Wie äußert sich sprödes Stimmwachs?

bigvik
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Hallo Gemeinde,

ich besitze (und spiele seit Sommer 2009) ein Weltmeister Caprice (80 Bässe) aus DDR Produktion, das bisher kein einziges mal gestimmt oder sonstwie renoviert wurde. Es stand ca. 20 Jahre (bei Zimmertemperatur) im Koffer, bis ich es zu bespielen angefangen habe.

Im Sommer 2009 habe ich den Balg abdichten lassen und "mein" Experte (Akkordeoncentrum Brusch Berlin) erkannte gleich, dass das Instrument fast unbespielt war, und meinte, dass wohl das Stimmwachs spröde sei und das Instrument in den nächsten ein bis zwei Jahren überholt werden müsse.

Nun meine ich, dass sich in den letzten Wochen der Klang einiger Töne leicht verändert hat (irgendwie klingen sie weniger "klar"). Meine Fragen dazu:

- Kann das am Stimmwachs liegen (oder ist es wohl eher Einbildung)?

- Was passiert, wenn ich einfach weiter spiele? Ist mit einer Beschädigung des Instrumentes zu rechnen? Oder werden einfach irgendwann einige Töne den Dienst versagen und eine Reparatur unumgänglich machen - ohne aber echte Mehrkosten (im Vergleich zu einer "rechtzeitig" in die Wege geleiteten Reparatur) zu bedingen?

Ich scheue nämlich aus zwei Gründen eine Überholung. Erstens würde ich die Kosten, die auf mich zukämen (es wären wohl mehrere Hundert Euro - allerdings noch unter der magischen 1.000er Grenze) gerne noch etwas aufschieben. Zweitens habe ich kein Zweitinstrument, und das Musizieren würde mir schon fehlen, wenn meine Quetsche zwei oder drei Wochen nicht greifbar wäre.

Ich danke Euch für alle Antworten und verbleibe mit freundlichen Grüßen

der Vik :)
 
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Hallo Vik,

durch das Spielen übertragen die Stimmplatten die Vibrationen auf den Stimmstock und das Wachs. Wenn dieses nun alt und spröde ist, ist das vergleichbar, wie wenn ein Preßlufthammer auf einen Betonboden hämmert. Irgendwann gibt der Stück für Stück nach, bekommt Risse und irgendwann ist es aus.

Je weniger Haftung durch das Wachs nun die Stimmplatte hat, umso schlechter funktioniert sie, da die Stimmplatte dann nicht mehr als festes Gegenstück zur Stimmzunge fungieren kann, sondern das Vibrieren anfängt und so einerseits die Energie, die eigentlich der Stimmzunge vorbehalten sein sollte, aufnimmt, andererseits durch die vermehrte Vibrationen immer mehr Halt verliert und irgendwann fällt die Stimmplatte ab. Dann gibt es statt einem Ton nur noch ein "pfffffffffffffff". Das ist solange nicht schlimm, bis die Stimmplatte durch welche Gründe auch immer sich in einer Balgfalte verfängt und dort dann ev. immensen Schaden anrichtet.

Ich habe ein Bild meiner Cantus angehängt und hoffe, daß man da die Risse im Wachs erkennen kann. Irgendjemand hatte auch schon mal an ein paar Stimmstöcken nachgewachst, was zwar vorübergehend hilft, aber nur ein Aufschieben der Überholung bedeutet.

Grüße

Ippenstein
 

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Ja Schäden kann es am Instrument auch geben: Wenn du merkst, dass bei einigen Tönen nur noch Luft kommt, aufhören zu spielen- dann ist die Stimmplatte abgefallen. Spielst du nun weiter- kann diese den Balg innerlich beschädigen. Außerdem kann die Tonzunge, wenn sie denn irgendwo hängenbleibt verbiegen bzw abbrechen.
Grad bei der Caprice- ich glaub die hat Kunststoffstimmstöcke- hält das Wachs, wenn es denn schon spröde ist so gut wie gar nicht mehr...
gruß t-tris

PS: ippenstein war schneller...;)
 
Ich danke Euch beiden für die schnellen und fundierten Antworten! :great:

@Ippenstein: Das Foto von den Stimmstöcken ist sehr interessant. Ich hatte bisher keine klare Vorstellung davon, wie und wo sich das Stimmwachs überhaupt befindet. Die Risse sind klar zu erkennen.

@t-tris: Richtig. Das (zumindest mein) Caprice hat Kunststoffstimmstöcke.

Es grüßt der Vik :)
 
Wenn eine Stimmplatte zwar noch an ihrem Platz sitzt, aber sich zu lockern beginnt, kann sich das in einem "Krächzen" des betreffenden Tones (auf Zug und Druck) äußern. Nicht zu verwechseln mit dem "Klirren" das durch einen Zungenstreifer verursacht wird und dann entsprechend nur auf Zug oder auf Druck auftritt.
 
@bigvik
Ist schon klar, dass man sein Instrument nicht gerne für zwei bis drei Wochen weggibt und auch erstmal ärgerlich, wenn man einiges Geld investieren muß. Wenn man jedoch bedenkt, dass man dann bis zu zwanzig Jahren seine Ruhe hat, tut der Betrag und die Wartezeit vielleicht nicht mehr ganz so weh....
 
Hallo Vik,

frag doch mal nach, ob du in der Zeit ein Leihinstrument haben kannst - das Angebot gibt es oft, insbesondere, wenn du die Reparatur über ein Musikhaus abwickelst, denn die haben immer Interesse dran, ihren Kunden auch neues schmackhaft zu machen.

Gruß, maxito
 
@waldgyst: Danke für die Info!

@odenwald: Im Prinzip hast Du recht - aber ich neige etwas zum "auf die lange Bank schieben".

@maxito: Die Idee gefällt mir. Eigentlich hätte ich darauf selber kommen können. Die Berliner Dependance vom "Brusch" ist regelrecht vollgestopft mit Akkordeonen (Akkordeons?) - garantiert sind Leihinstrumente dabei!

Mit bestem Dank und ebensolchen Grüßen verbleibend,

der Vik :)
 
na mit dem Wachs neu habe ich meine Zweifel. Wenn man mit einer alten Kiste zum Reparateur kommt, sagen die meist, alles raus, Ventile neu, Klappen neu, auch wenn alles fest ist, gerade bei den alten Morinos werden die Stimmplatten zusätzlich mit Nägeln gehalten. Ich glaube man sieht das auch wenn etwas spöde ist.
Gruß Frank
 
Altes Wachs kann man schon erkennen!

Zum einen kann man schon mal mit kräftigem Fingernageldruck entlang der Stimmplatten fahren - ist das Wachs noch geschmeidig, gibts nur eine Rille, ist das Wachs schon spröde, bilden sich gerne kleine Risschen und es bröselt.
Besser ist, aber den Übergang zwischen Waschs und Stimmplatten genau anzuschauen: Wenn das Wachs spröde ist, dann verliert es die Haftung an der schwingenden Stimmplatte und es bildet sich ein haarfeiner Spalt. Das kann auch bei nur einer Platte so sein - das Wachs ist dann trotzdem fällig!
Wenn sich sonst schon weitere Risse zeigen, ist der Fall ganz eindeutig.

Häufiger sind aber die Ventile die Ursache für neu einwachsen! Denn die Ventile werden meist nur mit Pattex auf die Stimmplatten aufgeklebt. Und dieser Kleber ist ein paar Jahre lang recht zähelastisch, härtet aber mit der Zeit gewaltig nach und wird irgendwann richtig spröde. Und dann fallen die Ventile oft schon ab, wenn man sie nur leicht anhebt. Das ist mir bei meiner Tango IIIM passiert - das Wachs war 20 jahre alt und noch tadellos, aber die Ventile haben sich selbsständig gemacht. Und selbst wenn die Dinger noch gut kleben, dann stehen irgendwann die Ventile für die großen Stimmplatten mehr oder weniger deutlich ab und schließen nicht mehr richtig - auch hier wird dann neu einwachsen fällig. Da macht es wenig Sinn nur ein paar auszutauschen.

Bei meiner Morino VIM war das auch der Grund für die komplette Renovierung der Stimmstöcke. Die hatte übrigens noch nach über 50 Jahren ein einwandfreies Wachs und die Originalventile von damals drauf - die allerdings nicht mehr so recht geschlossen hatten und somit war die volle Stimmstockrenovierung fällig! Dass die Dinger so lange gehalten haben, meinte mein Reparateur, sei eh ein kleines Wunder und ihm so noch nicht untergekommen.

Da die meisten Reparateure, die ich kenne, ein bischen eine Geheimwissenschaft um ihr Wachs machen, kann es einem also mal so, mal so ergehen, je nach Mixtur. (Schwört übrigens jeder auf seine Mischung, dass die die Beste sei - logisch!) Aber K.O. Kriterium ist meist der Zustand der Ventile - 20 Jahre kann so als guten Wert annehmen, mehr ist eher selten.

In diesem Sinne,
Gruß, maxito
 
Manchmal sieht man auch fast nichts wie hier bei der Atlantic. Auf dem zweiten Bild sind die Lücken zwischen Wachs und Stimmplatten erkennbar. Die Stimmplatten und das Wachs wurden nur noch von den Nägeln gehalten. Allein durch das Ziehen der Nägel kam schon alles herunter. Die Ventile (1. Bild) waren auch hart und dichteten nicht mehr.

Grüße

Ippenstein
 

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Hi,

kurze Frage: Wenn einzelne Stimmplatten leicht locker sind(kl Riss) - könnte man die auch mit der Heißklebepistole fixieren?,
oder soll man besser mit Lötkolben nochmal um die einzelnen Stimmplatten gehen?

vielen Dank
musixman
 
Hallo Musixman,

die Alterung des Wachses bedingt eine Veränderung seiner Struktur. Wenn man mit dem Lötkolben herumfährt, hat man eine zähe klebrige Masse, die zwar dann wieder ein bißchen hält, was aber nicht von langer Dauer ist.

Die Heißklebepistole hat im Akkordeon nichts verloren und würde außer Scherereien auch nicht viel bringen. Es empfiehlt sich, das gleich richtig zu machen oder machen zu lassen, dann hat man auch wirklich Freude dran.

Grüße

Ippenstein
 
Hallo Musixman,

da kann ich Ippenstein nur recht geben. Wenn das Wachs hart und spröde geworden ist, dann deshalb, weil in erster Linie sich Bestandteile verflüchtigt haben, die dem Wachs die Elastizität und klebrigen Eigenschaften geben.

kurzzeitig kann man schon nochmal mit dem Lötkolben um die Stimmplatte rumfahren und das Wachs neu aufschmelzen - dann ist zumindest der Auftritt und das Wochenende gerettet, aber es klebt nicht mehr wirklich an der Platte. Und das ist ja die Eigenschaft, auf die es ganz wesentlich drauf ankommt. Wenns mal soweit ist, dann hilft nur Platten rausnehmen, altes Wachs entfernen und neu einwachsen.

Ich hab ein Bild gefunden, wo man das Wachs schon im Endstadium sieht - da sieht man dann schnell ein, dass da nicht mehr viel geht mit "ausbessern"

Gruß, maxito
 

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Hi,
vielen Dank für eure schnelle Antwort - das Bild ist auch ganz gut als Beispiel - aber so schlimm schaugts bei mir noch ned aus.
Was mich nur wundert - mein Akkordeon ist erst ca. 6-7 Jahre alt und ich hab einen kleinen Riss
gefunden und gemerkt das die Stimmplatte an einer Seite nicht ganz fest ist. Kan ich in so einem Fall reparieren oder soll dann alles
gemacht werden?
Ist dann ein schlechtes Wachs(Mischung) verwendet worden?

vielen Dank
musixman
 
Hallo musixman,

wenn das Instrument erst 7 Jahre alt ist, ist der Riss verwunderlich und sollte nach der Zeit noch nicht als "Härteriss" auftauchen können. Könnte unter Umständen auch ein Einwachsfehler sein, dass da mit zu kaltem Wachs eingegossen worden ist und das Wachs dann erstarrt ist, bevor es mit der Platte einen anständigen Kontakt aufgebaut hat.

Du kannt dir aber auch selber einen ungefähren Überblick über deine Situation verschaffen:

Zum einen kannst du mal mit dem Fingernagel kräftig durch da Wachs ziehen. Wenn du nur ne Rille hinterlässt, so ist das Wachs sehr wahrscheinlich noch gut klebend und du hast nur einen Einwachsfehler. Dann kannst du das Wachs um die Stimmplatte mit dem Lötkolben wieder aufschmelzen und die Platte so wieder fixieren.

Wenn deine Nagelprobe eine bröselige Rille hinterlässt, dann ist das Wachs nix.
Du kannst zwar dann immer noch die Stimmplatte wieder "einlöten" aber es ist dann nur ein Provisorium und über kurz oder lang wirst du wieder lose Stimmplatten bekommen.

Aber egal wie die Probe ausfällt - einwachsen kannst du die Platte immer, es ist nur eine Frage, wie dauerhaft die Reparatur dann ist.

Du kanst aber auch mal schauen, ob irgendwo an dem (oder einem anderen ) Stimmstock ne Ecke ist, wo etwas mehr Wachs dran ist und dann ne kleine Probe abmachen. Wenn du die dann in den Fingern ne Weile drückst und es wird dir dann lästig, weil du das Gefühl hast "irgendwie klebt da alles etwas unangenehm" - dann ist das Wachs noch gut und du kannst die Probe irgendwo hindrücken - die wird dann lästig gut kleben.

Hast du aber nach ner Weile immer nur das Gefühl , du knetest n bissl Wachs und du kannst das irgendwo hindrücken und es hält "halt so", dann ist das Wachs nix!

Gruß, maxito
 
Ebenso sollte, wenn Du mit dem Lötkolben langsam entlang fährst, gutes Wachs schön flüssig werden, während altes Wachs, wie gesagt, eine klebrige Pampe wird.

Stell doch mal ein Photo ein.

Grüße

Ippenstein
 
Hallo Musixman,
geht es um deine "neue" Morino 120 de luxe?
Schlechte Wachsmischungen dürften heutzutage bei allen Herstellern nicht mehr zu finden sein - erst recht nicht bei Hohner.
Von meine 10 Hohner-Instrumenten aus den Baujahren ca. 1955 bis ca. 1979 hat keines Probleme mit brüchigem Wachs.
Obwohl -> in der Autoindustrie gibt es auch in den letzten 10 Jahren immer mal Typenreihen die man als Rostlauben bezeichnen kann!!!

Frage doch mal direkt bei Hohner an:
Ralf Tritschler, Handzuginstrumentenmachermeister
Service-Leitung für Reparaturen und Anfragen im Bereich Akkordeon
Telefon: 07425 20-466
E-Mail: RTritschler@hohner.de

Dein kleines Problem wird dann bestimmt noch unter Kulanz beseitigt - dir bleibt natürlich immer noch das Problem und die Kosten mit dem Transport, selber hinfahren oder schicken?
Es ist bestimmt günstiger deinen örtlichen Reparateur diesen (hoffetlich) kleinen Mangel beseitigen zu lassen.
Aber, eine Nachfage bei Hohner würde ich auf jeden Fall erst mal machen.

freundliche Grüsse
Heinz1975
 
So einen Riesenaufwand würde ich doch nicht wegen eines kleinen Wachsfehlers betreiben, der immer mal auftauchen kann. War bei meiner nagelneuen Pigini auch so. Vorsichtig mit dem Lötkolben nacharbeiten und gut ist. Ich schick das Instrument ja auch nicht ein, weil mal eine Schraube nachgezogen werden muss.
 
vielen Dank für eure Hilfe - es geht um meine Hohner Alpina.
Ich schau mir nochmal das Wachs genau an - ích kann auch heute oder morgen Abend mal ein
Foto machen - mal sehen was ihr dazu sagt.
Aufgefallen ist mir das ja nur weil eine Stimmplatte etwas weggestanden ist am unteren Ende.

vielen Dank schon mal.
vg
musixman
PS: mann soll halt einnfach kein Akkordeon öffnen....man findet scheinbar immer was zu beanstanden:confused:
 

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