Opern - Thread

  • Ersteller Mr. Key
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Ich lese in anderem zusammenhang "Wagner, der judenhasser - -", woher kommt dieser unsinn? Der dirigent Hermann Levy und andere waren seine engen freunde und mitstreiter. Und andererseits: hätte Herr Friedmann sich nicht selbst vom bildschirm wegkatapultiert, müssten wir ihn immer noch ertragen, womöglich lieben? Er wäre (für mich) auch unerträglich, wenn er kein jude wäre!

Zurück zu Tannhäuser! Da geht es um den konflikt zwischen "reiner" und "sündhafter" liebe, der musikalisch in zwei komplexen dargestellt wird. War im "Fliegenden Holländer" die leitmotivtechnik schon weit entwickelt, tritt sie im Tannhäuser eher zugunsten opernhafter nummernreihung zurück.
Der pilgerchor im 3/4 takt entspricht dem brauch, beim pilgern zwei schritte vorwärts und einen rückwärts zu gehen, da es ja nicht darauf ankommt, so bald wie möglich das ziel zu erreichen, sondern buße zu tun. Einige instrumentationskniffe hat Wagner von dem ungeliebten Meyerbeer übernommen, der gern dunkle bläserakkorde einsetzt. Die oper des 19.jh.s übernimmt viele funktionen, die später differenzierter werden, so auch die des schauerromans. Die mischung von hörnern und fagotten oder die komplimentierung der tiefen blechbläser durch die ophikleide kommen dem entgegen, später wird sich die basstuba oder kontrabasstuba hinzugesellen, um den posaunenchor in der tiefe abzurunden. Im "Ring des Nibelungen" werden 8 hörner besetzt, wobei 4 mit den neuerfundenen "Wagnertuben" wechseln, um etwa dem "Walhall-motiv" seinen unverwechselbaren feierlich-breiigen klang zu geben.
Natürlich bleibt es beim "reinen" bei herkömmlicher harmonie, tonikaparallele usw.und Wagner erzeugt eine raumillusion, indem er schon in der ouverture den pilgerzug aus der ferne kommen lässt, um sich steigernd heranzubewegen, vorbeizuziehen und in der ferne zu verhallen.
Die sünde ist allemal interessanter, "the devil has always the best tunes", daran hat sich bis heute nichts geändert: tanzbare musik (der tanz galt immer als "praeludium Veneris") erfreut sich größerer beliebtheit als kirchenmusik. Viola und klarinette geben hier den ton an, im antiken sinne zymbeln und triangel, und harmonisch bevorzugt werden chromatik und der verminderte dreiklang, eine "wildere" dissonanz wagte man damals noch nicht, selbst wenn man "Wagner" hieß (ist natürlich jemand, der wagen baut oder repariert)!
 
Formal ist die ouverture zum "Tannhäuser" wie die zum "Fliegenden Holländer" ein sonatenhauptsatz: 2 kontrastierende themenkomplexe werden aufgestellt (exponiert), verarbeitet, und am schluss gibt es eine "lösung". Das gute siegt, die reitenden boten des königs kommen rechtzeitig, es kann aber auch die nächste garnison sein oder die "guten" indianer, denn immer wieder wird dieses muster gestrickt.
Bei tragischem ausgang überleben "die guten" nicht, schon im griechischen theater glaubte man, der zuschauer erlebe durch das walten des schicksals eine "katharsis", eine innere reinigung und verließe das theater als besserer mensch.
So folgt auf den pilgerchor die venusberg-musik und als schlussgruppe das preislied, vergeblich wogen die verführerischen violinfiguren um den choral, der immer mächtiger daherkommt, polyrhythmisch am schluss.
Es ist die letzte ouverture, die Wagner seinen werken voransetzt, in zukunft gibt es "vorspiele", die nicht nur "deutsch" sind, sondern kurz in die erste szene des geschehens einleiten. Er bricht damit mit der tradition, dass die zuschauer zur musik fröhlich schwätzen, denn er erwartet disziplin und aufmerksamkeit, aus oper wird musikdrama, in Bayreuth erlaubte er keinen szenenapplaus, der den ablauf störte, die sache war ihm zu ernst.
 
Da zog es wieder an auge und ohr vorüber, das 4stündige, gewaltige welt- und seelendrama ! Man hat Wagner seine monumentaltät vorgeworfen, mit gleichem recht könnte man einem hochgebirge ankreiden, dass es sich weithin erstreckt und hohe gipfel hat. Es ist nun einmal so, und es ist kein wort, kein ton zuviel.
Die aufführung verzichtete darauf, das auge zu blenden, in der kargen dekoration wurde vielmehr die fülle menschlicher und allzumenschlich/göttlicher konflikte in der vielfalt seelischer beziehungen deutlich. Da ist die in ungewollter ehe leidende frau Sieglinde, die vernachlässigte und daher auf das dekorum bedachte göttermutter Fricka, der hin und her schwankende göttervater, der "der leute wegen" auf seinen plan verzichten muss und die eigene schuld abwälzt auf die ihm am nächsten stehenden, der mal feige kuscht, dann aber herumbrüllt, aber "ihrem ende eilen sie zu, das göttergelichter - -" wie Loge vorausschauend spottet. Da ist der um alles betrogene held, der mensch, der allenfalls in der nächsten generation auf besserung hoffen darf, der verlassene ehemann, der sich keiner schuld bewusst ist, sondern nach herkommen handelt und verteidigt, was er für seine ehre hält, und schließlich die titelheldin, die richtig handelt und dafür bestraft wird.
Wenn die Berliner Philharmoniker sich weidlich mühe geben, dann singt es und klingt es auch im orchester, und selten habe ich Wagners forderung "Seid deutlich, deutlich, deutlich!" so verwirklicht gehört wie bei diesem sängerensemble, sodass die untertitel eigentlich überflüssig waren. Lag es daran, dass Deutschland nicht vertreten war?
Brünnhilde aus Dänemark, Wotan aus Jamaika, Sieglinde aus den Niederlanden, Siegmund aus den USA, Hunding aus Russland, stimmgewaltige und doch nuancierungsfähige sänger mit ungewöhnlichen, darstellerischen fähigkeiten.
So waren die vier stunden, wenn auch zu später stunde, nicht lang.
 
Als Fernsehzuschauer war man ja mitten im Geschehen und konnte die Ausdruckskraft, mit der die Sänger agierten, hautnah miterleben. Von Anfang bis Ende eine packende und stimmige Aufführung ohne aufgepfropfte Regieeinfälle, aber mit Sinn fürs passende Detail. Der Feuerzauber im Bühnenbild flackerte zwar etwas spärlich, aber ein überzeugender Wotan brachte schon genug Feuer ins Finale.
 
Es gibt opern, von denen hat man gehört, aber man hat sie noch nie gehört und fragt sich, warum?
Berlioz' "Benvenuto Cellini" ist ein solcher fall, da war mir die ouverture untergekommen, hatte aber keinen dauernden eindruck hinterlassen, zwar prächtig instrumentiert wie alles bei Berlioz, aber es gibt bei ihm immer ein aber.
Gestern sah ich das werk und kann die frage beantworten. Mit hohem aufwand an spektakulärem wie in Salzburg kommt man über die runden, denn es gibt immer etwas zu sehen, aber die handlung ist dünn (theaterjargon "zwee kater wolln dieselbe katze"), und die musik fordert sänger und orchester heraus, aber wehe, wenn sie nicht so gut sind wie in Salzburg, dann könnte es ein öder abend werden.
Der "Perseus", um den sich alles dreht, und den man nicht zu sehen bekommt, steht in Florenz in der Loggia dei lanzi und gilt heute als "manieriert", so ein großer technischer aufwand an technik und personal wird bei dem guss nicht vonnöten gewesen sein, wenn man auch die bronzekunst seit den tagen der Etrusker verlernt hatte, das material war in kanonen besser angewandt.
Lesenswert immer die autobiographie Benvenutos (übersetzt von Goethe, in jeder gesamtausgabe zu finden), der zwar von seinem vater zum hornblasen angehalten wurde, aber doch lieber goldschmied, auch rechter renaissance-mensch wurde.
 
Anlässlich der Pavarotti-reminiszenzen bekam man wieder den "Rigoletto" zu sehen, für mich die formal gelungenste oper schlechthin, wenn der stoff auch aus dem gruselkabinett von Victor Hugo stammt. Ich möchte auch nur ein paar worte über das quartett verlieren. Vier personen mit sehr unterschiedlichen gemütslagen singen gleichzeitig, und Verdi gelingt es, jede davon treffend musikalisch zu charakterisieren.
Bei dem anderen berühmten quartett aus Beethovens "Fidelio" haben wir auch so eine situation, aber der komponist baut einen kanon, alle singen nacheinander dasselbe, und die sänger müssen sich im ausdruck den verschiedenen texten anpassen: die eine person findet etwas "wunderbar", die andere ist auch zufrieden, die dritte wittert berechtigterweise eine "gefahr", der vierten gar "sträubt sich das haar", und das alles mit der gleichen musik.
Verdi dagegen erfindet vier verschiedene musikalische ausdrucksformen, die er zu einem ganzen zusammenblendet: die liebeserfahrene Maddalena kann über den schmelz oder schmalz der übertrieben/unechten liebeserklärung des tenors nur lachen, Gilda bringt echte gefühle zum ausdruck, und ihr vater kommentiert das ganze.
Man hat besonders in Deutschland Verdi einen hang zur trivialität vorgeworfen, aber er verwendet sie als ausdrucks- und charakterisierungsmittel. Er gibt dem Herzog von Mantua (eigentlich König Franz von Frankreich, der "sich amüsiert", was die bigotte österreichische zensur nicht durchgehen ließ) banales zu singen, weil der ein banaler kerl ist. Und ein ebenso banales pubikum liebt diese liedeln, und so werden sie von banalen tenören immer wieder zu dessen freude geschmettert.
"Mundus vult decipi", die welt will betrogen werden, sagte jemand im beisein von Franz Liszt, der schüttelte seine weiße mähne und meinte wissend/resigniert "Nein, die welt will kitsch!"
Er hatte das quartett aus "Rigoletto" als konzertparaphrase für den eigenen gebrauch bearbeitet, wie er auch lieder von Schubert vortrug, auch um die damals unbekannten komponisten bekannt zu machen.
Die "Rigoletto-Paraphrase" ist übrigens von betörendem klangreiz, aber man muss dazu "die höheren weihen" des klavierspiels empfangen haben, die stelle, wo das "Maddalena-thema" in der linken hand von chromatischen läufen der rechten umspielt wird, kann mit ihren übermäßigen dreiklängen süchtig machen, nur den knalligen schluss würde ich gern weglassen, da war Liszt mal wieder der "très humble serviteur" seines s.o. publikums.
 
Premiere am 6. Oktober 2007, insgesamt sind 8 Vorstellungen geplant.

Der Kritiker der Thüringer Allgemeinen schreibt:

Das Fanal: "Rosenkavalier" in Eisenach

Noch nie in seiner Geschichte hat sich das Eisenacher Theater an den "Rosenkavalier", die große Oper von Richard Strauss, gewagt. Ihre erste Inszenierung wird die letzte des selbstständigen Hauses sein. Die standing ovations des Premierenpublikums galten nicht nur einer feinen künstlerischen Leistung; sie drückten die Sympathie für das Ensemble und die einmütige Ablehnung seiner Zerschlagung aus.

EISENACH. Strauss´ "Komödie für Musik" nach dem Libretto Hugo von Hofmannsthals atmet Shakespeareschen Geist. Die heitere Oberfläche hat Tiefe. Das theatralische Spiel um Liebe, käufliche Ehe, Untreue und Lust entfaltet sich in den Koordinaten von Klassenbeziehungen, Profitmacherei, aristokratischer Mitgiftjägerei und Gewalt. Die Komposition schwelgt in variantenreicher Walzerseligkeit und tonalem Wohlklang, kommt aber auch zum Stillstand, unterbricht den Fluss mit Aufschwüngen, verästelt sich im Parlando, wechselt zur polyphonen Charakterisierung und zur dramatischen Zuspitzung. Die größte positive Überraschung war die formidable Leistung der (vergrößerten) Landeskapelle unter der Leitung von Tetsuro Ban. Das Orchester ist deutlich auf dem Wege zu ansehnlicher Klasse. Es folgte dem Dirigenten ausbalanciert und klangrein durch alle Feinheiten und Differenzierungen des Klangmaterials. Es spielte federnd leicht wie dramatisch zupackend. Die Streicher waren noch nie so homogen und ausdrucksstark zu hören. Jochen Biganzoli hat sich auf die menschlichen Beziehungen der Figuren konzentriert. Er bringt die inneren und äußeren Spannungen zwischen ihnen zum Knistern. Der erste Akt wird zu einer eindrucksvollen Szene des Abschieds vom Liebesglück zwischen der Feldmarschallin, einer reifen Frau (Maria Gessler mit eindringlichem stimmlichen Ausdruck), und ihrem jugendlichen Liebhaber Octavian (Miriam Sajonz mit angenehm abgedunkelten Mezzo).Der zweite Akt zeigt neuen Anfang. Octavian und Sophie (Krista Kujala mit Kraft und Klarheit in den Höhenlagen) finden sich. Sie lehnen sich auf gegen den Willen des Vaters (stimmkräftig Roland Hartmann), der die Tochter im Tauschgeschäft Geld gegen sozialen Klassenaufstieg an den Baron Ochs von Lerchenau verehelichen will. Die "Kreuzerkomödi" des dritten Akts setzt Biganzoli als turbulentes bäurisches Marionettenspiel in Szene. Eine Farce mit Tiefgang. In die Mitte des Geschehens rückt Baron Ochs. Dario Süß verleiht ihm mit beweglicher, Abgrundtiefen erreichender Bass-Stimme das Gewicht eines Falstaff. Zum Schluss erscheint er in der Niederlage als Gewinner. Er kann erhobenen Hauptes die Szene verlassen, während die Marschallin, Octavian und Sophie die Ambivalenz ihrer Gefühlslagen auszubaden haben.Am Ende ihres anrührenden Terzetts schockiert ein unerwarteter Paukenschlag. Die traurige Versöhnlichkeit schlägt um in den szenischen Aufschrei der Künstler gegen die Politik. Drei Seuchenbekämpfer treten auf, deren weiße Kluft mit dem Kürzel EA bedruckt ist. Sie ziehen den Sängern die trefflich entworfenen Gewänder aus, so dass sie entblößt in Unterwäsche dastehen. Dann sprühen sie die völlig entleerte Bühne (Andreas Wilkens) mit Desinfektionslösung aus. Zum entrückten musikalischen Wohlklang des Schlussduetts Octavian-Sophie kommen alle Darsteller in Zivilkleidung auf die Bühne. Drei von ihnen decken (solidarisch) ihre Jacketts auf die Schultern der Bloßgestellten. Schließlich lodert quer über die Bühnenrampe ein Feuerband auf: Das erstarrt stehende Ensemble wird im Krematorium verbrannt. Der Eiserne Vorhang senkt sich nieder.Das Protestfanal der Theaterleute müsste der Landesregierung und dem Eisenacher Oberbürgermeister Matthias Doht die Schamröte ins Gesicht treiben. In Sympathie mit dem Aufruhr der Künstler möchte man ein Wort Jesu auf die politisch Herrschenden münzen: "Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun."

07.10.2007 Von Wolfgang WICHT

Leider kann ich dazu nichts weiter sagen, mir bricht's gerade das Herz....

:mad:
 
2.
...zum "Rosenkavalier" in Eisenach:

Eine kräftige Ohrfeige für die Marschallin

Eisenach. (tlz) Mit Mut und natürlich Sorge um den Nachruhm begann das Theater Eisenach den Schwanengesang. Aber im Mut der Verzweiflung wurde eine Kraftprobe heraufbeschworen: "Der Rosenkavalier"" von Richard Strauss wurde aufs Programm gesetzt, für den Hofmannsthal eine Kunstwelt im maria-theresianischen Wien erfunden hat, ätherisch und ästhetisierend Zentimeter über dem Boden schwebend, und Strauss eine Musik, in der sich mit feinstem Gespür für die Sensibilität der menschlichen Seele Jugendstilpomp und sinnlich-schwüle Stimmung verbinden. Hier findet das Wesen Mensch unabhängig vom sozialen Rang mit Vorzügen und Schwächen ein Abbild. Aber eben nur ein Abbild, denn Gefühle und Bindungen, Handlungen und Reflektionen werden zur Besichtigung freigegeben - und gerade solch feingeistiger Abstand garantiert Ausstrahlung wie das erzeugte Mitgefühl intensive Verinnerlichung.

Auf diesen ""Rosenkavalier"" mussten wir verzichten, wir erhielten den von Jochen Biganzoli. Aus der "Komödie für Musik"" machte er eine derb-dreiste Burleske. Nun gut: mit einigen lyrisch-sentimentalen Einschüben. Er wollte es, in der Abkehr lag Programm, an Beispielen zu erkennen.

Die von einem Unbekannten geohrfeigte Marschallin am Anfang, die danach unbekümmert ihr Liebesspiel mit Octavian fortsetzt; das Lever als Geburtstagsfeier, bei der der Tortenschmuck, eine goldene "40", galant signalisiert, zu welcher Kategorie Frau die Marschallin von nun an gezählt wird - welche Dame würde darüber nicht in Depressionen verfallen und schneller bereit sein, den jüngeren Liebhaber, der ohnehin zu verlockenderen Ufern strebt, ohne Gesichtsverlust aufzugeben?

Totale Erheiterung der Zuschauer

Weinflaschen, leere wie volle, bekamen Konjunktur. Zuerst auf der PR-Party, zu der der Waffenlieferant der US-Army, Faninal, das Publikum aus dem Theatersaal eingeladen hatte, greift Octavian vorm Duell mit Ochs auf Lerchenau statt zum Degen zur splitternden Flasche, und im Beisl, einem Puppenspiel in Pinocchio-Art, will eine trunkene Marschallin mit der im Gebrauch befindlichen Weinflasche in der Hand für Ordnung sorgen.

So geht´s zur totalen Erheiterung der Zuschauer weiter und weiter. Am Ende erinnerten sich Sophie und Octavian nackt und bloß im Hemdchen und ebenso umgeben von den anderen Mitwirkenden nicht etwa ihrer Liebe, sondern der Malaise des Theaters.

Auch die musikalische Seite glich einem Kraftakt. Fleißig zwar hatte Tetsuro Ban mit dem Orchester geprobt, aber über die Vorstellung des Probenergebnisses kam man nicht hinaus. Die alte Weisheit - schnell spielt der, der´s langsam nicht kann - feierte fröhliche Urständ, sehr zum Nachteil der Textverständlichkeit.

Am wenigsten betroffen davon war Roland Hartmann (Faninal), wie immer von darstellerisch-sängerischer Statur. Miriam Sajonz (Oktavian) überzeugte mehr als Darstellerin, Krista Kujala (Sophie) mehr als Sängerin. Maria Gessler (Marschallin) bemühte sich sehr um erforderliche stimmliche Souveränität, und Dario Süß, nun ja: sein Ochs zeichnete sich durch Unerzogenheit aus, die selbst den Manager Faninal hätte veranlassen müssen, ihn des Saales zu verweisen. Auch an sängerischer Solidität fehlte es ihm gänzlich, und so war er der Schlitzohrigkeit dieses Charakters niemals gewachsen.

07.10.2007 Von Hans-Jürgen Thiers


Meine persönliche Meinung??

Ich muß meinem Vorredner zustimmen...leider... :(



Äh,... Bilder und weitere Infos hier zum Beispiel: http://www.eisenach-city.de/Regiona...IP_Rosenkavalier/Seiten/VIP_Rosenkavalier.htm
 
Mir scheint, die beiden kritiker haben zwei verschiedene stücke am gleichen abend gesehen. Aber von dem einem weiß ich, dass er den "Rosenkavalier" gut kennt.
Im übrigen: herzliches beileid !
 
Ich sah unlängst "Ernani" und "Ein maskenball", und meine hochachtung wächst immer mehr, wie Verdi das milieu des schauerdramas mit den gewohnten kantilenen und pflichtgemäßen ensembles überwindet und, wenn auch spät, zur meisterschaft findet. In seinen späteren werken wird er kritischer, kann sich nach seinen erfolgen wohl auch leisten, etwas abzulehnen und findet schließlich librettisten, denen er die aufgabe nicht eben leicht macht, aber mit gutem grund und überaus fruchtbar.
Sein zeitgenosse Bellini starb früh und hatte diese chance nicht; Rossini hatte sich "auskomponiert" und rechtzeitig aufgehört.
Letzte werke haben einen besonderen reiz, Mozart, Weber, Schubert schufen ihre viel zu früh.
 
meine lieblingsopern sind von mozart ... die zauberflöte hab ich 3mal gesehen und das ist auch die schönste oper ... ansonsten mag ich die hochzeit des figaro und entführung aus dem serail ... sonst kenne ich nur einige songs aus anderen opern ... das problem ist, dass die meisten opern mir zu lange dauern ... hab kein sitzfleisch ...
 
"That man that hath no music in himself is fit for treason, strategems and spoils.
Let no such man be trusted, mark the music!"

Ob alle menschen, an denen musik spurlos vorbeigeht, verräterisch und tückisch sind, mag ich nicht behaupten, aber ich weiß, dass es sie gibt. Es gibt auch menschen, die andere gern in unterhosen sehen und am anblick von sockenhaltern lustgefühle entwickeln: eines kann ich aber nicht verstehen, dass man solche leute opern inszenieren lässt.
Manche oper hat eine ouverture, die oft das geschehen in rein musikalischer form vorausnimmt und darauf einstimmt. In Deutschland war es üblich, sich diese ouverture anzuhören, was für die oben genannten langweilig war, ist man aber opernregisseur, hat man das bedürfnis, diese langeweile durch allerlei einfälle zu beleben. Wenn es denn einfälle sind, wie die pantomimik beim "Barbier von Sevilla" aus Madrid, nimmt man sie schmunzelnd zur kenntnis, ist es bloßes gekasper, wird man unwillig und ahnt schlimmes. Man wird nicht enttäuscht: eine "Entführung aus dem Serail" aus der Mozartstadt Salzburg fand ohne entführung und ohne serail statt, aber mit unterhosen und sockenhaltern, der haremswächter ist mal katholischer priester, mal der teufel, mal ein engel, und die heroine richtet ihr liebesbedürfnis an ihr kammermädchen, was übrigens die gelungenste szene von allen ist, in der ein hauch des seltenen pflänzchens erotik von der bühne herabschwebt. Sonst hatte ich das gefühl, "wir würden ja so gern richtigen porno machen, trauen uns aber nicht!".
Eine alte theaterweisheit bewährte sich: wenn der erste akt misslingt, wird der rest noch schlimmer, wunderte man sich anfangs noch, wurde es dann richtig langweilig, denn nicht jedermann verstand die hehren absichten des regisseurs, vielleicht verkündete er sie im programmheft. Die liebe sollte in allen ihren phasen gezeigt werden, und am schluss drohte die ehe.
Das publikum hatte mitleid mit den sängern, der Bassa Selim, die schlüsselfigur des ganzen, die aber nichts zu singen hat, kam übrigens nicht vor.
Und wenn es "ohne" abgehen soll, warum nicht ohne etat-verschlingende intendanten, die so etwas zulassen und aller proteste ungeachtet eine misslungene inszenierung wieder ansetzen, oder oper "ohne" solche regisseure? Und beide sollten am schluss die ihnen zustehenden ovationen in unterhosen und sockenhaltern entgegennehmen statt baren geldes, dann gäbe es wenigstens einen lacher, den einzigen!
 
Wieder einmal ein seltenes werk, und wieder einmal vollzieht sich das wunder "oper": man kommt nicht dazu, sich über die tücken der handlung, die unmöglichen situationen, das übertriebene pathos, die anachronismen zu ärgern, denn musik, gesangs- und darstellungskunst (Staatsoper Wien) decken alles zu.
Sowohl Verdi wie Wagner schätzten das werk, wie auch den "liebenswerten, aber faulen" komponisten, der sich auf seinem erfolg ausruhte.
 
"Tristan und Isolde" und "Die Meistersinger von Nürnberg" vom gleichen textdichter/komponisten folgten 3 jahre aufeinander, und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Hier das handlungsarme seelendrama, der vorstoß in neue harmonische welten, die unendliche melodie, die ekstatische liebes- und todessehnsucht, die nach worten ringt, um sich ausdruck zu verschaffen, dort das pralle leben, eine possenhafte intrige mit aufzügen und schaugepränge in gewohntem Dur und moll, überschaubarer periodik und knittelversen.
Ich sah beide werke innerhalb weniger tage in umgekehrter reihenfolge, zwar "nur" am bildschirm, aber nicht jeder kann wie unser präsident in der ehrenloge der Mailänder Scala die eröffnung der neuen saison miterleben. Italien stellte chor und orchester, auf der bühne war man international : Isolde deutsch, Tristan britisch, Brangäne US-amerikanisch, König Marke finnisch, außerdem dirigent israelisch, regisseur französisch.
Ich nannte Isolde als erste, weil sie es verdiente, denn männer sorgen in der oper zwar für konflikte, dafür singen die frauen meist schöner, bekommen aber weniger gage, weil tenöre knapper sind.
Wagner sprach vom "stillen" beifall, selbst Barenboim erschrak, denn kaum war der letzte, zarte akkord des liebestodes verhallt und vibrierte noch in der luft, als lauter applaus mit geschrei und gebrüll einsetzte. Nur "bis" rief keiner, denn noch einmal würde man das werk, es endete 0:10, gewiss nicht hören wollen.

Wohltuend ist ein bass-bariton in der hauptrolle, besonders, wenn Wolfgang Brendel seine rolle als Hans Sachs so hintergründig humorvoll gestaltet wie in der aufführung der Deutschen Oper, Berlin.
 
Wenn sich der oder die 4 666ste leser/in (der/die letzte) bei mir meldet, bekommt er/sie ein weihnachtsangebot von mir.
Ich erweitere es auf einen/eine der letzten, da die zahl 6 mich nicht allzusehr fasziniert, und ich nicht auf den 5 000sten warten möchte. Wer ist der/die erste von den letzten?
 
"Müssen sänger/innen dick sein?". So oder ähnlich eine fernsehsendung, und einige tapfere, humorvolle, betroffene damen (kein tenor!) hatten sich bereitgefunden, sich dazu zu äußern.
Den zusammenhang von volumina hatten wir schon erwähnt: operngesang ist ein kraftakt und bedarf der resonanzräume, um auch die zartesten töne bis in die "galerie", im jargon den "topp", zu tragen.
Ich kannte einen aus der nähe stimmgewaltigen bariton, der aber nicht über das orchester kam, weil die stimme nicht "trug", er bellte laut, aber konnte nicht singen. Er merkte es nicht, es sagte ihm keiner, er lernte nicht dazu, er lernte überhaupt schwer und verschwand von der bühne.
Tragisch ist die geschichte der Callas: sie hatte Audry Hepburn gesehen und wollte ihr nacheifern. Sie hatte nicht verstanden, dass die Hepburn keine großen säle mit ihrer stimme füllen muss, wollte wohl auch den hässlichen bemerkungen von regisseuren entgehen, die immer ideale vorstellungen haben, denen sie selbst in keiner weise entsprechen. Nun war die Callas vorher keine schönheit gewesen. aber danach - - - -,
ich will das biblische zitat nicht strapazieren und auch nicht das kommunistische manifest, das mir in den sinn kam, als ich meine nichte nach erfolgter kur wiedersah. Und bei Maria war der unterschied leider nicht nur sicht-, sondern auch "hörbar"!
So auch bei bedeutenden sänger nach dem krieg, als sie sich wieder herausgefuttert hatten, lief die stimme wieder.
Ich werde das thema nicht erschöpfen:
dicke merken nicht immer, dass sie dick sind, und wenn sie es merken, ist es zu spät -
alle befragten gaben an, nach gewichtsabnahme schwierigkeiten mit ihrer gesangstechnik gehabt zu haben, einigen gelang die umstellung, anderen nicht - wenn gewisse maße überschritten werden, muss man auf gewisse rollen verzichten - leider weiß nicht jede, sich vorteilhaft zu kleiden und wird dabei schlecht beraten - männern dagegen verzeiht man vieles - manches hängt von der lebensweise ab, wer nur in hotels und restaurants isst, etwa auf gastspielen, kann schwer diät halten, ein bekannter von mir, der oft auf dienstreisen ist, kann davon ein lied singen, aber er ist kein sänger - vor einer vorstellung mangelt es an appetit, danach wird nicht gegessen, sondern, ja was wohl?
Habt nachsicht !
 
Ist sie nur "vom (rechten) wege abgekommen" oder gar "verworfen" ? Beide deutungen sind mit mehr oder weniger moral möglich. Was sind aber all die anderen personen in diesem lehrstück ? Die herren barone und marquis der bell'epoque von Napoleons gnaden, der schwächling Alfredo, sein auf familienehre bedachter vater? Ist nicht Violetta der einzige mensch in diesem gruselkabinett?
Wie sah man das im '800, wie sah das Verdi selbst? Er hat dieser "verderbten" (von wem?) jungen frau allein mit den vorspielen zum 1.und 3.akt ganz einfach und schlicht mit das schönste gewidmet, was das jahrhundert an musik hervorgebracht hat.

Wer kritiken liest und sich womöglich davon beeinflussen lässt, ist selbst schuld: ich überflog einige über die aufführung von 2005 in Salzburg, da wurde in den himmel gehoben, genörgelt, verglichen. Jeder theaterabend ist einmalig und unwiederholbar, schon die berüchtigte zweite vorstellung verläuft anders in details. Warum berüchtigt? In die première geht man mit einem gewissen risiko, banger erwartung und hoher spannung, geht alles gut, ist beim nächsten mal ein wenig luft raus.
Bei tonträgern dagegen hört man immer dasselbe und neunmalkluge fangen an zu vergleichen und nach der "besten" aufnahme zu fahnden, schließlich will man was für sein geld.
Die werbeleute haben ihren eigenen stil, das fand ich eine "Traviata" mit Placido Domingo, Teresa Stratas wurde glatt unterschlagen, woher sollen die "fachleute" wissen, was die titelpartie ist?
 
betroffene damen (kein tenor!)

So eine Unverschämtheit!
*denweißentenorschalmitgekonntergesteumdenhalswerfunddenkopfleichtanhebunddanndavonstolzier*

Nee, mal im Ernst: Vom Gesangsvolumen hab' ich (Hobyysänger) derzeit noch keinen Unterschied zwischen meinen maximalen 95kg und meinen minimalen 83kg gemerkt ... ich muss aber auch keinen großen Saal füllen. Aber Kraft braucht's schon, das Singen, da braucht man Reserven. Ich sag' auch immer, wenn ich nach Sport gefragt werde: "Singen."

Grüße
Roland
 
Gestern gab es wieder die filmversion der "Zauberflöte" von Ingmar Bergman, für opern-anfänger sehr zu empfehlen. Die handlung ist gestrafft, das theatermilieu beibehalten, aber sehr poetisch bildlich umgesetzt. Es wird zwar schwedisch gesungen, aber es ist eine freude zuzuhören und zuzusehen.
 
Große oper lebt von den ensembleszenen und kunstreichen finali; arien und duette mögen bekannter und eingängiger sein, aber kompositorische meisterschaft entfaltet sich in den vielstimmigen höhepunkten wie dem 1. finale von "Aida".
Ich sehe darin einen grund für das scheitern im 20.jh., denn wie vereine ich ein dutzend solostimmen, chor und orchester satztechnisch unter aufgabe der tonalität?
Noch Wagner schreibt große ensembles im Tannhäuser, den Meistersingern, selbst im musikdrama wie der Walküre, aber verlässt er die tonale basis im Tristan, überwiegt die monodie, selbst "duette" sind rede und gegenrede, selten zwiegesang.
Dur-moll-tonalität hat sich ihre eigenen formen geschaffen: fuge, sonate, sinfonie, oper, einzig die variationstechnik hat sich hinübergerettet.
Neue harmonik passt nicht in alte formen, wir müssen uns neue ausdenken.
 

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