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Kalidass
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Meine Faszination für diatonische Instrumente kommt von Kontakten mit bretonischen Musikern und meiner seit vielen Jahren nicht nachlassenden Bewunderung dafür, wie viele junge Musiker in Frankreich u.a. mit Hilfe des "accordéon diatonique" die authentische Volksmusik der verschiedenen Regionen lebendig erhalten. Man könnte dasselbe auch über andere Instrumente sagen, Dudelsack, Bombarde (Rohrblattinstrument, mit dem man Menschen akustischschweren Schaden zufügen kann ;-)), Drehleier und andere mehr. Aber, na ja, das ist Geschmackssache. Wie tief die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich noch sind kann man spüren, wenn man sich über verschiedene Quellen beugt, die von der Geschichte des diatonischen Akkordeons, den Bautypen und den verschiedenen Arten von Tabulaturen berichten. In Frankreich kann man z.B. nur mit Mühe erfahren, dass es so etwas wie die Steirische Harmonika gibt. Die Club-Harmonika, also die diatonische Handharmonika mit 2 Knopftastenreihen in 2 quintverwandten Tonarten und 1 Knopftastenreihe mit "Hilfstönen" auf der Diskantseite, kommt in französischen Quellen nirgendwo vor. Mit einer Club-Harmonika im Perloid-Look einer Hohner oder Weltmeister ruft man in Frankreich nur Kopfschütteln hervor; da würde höchstens ein Wiener Modell aus Holz dieserHersteller neben den Castagnardis oder Loffets gerade noch so durchgehen. Dabei hat Marc Perronne, der Übervater der "Diato" in unserem Nachbarland "heimlich"auf einer seiner raren CDs ein Hohner-Instrument gespielt und sich artig beiHohner für die Unterstützung bedankt (wir dürfen wegen der für "Diatos" eigentlich untypischen Tonartwechsel und vom Klang her annehmen, dass es eine Morino Club, also mit Hilfstönen und Registern, war). Am stärksten beeindruckt mich derUnterschied in den Tabulaturen. Die in Frankreich gebräuchliche CADB-Tabulaturist extrem anders aufgebaut als die bei uns übliche Griffschrift. Es ist also nur schwer möglich, "mal eben so" eine französische Gavotte oder eine kleine Mazurka in ein deutsches Repertoire zu importieren, das von Spielliteratur in Griffschrift geprägt ist. Der fehlende Gleichton bei den französischen Modellen, die ja mehrreihige Wiener Harmonikas sind, wäre ja noch zu verkraften. Umgekehrt ist das Interesse imdeutschsprachigen Raum (und in diesem Forum) an den Einsatzgebieten diatonischerHarmonikas in anderen Ländern sehr vielgrößer. Das ist erfreulich. Mich hat der Hauch des Kulturchauvinismus (systematische Ignoranz anderer Kulturen), der in Frankreich leider stets zuspüren ist, beim "Diato" angespornt, bewusst bei der Instrumentenwahl (Steirische und Club) und beim Repertoire mehr auf der deutschen Seite zu bleiben. Und es macht sehr viel Spaß, hin und wieder die französischen Freunde mit einer Bourrée aus dem Limousin auf einer Steirischen zu verblüffen. Wenn nur nicht das mühselige Decodieren der CADB-Tabulatur so hinderlich wäre.
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