"aus Garantieprüfung zurück; Info vom Vertrieb; Es ist nicht
notwendig, die Polepieces zu verstellen! Es können Schäden
im Pickup verursacht werden! Garantie entfällt bei
Justierung."
Soll das ein Scherz sein (vom Vertrieb, nicht von Dir)? Ich gehe doch mal davon aus, dass Du mit Polepieces verstellen nicht die festen Polstifte, sondern die Polschrauben gemeint hast, und das sollte dem Herrn in der Garantieprüfung doch eigentlich auch klar sein. Sowas macht mich einfach
. Es soll zwar auch Leute geben, die an den Polepieces rumklopfen oder drücken, aber den meisten dürfte doch klar sein, dass die aus gutem Grund
keine sichtbare Vorrichtung zum Verstellen haben. Es ist doch vom Vertrieb echt nicht zu viel verlangt, ein kleines bisschen Hilfestellung zu leisten.
Tatsächlich sind die Polschrauben in Humbuckern auch öfters mal sehr fest, was in der Regel einfach daran liegt, dass das Wachs zur Mikrophoniedämpfung sie festhält. Das klebt nämlich meist nicht nur in der Spule, sondern läuft überall rein. Das heißt aber keineswegs, dass die Schrauben nur als Dekoration gedacht sind.
Ich hab jedenfalls noch keinen HB gesehen, bei dem sie sich nicht mit etwas Nachdruck doch verstellen ließen. Nach dem ersten Losdrehen gehts dann in aller Regel viel leichter. Hilfreich ist es dabei, wenn die Gitarre in einem wärmeren Raum war, damit das Wachs nicht so hart ist. Also das erste Mal nicht im kalten Proberaum versuchen, sondern die Gitarre ein paar Stunden im kuscheligen Wohnzimmer liegen lassen. Wichtig ist auch, dass man dabei einen Schraubendreher mit ausreichend dicker Klinge verwendet, da die Polschrauben meist recht breite Schlitze haben. Ein zu dünner Schraubendreher verkantet sich im Schlitz und kann sogar die Klinge oder den Schraubenkopf beschädigen, bevor er genug Drehmoment ausübt.
Es drängt sich jedenfalls der Verdacht auf, dass der Kunde hier einfach nicht ernst genommen wurde. Polschrauben sind von Hause aus zum Verstellen gedacht, und die Garantie kann das ebenso wenig entfallen lassen, wie wenn man an den Mechaniken dreht, um die Saiten zu stimmen. Die Möglichkeit der Feineinstellung war damals übrigens vom Gibson-Vertrieb ausgedacht worden, damit die Verkäufer ein zusätzliches Feature haben, über das sie reden können (so hats Seth Lover mal in einem Interview erklärt). Tatsächlich bringts aber auch was, zwar subtil, aber schon spürbar. Durch die Kombination aus Gesamtverstellung und Polschraubendrehen kann man sehr schön den "Sweet Spot" eines Humbuckers finden. Ich hatte noch keinen, bei dem sich das nicht gelohnt hätte. Gerade beim HalsHB hilft es meist auch gegen Mulm und Matsch, wenn man den etwas tiefer reinschraubt und dafür die Schrauben höher rausdreht. Der Ton wird davon etwas klarer. Beim StegPU schraub ich die Polschrauben der Diskantsaiten ziemlich weit rein (etwa auf Höhe der PU-Oberfläche), während ich das unter der D-Saite am weitesten rausdrehe, A etwas weniger, aber auch das unter der tiefen E-Sauite noch ein wenig über das Spulenniveau hinausstehen lasse. Das lässt die Bassaiten etwas knackiger klingen und die hohen Saiten mehr singen. Beide PUs stelle ich mit den Höhenverstellschrauben insgesamt auf der Bass-Seite einen Hauch tiefer ein als auf der Treble-Seite. Auch das Problem der im Vergleich zur G-Saite gerne etwas unterbelichteten D-Saite lässt sich so in den Griff kriegen. Wenn man sich ein bisschen Zeit nimmt - und die PUs nicht gerade total schrottig klingen -, hört man aber auch, wie sich die Obertöne insgesamt bei der Verstellung verändern und irgendwann "einrasten", einfach "richtig" klingen. Es klingt dann gerade bei Cleansounds und nicht so extremer Zerre farbiger und räumlicher. Das kann schon mal den Unterschied zwischen "ziemlich gut" und "richtig geil" ausmachen. Ich hab übrigens schon öfters bemerkt, wie das kurz vor der Grenze passiert ist, an der der PU zu nah an den Saiten war und undifferenziert zu klingen begonnen hat.
Gruß, bagotrix