Welches Klarinettensystem?

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janole28
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Hallo zusammen,
ich (m,17) habe für ungefähr 1 Jahr Klarinette gespielt und war so meinte meine Lehrerin schon ziemlich gut. Jetzt habe ich weder Unterricht noch ein Instrument (war nur leihweise), möchte mir jetzt aber eine Schwarzwurzel kaufen und spare schon. Die Frage für mich ist: Welches System? Gelernt habe ich auf einer deutschen, wobei Böhm für mich einige Vorteile gerade wegen des niedrigeren Preises und der immer größeren Beliebtheit hätte. Meine Lieblingsmusik zurzeit (Oberkrainer, volkstümlich) wird auf beiden System gespielt, je nach Gruppe. Wenn man längerfristig in einer Orchester will: die wollen eher deutsches. Es spricht bei mir genauso viel Böhm wie für deutsches. Klanglich mag ich beide.
Für welches soll ich mich entscheiden? Wie habt ihr euch entschieden und warum gerade so?
Danke schön. Lieben Gruß
janole28
 
Eigenschaft
 
Als ich mit Mitte der 70-er Jahre für die Klarinette entschied und auch schließlich für das Klarinetten-Studium, war die Entscheidung für mich nicht schwer. Erstens hatte ich ohnehin ebenfalls auf der deutschen Klarinette begonnen und zweitens waren die Klangvorstellungen der verschiedenen Systeme seinerzeit noch deutlich anders. Das deutsche System wurde tendenziell mit einem viel dunkleren, volleren und weicherem Ton mit wahrnehmbar unterschiedlicher Ausprägung der Register gespielt als das französische System, das insgesamt mit hellerem, sicherlich brillanterem, aber im negativen Sinne auch viel schärferem Klang gespielt wurde.
Ein damals recht bekannter Klarinettist auf der französischen Klarinette, von dem man viele Aufnahmen hören konnte, war Gervase de Peyer (trotz des französisch klingendem Namen Engländer), den ich als einen Spieler mit besonders schneidendem Ton in Erinnerung habe.
Für mich war die deutsche Klarinette also genau die richtige, hätte ich nur so wie Peyer spielen können/sollen, hätte ich mich sicherlich nie für die Klarinette entschieden.

Über die Zeit haben sich die Systeme heutzutage klanglich ziemlich angeglichen, das deutsche System wird brillanter im Klang gespielt, das französische System dunkler und wärmer. In diesem Zusammenhang spielt die sog. Reform-Boehm-Klarinette vor allem im Profibereich eine wichtige Rolle, deren Bohrung der deutschen Klarinette angenähert ist und die üblicherweise mit deutschen Mundstücken gespielt wird.
Aber nach wie vor würde ich mich für das deutsche System entscheiden, vor allem für ein Instrument, das mir den herrlich vollen, dunklen und warmen Klang bietet, aber auch mit einer angenehmen Brillanz aufwartet. Sehr schön finde ich die Instrumente von Adler, aber gut sind auch die preiswerteren deutschen Klarinetten von Yamaha. Bei Uebel muss man gut aussuchen, da sie meiner Erfahrung nach ziemlich streuen in der Qualität. Schreiber ist mir persönlich schon zu hell, aber sie sind sehr gut gemacht und haben eine hervorragende Ansprache.
So richtig gut um nicht zu sagen nahezu perfekt wird es natürlich bei den Instrumenten aus hochwertigen handwerklichen Manufakturen wie z.B. Hüyng, Leitner+Kraus, Foag, usw., aber da sind die Preise schon sehr happig.

Warnen möchte ich generell vor allen Billig-Instrumenten, die meiner Erfahrung nach klanglich unbefriedigend bleiben, aber vor allem schnell abgespielt sind und oft nicht wirklich gut ansprechen, vor allem in der Höhe. Das gilt für billige deutsche und Boehm-Instrumente gleichermaßen. Aber auch ein teureres Instrument wie z.B. die E-13 von Buffet Crampon wusste mich bisher nicht wirklich zu überzeugen hinsichtlich Klang und Ansprache. Also auch da muss bzw. sollte man wohl oder übel mehr Geld in die Hand nehmen um ein wirklich gutes Instrument zu bekommen. Und damit liegen preislich Boehm- und deutsche Klarinetten schon so weit gleichauf, so dass der Preisvorteil der Boehm-Klarinetten (der durch die höheren Stückzahlen begründet ist) nicht mehr gegeben ist.

Also als Fazit von mir nach wie vor die Empfehlung: deutsches System - aber lass dich bitte beim Kauf gut beraten. Ich selber begleite meine Schüler wenn möglich immer beim Instrumentenkauf.
 
Hallo, ich habe mich für das Böhm System entschieden. Ausschlaggebend war für mich die bessere Spielbarkeit für kleine Hände. Auch natürlich der geringe Preis bei gleicher Qualität. Darüber hinaus scheint das deutsche System auch ein Auslaufmodell zu sein. Zumindest wenn man so einigen Seiten im Netz glauben darf. Weltweit spielt das deutsche System nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings glaube ich nicht, dass sich aktuelle Generationen darüber Sorgen machen müssen.
 
Ausschlaggebend war für mich die bessere Spielbarkeit für kleine Hände.
Was den Lochabstand der Tonlöcher im Oberstück angeht, also der Tonlöcher für die linke Hand, stimmt das zwar generell, für die Tonlöcher und Klappen am Unterstück (rechte Hand und 5. Finger linke Hand) kann man das hingegen nicht so generell sagen. Da sollte man konkrete Instrumente vergleichen.
Moderne deutsche Klarinetten guter Hersteller sind hinsichtlich ihrer Ergonomie aber nicht mehr mit den Instrumenten von vor 30 Jahren und mehr vergleichbar, da hat sich einiges gebessert.
Vor allem Uebel, aber insbesondere Schreiber (hier besonders das Modell D12 speziell für kleine Kinder) haben da aber sehr schöne und ergonomisch deutlich optimierte Instrumente im Angebot.

Darüber hinaus scheint das deutsche System auch ein Auslaufmodell zu sein. Zumindest wenn man so einigen Seiten im Netz glauben darf. Weltweit spielt das deutsche System nur eine untergeordnete Rolle.
Was man im Netz liest, stimmt ja im allgemeinen ... :gruebel:
Im Ernst, nicht nur Papier ist geduldig, Bits und Bytes sind es auch.
Die weltweit so starke Verbreitung der Boehm-Klarinette im Vergleich zum deutschen System hat einen vergleichsweise banalen historischen Ursprung.
Zunächst darf man die Boehm-Klarinette durchaus als eine deutliche Verbesserung hinsichtlich der Mechanik und technischen Spielbarkeit sehen, als sie 1839 von Klosé und Buffet in Paris heraus gebracht wurde. Dieses Instrument wurde dann auch sehr schnell von der Pariser Akademie als Instrument der Wahl akzeptiert und vorgeschrieben, was schon mal einen großen Schub für dieses System bedeutete. Schnell kam die Boehm-Klarinette auch im Englisch-sprachigen Raum in Verbreitung und diese Französich-Englische Dominanz legte dann aus einem bestimmten Grund den Grundstein für die auch heute noch bestehende weltweite Dominanz des sog. Boehm-Systems: England und Frankreich stiegen im 19. Jahrhundert zu den bedeutendsten Kolonialmächten auf, wobei sie sich bekanntlich in ihren Eroberungen und Land-Besetzungen heftige Konkurrenz machten. Deutschland spielte hingegen als Kolonialmacht so gut wie keine Rolle.
Die kolonialen Besetzungen mussten aber stets durch eine große Militärpräsenz gesichert werden und so gab es weltweit eine nicht unerhebliche Menge französischer und englischer Militärs und Soldaten. Damals hatte jedes Regiment ein eigenes Regimentsorchester, das üblicherweise ein Blasorchester war mit großer Klarinettenbesetzung. Diese Orchester bildeten einen sehr großen und vor allem praktisch weltweiten Absatzmarkt für die Boehm-Klarinetten und so konnte sich dieses System auf der ganzen Welt verbreiten während sich die deutsche Klarinette auf den deutschsprachigen Raum beschränkte und weitgehend beschränkt blieb.

Erst um 1860 kam mit der Ottensteiner/Baermann Klarinette mit rund 17 Klappen und vor allem Ringklappen wie auf der Boehm-Klarinette ein ebenbürtiges System in Gebrauch, dessen klangliche Qualitäten (nicht nur) Brahms zu seinen wundervollen und bedeutenden Kompositionen anregte (2 Sonaten, Trio und Klarinettenquintett), zumal "sein" Meininger Klarinettist Richard Mühlfeld sie offensichtlich herrlich spielte. Um 1900 wurde dieses Instrument von Oskar Oehler weiter entwickelt zu der Ausführung des deutschen Systems, dem "Oehler-System" (bzw. "Voll-Oehler-System" bei der Profi-Ausführung mit Becherklappe für die tief-f/tief-e-Verbesserung) wie es auch heute noch als Standard gilt.

Spätestens seit 1900 also kann man keineswegs mehr von irgendeiner Überlegenheit eines Systems sprechen, eigentlich schon nicht mehr seit 1870. Wenn die Kolonialgeschichte anders verlaufen wäre und Deutschland weltweit Kolonien gehabt hätte mit Regiments-Blasorchestern mit deutschen Klarinetten, hätte es genauso gut so kommen können, dass die Boehm-Klarinette heute ein Nischeninstrument wäre.
Im Übrigen gibt es weltweit außerhalb Deutschlands einige Klarinettisten großer Orchester, die sich bewusst aus klanglichen Gründen für das deutsche System entschieden haben. So z.B. der 1. Solo-Klarinettist des Concertgebouw-Orchest Amsterdam sowie einige Orchester-Solo-Klarinettisten in den USA.
 
In der ganzen Welt spielt man Böhm, ausser in Deutschland und Österreich. Noch fragen? :D

Im ernst, ich bin damals ins Musikgeschäft und hab mal beides angespielt. Völlig los gelöst von irgendwelchen sentimentalen Dingen, traditionellen Ansichten, etc. Mir war das Böhm System sofort sympathischer, es lag mir einfach besser in der Hand. Die Abstände der Tonlöcher z.B. fand ich angenehmer.

Was mir mittlerweile auch noch aufgefallen ist... bei der Böhm wird beim Mauz oft auch ein Alternativgriff präsentiert. im deutschen System hingegen weniger.

Ob es das deutsche System in 50 Jahren überhaupt noch geben wird? Wer weiß, vermutlich nicht. Schreiber gehört doch mittlerweile auch zu Buffet. Könnte mir gut vorstellen, dass die irgendwann das deutsche System überhaupt nicht mehr produzieren werden.

Gruß
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich spiele das Deutsche System, weil mein Lehrer sagte:"wir spielen Deutsch."
Hinterfragt habe ich das als Anfänger nicht und da ich den warmen dunklen Ton bevorzuge, mag ich auch den deutsch/österreichischen Klang lieber als den Französischen. Das einzige Manko ist, dass ich gerne auch eine Altklarinette spielen würde und es in diesem Bereich leider sehr schwer ist ein deutsches Modell zu finden. :(
 
Ich spiele das Böhm-System, das war mir von vorn herein sympathischer als das deutsche. Alleine schon die Anordnung der Klappen sagte mir sofort zu und Böhm eignet sich m. E. besser für schnellere Läufe, weil man durchaus schnell wechseln kann. Als ich hörte dass in vielen Musikvereinen wenn Klarinetten zum Einsatz kommen, dass hierzulande üblicherweise deutsches System gespielt wird, war ich am überlegen ob ich umlernen soll auf das dt. System, aber als ich von der Reform-Böhm gelesen habe, dachte ich mir Okay umlernen ist deswegen nicht nötig so bin ich bei Böhm geblieben. Als ich angefangen habe im Feuerwehrmusikzug zu spielen, war ich froh, dass ich dem Böhm-System treu geblieben bin. Bei der Aufnahme wurde gesagt: "Bei uns wird Böhm gespielt". Daher kommt für mich das deutsche System nicht mehr infrage.
 
Als ich angefangen habe im Feuerwehrmusikzug zu spielen, war ich froh, dass ich dem Böhm-System treu geblieben bin. Bei der Aufnahme wurde gesagt: "Bei uns wird Böhm gespielt".
Warum eigentlich, also mit welcher Begründung?

Die beiden Systeme sind sich heute im Klang so ähnlich (zumal deutsche und Reform-Böhm Klarinette), Laien - woraus das Publikum mehrheitlich besteht - hören diese minimalen Unterschiede eigentlich nie heraus, selbst Profis schaffen das bei Blindtests auch so gut wie nie.
Von der Optik her würde das sicher auch kein Publikum stören, die meisten können selbst Oboe und Klarinette nicht auseinander halten. Aus einigen Metern Entfernung fallen die optischen Unterschiede auf gar keinen Fall mehr auf. Das Bild würde also auch nicht gestört.
Die spieltechnischen Anforderungen in einem Feuerwehrmusikzug sind ebenfalls auf beiden Systemen sehr gut und vollständig zu meistern. Wenn sich die Kapelle auf dem spieltechnischen Niveau eines Francaix- oder Nielsen-Konzertes bewegen würde, käme ich tatsächlich ins Grübeln, denn diese Konzerte sind der Boehm-Klarinette auf den Leib geschrieben. Das kann man aber sicher doch auch ausschließen?

Deswegen würde mich die Begründung wirklich interessieren. Denn ohne Not schließt man so ganz bestimmt den einen oder anderen engagierten Interessenten als Mitspieler aus und stößt ihn vor den Kopf, würde man ihn zwingen von der deutschen auf die Boehm-Klarinette zu wechseln.
Warum dann?
 
Bei uns im Musikzug, spielen wir durchaus auch schnellere Läufe, Es wurde von der Stadt vorgegeben dass wir Böhmklarinetten anschaffen auf Musikzugebene, weil sie preislich günstiger sind als welche mit deutschem System, wenn aber jemand eine eigene Deutsche Klarinette besitzt, darf er oder sie, das Instrument natürlich auch spielen.
 
Dann war mal wieder Geld sparen der Hintergrund.
Aber immerhin kann jeder mitspielen, alles andere hätte mich auch sehr irritiert.
Viel Spaß beim Musizieren!
 
Dann war mal wieder Geld sparen der Hintergrund.

Sowas ist Durchaus Typisch für Feuerwehren sparen wo sie können, wichtig ist aber dass sie den Brandschutz sicherstellen, die Musikzüge gelten im Brandschutzgesetz als Klangkörperverstärker.
 
Die Preisdiskussion verstehe ich nicht - wenn ich bei Thomann einfach mal die beiden Klarinetten Typen suche und "Preis abwärts" sortiere liegt die teuerste Böhm bei ~ 5800€ und bei den "Deutschen System" Klarinetten bei 6300€
Beides ist für mich viel Geld....

Andersrum sortiert führt tatsächlich Böhm mit 129 € gegen 398€ .
Vielleicht fusst darauf die "Böhm ist billiger" Geschichte ??

Hat schon mal jemand mit Erfahrung so eine preiswerte? Klarinette gespielt???

Ist es nicht bei jedem Instrument so, dass auch bei Klarinetten eine gewisse Qualität einen gewissen Preis hat?


Wir sind im Satz gemischt - beide Typen vertreten. Es tut sich da nicht viel ....
Die Böhm Spieler haben die Intonationsprobleme halt an anderen Stellen wie die Schreiber- / Adler- oder gar sowas wie meiner alten "F.A. Uebel"spieler. :rolleyes:
 
Mit Billig-Klarinetten in der Preisklasse unter ca. 500,- € habe ich bisher keine guten Erfahrungen gemacht. Die ganz billigen sind neu schon Schrott, aber selbst die Instrumente um 450,- € kann ich nicht empfehlen. Neu sind sie durchaus spielbar, wobei die Ansprache wegen der billigen Mundstücke (die qualitativ zudem sehr stark streuen) meist schlecht ist, ebenso die Intonation und natürlich der Klang. Dem könnte man ja mit einem besseren Mundstück noch abhelfen.
Der größte Schwachpunkt bei den Billig-Teilen ist aber das weiche Metall, das dort für die Klappen normalerweise verwendet wird. Auch wenn man nicht wirklich viel übt und darauf spielt, schlägt die Mechanik relativ schnell aus, die Klappen bekommen Spiel und dann decken die Polster nicht mehr zuverlässig.
Wenn man dann bedenkt, dass man für eine Generalüberholung, wo auch noch die Mechanik umfangreich stramm gezogen werden muss mindestens 500-600,- € zahlen muss, dann muss man so ein Instrument als wirtschaftlichen "Totalschaden" betrachten, denn so eine Überholung lohnt sich dann schlicht nicht mehr.

Und deshalb möchte ich vom Kauf solcher "Einweg-Klarinetten" unbedingt abraten.

Wer so etwas besitzt und sich irgendwann eine neue, gute Klarinette kauft, der kann das Billigteil allenfalls verwahren, um z.B. bei Wind und Wetter auf einem St.-Martins-Zug zu spielen. Der Wiederverkaufswert solcher Instrumente geht ohnehin gegen Null.
 
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Ich habe mit einem Modell in Böhm, Preis um die 300,- € angefangen zu spielen, Das Beste war sie nie hat aber für den Anfang gereicht und inzwischen spiele ich eine gute Klarinette von Yamaha.
 

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