleben.
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Igeldoktor Renate erklärt Schnuffi gerade von Frau zu Frau wie das läuft mit dem "freien" Leben...

Wir werden ihr das Plätzchen offenhalten und auch das Futter regelmäßig austauschen.
Schuffi, alles Gute für Dich…
Ergebnis: wir haben sie nie mehr gesehen :great:
 
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