Zeitgenössische Musik = Scharlatanerie?

  • Ersteller Hartmut2
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Holst war ein ziemlicher Traditionalist, was aber typisch englisch war zu der Zeit.
Es gibt von ihm "modernere" Werke, aber man merkt, dass ihm das traditionelle besser lag.
Aber Holst hat ungefähr zur Zeit wie Mahler und Ravel gelebt, da war die Neue Musik erst noch im kommen.
Das oben angesprochene übrigens ist wie mit Ralph Vaughn Williams.
Rein zeitlich gesehen ist er der Neuen Musik zuzuordnen, aber sein Stil war trotzdem sehr traditionell und Neoromantisch, was aber nicht heißt, dass die Musik schlechter ist.
Manches ist mir da bloß zu langweilig.

Ives ist äußerst vielseitig.
"The unanswered Question" und "Central Park in the dark" sind relativ modern, die dritte Sinfonie ist wieder traditioneller, aber Ives, im Gegensatz zu Holst hatte auch ein größeres Talent für "moderne" Musik.
Man muss das aber auch im Zusammenhang sehen:
Ives war amerikaner und die waren musikalisch wie in vielem anderen auch recht prüde.
Als in Deutschland seriell komponiert wurde, kam in Amerika die Minimal Music auf.
Ives hat schließlich zur gleichen Zeit wie Schönberg gelebt, aber auch die Komponisten nach ihm, wie Barber und Copland waren recht traditionell.
Das ist dort aber auch anders geworden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch wenn ich als nicht-Musikwissenschaftler sicherlich nichts so Cleveres hier beitragen kann, möchte ich mich doch auch mal als zumindest Gelegenheits-Neue-Musik-Hören outen. Wobei ich den Ansatz den Cage mit seiner Aussage "You don't have to call it music if the term scares you." am liebsten mag. Ich hab als Kind schon gerne Muster auf Raufasertapten oder in Wolken gesucht. Und vor allem einige Sachen von Cage (die Sternenkarte) oder Ioannis Xenakis (das Album mit der Musik aus so einer Art Scriptolzeichnungen ist krass) sind gerade auf den Zufall angelegt. Mich fasziniert dieses automatische Bedürfnisin einem rein zufällig entstandenen Klanggebilde Melodien und Rhythmen zu erkennen. Für mich ist das also mehr "klangliche Installation" denn Musik im eigentlichen Sinne. Aber große Kunst dafür umso mehr. Auch bei den "geplanteren" Sachen wie Stockhausen bin ich immer so vorgegangen, dass ich mich damit "berieseln" (böses Wort) lie0 und dann im Kopf die Bilder und Melodien aufgebaut hab. Wenn mich das Stück irgendwie packt, dann les ich mich ein wenig in die Geschichte dazu ein, was wiederum beim "Bilderbauen" hilft.
Sicherlich nicht die hM der Musikwissenschaft ;), aber mir taugt das ziemlich gut so.
Und Sacre hab ich schon öfter tageland nicht aus der Anlage bekommen ;) Das ist dann wieder Musik im eigentlichen Sinne für mich :p
 
Ich halte es jedenfalls für Humbug, die "neue Musik" generell als "intellektuell" und "nicht sinnlich erfahrbar" zu deklarieren. Wenn ich Xenakis, Boulez oder Ferneyhough höre mag das zwar äusserst komplex komponierte Musik sein, beim Hören ist es aber nichtsdestotrotz erst mal eine rein sinnliche Erfahrung (bei der natürlich mein Gehirn auch immer noch mitläuft…), welche ich als ästhetische Gestalt geniessen kann. Vielleicht sogar bei dieser Musik mehr als bei vieler "einfacherer" Musik, denn hier kann ich die Musik oft nicht mehr direkt per Gehör klar analysieren und es bleibt lediglich das zurück, was die musikalischen Strukturen in meinem Gehirn an Bildern auslösen. (Was sich dann natürlich bei mehrfachem Hören auch ändern kann.)

Würdest du das Stück "Hurz" von Hape Kerkeling auch "emotional" als "ästhetische Gestalt" genießen können?
Die Frage ist doch: Wo endet die Kunst, und wo fängt die Verarsche an?
 
Eine Frage, die niemand beantworten kann.
EDIT: Es sei denn der Künstler (in dem Fall auch Comedian) deklariert es bewusst als Parodie.

Außerdem lass das Hurzdingens sein. Es ist ein seeehr schwaches (und bis jetzt immer das gleiche) "Argument".

Wie schon andere gesagt haben: Kerkerling kannst du nicht mit den anderen Vergleichen.
Es gibt soviele Comedians die bestimmte Kunstformen parodiert haben, Kerkerling ist nicht der einzige, der bewusst parodiert.
 
Würdest du das Stück "Hurz" von Hape Kerkeling auch "emotional" als "ästhetische Gestalt" genießen können?
Die Frage ist doch: Wo endet die Kunst, und wo fängt die Verarsche an?

Wie LordAbstellhaken gesagt hat: In diesem Fall ist das Stück klar als Parodie deklariert - also höre ich es natürlich auch als solche, und nicht primär als musikalische Gestalt.

Wenn ich ein Stück von Stockhausen höre, habe ich keinen Grund davon auszugehen, dass es als "Verarsche" gemeint ist. Wieso sollte ich auch? Ich könnte geradesogut bei einer Mozart-Sonate davon ausgehen, dass sie lediglich als Scherz gedacht ist (und bei Mozart lägen da die Chancen wohl bedeutend höher als bei Stockhausen). Aber wenn ich keine klar vorliegenden Gründe habe, etwas als "verlogen" zu betrachten, gehe ich grundsätzlich davon aus, das es auch nicht verlogen ist.

Wenn du also bestimmte Musik als Scharlatanerie bezeichnest, würde ich auch gerne klare Kriterien hören, welche dies belegen, und sie von "ernsthafter Musik" abgrenzen. Und subjektives Gefallen hat damit wenig zu tun.
 
Ich finde Hurz ist zur Kunst geworden in dem Moment wo es aufgeführt war. Dabei zählte ja nicht primär die Musik, sondern die Aktion. Letztenendes ist jeder bewusst ausgeführte individuelle Prozess Kunst. Wobei ich auch denke, dass zusätzlich noch andere Dinge Kunst sein können.
 
Bei der konstruierten Musik eines Bach ist es nicht notwendig, das Konstruierte dahinter zu reflektieren (das gilt übrigens auch noch bei vielen Werken Schönbergs). Die Reflexion mag den hörenden Zugang erweitern, sie ist aber nicht notwendige Voraussetzung.

Ich würde sagen, es gilt für sämtliche Werke Schönbergs.

Bei vielen Stücken zeitgenössischer Musik ist das anders. Die Musik steht und fällt mit dem Konzept dahinter, das man nur NACHLESEN kann.

Hier wird immer von "spricht mich unmittelbar an", oder (s.o. Bach) quasi von "spricht mich trotzdem unmittelbar an" gesprochen. Welchen Wert oder Sinn haben solche und ähnliche Aussagen?

Gibt es doch unheimlich viele Menschen, die weder von Beethoven, noch von Bach in irgendeiner Weise angesprochen werden. Und wieder unheimlich viele Menschen (ein gut teil auch ohne musikalische Kenntnisse), die von Musik angesprochen werden, die doch angeblich nur durch nachlesen ansprechend werden könnte ...

Deshalb denke ich, Wert und Sinn solcher Aussagen ist schlicht Null. Denn das sind Privatmeinungen, für einige, (womöglich nur vorrübergehend) zutreffend, für andere nicht. Letzteren soll aber vielleicht auch nur den Spass verdorben werden?

Mich hat Mozart, Beethoven, usw. nie angesprochen ... bis mich dann irgendwann die 2. Wiener Schule komplett umgehauen hat. Und bei vielen Stücken, die ich heute sehr mag, erinnere ich mich, das sie für mich mal "böhmische Dörfer" waren (und so geht es ja auch nicht wenigen bei der Wiener Klassik - dort aber wird man oft gedrängt, diese Musik ach so toll zu finden.). Deshalb sehe ich Meinungen nicht nur als Meinungen, sondern auch als nur temporäre Meinungen.

Wenn mir also heute jemand ein Stück begeistert vorspielt/empfiehlt, das für mich aus drei Tönen und Rascheln besteht ;) dann denke ich nicht "das ist schlecht", dann denke ich höchstens "das mag ich nicht", und denke, das ich vielleicht noch nicht bereit bin für dieses Stück. Denn meine Erfahrung hat gezeigt, das es plötzlich "klick" machen kann, und man hat wieder ein grossartiges Stück Musik gefunden. Es ist auch ein Unterschied ob man positiv an eine Sache herangeht (was eine positive Sache ist!), oder negativ (was wiederum nur negativ ist)! Man sollte sich wirklich auf Musik einlassen können. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen: es wird tausendfach belohnt.


Unterm Strich also: Geschmackssache! - und Geschmack kann man nur für sich selbst objektivieren. Die Objektivierung kann also für den zutreffen, der sie aufstellt (und das auch meist nur vorübergehend). Für andere jedoch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube, wer bei dem Begriff "Zeitgenössische Musik" erst einmal an "Hurz" denkt, der hat das Rennen eh schon von vornherein verloren und wird eher grob anecken denn gedanklich weiterkommen. Diese Diskussion, dieser ganze Thread hier, ist eigentlich vollkommen absurd.
 
... Letztenendes ist jeder bewusst ausgeführte individuelle Prozess Kunst. Wobei ich auch denke, dass zusätzlich noch andere Dinge Kunst sein können.
Hallo,

gut, dass der Nachsatz noch kam.
Sonst hätte es für mich sehr danach geklungen, als wäre "Bewusstheit" (Bewusstsein?) ein notwendig von Kunst-Ausführenden zu erfüllendes Kriterium.

Aber: Ist wirklich "jeder bewusst ausgeführte individuelle Prozess" Kunst? - Entschuldige den Vergleich, der so wirken könnte, als wollte ich Deine Aussage ins Lächerliche ziehen, aber bei "ausgeführte individuelle Prozess" kam mir die Assoziation:
Was ist wenn ich ganz bewusst auf der Toilette mein "Geschäft verrichte"? Das ist doch keine Kunst, wie Du sie gemeint hast, oder? - Ich würde darunter jedenfalls nicht Kunst verstehen.

Das Wort "bewusst" ist ja an sich schon ein Problem. Wie soll denn bewusst definiert sein?


@all:
Diese Diskussion ist insbesondere hinsichtlich der Form, wie anderer Menschen Meinungen, Gefühle, Hörgewohnheiten ... Geschmäcker ... pauschalisierend be- und verurteilt werden, interessant.
Vllt könnte die Diskussion noch mal neu und sachlich(er) begonnen werden!!?


Gruß
Ulrich
 
Jau, sachlich diskutieren ist schon angenehm.

Wer mag das entscheiden, was Kunst ist oder nicht mehr Kunst ???
Es ist wohl leichter festzustellen, was man selbst als solche empfindet oder ansieht.

*
Ich gestehe, dass ich relativ wenige Werke der "Neuen Musik" kenne und meine musikalischen Vorlieben eher in früheren Epochen zu finden sind.
Das mag an meiner musikalischen Sozialisation liegen oder auch daran, dass die Neue Musik in den Medien und in der Öffentlichkeit eher ein Randdasein führt.

Allerdings habe ich vor langer Zeit während meines Studiums ein Seminar besucht, bei dem es um die Klangwelten z.B. von Cage und Kagel ging. Ich erinnere mich gut daran, dass es sehr interessant war, nach graphischen Partituren mit anderen zusammen zu improvisieren.
Vielleicht ist das der beste Zugang zu dieser Musik, wenn man selbst aktiv ist und nicht zum Zuhören "verurteilt" ist.

Einige Werke bestimmter Komponisten der "Zeitgenössischen Musik" sprechen mich auch emotional als Zuhörer an, wie z.B. das Violinkonzert von Alban Berg, die Orgelmeditationen von O. Messiaen, das "Lux aeterna" für Stimmen von Ligeti.

Zu den Werken von Stockhausen habe ich allerdings bislang keinen Zugang gefunden…

Hier ein Beispiel von Messiaen, der selbst die Orgel spielt:

http://www.youtube.com/watch?v=Bvklghn-d5c
 
Alter Thread, ich weiß. Aber ich möchte mal anfügen, dass ich viele vergleichsweise geniale Theorie- und Kompositionsprofs kenne, die Ferneyhough und seinen Dunstkreis (z.B. Mahnkopf) als Scharlatane bezeichnen. Und diese Profs sind keine Neue Musik-Hasser, ganz im Gegenteil.
Über Rebecca Saunders kenne ich die eine oder andere Geschichte, die in eine ähnliche Richtung geht, wenn auch weniger drastisch.
Daher mein Tipp: Kein Generalverdacht beim Musikhören, aber auch kein Heiligsprechen.
 
Alter Thread, ich weiß. Aber ich möchte mal anfügen, dass ich viele vergleichsweise geniale Theorie- und Kompositionsprofs kenne, die Ferneyhough und seinen Dunstkreis (z.B. Mahnkopf) als Scharlatane bezeichnen. Und diese Profs sind keine Neue Musik-Hasser, ganz im Gegenteil.

Es freut mich sehr das zu hören, ich bin gleicher Meinung.

Es gibt ein Interview , wo Ferneyhough auf eine sehr intelligente Art und Weise sagt, dass u.A. sein 6. Quartett überhaupt keine geplante Architektur (als Ganzes) habe, sondern nur aus Hunderten von kleinen "Sections" besteht, die sich nicht wirklich auf einander beziehen und nur in sich geplant sind und dann praktisch zufällig einen gesamten Verlauf entstehen lassen.

Da kann er über alle möglichen metamusikalischen Ideen reinphilosophieren, (was er auch tut) aber was sich in seinem Munde so kontrovers und orginell anhört ist im Prinzip nichts anderes als das was viele der (heute eher belächelten) populären Komponisten zu Mozarts Zeiten schon mit großem Erfolg betrieben haben: Potpourri Komposition! Einfach eine Reihe schöner Melodien aneinandergehängt bis man auf eine angemessene Gesamtdauer kommt und das Ganze als "Komposition" bezeichnen. Bei Ferneyhough halt nur mit neuer Ästhetik... Warum schreibt der Kerl nicht einfach Miniaturen wenn er nur so kurze Ideen hat?!

Naja ich habe mich jetzt ein wenig aufgeregt aber es ist schön wie viele verschiedene Richtung Zeitgenössischer Kunstmusik es doch gibt und es gibt anscheinend auch ein Publikum für Leute wie Ferneyhough...

Ich denke es ist wie bei allen Musikrichtungen, bestimmte Künstler geben der neuen Musik einfach ein schlechtes Bild in der Öffentlichkeit und so entstehen Ablehnung und Vorurteile. Moderne Hip-Hopper müssen beweisen das ihre Musik mehr beinhaltet als Rumgeprolle und Sexismus und Komponisten/Interpreten neuer Musik müssen halt zeigen dass ihre Musik mehr ist als willkürliches Gequietsche und lustig aussehende Partituren, denn das ist sie! :)
 
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Hab ich schon die ganze Zeit gepredigt. Das war schließlich über die Jahrhunderte verteilt auch nicht anders, wie schon erwähnt wurde. Der musikalische Quacksalber (übrigens tolles Buch von J. Kuhnau ;) ) ist in allen Jahrhunderten daheim. Am Mikrokosmos Hochschule sieht man das bereits schon sehr früh, welcher Komponist was zu sagen hat und auch das Talent sich auszudrücken und wer einfach nichts zu sagen hat.

Btw. Ich zähle Wolfgang Rihm und Mauricio Kagel zur selben Riege wie Ferneyhough. Wobei man Kagel ein gewisses theatralisches Talent nicht absprechen kann.
 
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Kagels theatralische Sachen finde ich großartig, nur die Musik nicht. Und bei Rihm bin ich mir nicht sicher: Einerseits ist er mir durch sein hohes Output suspekt, andererseits habe ich neulich ein Stück von ihm gehört, das mich zumindest auf der Formebene überzeugt hat. Es ist gar nicht so einfach, bei so einer Musik für Zusammenhalt, Übergänge, Ähnlichkeiten etc. zu sorgen, ohne platt zu wirken. In dem Stück hat es geklappt und war auf dieser Ebene geradezu klassizistisch.

Ich finde, dass man Probleme bekommt, wenn man alles "Musik" und jeden "Komponist" nennt. In Gesprächen redet man dann nämlich möglicherweise von zwei ganz unterschiedlichen Dingen, ohne es zu merken. Anstatt mal klar zu trennen und zu sagen, dass Cage kein Komponist ist, aber mir seine Sachen trotzdem gefallen. Nur ist es eben keine Musik, sondern etwas anderes, z.B. Konzeptkunst mit ein bisschen Musik. Aber bei sowas fangen viele gleich an zu jammern. Dabei tut man den Leuten sogar einen Gefallen, denn dann wäre z.B. Cage kein schlechter Komponist mehr, sondern guter Konzeptkünstler. Gleiches gilt dann für textlastige Komponisten wie Ferneyhough oder theatralische Leute wie Kagel.
 
Dann geselle ich mich mal zu den Totengräbern! :D

Natürlich gibt es heute unzählige Scharlatane! Aber die gab es zu jeder Zeit - warum sollten das heute mehr oder weniger geworden sein?
"Übrig geblieben" sind doch über die Jahrhunderte immer nur eine Hand voll Komponisten - und selbst zu denen gibt es die unterschiedlichsten Meinungen.

Ich bekomme beim Lesen dieses Threads hier den Eindruck, dass zur zeitgenössischen Musik nur ein eng umrissener Kreis von Komponisten gehört (zugegebenermaßen gehören die genannten auch alle mehr oder weniger zum Kanon und sind selbst schon wieder Klassiker geworden).

Dabei gibt es so viele zeitgenössische Komponisten, die alle zusammen sämtliche Bedürfnisse der Hörer befriedigen können.
Das können junge Koreaner sein, die sowohl avantgardistisch im besten Sinne komponieren, aber auch so, dass sie traditionelle Einflüsse in ihre Musik einfließen lassen.
Oder man hört sich im Baltikum um (wobei man Arvo Pärt mal außer acht lassen sollte - der braucht sowieso keine Werbung mehr). Was in diesen drei winzigen Ländern an Musik entsteht ist einfach unglaublich! Dort leben gerade einmal etwas mehr als 6 Millionen Menschen, aber der "Output" (wenn man das so nennen darf) ist gewaltig. Und die Musik eine der wunderbarsten, die ich kenne.

Was die "Verkopftheit" einiger Werke und/oder Komponisten betrifft denke ich, dass man den Zeitgeist und den zweiten Weltkrieg hier nicht ganz außer acht lassen sollte!
Nach dem Krieg lassen sich doch einige Gemeinsamkeiten in allen Künsten beobachten:
Nachdem das "Gefühl" in den zwölf Jahren davor bis in die grausamste Barbarei geführt hatte (oder so wollten das einige sehen), versuchte man jegliches Gefühl, oder besser gesagt, alles, was an das alte System erinnerte zu vermeiden, damit eine zweite solche Katastrophe verhindert werden konnte.
Mit der Zeit hat man sich von diesen Überzeugungen wieder gelöst, oder erkannt, dass es auch anders geht - jedenfalls kam das Gefühl wieder vermehrt in die Musik zurück. (Vielleicht sollte ich es auch Sinnlichkeit nennen? Etwas, das den Hörer sofort anspricht?)

Mehr oder weniger die gleiche Entwicklung kann man - meines Empfindens nach - auch in der Alte-Musik-Szene beobachten.

Soweit mein Senf dazu. Ich denke ich geh dann mal wieder üben - Bach, Giuliani und Rene Eespere!

Grüße

Lukas
 
Dann geselle ich mich mal zu den Totengräbern! :D

Natürlich gibt es heute unzählige Scharlatane! Aber die gab es zu jeder Zeit - warum sollten das heute mehr oder weniger geworden sein?

Weil der Zugang zur Rolle des Felix Krull durch den Wegfall traditionsbehafteter Verbindlichkeiten im Dienste musikalischen Verstehens und einer falsch verstandenen "Rationalitätskritik" - Mahnkopf spricht in Bezug auf Cage von einem durch diesen begründeten Dilettantenmythos - vieler Hindernisse entledigt worden ist. Avantgarde meint grundsätzlich das Erschließen von Neuem, wobei in der Praxis oft genug simple Negatorik zu beobachten ist - und ob etwas sinnvoll ist, das schert jemanden, der das nie Dagewesene sucht, ohnehin herzlich wenig.

Lesetipp: T. Rietschel: Die Stunde des Dilettanten. Der Autor ortet den Aufstieg der Dilettanten als eine genuin moderne Phänomenologie, was nüchtern betrachtet auch kaum von der Hand zu weisen ist.

Was die "Verkopftheit" einiger Werke und/oder Komponisten betrifft denke ich, dass man den Zeitgeist und den zweiten Weltkrieg hier nicht ganz außer acht lassen sollte!
Nach dem Krieg lassen sich doch einige Gemeinsamkeiten in allen Künsten beobachten:
Nachdem das "Gefühl" in den zwölf Jahren davor bis in die grausamste Barbarei geführt hatte (oder so wollten das einige sehen), versuchte man jegliches Gefühl, oder besser gesagt, alles, was an das alte System erinnerte zu vermeiden, damit eine zweite solche Katastrophe verhindert werden konnte.
Mit der Zeit hat man sich von diesen Überzeugungen wieder gelöst, oder erkannt, dass es auch anders geht - jedenfalls kam das Gefühl wieder vermehrt in die Musik zurück. (Vielleicht sollte ich es auch Sinnlichkeit nennen? Etwas, das den Hörer sofort anspricht?)

"Vermehrt" ist gut, im Sinne von: sehr gewagt. Mein Lehrer ist öfters als Juror bei Kompositionswettbewerben tätig - darf ich ihm Glauben schenken, so manifestieren sich gute 80% der eingesendeten Partituren als Ausdruck der Bereitwilligigkeit ihrer Urheber zur Rolle lachemann'scher Nachlassverwahrer. An meiner Uni hingegen belaufen sich die Kratz- und Fauchepigonen lediglich auf etwa 50%, womit man, immerhin, sowohl zu Spätcageianern als auch Traditionalisten der Wiener Schule eine gesunde Parität wahrt.

Zum Thema einer traumatisierten Avantgarde siehe auch: http://www.wolfgangandreasschultz.de/schultz_avantgarde.pdf

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Es freut mich sehr das zu hören, ich bin gleicher Meinung.

Es gibt ein Interview , wo Ferneyhough auf eine sehr intelligente Art und Weise sagt, dass u.A. sein 6. Quartett überhaupt keine geplante Architektur (als Ganzes) habe, sondern nur aus Hunderten von kleinen "Sections" besteht, die sich nicht wirklich auf einander beziehen und nur in sich geplant sind und dann praktisch zufällig einen gesamten Verlauf entstehen lassen.

Bemerkenswert, nicht, die Nähe zu Cages ewigem Kokettieren mit dem "Nicht-Verstehen"? Das also ist die intellektuelle Wucht der New Complexity im 21. Jahrhundert.

:D
 

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