Gesetzgeber: Konzerte unter 100dB(A) - Mit alten stationären PAs machbar?

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Mal 'ne Frage an alle Livemischer.

Der Gesetzgeber bastelt derzeit massiv an einer Umsetzung der neuen DIN 15905-5 (www.din15905-5.de ) die eine Begrenzung der Lärmbelastung auf unter 100 dB(A) im Halbstundenmittel empfiehlt.

In Bayern gibt es sogar schon ein Landratsamt (Weilheim / Home of Notwist...), das Veranstaltern ein Limit von 95 db(A) im Stundenmittel in den Auflagenbescheiden vorschreibt. Man hat dort zwar inzwischen einen Toleranzwert von 3 dB, also insgesamt 98 dB eingeführt, aber ist eine Veranstaltung lauter als 98 dB, dann hagelt es Geldbusen für die Veranstalter von 250 - 1.000 €. Wurde schon sehr oft inzwischen verhängt.

Auch das Landesamt für Umwelt hat Lärmmessstudien in Diskotheken etc. durchgeführt oder zusammen mit dem DEHOGA einen DJ-Führerschein eingeführt...

Es gibt hier zwar einen Fred, der sich mit dem zu hohem Lärmpegel bereits befasst ( https://www.musiker-board.de/vb/pla...gel-hoch-auf-partys-discos-bei-konzerten.html) , aber meine Fragestellung steuert das Problem aus einer ganz anderen Richtung an:

Wir qualifizieren seit 16 Jahren Veranstalter aus dem Club- und Open-Air-Bereich. Wer von den Clubs eine stationäre Anlage hat, hat meistens nicht das Geld, ständig nachzurüsten oder Top-Equipment in den Saal zu stellen.

Wenn die 100dB-Grenzen kommen wird - UND SIE WIRD KOMMEN! so wie ich unser Ministerium verstanden habe - dann stellt sich das Problem, ob mit den vielen alten stationären Anlagen und bei dieser dB-Begrenzung überhaupt (noch) ein zufrieden stellendes Klangergebnis zu erzielen ist?

Hat jemand von Euch schon entsprechende Erfahrungen mit alten Anlagen unter 100 dB gesammelt?

Wir sammeln gerade Material für den worst case: der Gesetzgeber limitiert die Lautstärke (was ich nach mehreren tausend Konzerten als Tinnitus-geschädigter durchaus begrüße, weil nach neuesten Studien schon ein Viertel der unter 25jährigen Gehörschäden hat) - also, der Gesetzgeber limitiert die Lautstärke, aber die Anlagen können evtl. gar keinen passablen Livesound (mehr) erzeugen. Also: ähnlich wie dereinst in Sachsen - die Clubs bräuchten zum Ersatz der stationären Anlagen entsprechende Unterstützung...

Letzteres ist aber unser kulturpolitisches Problem. Mir wäre erst einmal wichtig, wie das die Techniker stehen bzw. welche Erfahrungen schon vorherrschen.

Thx!
 
Eigenschaft
 
sagen wirs mal so:

es gibt einfach unterschiedliches holz.

das sehr gute klingt leise wie laut gut, mit dem ist das alles problemlos machbar.

älteres und heute billigeres holz wird in den lautstärken meist sehr unangenehm, aber ist auf diese lautheit getrimmt, hat also nur einen bestimmten bereich, in dem es wirklich "gut" klingt.

zudem gibts natürlich auch boxen, die auf lautstärke entwickelt wurden und nur da auch gut klingen (ich mag ne leise director absolut nicht ;) )


ich denke, es ist einfach ein umdenken an den beschallungskonzepten nötig.

achja, und für große VAs: die "kaufen" sich eifnach frei und zahlen die strafne. interessant wird es erst, wenn hier auf körperverletzung angezeigt wird, das wird dann teuer.

wie die erfahrung hier in S und München gezeigt hat, bei denen auf den Volksfesten in den letzten 2 jahren niedrige Lärmlimits bis 18 Uhr gesetzt wurden, hilft das alles nichts, da das Publikum lauter wird als die PA.

hier hats viele alte EV system noch mit getrenntem High-Horn etc...was sich heir bei den meisten beobachten lässt, ist eine nahezu durchweg starke Präsenz des Basses, was einer Messung ja gut kommen würde. Die Tops waren eifnach noch nciht so effektiv, bei Bässen hat man ahlt gestapelt und gestapelt und das war auch relativ einfach zu bauen.

Das Ziel war einfach ein anderes als bei den heutigen Hybriden: große, schwere Kisten, (auch die Chasis waren ja schwer und hatten kaum hohe Belastbarkeiten) die einfach laut wurden.


Ich denke man muss das unterteilen

Im mittleren Preis-Segment:
Ich denke, es wird sich dadurch in Zukunft ein einschießen auf billigere, nicht so laute PAs geben. Viele Klangunterschiede, die bisher bei hohen lautstörken auffielen, fallen nun nicht mehr ins Gewicht. Hier wird es vll gar nicht so oft zu Kontrollen kommen, es wird der harte Job so manches Verleihers sein, dem veranstalter die Gesetzgebung zu erklären,...und entweder er bricht das Geset oder wird nicht gebucht. Die veranstalter werden größtenteils bereit sein das zu zahlen, wenn was nicht iO ist,...trotzdem erden wir eine vernünftige Pegelminderung (hoffentlich) erhalten.

1.) wer soll all die Messysteme stellen
2.) wer soll das Kontrollieren? Bisher schafft es ja noch nciht mal jemand, alle Bühnen und Fliegende bauten zu prüfen...:confused:

Die bürokratie wird auch hier keine Lösung finden, die auch nur annährned befriedigend seinw ird.

Im höhreren Preissegment:

LAs werden noch öfter eingesetzt, da viele dann den Pegelabfall minimieren wollen. Also: nochmehr kleinarrays, auch mehr "rockfähige". Altes Material dürfte hier wohl völlig ausscheiden, ich denke aber dass der Klang darunter leidet: Mitten werden bestimmt abgesenkt, um gefühlte Lautstärke zu minimieren...sch&& auf Sprachverständlichkeit etc...

naja, wird werden sehen.

Meiner Meinung anch sollten die alten systeme - sinnvoll gestackt - durchaus noch ihre berechtigung erhalten...für neuinstallationen werden wohl Vielzonenkonzepte insgesamt immer beliebter werden, auch LAs...

das ist zumidnest das, was ich erwarte.

aber das werden die nächsten 5-10 Jahre zeigen, dazwischen drin wird wohl kaum eine Disko/Club ihre PA rausnehmen und ne neue rein, weil sie zu laut geht. da werden halt limiter o.ä. runtergedreht, versiegelt und wieder aufgebrochen, wie eben auch auf den Volksfesten...:redface:


ich denke, dass das Thema zwar wichtig ist, aber im Moment einfach noch nciht richtig diskutiert werden kann, da die Gesetzgebung einfach noch nicht praxisorientiert und sinnvoll ist. Ich denke zunächst sollte eine Gliederung in Anwendugnsbereiche/arten/Größe der VA getroffen werden. Die jetzige ist ein absoluter Quark, und die db-Grenzen sind IMO für Rockshows und Disco zu niedrig.

Achja, und ich wette, Infras verkaufen sich besser :D

Nunja, wie werden sich die alten Systeme machen? so wie bisher auch. Fortschritt und Vergänglichkeit sind IMO eine Konstante, die eng beisammen hängt. Und je weiter der Fortschritt voran geht,d esto merh alte Systeme verschwinden, aber dennoch überleben ein paar.
Sich deswegen gleich ein neues System zu akufen: IMO falsch.

Aber es wird eine riesen Rolle beim kaufen neuer systeme sein, und eine aufgabe an neue Beschallungskonzepte zu denken und neues auszuprobieren.

Sowas wie ein Clair- oder F1- Cluster werden wir wohl bald gar nicht mehr sehen.

Laut muss nicht schlecht aber nicht gut heißen, genauso wie leise, dennoch gehört eine Gewisse Lautstärke dazu, und v.a. ein sinnvolles Konzept hinter allem - und daran wird es oftmals auch in zukufnt noch mangeln.
 
Moin
interessantes thema. große venues gliederst du ja schonmal aus, da ist ja eh nix mit festinstallation, da wird bedarfsmäßig gearbeitet und da kann man das ja auch berücksichtigen.

also sind wir ja bei den kleinen clubs, szeneschuppen, musik kneipen usw usw usw. hier würde ich in 2 gruppen teilen. einmal die wirklich guten und großen, die auch mal ein paar bekanntere produktionen ins haus holen, rider erfüllen müssen, fähige localcrews haben, investieren, technisch up to date sind.
in meinen augen gibt es da in D gar nicht soviele. zumindest nicht soviele wie z.b. in österreich und in der schweiz. Das Z7 geht mir so sponatn als sehr positives bsp durch den kopf....
in solchen clubs, die bereits mit der zeit gegangen sind oder einfach den nötigen betrieb haben um bei solch einer gesetzlage investieren zu wollen und zu können, sehe ich das recht unproblematisch.


und dann gibts da noch die mehrheit der clubs. in denen war der "technische leiter" noch nie auf tournee, kann dafür aber prima die wasseranschlüße der spülmaschiene reparieren. die live musik ist eh nur das notwenige übel für den nötigen getränkeumsatz. und die pa wurde zuletzt vor 10,15 jahren gecheckt. als sie eingebaut wurde. denn dann musste man ja 5 jahre abbezahlen, jettzt darf die ruhig 20 jahre drin hängen bleiben.
das sieht man leider sehr oft. der standard in kleineren deutschen clubs ist imho (verglichen zu den deutsch sprechenden nachbarländern) unter aller sau. das geht auch hoch bis zu 1000 1500er clubs mit miettechnik, da ist der stammverleiher halt ganz einfach der der am billigsten ist und rider grundsätzlich günstig interpretiert etc...

und genau hier sehe ich massive probleme. in den schuppen ist guter sound eh kaum drin, da gehts oftmals mehr um schadensbegrenzung.klar, diese leiser betreiben ist ein ansatz, keine frage. nur wirds da dann halt regelmäßig so sein das eben nur noch das halbe venue den unvorteilhaften sound geniessen darf, der rest hört halt nix bzw reste....
und nicht vergessen darf man dann ja das bei solchen geschichten das die ungleichmäßige coverage sich auch auf das messen auswirkt...
da stehen halt nach wie vor die brüllwürfel an der bühnenkante. lautester punkt messen is nich, das wär direkt in der ersten reihe, geht nicht, stolpergefahr, fluchtweg usw usw. also bekommt das messmic einen kompromiss, und schwups haben wir in der mitte den gewünschen pegel, hinten nix, und vorne bekommen die kiddis immer noch die alten hörner marke schrottplatz ins gesicht geschossen....

in der praxis wird das da vermutlich mal wieder so laufen das man nach ner weile eh raushat wer wann wie wo warum zur kontorlle dasteht oder wie man das protokoll hinbiegen kann, der moltonüberzieher für das messmic liegt bereit, den rest kannst dir denken. und man kann gar sich ja oft gar nichth vorstellen wie unglaublich kreativ techniker sein können :D
denn es wird ja ungefähr so aussehen:
band tech rückt an und ist eh schon sauer wegen des "unvorteilhaften" klanges. er checkt nachmittags mal und stellt fest "hoppla, klingt nicht nur mies, mit der schlechten coverage hört die häfte der fans nix". Also steht er dem clubtech auf die beine und macht mal vollalarm.
der geht zu cheffe "hey, die wollen was gescheites". Cheffe grinst sich eins und zeigt den vogel, kostet ja geld. also wird halt doch mal wieder getrickst und manipuliert, damit mans wenigstens laut bekommt und alle was hören und man den guten willen zeigt.
und unterm strich bleibt ne menge ärger und die zahlenden gäste sind die dummen. wie so oft.


in meinen augen macht das ganze nur sinn, wenn da wirklich auflagen an den clubbetreiber gestellt werden. klar, keiner kann einen zwingen das neuste vom neusten zu kaufen, sich zu evrschulden, unsummen zu investieren.
ABER wenn der gute herr eine show an sagen wir mal 1000 leute verkaufen will, dann sollte doch geprüft werden, ob das vorhandene system in der lage ist diese zahl an personen unter einbehalt der neuen db regel zu beschallen.
klang ist geschmakcssache, mir gehts hier um ganz technische dinge wie coverage, klirr faktor, phasings etc. tut es das, alles toll, limiter ans system

tut es das aber nicht, sollte die max verkaufbare anzahl an karten soweit reduziert werden, das für jeden besucher eine angemessene beschallung gewährleistet werden kann. denn aus sicht des (band) techs finde ich es nicht tragbar, wenn aufgrund der neuen regelung probleme auf den zahlenden gast abgewälzt werden. der wiederum sieht es ja ganz klar bei der band bzw deren crew, und so dreht sich das im kreis, und der clubbetreiber grinst sich eins und verkauft weiter seine drinks....

hier müsste imho dringends angesetzt werden. nur so macht das in den kleinen schuppen sinn und ist eine bereicherung anstatt ein stolperstein mehr. davon hat man in diesen klitschen ja eh schon genug.

ein weiterer punkt wäre das messmaterial. es kann von keinem techniker verlangt werden, das er ne ausbildung zum messtechniker macht, nen leq messplatz mit sich rumschleppt usw. das ganze müssten fest installierte systeme sein, die paragraphenmenschen dürfen sich dann nette eichvorschriften einfallen lassen und schauen das die sache save ist, wir techniker benötigen eine optische anzeige. z.b. das schweizer system sichtbare anzeige im publikumsbereich. dazu noch eine kleine rot/gelb/grün ampel an den pultplätzen und alles ist gut.
limiter die ab einer gewissen überschreitung hart eingreifen fände ich jetzt nicht mal so dumm, das hilft den uneinsichtigen sich daran zu gewöhnen.
und natürlich muss für jeden gasttechniker die möglichkeit bestehen, sich ein messprotokoll seiner show als hard oder softcopy mitzunehmen, sollte er da in irgend einer weiße belangt werden können.

98 dbALeq halte ich für einen sinnvollen wert. ein gutes system richtig eingesetzt bringt bei dem pegel in meinen augen noch mehr als genug spaß und konzertfeeling. und der art von messung sind ja auch kurze ausrutscher nach oben drin, wenn man sich dran gewöhnt hat kann man seine show schon so aufteilen, das auch der bassrumfetischist am höhepunkt noch ein ordentliches pfund in den magen bekommt.

generell begrüße ich diese regelung, habe aber meine bedenken ob sie richtig umgesetzt wird, und ob die technische seite des ganzen genug bedacht wird.

bei großen veranstaltungen kein thema, wird ja jetzt schon oft gemacht, funktioniert wunderbar. bei den kleinen wirds in meinen augen aber nicht mit einer vorschrift und busgeld gemacht sein., das würde das problem nur verlagern, bzw andere nach sich ziehen.

ich hoffe das hilft dir weiter, wenn du geziehlte dinge wissen willst dann frag ruhig nach. würd mich freuen wenn du uns da auf dem laufenden hälst, ist ja für unsereins wichtig was sich da so tut.
 
interessanter post von niethi, der da vor mir dran war....
ich sehe einige punkte wirklich anderst.

die großen kaufen sich nciht frei, die tuns ja heute schon (also das messen und auch einhalten bestimmter vorgaben). warum auch nicht . das material ums richitg zu machen ist doch eh da und wird bezahlt, dann macht mans auch richtig....
um aber die option des freikaufens generell zu verhindern, könnte man ja auch zu zahlende strafe an besucherzahl binden, und schon geht das nicht mehr so einfach...

auch finde ich da die line array geschichte in erster linie irrelevant. auch mit konventionellen systemen kann man eine gleichmäßige coverage ereichen. dann muss man halt den delay doch noch fliegen, den man sich ohne messung vllt gespart und vorne noch ein bissel mehr gas gegeben hätte...

um bei deinem bsp zu bleiben, ob I4 oder S4 würde ich nicht an ner pegelbegrenzung festmachen, sondern immer noch nach örtlichkeit und art der veranstaltung.


kann gut sein das das dem allgemeinen line array boom nochmal nen kleinen auftrieb gibt, stört mich aber nicht. ich glaube nicht das deshlab das große lowmid sterben anfängt... bei LAs ists ja nicht anders wie bei klassischen stacks oder clustern, es gibt gute und schlechte... hängt man sich ne ladung w8l ins dach, muss man sicher nicht wegen fehlender low mids klagen. hängt man ne Q hat man eben pech. ist ja aber bei clustern auch nicht anderst.
da kann ich mir auch msl ins dach ziehen, oder eben das berüchtigte eon cluster das mal als bild durch diverse foren kusierte ;)
und die die jetzt Q hängen hätten für den job früher vermutlich auch kein oberklasse cluster geflogen. bleibt für mich also alles in den gewohnten relationen, höchstens die technik ändert sich.

ich denke aber das das alles da wo die meisten probleme entstehen werden gar nciht interessant ist.... das sind halt so die kleinen clubs die früher ,mal ne kleine fabrikhalle oder ein bunker oder was weiß ich waren, und die man jetzt mit müh und not knapp 1000 leute quetscht. die decke ist grad mal 4 meter hoch, LA ist eh uninteressant, denn la groustack braucht doch kein mensch...
und genau hier müsste dann der betreiber imho die auflage bekommen, sich halt doch die von seinen techs lang gewünschte delay line für X euro zu kaufen. die X euro sind dabei mit blick auf das bereits vorhandene zu wählen. das kann ja schon schlüssig sein.
der standard des clubs bleibt wie er ist (jetzt mal egal ob gut oder schlecht), aber die db begrenzung ist technisch realisierbar und alle leute bekommen was ab.
tut er das nicht, gibts keine erlaubniss mehr für soviele gäste. denn die zahlen eintritt und haben imho das recht was zu hören.
 
Konzertveranstaltungen mit nur 100dB? Geil - dann ist es endlich aus mit den ganzen Seppel-Blaskapellen!
 
niethitwo schrieb:
1.) wer soll all die Messysteme stellen
2.) wer soll das Kontrollieren? Bisher schafft es ja noch nciht mal jemand, alle Bühnen und Fliegende bauten zu prüfen..

Zu 1) Die Messsysteme gibt es bereits von ersten Anbieter mit entsprechender Protokollierung. Die großen, ins Rack eingebauten Systeme sind ohnehin schon bei Großproduktionen (Stadienkonzerten) im Einsatz.
Zu 2) Das von mir erwähnte Landratsamt schickt abends seine Azubis mit Gehörschutz in die Diskotheken und Konzerte. Messgerät in der Tasche und Mikrophonclip auf der Schulter. Die stellen sich eine Stunde an den vermeintlich lautesten PUnkt und arbeiten ihr Stundenkontingent ab. Danach wird ausgelesen und der Gebührenbescheid wg. Verletzung des Auflagenbescheides verschickt.

Tobse schrieb:
...und nicht vergessen darf man dann ja das bei solchen geschichten das die ungleichmäßige coverage sich auch auf das messen auswirkt...
da stehen halt nach wie vor die brüllwürfel an der bühnenkante. lautester punkt messen is nich, das wär direkt in der ersten reihe, geht nicht, stolpergefahr, fluchtweg usw usw. also bekommt das messmic einen kompromiss, und schwups haben wir in der mitte den gewünschen pegel, hinten nix, und vorne bekommen die kiddis immer noch die alten hörner marke schrottplatz ins gesicht geschossen....

Da die Messpunkte im Publikumsbereich nicht realisierbar sind, arbeiten die Systementwickler hier ganz einfach mit Korrekturwerten. Vor doors open wird der lauteste Punkt ermittelt und mit dem FOH-Wert abgeglichen. Entsprechend wird ein Korrekturwert auch für die Liveshow eingegeben. Soweit zum steuernden Part des Mischers.

Die Kontrolleure gehen den harten Weg. Wie schon oben bei der Antwort an niethitwo beschrieben, praktizieren die Ordnungsbehörden den Weg, ihre Mitarbeiter inkognito mit dem entsprechenden Messequipment und Gehörschutz in die Menschentraube zu schicken und dort 30 oder 60 Minuten ausharren zu lassen. Insofern bekommen die Behörden einen auch amtlich kaum angreifbaren Leq mit einem Faktor 30 oder 60 Minuten. Dann kann der FOH-Mensch noch so sehr tricksen und ein anderes Protokoll vorlegen.

RAUTI schrieb:
Konzertveranstaltungen mit nur 100dB? Geil - dann ist es endlich aus mit den ganzen Seppel-Blaskapellen!

Genau um diesen Punkt habe ich kürzlich bei einer Fachtagung des Landesamtes für Umwelt zu den bevorstehenden gesetzlichen Initiativen mit einem Referenten des o.g. Landratsamtes heftig gestritten, weil er tendenziös den Rockbereich an den Pranger stellte.

Hintergrund: der Referent hat geschildert, dass während einer Bürgersendung des Bayerischen Fernsehens ("jetzt red i") ein Bürgermeister sich während der Auftaktblasmusik mit einem Pegelmessgerät vor die Kapelle gestellt hat. Danach hat er dann in die Kamera gepoltert, dass "die vom Landratsamt" jetzt auch so etwas verbieten wollten, weil es über 100 dB(A) erreicht hätte. Das kontert die Ordnungsbehörde aber mit der Mittelwertmessung.
Zu Deutsch: wenn die Blaskapelle zwischendurch immer wieder längere Pausen macht um den Maßkrug zu stemmen, können die den Mittelwert ganz bewußt drücken.

Stellt sich die Frage für jede Noise/Metal-und-sonst-wie-laute Band: Nach jedem Stück eine Zigarettenpause machen, um den Leq-Mittelwert unter 100 dB zu drücken? Wäre vielleicht mal eine kreative Idee.
(EDIT: Sry, Zigarette ist ja auch schon wieder out!!! Also dann könnte die harte Schwarzlederfraktion vielleicht eine kleine Grüner-Tee-Pause einlegen... :great: )

Das Problem liegt aber grundsätzlich ganz woandes - und Tobse hat es schön umschrieben:
Tobse schrieb:
und dann gibts da noch die mehrheit der clubs. in denen war der "technische leiter" noch nie auf tournee, kann dafür aber prima die wasseranschlüße der spülmaschiene reparieren. die live musik ist eh nur das notwenige übel für den nötigen getränkeumsatz. und die pa wurde zuletzt vor 10,15 jahren gecheckt. als sie eingebaut wurde. denn dann musste man ja 5 jahre abbezahlen, jettzt darf die ruhig 20 jahre drin hängen bleiben.

Insbesondere die kleinen Clubs und SoKu-Zentren haben es finanziell nicht im Kreuz, permanent in neues Equipment zu investieren. Insbesondere kommunal geförderte Bühnen mussten in den letzten Jahren durch die Finanznot der Städte ganz massiv den Gürtel enger schnallen.

Wir überlegen im Moment, ob und wie wir eine kulturpolitische Diskussion anstoßen können, um hier - im Vorgriff auf die sicherlich kommende 100 dB-Begrenzung - auch eine Investitionsrunde für die Livebühnen anzuregen. Möglicherweise im Schulterschluss von Landestopf (in Bayern z.B. dem Kulturfonds oder der Landesstiftung) und kommunalen Investitionsmitteln.

Denn das von Euch angesprochene "alte Holz" ist halt nunmal da und die Schwierigkeiten, damit auch.

Es bringt auch nichts, den "Schwarzen Peter" zwischen FOH-Mensch - Clubbetreiber - zu lauter Band auf der Bühne - und hilflos ausgeliefertem Publikum umherzuschieben. Ein guter Sound ist die beste Visitenkarte, damit das Publikum auch beim nächsten Gig wieder kommt - das versuchen wir mit Workshops ("auf der Bühne weniger ist unten mehr...") auch Bands seit Jahren klar zu machen. Aber das ist eine ähnlich harte Nuss, die es zu knacken gilt.

lg.
 
würd mich freuen wenn du uns da auf dem laufenden hälst, ist ja für unsereins wichtig was sich da so tut.

Hab gerade nochmal recherchiert. Inzwischen ist auch die Kongressdokumentation kostenlos als pdf zum Download verfügbar ( http://www.bestellen.bayern.de/shoplink/lfu_lae_00046.htm ). Die 5,- € Bestellkosten beziehen sich nur auf die Printversion. Ladet Euch das mal runter!

Die Fachtagung hieß: "Musik - Ohrenbetäubend?" (Schallpegel bei Musikveranstaltungen).
Veranstalter war das Bayerische Landesamt für Umwelt in Erlangen.

Anwesend waren rund 90 Prozent Behördenmitarbeiter (was zeigt, dass sich die bereits darauf vorbereiten, wie sie die kommenden Auflagen umzusetzen haben). Dann war da noch eine handvoll DEHOGA-Menschen und drei aus dem Rockbereich (u.a. ich und einer aus unserem Netzwerk der auch zur FOH-Crew u.a. vom "Rock im Park"/Nürnberg gehört). Nur soviel zur Interessenslage, dass das Thema noch nicht so recht im Livebereich angekommen zu sein scheint.

Tobse schrieb:
ein weiterer punkt wäre das messmaterial. es kann von keinem techniker verlangt werden, das er ne ausbildung zum messtechniker macht, nen leq messplatz mit sich rumschleppt usw. das ganze müssten fest installierte systeme sein, die paragraphenmenschen dürfen sich dann nette eichvorschriften einfallen lassen und schauen das die sache save ist, wir techniker benötigen eine optische anzeige. z.b. das schweizer system sichtbare anzeige im publikumsbereich. dazu noch eine kleine rot/gelb/grün ampel an den pultplätzen und alles ist gut.

Hatte ich vorher vergessen: das Ampelsystem wird insbesondere für Diskotheken diskutiert. Für den FOH-Platz sind ganz andere und auch wesentlich handlichere Tools praktikabler - und auch schon existent. Da rechnet die Software dann auch gleich die Halbstunden- oder Stundenmittelwerte aus (Peaks bis 135 sollen wohl weiterhin erlaubt bleiben, das nur als Nachtrag zur bisherigen Diskussion).

lg.
 
Also wenn ich mich hier so umschaue in den Diskos und bei den Veranstaltungen vor Ort:

Die Zielgruppe dieser Richtlinie sehe ich vor allem bei den Diskotheken. Meistens relativ kleine Räume, 4 Punkt Beschallung. Oftmals nicht das beste Material.

Und ich sag euch was hier hilft, leiser machen. Das ist alles keine FRage des MAterials sondern des DJs oder des Anlagenbetreibers. Du wirst hier keine Verbesserung durch besseres Material erreichen. Laut ist Laut. Die Coverage bzw. Reichweiter irrelevant. Evlt. kann die ein oder andere Disko etwas umbauen, so dass ihre Beschallung nicht mehr auf Kopfhöhe hängt und dir das Ohr weg bläst aber ansonsten hilft hier nur leiser machen. Was auch dringend notwendig ist wenn ich mir einige der Diskos so anschaue.

Zumal die Leute ja beinahe jedes WE in die selbe Disko aber nur selten jedes WE aufs gleiche Konzert gehen

Bei Konzertveranstaltungen wird es halt auf mehr Aufwand hinauslaufen. Dezentrale Beschallungen. Mehr Delaylines usw.
 
jetzt mus ich auch mal fragen:

gerade in wirklich kleinen Lokalen kommt ja -gerade für die ersten paar Reihen sehr viel Sound direkt von der Bühne.

Gibt das nicht ein ähnliches Problem wie für die Blasmusik?
Ich glaube nämilch kaum, das der Bühnenpegel unter 100dB bleibt.

Genau: giltet diese Lärmverordnung auch für die praktizierenden Musiker? - Schlagzeuger:screwy:

Versteht mich nicht falsch, in bin voll dafür mein Gehör zu schützen oder in solchen Fällen kann kein Techniker der Welt was tun.

Lg Melody
 
gerade in wirklich kleinen Lokalen kommt ja -gerade für die ersten paar Reihen sehr viel Sound direkt von der Bühne.
Gibt das nicht ein ähnliches Problem wie für die Blasmusik?
Eindeutig: JA, das Problem ist das gleiche!

Ich glaube nämilch kaum, das der Bühnenpegel unter 100dB bleibt.
Genau: giltet diese Lärmverordnung auch für die praktizierenden Musiker? - Schlagzeuger:screwy:
Es gilt - wie schon oben gesagt - der halbstündige oder der Stundenmittelwert. Die Peak-Ausschläge bis 135 dB(A) werden sicherlich nicht verboten!
ABER: der Grenzwert gilt auch für Musiker und deren Backline. Btw ist es einem besseren Gesamtsound immer zuträglich, wenn es auf der Bühne leiser zugeht. Das akzeptieren blos viele Musiker nur sehr schwer.
Ich habe fast 15 Jahre im Fotograben zugebracht. Der Schlimmste Mucker, der mir widerfahren ist, war Roy Herrington, der seinen Marshall mindestens auf 12 aufgerissen hatte, mit total überbordenden Höhen. Damit konntest Du Brot schneiden! Offenbar war der auch nicht mehr Herr seines Gehörs, weil er das sonst nicht hätte tun müssen.

Versteht mich nicht falsch, in bin voll dafür mein Gehör zu schützen oder in solchen Fällen kann kein Techniker der Welt was tun.Lg Melody
Der Techniker nicht - der kann heute schon meist nur die Arme verschränken und muss am FOH-Platz fast nur den Gesang abmischen, weil die Backline so viel von der Bühnenkante schiebt. ABER der Musiker kann etwas dagegen tun - und ER WIRD ES TUN MÜSSEN, wenn das in den Genehmigungsbescheiden für die Veranstaltungen so drin steht.

Denn wenn ein Veranstalter dafür zahlen muss (wie gesagt im Landkreis Weilheim-Schongau schon bis zu 1.000 € pro Konzert), dann wird der Veranstalter das an den Verursacher weiter geben.
Künstler lassen sich z.B. auch vertraglich nicht in die sog. "künstlerische Darbietung" reinreden. Umgekehrt kann der Veranstalter aber auch in den Vertrag reinschreiben, dass der Künstler oder dessen Technikcrew für die Einhaltung der behördlichen Auflagen verantwortlich sind - und z.B. auch bei Gehörschädenklagen zu haften haben. Dann zahlt zwar zunächst der Veranstalter (als quasi auch erster in der Zahlungskette der Behörden), reicht diese Forderung aber zivilrechtlich an die Verursacher weiter.

Und noch etwas: habe gesehen, dass Du aus Österreich kommst. Wenn Du Dir die o.g. Broschüre runterlädst, wirst Du im Vergleich der ausländischen Grenzwerte sehen, dass in Österreich bereits 100 dB(A) bei Rockkonzerten gelten. Wie das kontrolliert wird, vermag ich nicht zu sagen. Aber das ist bei Euch bereits gültig!

lg.
 
Hi rockbuerosued!

danke für die Infos!

Wusste nicht, dass das in Österreicht schon (teilweise) eingeführt worden ist. (in der Regel sind seid ihr Deutschen schneller)

ABER: ich bin mir sicher dass sich darum kein Schwein (sorry) schert, das ist bei uns so richtig jedem egal!
Ich binjetzt nicht der große Konzertgeher, aber wenn dann wahrs bestimmt immer lauter als wie 100dB im durchschnitt! gerade in Discos wo die Lieder ja ohne Pause aneinander gereiht werden...

Lg Melody
 
Gibt das nicht ein ähnliches Problem wie für die Blasmusik?
Ich glaube nämilch kaum, das der Bühnenpegel unter 100dB bleibt.

Genau: giltet diese Lärmverordnung auch für die praktizierenden Musiker? - Schlagzeuger:screwy:
ABER: der Grenzwert gilt auch für Musiker und deren Backline.
Bitte genau lesen: die DIN 15905-5 wird nur für elektroakustische Anlagen gelten, nicht für Musiker. Die Blaskapelle fällt somit nicht unter DIN 15905-5 (wenn dann TA Lärm oder sowas anderes).

"Teil 5: Maßnahmen zum Vermeiden einer Gehörgefährdung des Publikums durch hohe Schallemissionen elektroakustischer Beschallungstechnik
[...]
Die Norm gilt für elektroakustische Beschallungstechnik in Veranstaltungsstätten "
www.din15905-5.de


Was eigentlich noch wichtiger ist, endlich diese A-Bewertung rauszunehmen und dafür die Lautheit zu messen, denn nur diese ist von den momentanen Messverfahren am nächsten am Gehör. Die Grenzen der A-Kurve kannten auch schon deren Erfinder (glaube in den 1930ern war das) und haben das auch nicht verschwiegen.
 
Moin,
danke 00, denn wenn das ganze so auch auf Bühne und backline gelten würde, wären viele große shows einfach gar nicht mehr möglich.
Es gibt ein haufen bekannter großer Bands, die bei diesem Pegel schlichtweg nicht spielen können. Altrocker eben, die spielen schon seit 20 jahren mit deutlich höheren pegeln, die hören das einfach nicht mehr.
da wäre dann nicht die kleinste chance für einen auftritt in D drin, wenn das knallhart auf die bühnen übertragne würde...

dann noch zum übertragen der strafe auf band oder tech.
da hoffe ich doch sehr, das das eben nicht so wird, es gibt ja auch schon rechtskräftige urteile die genau das gegenteil aussagen. ich werd versuchen die links wiederzufinden. inhaltlich war es aber in etwa folgendes:

der veranstalter ist in der Verkehssicherungspflicht. Diese ist zwar übertragbar, allerdings bleibt dabei eine Kontorllpflicht.
Heißt für uns der veranstalter kann seine Pflicht sich über den Pegel schlauzumachen und ggf die Notbremse zu ziehen zwar abgeben (z.b. an seinen clubtech), hat abere trotzdem noch die pflicht diesen zu überwachen.
er ist zwar nicht mehr der ausführende der sich darum streitet, trotzdem noch der mann im hintergrund der aufpassen muss.

und dann ist diese sicherungspflicht natürlich nur sinnvoll abzugeben. und zwar nicht an den lärmverursacher selbst (die band), das wäre nicht zulässig.
macht ja auch sinn.
und auch nicht an den tontechniker der band, ich glaub sie nannten es lagerzugehörigkeit. ist ja auch ebenfalls logisch, der tontechniker steht in einer direkten beziehung zum lärmverursacher, und ist schlichtweg nicht geeignet die verkehrssicherungspflicht auszuüben.

somit kann der veranstalter diese aufgabe eben nicht an tontechniker und band abwälzen, sondern nur an unbeteiligte dritte. und ist dann trotzdem noch in der pflicht diese zu kontorllieren.

sollte sich dieses ändern würde das ganze keinen sinn mehr machen. ich denke dann würde recht schnell einfach kein tech mehr in kleinen clubs etc (die ja besonders gefährdet sind) arbeiten. die preise dort sind eh kaputt, und wer würde schon gegen schlechte bezahlung einen job machen, der ihn schnell mal nen tausender kostet wenn die punkband kurz gas gibt....

ich hoffe sehr, das man hier in zukunft auf dieses und ähnliche urteile aufbaut. sonst muss man sich zumindest bei kleineren shows gar keine gedanken mehr drüber machen wie man da messtechnisch kontorlliert, weil erst gar niemand mehr da auftauchen wird um sie technisch umzusetzen.

edit: lesezeichen gefunden, hier der link, so schwer isser ja gar nich ;)
klick mich
dort auf rechtliches klicken. besonders interessant das urteil des LG Nürnberg-Fürth kurz vor ende der seite.

edit2: 00schneider hatte den link ja auch schon drin :redface:
 
danke 00, denn wenn das ganze so auch auf Bühne und backline gelten würde, wären viele große shows einfach gar nicht mehr möglich.
Wobei natürlich z.B. ein Gitarrenamp mit/plus Lautsprecher(n) auch eine elektroakustische Anlage ist. Der Messpunkt für den Pegel ist der Ort an dem die höchsten Pegel zu erwarten sind und für das Publikum zugänglich ist, sollte der Gitamp auf der Bühne also so laut sein dass vorne an der Bühne im Publikumsraum ein zu hoher Pegel herrscht, könnte das auch nach der 15905-5 zu handhaben sein. Das lässt sich aber nur durch den genauen Wortlaut der Norm klären, und der ist mir nicht bekannt.

Dieses Beispiel in der "Jetz red I"-Sendung war eben total für die Katz (ich glaub ich hab das sogar damals im TV gesehen).

Wichtig ist, dass die 15905-5 nur den Pegel der Beschallungsanlage an allen dem Publikum zugänglichen Orten regelt. Was auf der Bühne passiert (akustische Instrumente wie Schlagzeug) oder auch das Publikum selbst (Gekreische) fällt da nicht drunter, genauso sind Belastungen fürs Personal Sache des Arbeitsschutzes.


Vielleicht auch ganz passend zu der Thematik: Es gibt ja schon das SoundEar zur Illustration des Pegels. Daran noch ein Anschluss für ein externes Mikro und die Aufzeichgung an die neue Norm angepasst, dann wäre das sicher ein gutes Konzept.

www.soundear.de
 
Moin,
danke 00, denn wenn das ganze so auch auf Bühne und backline gelten würde, wären viele große shows rinfach gar nicht mehr möglich.

Lieber Tobse & 00,
jeder Musiker wird sich auch weiterhin so laut machen können wie er will.
Zukünftig aber sicherlich mit zwei Ausnahmen:
a) wenn an dem Punkt, wo das Publikum am nächsten steht der Grenzwert überschritten wird und
b) wenn, die Band sich z.B. eine/n Lohnmucker engagiert hat. Dann ist die Band-GbR nämlich plötzlich ARBEITGEBER und der Lohnmucker unterliegt definitiv den ARBEITSSCHUTZBESTIMMUNGEN. Mit diesem Problem und der Dezibelproblematik kämpfen im Moment etliche große Orchester!!!

der veranstalter ist in der Verkehssicherungspflicht. Diese ist zwar übertragbar, allerdings bleibt dabei eine Kontorllpflicht.
Heißt für uns der veranstalter kann seine Pflicht sich über den Pegel schlauzumachen und ggf die Notbremse zu ziehen zwar abgeben (z.b. an seinen clubtech), hat abere trotzdem noch die pflicht diesen zu überwachen.

Oder aber auch zu deutsch: wer zahlt schafft an!
Eines noch vorneweg. Es geht nicht darum, hier den Schwarzen Peter den FOH-Menschen zuzuschustern! Ich hatte etwas das Gefühl, das zwischen Euren Zeilen herauszuhören!

Aber die Realität sieht wie folgt aus. Wie schon erwähnt qualifizieren wir seit 16 Jahren Veranstalter aus ganz Deutschland - die Mehrzahl davon aus dem Club- und Mid-Level-Bereich. Und da wird dieses Problem auch längst und sehr heiß diskutiert.

O-Ton: 1.500er Halle hatte einen bekannten englischen Act auf der Bühne. Der war weit über dem jetzt diskutierten Dezibelwert. Was macht der "normale" KOnzertgänger, wenn es ihm zu laut ist? Er geht ein paar Meter zurück! Wenn es dann noch immer zu laut ist, gehen die ersten aus der Halle. Selbiges war passiert. Der örtliche Veranstalter hat den Tourneeleiter auf die beiden Faktoren hingewiesen. Der TL sagte, das gehe ihn nichts an. Der ÖV hat das Thema nochmals moniert. Der TL blockt weiterhin.

Dem ÖV platzt der Kragen und er hält dem TL einen kurzen Schriftsatz unter die Nase, worin sich der TL als Vertreter von Agentur und damit Künstler schriftlich verpflichtet, für etwaige Schadenersatzansprüche des Publikums (siehe Koblenzer-OLG-Urteil und das Nürnberger ARGO-Urteil) persönlich bzw. als Vertreter von Agentur/Band gerade zu stehen. Zudem würde das an der Tür von den Besuchern zurück geforderte Geld in voller Höhe von der Beteiligung des/der Künstlers/Agentur am Deal abgezogen. Und siehe da: prompt war der Sound ganz schnell auf ein erträgliches Maß zurück gefahren.

Der TL kann auch - notfalls via Telefon über das Managements des KÜnstlers - auf die Lautstärke der Band Einfluss nehmen. Er muss es, wenn die Verkehrssicherungspflicht ins Spiel kommt.
Die da ja lautet, dass ein Besucher eine Veranstaltung gefahrfrei besuchen und auch wieder so verlassen darf. Da steht nicht drin, dass die Besucher in der ersten Reihe wegen der Backline-Lautstärke ausgenommen seien. Campino von den "Hosen" sagte mir zwar mal in einem Interview: "Wer zu uns in die erste Reihe kommt, der weiß, auf was er sich einlässt". Das war zwar mehr auf die Drangsituation gemünzt, lässt sich aber auch anders interpretieren.

Wenn es aber nicht um eine Tourproduktion geht, sondern z.B. ein Einzelgig ansteht, wofür eine PA-Firma separat gebucht wird, dann liegt natürlich die finale Verantwortung wie auch die Verkerhssicherungspflicht beim Veranstalter. Der wird auch schleunigst auf die Band einzuwirken haben, wenn der FOH-Mensch nur mit den Schultern zuckt und auf sein Pult zeigt, wo in solchen Fällen meist nur noch der Sänger geregelt wird.

Aber auch dieses Problem wird unter Veranstaltern längst diskutiert. Wenn die Dezibelbeschränkung in einem Auflagenbescheid stehen sollte, kommt Sie entsprechend auch in die Verträge mit den Einzelbands oder die Verträge mit den Agenturen. Das entbindet der Veranstalter zunächst - wie von Euch angemerkt - auch nicht von der Verkehrssicherungspflicht (er ist direkter Geschäftspartner des Endkunden), aber sollte der verklagt oder bestraft werden, wird er seine Ansprüche - lt. Vertrag - zivilrechtlich an Künstler/Agentur weiterleiten.

Und unterschätzt die Kommunikation der Veranstalter untereinander nicht. Hat da mal eine Band einen "Makel" (weigert sich die behördlichen Lärmschutzauflagen einzuhalten), werden die anderen Veranstalter diese entweder nicht mehr so gerne buchen oder aber bei den Verträgen ganz pingelig sein.
Wenn man sich ansieht, welche Bands auf "Schwarzen Cateringlisten" stehen und in sonstigen Vorwarnkanälen auf rot geschaltet sind, dann wäre die Lautstärkewarnung nur mehr eine weitere Schublade.

Dann bliebe solchen Bands nur noch, sich zukünftig selbst zu veranstalten - aber mit den dann sicherlich gleichen Auflagenbescheiden der Behörden. Und wenn man dann als Eigenveranstalter zahlen muss, wird sich zeigen, ob die Dezibel-schwangeren Freaks so gerne in die eigene Geldbörse greifen.

Schlusssatz zur neuen DIN

Wenn Ihr Euch die in einem Vorpost verlinkte Konressdoku mal herunterladet, werdet ihr im Referat von Michael Oehlerking (der hat im übrigen auch an de Neugestaltung der DIN 15905-5 mitgewirkt) folgenden Satz finden:
"Sie (Anm.: die DIN) kann Gesetzescharakter erhalten z.B. durch Erlass oder durch Eingang in die Rechtssprechung".

Das heißt aber auch, die DIN hat zunächst einmal keinen gesetzlichen Charakter. Maßgeblich für eine Veranstaltung ist der Auflagenbescheid der jeweiligen Ordnungsbehörde. Und die zielt auf die Verkehrssicherungspflicht des Publikums am lautesten, dem Publikum zugänglichen Punkt im Raum ab. Ob die Lärmquelle von der Backline in die erste Reihe dröhnt oder aus der "elektroakustischen Anlage", ist der auch kontrollierenden Ordnungsbehörde gelinde gesagt egal.

Der Veranstalter bekommt als Folge z.B. in Weilheim einen Bußgeldbescheid bis zu 1.000 €. Ob oder wie der Veranstalter das dann an die Band und/oder die Agentur weitergibt, ist dann eine zivilrechtliche Angelegenheit. Und - wie oben geschildert - auch eine Sache der vertraglichen Regelung zwischen diesen Parteien. Und diese Vertragsergänzungen werden definitiv kommen!

lg.
 
Vorsicht, nicht falsch verstehen, ich denke nicht das es Ziel des ganzen ist uns Technikern den schwarzen Peter zuzuschieben.
Das Ziel ist ja klar der Schutz des Publikums, und das ist ne gute Sache.
und ich freu mich über die diskussion hier.
Aber natürlich ist es in meinem Interesse, das es eben nicht zur Gewohnheit wird das es letztendlich am Tech hängenbleibt. Und es gibt natürlich Veranstalter, die das gerne versuchen. Beispiel das ich so live und in Farbe erlebt habe

Eine kleine Kurztour mit einer Hard Rock Kapelle. Typisches Rockbesteck, drums, bass, 2x git, vox. Knackiger Showpegel und auch auf der Bühne gehts gut rund. Allerdings nicht extrem oder abgehoben oder völlig übertrieben, guter r'n'r durschnitt eben.
ich war als monitor tech dabei und verantworlich für die gesamte ton planung und umsetzung. Ankunft am venue, kurzes anschauen der lokalität durch den tl, tm, lichtcheffe und mich. dann kaffe und kurze besprechung. macht ja sinn so. ich hab noch nichtmal ausgetrunken rennt der assi des veranstalters wild mit nem zettel fuchtelnd auf mich zu, ob ich der ton chef bin, ich soll doch bitte mal hier unterschreiben.
er legt mir nen zettel vor auf dem steht das ein pegel von 96dbaleq nicht überschritten werden darf, und ICH (da stand mein Name drauf!!) für sämtliche schäden an personen voll und alleine haftbar wäre.
meine erste frage also: "was ist denn hier für ein messsystem installiert, zeig mir bitte die eichunterlagen davon, und natürlich will ich ein protokoll der show, sonst geht gar nix."
die antwort war recht lustig... messystem, sowas gäbe es hier nicht...
also mal den veranstalter hergeholt. ging dann ne ganze weile hin und her und es stelle sich raus das sich der gute mann das so vorgetsellt hatte das wir ja wenn wir wollen mit nem schätzeisen messenkönnen, es geht ja nur darum das wir unterschreiben das ihm nix passieren kann. macht er immer so.
diese geschichte entstand auch erst vor Ort, bei den vorgesprächen kein wort davon obwohl ich bei jedem venue ausdrücklich nach etwaigen db beschränkungen oder sonderfällen gefragt habe!!!
das ganze ging ne weile hin und her und es wurde versucht seitens des veranstalters zu pokern, bis sich der torumanager ne funke geschnappt hat, und den inzwischen angelaufenen load in gestoppt hat mit den worten "jungs, das zeug zurück, den trailer zu, checkt die hands aus, wir machen heut nen off day". Dann seine unterlagen eingepackt hat, aufgestanden ist, ein "also tschüß dann, wir packens" richtung veranstalter gewunken hat und rausgelaufen ist.......
plötzlich war der zettel im müll und alles kein problem mehr....

ich hoffe du weißt worauf ich raus will. es darf halt nicht passieren, das die verantwortung auf die techs abgewälzt wird, einfach nur damit der veranstalter sie los ist. die tontechs sind da in meinen augen auch einfach die falschen dazu.
diese "lagerangehörigkeit" sehe auch ich recht deutlich, ich stehe im zweifelsfall immer hinter meiner produktion und nicht hinter dem veranstalter. und es sind einem auch bis zu einem gewissen grad die hände gebunden. bis zu einer bestimmten größe gibt die bühne ganz klar den showpegel vor, da kann er foh tech machen was er will. wenns da zu laut ist ist feierabend, hat er keinen einfluß drauf.
und als monitortech ist das recht einfach, entweder ich mach so laut das meine band sich wohl fühlt, oder ich fahre nach hause und ein anderer machts.
das einzige wo es klar von den techs bestimmbar ist, sind arena oder groß open air jobs. da ist die bühne weit genug von den leuten weg und die haben nur system. bleiben 90% aller konzerte in D bei denen das nicht so einfach geht.

und hier haben die tontechs keinen einfluß drauf, da kann man sich allenfalls entscheiden ob man seinen job behalten möchte, oder die auflagen erfüllt. dumme entscheidung.

in meinen augen macht der der veranstalter am meisten sinn, er hat die fäden in der hand, er macht die verträge und kann von vorne herein festlegen was sache ist. eine unterstützung durch den tl macht sicher sinn, alleine um die kommunikation zu erleichtern, miteinander geht sowas meistens leichter.
bliebe halt noch zu klären wer dann letztendlich den kopf in der schlinge hat, der tl oder der veranstalter.
und was mit den vielen kleinproduktionen ist, die halt keinen tl und keinen tm und keine richtigen tontechs haben, sondern bei denen die crew aus dem kumpel besteht der ein mischpult bedienen kann, und der freundin des drummers die t-shirts verkauft.....


ein weiterer punkt der mir kopfschmerzen macht sind die messungen des ordnungsamtes. erstmal danke das du das beschrieben hats, mit messgerät in der tasche und clip auf der schulter... kannte ich so nicht.

wenn jetzt aber in einem härtefall diese messung gilt und fakt ist, und nicht etwa eine im venue installierte messanlage, dann sind wir da ja völlig von den messergebniss der amtsläute abhängig. seh ich das richtig?
also mal völlig weg vom "wer muss haften gedanke" hin zum "wer gibt vor wanns strafbar wird und wie kann ich mich schützen".
wenn ich das richtig verstehe ist alles was ich mir so in die hütte hänge höchstens für mich zur kontorlle, im ernstfall aber nix wert und die messung des amtes ist das maß aller dinge.

ehrlich gesagt dreht sich mit bei dem gedanken der magen um....
wer sucht den da die mitarbeiter aus die das machen, werden die geschult und vor allem wie? und klar ist ja das "hier gehts an, hier gehts aus, batterien wechseln nicht vergessen" eben keine schulung ist...

und ob jetzt der azubi der richtige ist um in der disse zu messen sei auch mal so in den raum geworfen... der fährt der halbstarke nach den 1,2 stunden dort doch schonmal mit anlage auf vollanschlag das die heckscheibe wackelt im getunten 2er golf nach hause, und hat das ding halt noch angeschaltet....

mit dem amt habe ich schon so einiges erlebt.
z.b. leute die ihre messgeräte in keinsterweise bedienen konnten (bis hin zu "wo geht das ding nochmal an..." ), leute die selbst nich wissen wo das db limit denn nun liegt das sie kontorllieren wollen. leute die die main outs der konsole versiegeln, aber nicht verstehen was passiert wenn man die 10db headroom im contorller jetzt denn nutzen würde.
es stand auch mal einer da und meinte wenn es zu laut werden würde würde er mir einfach die chinch kabel zu den amps durchschneiden. die chinch ausgänge such ich an der großen lila konsole noch heute vergebens.
und ja, auch wenn ich weiß das es ne harte anschuldigung ist, ich habe es auch schonmal mitbekommen wie beim hallo handschlag zwischen veranstalter und amtsmensch die scheinchen geknistert haben, und plötzlich war leider das gerät defekt und man konnte nicht mehr messen, aber das wird ja schon passen und klingt auch echt toll....

es geht hier ja nicht gerade um kleine geldbeträge, das wort körperverletzung fiel ja auch schon. wie also wird derjenige der den kopf in der schlinge hat denn gegen, nennen wir es einfach mal messfehler des amtes geschützt?
oder wird automatisch von der unfehlbarkeit des messenden ausgegangen?
 
Hallo Kollegen

Nun darf ich mich auch mal einschalten, der in einem Land lebt, dass die dB Deckelung seit Jahren praktiziert, ohne nenneswerte Einschränkungen.

Erstamal zum Thema Noremn:
Eine Norm ist eine Zusammenfassung des allgemeinen anerkannten Standes der Technik. Dies wird natürlich durch die Beteiligung versch. Firmen etc. jeweils in Gewisse Richtungen hinbewegt (eigene Interressen werden geschützt). Wie Bernd schon richtig anmerkte ist Sie grundsätzlich nicht bindend, somit können auch keine Strafen verhängt werden. Sobald jedoch ein Gesetz daraus wird, dass sich auf die Vorgaben/Bestimmungen von Normen stützt, ändert sich die Situation schlagartig.

Die Schweiz hat vor Jahren ein dreistufiges Modell exkl. Ausnahmen eingeführt, mit insgesamt positiver Resonanz.

Dies beduetet: Die niedrigste Stufe mit 93dBALeq60 wid zwingend bei, ich sag es etwas salopp, Famielienveranstaltungen angewendet und allg. bei Veranstaltungen, bei denen der VA nicht Sondermassnahmen einleiten will.

Die zweite Stufe zwischen 93dBALeq und 96dBALeq benötigt schon den Hinweis auf die max. Laustärke, gut sichtbar für die Besucher positioniert sowie die kostenlose Abgabe von Gehörschutzmassnahmen.

Die dritte Stufe zwischen 96dBALeq60 und 100dBALeq60 gelten neben den Anfoderungend der tieferen Stifen zusätzlich die zwangsweise Abgabe des Gehöschutzes, sowie natürlich auch entsprechende Messungen. Die Logdaten müssen min. 30Tage aufbewahrt werden und es muss eine Chillout Zone angeboten werden.

Stufe zwei und drei sind den Behörden zwei Wochen vor der VA zu melden.

Es gibt auch noch Ausnahmeregulungen die über 100dBALeq60 gehen dürfen, diese sind aber von den Behörden zu genehmigen.

Es ist klar, dass bei Veranstaltungen anderst, also nicht so "offen" gemischt werden muss, also einfach etwas weniger Dynamik, um die Zielsetzungen auch einzuhalten.

Normalerweise wird die erste Stufe angestrebt, bei kleineren Veranstaltungenm da es hier kaum Auflagen gibt. Die zweite Stufe trifft man bereits eher selten an.

Mann muss sich mal vor Augen führen was überhaupt 93 - 96dBALeq über 60Minuten gemessen bedeuten, das ist alles Andere als leise!

NB: Selbst Teenies schreien nicht mit 100dBALeq60! Zudem geht es um elektroakustische Anlagen, wie 00 schon angemerkt hat. :confused:
 
Da kam mir Tobse dazwischen...

Ich kann deine Aussagen bzgl. der Art und Weise wie gemessen wird nachvollziehen. Ich kenne aus aus festinstallarieten Messeinrichtungenso, dass diese tatsächlich regelmässig, meist jährlich vom METAS oder einem anderen akkreditierten Labor kalibriert werden. Meist sind die Geräte auch versiegelt, damit nicht jemand einfach dass Messmic umhängen kann, andere Daten einspielen etc.

Auf den Vollproduktionen sind meist zwei Systeme installiert, eines vom Veranstalter oder Produktion selbst (zwecks Selbstschutz) und andereseits eines vom Amt. Beides natürlich amtliche Geräte. Aber: Gerade hier sind Messungen IMHO nicht oder nur stichprobenartig notwendig, weil hier i.d.R. Profis arbeiten und sich mit den aktuellen Richtlinien auskennen.

Die problemzone sind meist die kleinen VA`s, wie von Tobse beschrieben. Und dass sich bei uns die Kollegen in blauer Uniform meist nicht mit dem Messgerät auskennen, bleiben deren Messungen eh meist sehr Suspekt. ;)
 
Vorneweg auch meine Meinung, dass sich die Diskussion jetzt ganz spannend entwickelt - obwohl meine Ausgangsfrage ja eine ganz andere war. Selten einen so interessanten Thread gefunden in den letzten zweieinhalb Jahren.:great:

Toll auch, dass das ganze hier auf einem qualitativ sehr hohen Niveau abläuft. SCHADE ABER, dass das die Mucker hier im Board wohl kaum mitbekommen, für deren Kleingigs in Clubs und JuZes die 100 Dezibel ja demnächst erst zum "Problem" werden, wie wir sicherlich einhelliger Meinung sind.

Ich fang bei meiner Antwort mal mit dem sicherlich pragmatischsten Punkt an:
ein weiterer punkt der mir kopfschmerzen macht sind die messungen des ordnungsamtes. erstmal danke das du das beschrieben hats, mit messgerät in der tasche und clip auf der schulter... kannte ich so nicht.
wenn jetzt aber in einem härtefall diese messung gilt und fakt ist, und nicht etwa eine im venue installierte messanlage, dann sind wir da ja völlig von den messergebniss der amtsläute abhängig. seh ich das richtig?
Ich würde sagen: JA, da könntest Du richtig liegen! Das Beispiel mit dem Mikrophonclip auf der Schulter ist der O-Ton des Ordnungsamtsmenschen am Beispiel des Landkreises Weilheim.
Ob oder wie die Hiwis instruiert sind, die man mit Gehörschutz in die Konzerte schickt, vermag ich aus der Distanz nicht wertend zu sagen. Da es sich um ein neues und noch sehr heikles Thema handelt (ein örtlicher Veranstalter aus dem betreffenden Landkreise hatte auch versucht, sich auf dem Klageweg gegen den Auflagenbescheid zu wehren, ist aber vor Gericht gescheitert), gehe ich mal davon aus, dass die dort nur "juristisch wasserdichte" Messungen vornehmen.
Ob das dann in der Masse so sein wird, wenn das mal flächendeckend über die Republik so ablaufen dürfte...? Da stimme ich dann eher Deiner Einschätzung aus Deinen Erfahrungswerten zu, denen ich im übrigen als "Praxisbeispiele" auch gar nicht widersprechen will.
Wir haben in den letzten Jahren über 1.000 Veranstalter aus der ganzen Republik qualifiziert, und die erzählen nachts beim Bier auch Dinge, die man als Normalsterblicher nicht glauben würde.

Fakt bleibt aber: erbringt die Inkognito-Messung des Ordnungsamtes ein Ergebnis, wonach die Veranstaltung gegen den Auflagenbescheid verstößt, dann gibt es ein Ordnungsgeld (ob die 250 - 1.000 € später bundesweit so bleiben, ist auch zu bezweifeln. Das ist halt momentan der Ansatz im besagaten Landkreis.). Dagegen kann der Betroffene sicherlich Widerspruch einlegen und evtl. auch die Messung anzweifeln. Bin gespannt, ob da einer vor Gericht als Sieger hervor gehen wird.

Tobse schrieb:
wenn ich das richtig verstehe ist alles was ich mir so in die hütte hänge höchstens für mich zur kontorlle, im ernstfall aber nix wert und die messung des amtes ist das maß aller dinge.
ehrlich gesagt dreht sich mit bei dem gedanken der magen um....
Mir nicht minder. Aber ich gehe davon aus, dass die entsprechende Messeinheit im Rack eines jeden FOH zum Standard wird. Auch für kleinere Clubs soll es "amtliche" Teile wohl unter 2.000 € für den stationären Einbau geben, was m.E. auch noch im finanzierbaren Bereich liegt.
Dass die Dinger dann in Ordnung gehalten werden, dafür ist und bleibt aber jeder selbst verantwortlich. Wenn einer zum Gig mit dem Auto oder LKW fährt und wird geblitzt, kann man sich ja auch schlecht auf die "eigene Messung" des Tachometers berufen. Dass zwar schon ein paar Blitzer-Prozesse von Zahlungspflichtigen gewonnen wurden, ist aber eher die Ausnahme und jeder weiß, dass man halt seither die 3 km/h Toleranzwert von jeder Messung abzieht. Es würde mich nicht überraschen, wenn es sich hier ähnlich entwickeln würde.

Tobse schrieb:
...er legt mir nen zettel vor auf dem steht das ein pegel von 96dbaleq nicht überschritten werden darf, und ICH (da stand mein Name drauf!!) für sämtliche schäden an personen voll und alleine haftbar wäre.

Zwei Dinge dazu: Wenn Du als Technikfirma nicht vom Veranstalter engagiert bist, hat er sich den Falschen ausgesucht. Wenn das eine - wenn auch vielleicht kleinere - Tourproduktion war, dann steckt da sicherlich eine Bookingagentur dahinter. Vertragspartner sind Agentur (direkt oder als Vertreter des Künstlers) und der Veranstalter. Also hätte sich der anwesende TL nicht beiseite begeben sollen sondern sagen müssen, dass er der Ansprechpartner sei.
Dass Du angepinkelt wurdest, ist auch von Veranstalterseite her amateurhaft. Wenn so ein Veranstalter zu uns kommt, kriegt der ganz klar zu hören:
a) den Auflagenbescheid mit den 96 Dezibel hast Du sicherlich auch schon länger
b) warum schickst Du das Teil nicht an die Agentur, die ja Dein Vertragspartner ist
und c) wenn das nicht das erste Konzert im Club ist, das diese Reglementierung hat, warum hast Du das dann nicht gleich beim Vertragsdeal in den Vertragsentwurf eingebracht - dann wüssten beide Seiten, woran sie sind.

Ganz in der von LEMURSH offenbar in der Schweiz schön geschilderten Situation, wie man damit umgeht, wenn die Begrenzung bekannt ist.

@lemursh
Danke für das geschilderte Praxisbeispiel. Ob das Hoffnung macht, damit das später auch in Deutschland so funktionieren kann?

Tobse schrieb:
...bis sich der torumanager ne funke geschnappt hat, und den inzwischen angelaufenen load in gestoppt hat mit den worten "jungs, das zeug zurück, den trailer zu, checkt die hands aus, wir machen heut nen off day". Dann seine unterlagen eingepackt hat, aufgestanden ist, ein "also tschüß dann, wir packens" richtung veranstalter gewunken hat und rausgelaufen ist.......
plötzlich war der zettel im müll und alles kein problem mehr....

Die Situation hatte ganz offensichtlich der Veranstalter verbockt, weil die Info mit der Dezibelbeschränkung vorher nicht kommuniziert war.
Ist dies aber kommuniziert worden oder sogar Gegenstand des Vertrages, dann kann der TL gerne wieder so reagieren. Dann würde ich ihm als Veranstalter sogar noch die Tür aufhalten. Denn dann hat sein Chef oder die Agentur keinerlei rechtliche Chance, sich aus diesem Dilemma wieder heraus zu winden. Dann heißt es definitiv auch die Vorproduktionskosten des ÖV zu löhnen

Das Lärmproblem ist hier fast vergleichbar mit dem §823 BGB (Verschuldenshaftung). In Verträgen heißt es doch auch ständig: "haftet für Leib und Leben des Künstlers mit Ankunft in ...". Was kann ein Veranstalter dafür, wenn der Künstler beim Aussteigen aus dem Flugzeug von der Gangway kullert und sich das Genick bricht? Keiner hat Einfluss darauf, was der Typ sich vorher möglicherweise eingeworfen hat. Ähnlich verhält es sich sogar mit der Backline. Kein ÖV kriegt eine Checkliste, was ein Mucker auf die Bühne stellt oder in welchem Zustand etwas auf die Bühne kommt. Also kann er dafür auch keine Haftung übernehmen.
ABER jetzt mache ich eine neue Baustelle auf und bremse mich da mal selbst. Fakt ist aber, dass Agenturen heute ohne Murren akzeptieren, wenn vorgenannte Formulierungen gestrichen und durch Veranstaltertext wie "ich hafte im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen" ersetzt werden.

lemursh schrieb:
Die zweite Stufe zwischen 93dBALeq und 96dBALeq benötigt schon den Hinweis auf die max. Laustärke, gut sichtbar für die Besucher positioniert sowie die kostenlose Abgabe von Gehörschutzmassnahmen.

Abgabe von Gehörschutz an Besucher! Wir haben einen hochkarätigen Referenten aus der Versicherungswirtschaft, von einem der beiden großen Spezialversicherer für den Konzertbereich, bei unseren Seminaren. Der hat mal den Fall geschildert, dass ein Richter einem Veranstalter bei der Urteilsfindung NEGATIV angekreidet hat, dass dieser auf der Theke "Hear Safe"-Stöpsel für jedermann bereit stehen hatte.
Gericht: Sie als Veranstalter wussten also sogar, dass es zu laut würde.
Man hat es dem Wirt also noch strafverschärfend ausgelegt, dass er Gehörschutz bereitgestellt hat.

Andere Länder andere.... - wie sagte Tobse: da kann sich einem der Magen umdrehen.

lg.
 
ja du hast recht, mein beispiel war von ner recht überschaubaren produktion, rund 1500er tourschnitt, wenn ichs noch richtig im kopf habe war die halle ein knapp 2000er venue, 1,7 1,8 1,9 sowas in der richtung. genau weiß ichs nimmer, das reißts ja jetzt aber auch nicht raus.
und die reaktion unsererseits war auch nur so heftig, da die andere seite ja offensichtlich der immer etwas unangenehmen diskussion trotz unserer nachfrage aus dem weg gegangen ist, und man uns halt vor ort mal schnell den schwarzen peter zuschieben wollte. und das läuft natürlich nicht.
hätte man voher laut gegeben, wärs ja kein problem gewesen entsprechende messmittel mitzunehmen. aber so gehts halt nich, das ist keine art....

damit wir aber nicht nur sagen wies nicht geht hab ich mal nen vorschlag wie ich das ganze praktikabler sehen würde. zumindest den "wer misst" teil, unabhängig von der haftungsfrage.

ich würde die messung nicht dem ordnungsamt überlassen, sondern freien messtechnikern. diese machen ne schulung, bekommen dann ganz viele stempel und zertifikate und und und, und sind dann offiziell berechtigt diese messungen druchzuführen, messanalagen zu installieren und zu warten.
als clubbetreiber kann ich mir jetzt so einen kerl buchen und mir von ihm eine messanalge installieren lassen. diese muss in bestimmten zeiten gprüft, gewartet, geeicht werden.
für mobile systeme die für bestimmte zwecke gestellt werden (einzelshows in leeren hallen, festivals, tv produktionen usw) kauft man sich den mann direkt ein, der bringt seinen mobilen platz mit und gut ist.

es misst also jemand der sich damit wirklich auskennt und beschäftigen muss, er verdient nämlich sein geld damit. und nicht jemand der mittwochs schaut wer seine zigarette in die fußgängerzone wirft, donnerstags wer seinen hund im park frei laufen lässt, und freitags dann mal schaut wie laut die show ist.

ich denke das würde die messungen deutlich genauer und die bemühungen deutlich höher werden lassen.

von diesen messungen müssen dann protokolle angelegt werden, derjenige der in der haftunpspflicht ist (wer auch immer das dann sein mag) bewahrt die über einen zeitraum X auf.

innerhalb dieses zeitraumes kann das ordungsamt jederzeit unangekündigt einsicht in die protokolle verlangen, sind die nicht ok wirds teuer, fehlen welche wirds infernalisch teuer.

natürlich hätte das ganze den nachteil das man da wohl recht schnell sätze wie "gekaufte messtechniker" hören wird, wenn man sowas vorschlägt. nur kaufen kann man halt leider viel zu viele menschen, völlig unabhängig ob sie jetzt freier messer, oder für institution xy unterwegs sind :( von daher würde das argument bei mir nicht ziehen.

mit so einem vorgehen verspreche ich mir deutlich weniger fehlmessungen und besseren informationsfluß. sinvoll wäre das für alle clubs mit festibstallation, und eben großveranstaltungen, da ist es ja aber nichts neues.

auf der strecke bleiben würde dabei leider viele dinge zwischendrin. und zwar alles wo eine mobile pa gestellt wird, aber eben kein geld für einen messmenschen da ist. straßenfeste, kraut und rübenacker open air etc.
da müsste man überlegen in wie weit es sinn macht hier wieder den veranstalter mit ins boot zu holen, damit die kosten nicht alleine bei den garagenverleiher sitzen bleiben, die werden das wohl einfach nicht bezhahlen können. bzw in wie weit die sezene positiv darauf reagiert und eben mehr gezahlt wird, weil jetzt ein mann mehr mit messplatz anrücken muss...

ist jetzt natürlich nicht zu ende gedacht, nur mal ein gedankenspiel.

für mich sind halt die entscheidendenk punkte:
- messfehler des ordnungsamtes ausschließen so weit es geht
- verantwortung nicht auf pulttechniker abwälzen.

nächste woche werde ich wieder in einer arena voll kreischender minderjähriger mädels sein. bei dieser veranstaltung wird gemessen (und auch großen wert darauf gelegt). wenns die zeit zulässt werd ich da mal bei den dafür zuständigen kollegen nachfragen wie ihre erfahrungen mit dem thema sind und wie sie die entwicklungen betrachten. bei denen die das schon ne weile selbst durchführen sind da ja sicher auch schon gute ideen vorhanden :)
meistens gehen diese dinge an mir vorbei da ich eben am monitor oder auf der bühne bin und ja nicht so gerne am foh, aber ich werd da in nächster zeit mal mehr drauf achten.
 

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