Stimmstockabriss

  • Ersteller Onkel Henry
  • Erstellt am
Onkel Henry
Onkel Henry
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
28.12.21
Registriert
20.02.21
Beiträge
61
Kekse
1.359
Ort
München
Man hat das Problem ja hin und wieder mal, daß ein Klavier die Stimmung nicht hält, da sich der Stimmstock mal ganz liebevoll von der Raste verabschiedetet hat.

Normalerweise handhabe ich es so, daß ich den abgerissenen Stimmstock wieder mit der Raste verleime und nebst stärkeren Plattenschrauben zusätzliche Bolzenschrauben (welche vom Stimmstock bis durch die Raste durchgehen) anbringe.

Das erfordert ein vorheriges völliges entspannen der Saiten.

Nun verursacht dies natürlich Kosten, was nicht jeder Kunde gerne zahlen möchte.

So habe ich gerade einen Fall, wo möglichst wenig Geld ausgegeben werden soll - normalerweise sage ich "für diesen gewünschten Preis kann ich es nicht richten."

In meinem jetzigem Fall, handelt es sich allerdings eher um ein Schrottinstrument und um eine Kundschaft die es nur irgendwie wieder spielbar und stimmbar haben will und auch finanziell nicht so gut bestückt ist.

Das Instrument hat eine gefensterte Platte welche sich schon nach vorn hin verbogen hat - also ohnehin schon eine gewagte Aktion.

Nun ist meine kostengünstigere Überlegung folgende:

Den Riß zwischen Raste und Stimmstock unter Beibehaltung der Spannung mit Hartholzfurnier auszufüllen und die Gußplatte so wie den Stimmstock mit stärkeren Plattenschrauben zu fixieren.

Nun würde mich die Meinung meiner Kollegen interessieren, ob diese Methode langzeitigen Erfolg auf eine bessere Stimmhaltung hätte?
 
Eigenschaft
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Henry,

Die Saiten müssen entspannt werden und der Stimmstock muß anschließend verleimt werden -unter kräftigem Druck. Warum? Der Holzleim kriecht durch Kapilarwirkung in beide Hölzer hinein und die Leimdicke darf nicht allzu hoch sein. Der Leim als solches hält nur bedingt. Der Trick ist eine Art Verzahnung des Leimes in beide zu verleimenden Hölzer hinein. Dann nicht stärkere (dickere), sondern längere Bolzenschrauben verwenden. Das hält dann bombenfest.

Der Kunde möchte Geld sparen. Das ist ja ok. Aber Du bist nicht nur verantwortlich für eine ordnungsgemäße Reparatur, sondern, im Gegensatz zu unseren Führern in Wirtschaft und Politik, erwächst aus Deiner Verantwortung eine Haftung. Das ist blöd, weil der Kunde Dir auf die Füße tritt, wenn nix hinhaut. Klar kommunizieren muß man auch, dass bei einer sich bereits verwindenden Platte, beim Zurückdrücken, diese auch reißen kann. Risiko des Kunden.

Michael
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
@löwenzahn , ich gebe Dir natürlich Recht - ich bin auch sehr unsicher ob meine theoretische Überlegung, es einfach mal mit Furnier auszufüllen und daß ganze unter Spannung zu lassen, auch zum Erfolg führen würde - wenn es dann nämlich nicht hält, war alles für die Katz.

Ich würde am liebsten die Finger von Dingen lassen, wo die Leute es nicht bezahlen können oder wollen....ist mitunter schwierig da hart zu bleiben.

Wenn so ein altes Mutterl nimmer des Geld aufbringen kann, aber trotzdem spielen will - aber ich auch nicht so ganz für einen "warmen Händedruck" arbeiten will....

schwierige Situation.

Wir wissen beide - diese ganzen "preiswerten Reparaturen" sind im Grunde genommen Pfusch - so in der Hoffnung, es wird schon irgendwie gehen.

Wenn, wie in meinem geschilderten Fall , das Klavier noch nicht einmal von der Wand abgerückt werden darf, weil ansonsten die Teppiche Schaden nehmen könnten, macht die Sache nicht einfacher.

Eine Bolzenverbindung von Stimmstock zur Raste halte ich für unabdingbar - selbst wenn ich jetzt über meinen Schatten springe und der Kundschaft es für ein Almosen richte - wie komme ich denn an die Rasten hinten mit den Bolzenschrauben ran, wenn ich es nicht von der Wand entfernen darf?
 
Ach je, das kenne ich und für eine Kundin die durch einen Scheidungsfall in die Sozialhilfe mit ihren Töchtern gerutscht ist, stimme ich für einen Kaffee.

Was tun mit dem Klavier? Der Saitenzug ist doof. Nimm´nochmal ein paar fette Zwingen mit Zulagen und versuche die Platte zurückzuziehen. Vielleicht geht´s ja und wenn ja, hat die alte Dame Glück gehabt. Dann könnte man auch den Furniertrick zusätzlich anwenden und natürlich lange Schrauben verwenden. Eine Maschinengewindeschraube wäre cool, aber ich denke es tun auch sehr lange Holzschrauben. An die Rückwand des Klavieres kommst Du, wie von Dir beschrieben nicht.

Viel Erfolg gewünscht

Michael
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Danke @löwenzahn ,

Ohne Zwingen werd ich ohnehin nicht auskommen können, wenn ich nicht will daß mir die Platte um die Ohren fliegt.

Ursprünglich plante ich durchgängige Bolzenschrauben zwischen den Plattenschrauben anzubringen und diese mit der Verleimung so anzuziehen daß der Stimmstock wieder seine ursprüngliche Position einnimmt:

20210203_151732.jpg


Anschließend hätte ich die alten Plattenschrauben entfernt, aufgebohrt und durch 100 x 12 mm Plattenschrauben ersetzt (letzteres wird ohnehin stattfinden, eben nur mit Zwingen statt mit Bolzenschrauben.

Stimmbar ist das Instrument mit diesem Riß allerdings derzeit nicht mehr:

20210203_151503.jpg
 
Oje. Mindestens das Stimmstockdoppel ist gerissen. Wenn es nur 2-3 Stimmwirbel betrifft, könnte man ja je einen 13er Dübel aus Delignit/Dehonit einsetzen. Die oberen Plattenschrauben sind wahrscheinlich elend kurz. Den Riß wirst Du mit Zwingen und Furnier kaum zuleimen können. Saitenspannung muß man ziemlich sicher gegen Null bringen. Und wo ich gerade am Schreiben bin....die Hammerköpfe sehen suboptimal aus. Ich melde mal grundsätzliche Bedenken einer sinnvollen Reparatur an und auch Bedenken gegen Notbremse ziehen an.Mit allem Respekt. Auch wenn man der alten Besitzerin eine Freude machen möchte......

Michael
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Der Riß im Stimmstockdoppel schreckt mich jetzt weniger, Dübel reingeleimt, dann passt des schon wieder.

Aber wie Du schon erwähntest, den Stimmstock wieder an die Raste zu kriegen, ist ne Herausforderung die selbst bei völlig entspannten Zustand einiges an Kraftaufwand verlangen würde.

Die Mechanik, bzw. der Mechanikbalken ist völlig hinüber - längst der Hammernußkapselverschraubung klafft über die gesamte Breite ein Riß, wodurch die Hämmerchen natürlich auch keinen Halt mehr haben, da die Kapselschrauben einfach nicht festzudrehen sind.

Normalerweise müßte da ein neuer Mechanikbalken rein - da die handelsüblichen aber nicht mehr diese Maße haben, bliebe nur ne neue Mechanik - muß ich Dir wohl nicht verzählen was des kostet ;)

Die wenigen bisherigen Stimmstockabrisse welche ich bisher gehabt habe (es waren in 40 Berufsjahren gerade mal 3 ) waren eher unproblematisch und Klimabedingt - abwechselnd Feuchtigkeit und trockener Wärme ausgesetzt.

Dabei handelte es sich allerdings um angestemmte Platten, wo sich der Stimmstock sauber von der Raste "entleimt" hatte.

Spannung runter, Leim rein und 10er Bolzenschrauben vom Stimmstock zur Längstraste durch.

Die meiste Arbeit dabei war dabei wieder hochziehen, Ringe dichten, Nasen drücken paar mal vorstimmen und schlußendlich auf Höhe stimmen.

Kleine Anekdote nebenher bezüglich entspannen; Bei der Zerlegung eines Klavieres sollte eine Praktikantin von mir mal die Saiten entspannen weil ich lose Plattenschrauben ersetzen mußte - sie hat erst einmal brav den Blankbezug entspannt...den Baßbezug hat es ihr dann plötzlich um die Ohren gehauen :LOL:
 

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben