Umstieg von E-Geige auf Akustikgeige

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Als Schüler hatte ich klassischen Unterricht, knapp 10 Jahre etwa. Ausgestattet mit feinen Ohren war ich stets sicher in der Intonation (soweit das auf der Geige geht) und musikalisch hat es auch geklappt. Motorisch und in Sachen Gelenkigkeit hatte ich zu arbeiten. Nichtsdestotrotz konnte ich am Ende das Doppelkonzert in A-moll vom Herrn Bach ganz passabel spielen. Aber es zog mich mit in der Jugend weg von der Klassik und fortan spielte ich (auch mit langen Pausen) überwiegend im Rock-Pop-Folk-Jazz-Country Ambiente. Und fast immer mit der E-Geige.

Nun mit 55 habe ich wieder angefangen Unterricht zu nehmen. Und heidewitzka, wird mir klar, in Sachen Klassik hat mir die E-Geige so einige Marotten verpasst. Die Tonansätze bei der Bogenführung sind aktuell das Hauptthema, da verhält sich die E-Geige mit ihrer reduzierten Dynamik einfach komplett anders. Zweites Thema sind Lautstärkedifferenzen zwischen den Saiten, mein E-Setup hat mir auf G- und D-Saite viel Druck gegeben, den muss ich jetzt "von Hand" machen.

Nicht alles rührt von den Differenzen zwischen E- und A-Geige her, vielmehr habe ich viele Bogentechniken für die "freie Musik" nicht eingesetzt, natürlich verliert sich das dann auch im Muskelgedächtnis. Dennoch muss ich feststellen: zu langes E-Geigen macht das Spielen nicht besser. Was aber nichts daran ändert, dass man als E-Geige musikalisch ganz neue Räume erobern kann, auf lautstärkemäßig auf Augenhöhe mit Schlagzeug und Bläsern zu spielen ist toll, mit Rockbands performen schafft "Kernerinnerungen" und auch das Üben in Mehrfamilienhäusern fühlt sich ungewzungener an. Aber für alle die Geige lernen wollen oder ihren spieltechnischen Level halten wollen - die Akustische bleibt unverzichtbar!

Übrigens - das passt nicht zum Threadtitel - ist unterrichtet werden jetzt etwas komplett Anderes, macht mega Spaß und ich durfte in den letzten zwei Wochen wirklich tolle musikalische Momente erleben, ein Wechselbad der Gefühle zwischen Frust (was hab ich bloß alles verlernt) und Hochgefühl (Hammer wie schnell das jetzt wiederkommt). Und mit etwas Anleitung werden dann Stellen die ich alleine nicht "geknackt" habe auf einmal spielbar. Mein Schülerlehrer hat mich von der 2. Lage immer etwas fern gehalten aber mit der kann man ja ganz feine Sachen machen. Und auch wenn es in Sachen Spieltechnik in der "U-Musik" nicht voran ging - Rhytmus und vor allem Genauigkeit im Timing sind in einer Art geschärft von der viele Klassiker nur träumen können.
 
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Sehr cool! Das freut mich total für dich!
Und du hast völlig recht: Eine E-Geige schafft zwar Möglichkeiten in der Klanggestaltung durch Verzerrung, Verfremdung und hohe Lautstärke, aber sie ist klanglich doch etwas anderes und braucht weniger Einsatz von Bogentechnik. Auf der anderen Seite ist sie in manchen Bereichen auch zickiger und braucht eine Spezialanwendung.
All das prägt die Spieltechnik und braucht eine Umstellung sobald man wieder akustisch spielt.
Ich hatte ja auch einige Jahre vorallem meine E-Geige auf der Bühne gespielt und mich auch ziemlich an ihr Handling und ihren Sound gewöhnt.
Meine alte Akustische hatte leider nicht die selbe Seitenlänge, insofern war die Umstellung beim Wechsel jedes Mal heftig.
Mit der neuen Akustischen war dann die Seitenlänge identisch und ein Wechsel problemlos. Da mir aber durch das Lanzenmikro in Kombination mit dem Piezo der Klang der akustischen deutlich besser gefiel, ist sie nun wieder meine Hauptgeige und die E-Geige kommt nicht mehr zum Einsatz.
Ich kann deine Umstellung also absolut nachvollziehen!
 
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Und neben der technischen und spieltechnischen Seite gibt es dann ja auch das Musikalische: viele in der Klassik gebräuchliche Spieltechniken setze ich ich beim Geigen mit Bands einfach niemals ein. Sautillé habe ich niemals vermisst, selbst Spiccato nur extrem selten eingesetzt and an Riccochet nichtmal gedacht (als ob ich das könnte).
Was die E-Geige dem Spieler aber klar abverlangt ist intensives Arbeiten mit unterschiedlichen Lautstärken, die ist da einfach "grob" zubehandeln, wenn ich das der Roesonanzgeige antue, dann quittiert die das mit schlechtem Klang.

Sehr selten habe ich mir in Bands Lines geschrieben, die tatsächlich für mich schwierig zu spielen gewesen wären, die ich in Abschnitten hätte üben müssen. Da gab es hier und da mal ein paar Licks die nicht auf Anhieb kamen, aber das war für mich auch kein echtes Thema, da ich in meiner Art zu improvisieren gar nicht mit Licks arbeite. Und dieses Arbeiten an kniffeligen Passagen, das Erlernen von Läufen, ungewohnten Intervallen und das auch noch flink und mit Lagenwechseln, das macht jetzt richtig Spaß. Naja, manchmal ist es auch frustierend, wie der Austausch mit studiertem Geigenkumpel (nicht mein Lehrer) zeigt:
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