Temlett Zither-Banjo von 1895
Ich habe das Instrument noch am Samstag vor Weihnachten aus England erhalten. Es ist ein Weihnachtsgeschenk meiner Eltern und ich möchte es hier gleich vorstellen.
Das Temlett ist ein Stück Musikgeschichte (s.u.). Hier aber erst die Daten und Bilder:
Länge ü.a.: 87 cm; Kessel 26,5 cm; Fell knapp 20 cm
Eine Besonderheit ist die Führung der 5. Saite ab dem 5. Bund in einem Tunnel durch den Hals zur Mechanik (Bild 4).
Sechs Mechaniken in einem sehr guten Zustand, 5 sind belegt: Dies war damals üblich. Die Flügel sind aus Knochen, wahrscheinlich Walfischknochen (Bild 5).
Nach meinen Recherchen hat dieses Banjo mit der Nummer 2842 das Herstellungsjahr um 1895.
Die Saiten sind wohl mal erneuert worden und entsprechen in den Abmessungen heutigen Banjo-Saiten. Sie sind aber korrodiert und Slites schwierig zu spielen.
Die Perlmutt-Einlegarbeiten waren für William Temlett typisch, besonders der reich belegte Rahmenoberrand, sowie das Doppel-W am Hals (Bild 1).
Das Instrument spielt sich ganz gut, die Saitenlage ist etwas hoch. Restaurationsarbeiten fallen nur wenige an:
Perlmutteinlagen am Kesselrand ersetzen, Lackarbeiten, neuer Steg, neue Saiten, alles putzen und polieren (dazu gibt es im Restaurationsfaden einen Beitrag).
Historie (Kurzfassung): Das sechssaitige Banjo begann als britische Erfindung von William Temlett, einem der ersten Banjo-Hersteller Englands. Er eröffnete 1846 ein Geschäft in London und verkaufte Banjos mit geschlossenem Rücken und bis zu sieben Saiten. Er vermarktete diese als "Zither" Banjos mit einem Patent von 1869. Der Amerikaner Alfred Davis Cammeyer ersann, offenbar parallel, um 1880 das fünf- oder sechssaitige Zitherbanjo. Es hatte einen Holzresonator, Bünde und Metalldrahtsaiten, aber nicht ausschließlich: Die 3. Melodiesaite war Nylon und die 4. Saite war seidenbedeckt. Die britische Operndiva Adelina Patti überredete Cammeyer, das Zitherbanjo bei englischen Zuschauern populär zu machen, denn schließlich wurde es in England erfunden. Cammeyer ging 1888 nach London und zeigte mit seinem virtuosen Spiel, dass auf Banjos anspruchsvolle Musik gemacht werden kann. Er machte damit das Banjo salonfähig und trat bald für die Londoner Gesellschaft auf. Ihm wird nachgesagt, den Begriff „Zither-Banjo“ nach einem Auftritt, bei dem sein Banjo mitten im Spiel zerbarst, eingeführt zu haben.
Merkmale des Zither-Banjo: Ein Zither-Banjo hat normalerweise einen Banjotopf mit geschlossenen Rahmen und Resonatorboden. Der Rahmen war anfangs aus Metall gefertigt. In diesen Topf wurde das Kopfsystem (Fell, Spann-Ring, Tonring, Gegenflansch) mittels Haken eingehängt. Der Hals war direkt am Rahmen befestigt, erst später kamen Coordinator-Rods hinzu. Der Saitenhalter war in der Regel auch am Rahmenrand oder am Spannring befestigt. Die kurze 5. Saite war getunnelt; nach dem 5. Bund lief die Saite in einem Rohr im Hals zum Stimmwirbel. Die symmetrischen Mechaniken (3:3) in der Fenster-Kopfplatte waren entsprechend beim fünfsaitigen Banjo nicht alle besetzt; eine blieb leer. Aber: Die Banjos konnten auch leicht in ein sechssaitiges Banjo umgewandelt werden.
Es ist strittig, ob Arthur O. Windsor die Entwicklung und Perfektion des Zitherbanjos beeinflusste und das Banjo zusammen mit weiteren Modifikationen wie dem modernen, nicht fest verbundenen Resonator, schuf. Später kam dann noch Gibson mit Entwicklungen des Tonrings dazu, doch das ist eine andere Geschichte. Windsor jedenfalls behauptete, er habe das Hohlhals-Banjo mit der Halsstange erfunden und die 5. Saite nach dem 5. Bund mit Stimmwirbel seitlich am Hals versehen, statt am Kopf.