Funktional versus Nicht Funktional im Gesangsunterricht

Shana
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Ich habe überlegt, ob es interessant wäre, mal einen offiziellen Diskussionsthread zu eröffnen: Funktional versus Nicht Funktional im Gesangsunterricht.

ich bekomme zunehmend den Eindruck, daß die funktionalen LehrerInnen das ganze Detailwissen tatsächlich brauchen, weil sie während des Unterrichts Diagnosen stellen müssen. Muskel xy macht das und das, daher muss ich so und so gegensteuern. Ich wundere mich wirklich über Vorschläge wie den, das ungestützte Falsett zu trainieren, um einer Verbrustung quasi gegenzusteuern. Das ist überhaupt kein zweckdienlicher Vorschlag im Sinne des gewünschten künstlerisch-musikalischen Ergebnisses. Es ist eben rein diagnostisch gedacht und verbleibt auf der physiologischen Ebene.

Es geht ja nicht darum, daß die einen physiologisches Wissen haben wollen und die anderen nicht oder darum, wer die meisten amerikanischen Register-Fachbegriffe nennen kann ;-) Der Unterschied liegt nicht im Wissen um das Instrument Stimme sondern in der methodischen Umsetzung. Wie reagiere ich als Lehrerin auf das was ich von der Schülerin zu hören bekomme?

Ein paar Beispiele: Was macht ihr, wenn die Schülerin verbrustet singt und "drückt"? Wenn die Stimme aufgrund dessen viel zu leise klingt und die Schülerin außerdem kaum mal einen Ton trifft? Oder wenn die Schülerin eine Naturbelterin ist und statt Kopfstimme nur heisse Luft produziert (außerdem die Kopfstimme "hässlich" findet und sie ablehnt). Oder was wenn es zwischen den Registerübergängen immer jodelt?

Ich weiß, sowas ist in der Praxis in jedem Fall ein wenig anders. Daher bleibt so ein thread zwangsläufig etwas theoretisch. Aber vielleicht habt ihr ja Beispiele aus eurer Praxis, die ihr beschreiben könnt?
 
Eigenschaft
 
hhmmm...

ein naturbelter ohne vernünftigen stimmbandschluss in der kopfstimme? wie kann das denn ein naturbelter sein? dann müsste die stimme ja überbrusten, und das ist ja kein belt, sondern mist :-D
noch eine frage: was IST denn ein ungestütztes falsett? meint das hauch auf der stimme? (ich hab mit dem begriff stütze ja ohnehin meine probleme...)
 
ein naturbelter ohne vernünftigen stimmbandschluss in der kopfstimme? wie kann das denn ein naturbelter sein?


Tja ;-) Bell wird mir sicher aus der Praxis recht geben, daß es das gibt: Oft noch recht junge Mädchen und junge Frauen mit dunkler tiefer Stimmveranlagung und einem guten Talent Rock oder Soul zu singen. Die Beltstimme ist bei diesen Frauen oft erstaunlich gut ausgeprägt und auch nicht direkt überbrustet. Obwohl es das auch gibt, daß die Bruststimme zu weit hochgenommen wird. Manche singen aber im Belt auch technisch schon ganz gut. Nichts selten lehnen solche jungen Frauen die Kopfstimme bei sich zunächst als "hässlich" oder "dünn" ab und haben schon von daher Probleme damit sie zu finden und zuzulassen. Am Anfang ist die Kopfstimme auch tatsächlich dünn und kraftlos. Es fällt den Schülerinnen oft schwer, in der Kopfstimme die Atemverbindung auszubauen, obwohl das im Belt-Mix kein Problem ist.
Ich arbeite bei solchen Vernlagungen IMMER auch an der Kopfstimme und an den Übergängen (Glissandos). Bei überbrusteten Belterinnen wirkt sich das sehr gut auf den Belt-Mix aus und es fällt ihnen leichter, den Weg in die höheren Lagen zu finden. Ich arbeite nicht ausschließlich an der Kopfstimme, vor allem, wenn dieser Klang zunächst abgelehnt wird. Da muss man manchmal ein wenig tricksen.

dann müsste die stimme ja überbrusten, und das ist ja kein belt, sondern mist :-D

Das wäre es in dem Fall, ist aber wie gesagt nicht immer so ;-) Es kann auch deshalb kein notwendiger Zusammenhang bestehen, da Männerstimmen ja auch gut singen können ohne jemals die klassische Kopfstimme zu finden.


noch eine frage: was IST denn ein ungestütztes falsett? meint das hauch auf der stimme? (ich hab mit dem begriff stütze ja ohnehin meine probleme...)

Da kennt sich Cörnel mit aus. Obwohl er es nicht "ungestütztes Falsett" nannte, er nannte einen anderen Begriff, der mir gerade entfallen ist. Ich meine mit "ungestütztem Falsett" die männliche Falsettfunktion ohne Atemverbindung. Das klingt vor allem kraftlos und unkoordiniert. War "unkoordiniert" nicht sogar dein Begriff @ Cörnel? Das Falsett kann auch schön und charmant klingen und in Popsongs eingesetzt werden. Dann aber mit der entsprechenden Atemverbindung.
 
was heißt das denn? "mit der entsprechenden atemverbindung"? und ist es hauch oder ist es "geschlossen"???
 
Tja ;-) Bell wird mir sicher aus der Praxis recht geben, daß es das gibt: Oft noch recht junge Mädchen und junge Frauen mit dunkler tiefer Stimmveranlagung und einem guten Talent Rock oder Soul zu singen. Die Beltstimme ist bei diesen Frauen oft erstaunlich gut ausgeprägt und auch nicht direkt überbrustet. Obwohl es das auch gibt, daß die Bruststimme zu weit hochgenommen wird. Manche singen aber im Belt auch technisch schon ganz gut. Nichts selten lehnen solche jungen Frauen die Kopfstimme bei sich zunächst als "hässlich" oder "dünn" ab und haben schon von daher Probleme damit sie zu finden und zuzulassen. Am Anfang ist die Kopfstimme auch tatsächlich dünn und kraftlos. Es fällt den Schülerinnen oft schwer, in der Kopfstimme die Atemverbindung auszubauen, obwohl das im Belt-Mix kein Problem ist.

Ja. Das gibt´s.
Mein Ziel in solchen Fällen ist, die Kopfstimme in den Gesamtklang mit einzubeziehen, um einen einheitlicheren Klang (soll heißen: oben kein ungestütztes verhauchtes Gepiepse, nach unten so gut es geht Kopfklang mitnehmen) zu erreichen - denn gerade diese Stimmen weisen oft krasse Brüche auf.

---------- Post hinzugefügt um 19:07:59 ---------- Letzter Beitrag war um 19:06:27 ----------

was heißt das denn? "mit der entsprechenden atemverbindung"? und ist es hauch oder ist es "geschlossen"???

Hm... Atemverbindung ist die Muskelaktivität, die man z.B. auch beim Rufen spürt... ich finde es eigentlich recht eindeutig. Es ist ein Verankern des Tons in der Mitte des Körpers, und mit einer trainierten Atmung funktioniert das nicht nur besser, sondern es schützt auc die Stimme. Ich kann nur wieder aus der Praxis berichten, aber seit ich wieder regelmäßig meine Atemübungen mache (ich hatte das länger schleifen lassen, bin nämlich stinkefaul), kann ich stundenlange gigs ohne Anflug von stimmlicher Ermüdung machen. Die Stimme läuft einfach rund.
 
Ich finde, man kann "die Funktionalen" gar nicht alle über einen Kamm scheren. Darunter fällt ja im Grunde jede Gesangspädagogie, die den Anspruch hat, ihre Methoden auf physiologischen Erkenntnissen aufzubauen. Zwischen Reids Lehre, der des Lichtenberger Instituts, Estill, CVT und was sonst noch so unter das Etikett "funktional" fällt, gibt es aber dann doch erhebliche Unterschiede.


Wie schon öfter erwähnt: meine erste Lehrerin unterrichtete nach Lichtenberger Institut. Und da hab ich keine einzige physiologische Anweisung erhalten, alles lief über Bilder und Vorstellungen, manches kam mir fast abstrus vor (abgerollte Küchenpapierrolle an den Mund halten und dazu bringen "mitzusingen" und sowas :D). Ich hab da viel gelernt. Die einzige Gemeinsamkeit mit dem, was hier im Board immer am meisten hervorsicht, wenn es um funktionale Methoden geht, ist, dass auch sie keine spezifischen Atemübungen mit mir gemacht hat.
 
Mein thread kommt ja grad eher nicht so in Schwung ;-)
Ich geb nochmal ein paar Fragen rein: Wozu braucht man den ganzen detailierten Physiologieüberbau? Und WER braucht das, der Lehrer oder auch die SchülerInnen? Dazu muss es doch Debatten innerhalb der Funktionalen Ansätze geben? Wie gesagt ist es mein Eindruck, daß hier Gesangslehrer dazu kommen sowas wie eine "Diagnose" zu erstellen. Wenn dem so ist frage ich mich ob das eben wirklich Sinn macht und ob es förderlich ist wenn man das Ergebnis im Blick behält? Ersetzt beispielsweise der funktionale Lehrer eine phoniartische oder logopädische Behandlung? Mal vorausgesetzt, daß der Stimmapparat bei einer Schülerin gesund ist sollte doch im Gesangsunterricht der musikalische Aspekt bzw die Fähigkeit zu sängerischem Ausdruck im Vordergrund stehen? Der Unterricht ist dann also gewissermaßen Klangorientiert und die Lehrerin wird sehr genau die verschiedensten Klangdifferenzierungen hören und erkennen müssen. Und sie muss wissen, wie sie bestimmte Klänge auf stimmökonomische Weise erzeugen kann und muss dieses Können an die Schülerin weitervermitteln können. Mir wird nicht klar, warum es von Bedeutung sein sollte zu wissen, welches kleine Müskelchen jetzt was macht? Mal ganz abgesehen davon, daß man das so genau meines Wisssens nach gar nicht weiß. Da sollte auch bei den Funktionalen noch eine Menge Spekulaion eine Rolle spielen und nachprüfen kann die Shülerin erst recht nichts mehr. Sie muss das eben dann alles so hinnehmmen? Ich habe mich z.B. sehr über die Diagnose eines users gewundert, welcher einen unzureichenden Stimmlippenschluss bei einer Hörprobe zu hören glaubte. Bell und ich waren der Ansicht, daß einfach noch zu wenig klassischer Klang vorhanden sei. Wir würden also an den entsprechenden Einstellungen arbeiten. Wir beide hörten keinen schlechten Stimmlippenschluss. Wie sehr kann ein Lehrer mit einer solchen "Diagnose" eine Schülerin verunsichern? Ihr gewissermaßen ein Unzulänglichkeitsgefühl eintrichtern, ihre Stimme sei im Prinzip nur eingeschräünkt überhaupt gesanglich einsetzbar? Ich sage ja auch immer, die Tätigkeit der Gesangslehrerin ist bisweilen mit der einer Instrumentebauerin vergleichbar. Das körperliche Zusammenspiel beim Singen müssen eben viele erst von Grund an erlernen, dazu gehören Atmung, Kehlkopffunktionen und das sogenannte "Ansatzrohr". Wie kann man sich dabei so dermaßen auf die Kehlkopffunktionen ausrichten? Und auf der anderen Seite das Atemtraining komplett außer Acht lassen? Das ist auch so ein Punkt, der mir einfach nicht einleuchten will. Und bezeichnenderweise klangen alle funktional unterrichteten SchülerInnen die ich erlebt habe auffällig klein, leicht, hell und dünn. Ich fand das merkwürdig.
 
Der Cörnel wird schon noch schreiben! Aber gerade nicht. Nur Geduld!

---------- Post hinzugefügt um 19:13:26 ---------- Letzter Beitrag war um 15:53:33 ----------

Wird das Detailwissen über Muskeln gebraucht?
Ich denke nicht zwingend. Ich kann jemandem das funktionale Unterrichten auch nach dem Schema: Wenn du x hörst, tue y beibringen. Bevor hier Diskussionen aufkommen: Ja, das klingt nach Singen nach Rezept. Ganz so einfach ist es natürlich nicht.
Unkoordiniertes Falsett
Die Logik ist ganz einfach: Überbrustung heißt, dass die Stimmlippen sehr aktiv sind und sehr heftig schließen. Hohe Vocalisaktivität, hohe Lateralis- und Transversusaktivität.
Das unkoordinierte Falsett lehr den Vokalis, auch mal loslassen zu können und trainiert den Öffner. Das Zusammenspiel wird so schön harmonisch, ein fein ausbalanciertes Muskelsystem kann auf Emotionen viel leichter reagieren, somit wird der künstlerisch-musikalische Aspekt erfüllt.
Koordiniertes Falsett
+ Twang = a-a-a-a-staying alive…. Mehr braucht nicht gesagt zu werden.
Drücken und Überbrustung
Das ist für mich bei Zwei mal überlegen tatsächlich nicht dasselbe. Drücken beinhaltet jedoch immer Überbrustung, Überbrustung kann aber z.B. auch total hauchig leicht sein. Bei beidem mache ich u.A. isoliertes Falsett.
Naturbelter ohne Kopfstimme
Kenne ich eine. Ich habe Aufnahme von ihr, als sie 13, 16 und 21 war. Durch zunehmende Überbrustung beltete sie immer schlechter. Es wird immer härter, immer angestrengter. Seit einigen Monaten macht sie gezielte Kopfregisterübungen. Und verdammt klang das Kopfregister elend. Aber mit Erklärungen funktioniert das schon! Hört ja keiner, wenn sie heimlich still und leise Kopfregister übt!
Es gibt sicherlich viele junge Mädchen, die nach Belt KLINGEN, aber in der Tat es nur geschafft haben, das Brustregister extrem schön zu machen, und so die meisten zu täuschen.
Jodeln zwischen den Registerübergängen
Heißt, dass ein Register zu schwach ist. Um beim obigen Beispiel zu bleiben, das Kopfregister. Also: Kopfregister stärken. Dann Register verbinden. Mischen possible!
Männer ohne Kopfstimme
Ja, das kann gut klingen, in eingeschränktem Stimmumfang und eingeschränkten Dynamiken.
Atemverbindung
Atem kommt von alleine.
Funktionaler Lehrer vs. Logopäde
Ich denke, ein guter Funktionaler Lehrer kann bei gewissen Problemfeldern besser sein als ein Logopäde.
Gesunde Stimme
Eine gesunde Stimme ist in der Regel keine ausbalancierte Stimme. Es gilt für mich, die Stimme zu bauen. Bezogen auf das Beispiel von Shana: Ich würde dieses Hörbeispiel sehr gerne hören mit dem fehlenden Stimmlippenschluss.

Und eine Frage an Shana: Wie viele Schüler hast du gehört, die von wie vielen Lehrern ausgebildet wurden? Nur von EINER Lehrerin, oder? Wir hatten das Thema schon einmal. Ich habe sogar einen Namen genannt, du wolltest dich dazu aber nicht äußern.
Man kann ja nicht von EINER Lehrerin auf ALLE schließen!
 
Irgendwie ist man jetzt nicht schlauer als vorher. Sinniger als Detailfragen zu beantworten ("In dem Fall würde ich das und jenes machen") wäre doch, die allgemeine Idee dahinter zu vermitteln.
 
Irgendwie ist man jetzt nicht schlauer als vorher. Sinniger als Detailfragen zu beantworten ("In dem Fall würde ich das und jenes machen") wäre doch, die allgemeine Idee dahinter zu vermitteln.


Reid, Cornelius L. (1974): The free voice. A guide to natural singing. 2. Aufl. New York: Coleman-Ross Co (Coleman-Ross books on music).
Reid, Cornelius L. (1975): Voice: psyche and soma. New York: J. Patelson Music House.
Reid, Cornelius L. (1978): Bel Canto. Principles and practices. New York: The Joseph Patelson Music House.
Reid, Cornelius L. (1992): Essays on the Nature of Singing. Huntsville: Recital Publications.
Reid, Cornelius L. (1995): A Dictionary of vocal terminology. An Analysis. o.A. New York: Recital Publications.
Reid, Cornelius L.; Blume, Leonore; Baggott-Forte, Carol (2009): Erbe des Belcanto. Prinzipien funktionaler Stimmentwicklung. Mainz: Schott (Serie Musik Piper-Schott).
Reid, Cornelius L.; Blume, Leonore; Peckham, Margaret (2005): Funktionale Stimmentwicklung. Grundlagen und praktische Übungen. 3. Aufl. Mainz: Schott (Studienbuch Musik).
Reid, Cornelius L.; Bybee, Ariel; Ford, James E. (2002): The modern singing master. Essays in honor of Cornelius L. Reid. Lanham Md.: Scarecrow Press.

Cornelius Reid - von vielen missverstanden und kritisiert bietet doch wahrlich systematische Ansätze zur Stimmentwicklung. Ich kann mir die Kritik an Reid nur damit erklären, dass er vieler Leutes Grundkonzepte zerstört. Wer nach Stütze, Gähnstellung, weiltem Hals und Atemübungen sucht, ist bei Reid fehl am Platz.

Beim ersten Lesen wird der ein oder andere nichts verstehen. D.h.: Alle Bücher so lange lesen, bis das Konzept klar wird.
 
Ist das gerade dein Ernst?

Knallst du deinen Schülern auch nen Stapel Bücher hin, wenn die ne Frage haben? :weird:

Cörnel;5884942 schrieb:
D.h.: Alle Bücher so lange lesen, bis das Konzept klar wird.

Klingt nach Sektenlogik.
 
Nein, es geht wirklich darum, dass man teils mehrfach lesen muss, bis es verständlich ist.

Zusammengefasst steht in den Büchern, dass Kopf- und Brustregister gleich stark sein müssen. Das schwächere wird trainiert.
Ich kann hier echt nicht zusammenfassen, dann hätte ich hier ein eigenen kleines Buch geschrieben.

Als Einstieg sollte man die beiden deutschen Bücher lesen. Es geht echt nicht anders. Die Schüler lernen natürlich verstehen durch den Unterricht.
 
Ich kenne die deutschen Bücher. Aber ich wehre mich gegen die Aussage, ich müsse sie einfach immer und immer wieder lesen, bis ich irgenwann aufgebe und sie doch gut finde. Stattdesse poche ich auf mein gutes Recht, Reids Aussagen nicht zuzustimmen. ;)



Es ging mir hier übrigens nicht um ein reines Zusammenfassen. Mich hätte ein persönliches Exzerpt deines eigenen Verständnisses des Konzepts interessiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich weiss von ca. einem Dutzend Gesangslehrern wie sie in etwa unterrichten, sind mit 1-2 Ausnahmen alles reine Klassiker und haben alle ein Studium in Gesang und Gesangspädagogik an einer MHS oder eine qualitativ vergleichbare Ausbildung gemacht. Hatten dabei sicher einiges zum Stimmapparat und dessen Funktion gelernt, d.h. eine Grundlage fürs spätere erlernen/anwenden der funktionalen Methoden wäre im Prinzip schon mal da.

Aber: bei keinem einzigen habe ich auch nur annähernd etwas entdecken können, was man als funktionalen Ansatz bezeichnen könnte. Wer weiss, vllt habe ich es aber auch nur nicht erkannt :gruebel: Obwohl, wirklich glauben tue ich das nicht.

Deshalb die Frage: wie verbreitet ist die Methode tatsächlich. Und falls nur wenig verbreitet, warum? Weil die Resultate nicht genügend sind? Wenn ein neue Stossrichtung gute/bessere Erfolge erzielt als das Übliche wird das normalerweise doch sehr schnell von vielen übernommen?

Ich selber, nachdem was ich hier von den "Funktionalen" gelesen habe, kann mir nicht vorstellen, dass ich nach dieser Methode lernen könnte. Es ist klar, dass etwas das hier nur theoretisch beschrieben wird nicht dasselbe ist, wie in der Praxis angewendet, aber trotzdem, ich glaube, bei mir gäbe das einen elenden Murgs. Und das obwohl es mir, a) beruflich "vorbelastet" ;), nicht die geringste Mühe macht, alles locker zu verstehen und ich b) ziemlich kopflastig bin und mit der rein emotional-intuitiven Methode irgendwann auch :bang: Ein bisschen ein Bewusstsein für Abläufe (während dem Singen) ist für mich nicht schlecht, aber bitte nie bis auf die Ebene jeder einzelnen Synapse und Muskelfaser runtergebrochen.
 
Ich würde streng nach Reid ausgebildete Sänger gerne mal hören.
Wo kann man das ?
 
Ich würde streng nach Reid ausgebildete Sänger gerne mal hören.
Wo kann man das ?

Auf Wiki gibt es eine kleine Schülerliste:

http://de.wikipedia.org/wiki/Cornelius_L._Reid

Fast alles Klassiker. Findet man auf YT bestimmt das eine oder andere Video.

"Streng nach Reid" ausgebildet ist dabei natürlich keiner davon. Die meisten hatten schon eine fundierte künstlerische Ausbildung und außer bei Reid noch etliche weitere Meisterklassen und Kurse bei anderen hoch dotierten Dozenten / Sängern.

Bei solch einem Sammelsurium an Zutaten wird es natürlich unmöglich, herauszuschmecken, warum das Essen schmeckt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke :)
Hm, fast alles Klassiker, und ich kenne keinen davon - und wie du schon sagst, sie hatten noch bei etlichen anderen Lehrern Unterricht. Das bringt mich nicht wirklich weiter.
Schade. Ich hätte zu gerne gehört, wie jemand klingt, der streng nach Reid unterrichtet wurde. Aber wahrscheinlich gibt es das gar nicht.
 
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege. Aus dem Gelesenen klaube ich mir folgendes zusammen:
Das Wissen über die physiologischen Vorgänge braucht vor allem der Lehrer. Er muss Vorgänge durch hören und sehen beim Schüler erkennen, damit er gegensteuernde Übungen raussuchen kann. Jede Übung trainiert eine bestimmte Muskelgruppe bzw. einen Vorgang. Der Schüler lernt diese Übungen durch Nachahmen des Lehrers? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Lehrer sagt, dass Schüler arysonstwas bewegen soll bzw. Geht nur bei erfahrenen Schülern, die sich dadrunter was vorstellen können.
Ansonsten sieht funktionaler Unterricht so aus, dass man keine Atemübungen macht. Zum Aufwärmprogramm gehören Übungen für die isolierte Vollstimme, isolierte Randstimme, mal mit mal ohne Twang und erst wenn alle Register ausgeglichen klingen, macht man Übungen für den Mix, fürs Passagio.
Vielleicht bearbeitet man dann einen Song. Wenn eine Stelle zum Beispiel überbrustet klingt, dann macht man zur Senkung der Aktivität der verantwortlichen Muskeln leichte Randstimmübungen. Andersrum macht man bei verhauchten Stellen Vollstimmübungen, um die Muskelaktivität zu steigern und den Stimmbandschluss verbessert.
Hab ich das so richtig verstanden?
 
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"Streng nach Reid" ausgebildet ist dabei natürlich keiner davon. Die meisten hatten schon eine fundierte künstlerische Ausbildung und außer bei Reid noch etliche weitere Meisterklassen und Kurse bei anderen hoch dotierten Dozenten / Sängern.

Da müsste man wahrscheinlich nicht bei Reid schauen, sondern bei den normalen "Stadt-, und LandgesangslehrerInnen". Solche, die AnfängerInnen unterrichten, die ohne Vorerfahrung beginnen. Die Lehrerin bei der ich damals hospitiert habe ist so eine. Ihre drei Schülerinnen, die ich gehört habe klangen nicht gut. Und zwar alle aufgrund der gleichen Defizite: Zu wenig Atemspannung und ein für mein Empfinden viel zu klein-detailierter Ansatz. Das klang bei allen klein und piepsig. Eine war Anfängerin, eine hatte bereits seit Jahren Unterricht und war über 40. Ich gebe aber zu, daß drei Schülerinnen einer einzigen Lehrerin keine empirische Studie ergeben ;-) Die Reid-Lehrerin, die ich an der Hochschule am WE Kurs erlebt habe hat mit ProbandInnen ihre Methode demonstriert. Das war also auch nicht direkt aus dem Leben gegriffen. Mich persönlich haben die Übungen nicht überzeugt, meine Kollegin aber schon. Empirisch ist das alles nicht - Es ist meine persönliche Wahrnehmung und Auslegung. Dann habe ich noch ein paar funktional unterrichtende oder sypathisierende KollegInnen im GPZ erlebt. Dort wurde auch viel diskutiert versteht sich. Auch da war nichts dabei, was mich hätte begeistern können: Viele lustige Körper-, und Bewegungsspielchen, viel Herumgerenne im Raum, wenig effektive Arbeit.

---------- Post hinzugefügt um 09:36:29 ---------- Letzter Beitrag war um 09:17:15 ----------

Vielleicht kommen wir weiter, wenn wir uns mal ein paar Unterschiede und Gemeinsamkeiten anschauen?


Cörnel;5884091 schrieb:
Das Zusammenspiel wird so schön harmonisch, ein fein ausbalanciertes Muskelsystem kann auf Emotionen viel leichter reagieren, somit wird der künstlerisch-musikalische Aspekt erfüllt.

Letzteres würde ich nicht bestreiten. Auch ich arbeite auf eine gewisse Balance hin und einen Ausgleich der Register.


Cörnel;5884091 schrieb:
Koordiniertes Falsett
+ Twang = a-a-a-a-staying alive…. Mehr braucht nicht gesagt zu werden.

Ups, das verstehe ich nicht.

Cörnel;5884091 schrieb:
Drücken beinhaltet jedoch immer Überbrustung, Überbrustung kann aber z.B. auch total hauchig leicht sein. Bei beidem mache ich u.A. isoliertes Falsett.

Das kenne ich so in der Tat nicht. Das Falsett ist für mich allenfalls ein Stilmittel. Ich arbeite damit bei Männern, wenn sie einen leichten Zugang zur Falsettfunktion haben. Dann mache ich Übergangsübungen, die daraufhin wirken, wie man solche Übergänge in Songs anwenden könnte.
Bei Überbrustung gilt für mich: Erst die Atemanbindung verbessern und damit die Elastizität zwischen Körperspannung und Kehlfunktion. Sehr wichtig außerdem die Wahrnehmung des hinteren Klangraumes. Drücken bedeutet ja, daß der Klang vor allem nach vorne geschoben wird, weil man so landläufig meint, Gesang käme doch vorne zum Mund raus. Vielen SchülerInnen hilft es schon, wenn ich ihnen sage, daß sie den Klang IN sich klingen lassen sollen statt ihn nach draußen zu schieben. Je emhr "gepusht" wird desto weniger entfaltet sich Resonanz. Kann man auch leicht vormachen.

Cörnel;5884091 schrieb:
Es gibt sicherlich viele junge Mädchen, die nach Belt KLINGEN, aber in der Tat es nur geschafft haben, das Brustregister extrem schön zu machen, und so die meisten zu täuschen.

Mag sein, aber die Täuschung würde schon alleine dadurch auffliegen, daß die Schülerin Probleme mit der Kondition bekäme. Sie würde evtl schnell heiser werden oder an bestimmte Belastungsgrenzen stoßen. Das sind dann SängerInnen, die schon lange in einer Band erfolgreich sind aber mit genau solchen Klagen in meinen Unterricht kommen. Mit "Naturbelterinnen" meine ich ja nicht unbededingt technisch perfekte Belterinnen, sondern eben solche, die aus einem natürlichen Gefühl heraus belten. Die meisten Frauen blenden zeitig ins Kopfregiste und müssen das belten in jeder Form erst lernen. Zu denen habe ich selber auch gehört. Bei Naturbelterinnen im genannten Sinne arbeite ich meist auch von der Mixed-Voice ausgehend, weil viele die Kopfstimme zunächst hassen. Ich bestehe aber IMMER auch auf Kopfstimm-, und Übergangsübungen wegen dem physiologischen Ausgleich. An diesem Punkt sollten wir uns treffen, nicht?

Cörnel;5884091 schrieb:
Jodeln zwischen den Registerübergängen
Heißt, dass ein Register zu schwach ist. Um beim obigen Beispiel zu bleiben, das Kopfregister. Also: Kopfregister stärken. Dann Register verbinden. Mischen possible!

Klingt vernünftig


Cörnel;5884091 schrieb:
Atemverbindung
Atem kommt von alleine.

Das ist wohl der größte Streitpunkt zwischen den Methoden. Eine mir unverständliche und durch nichts belegte Behauptung. Meine ganze Erfahrung als Sängerin und Lehrerin spricht allerdings dagegen.
 
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Ich würde streng nach Reid ausgebildete Sänger gerne mal hören.
Wo kann man das ?
Hier mal drei Beispiele:

http://vimeo.com/33592040
http://www.youtube.com/watch?v=6gwnrGSvki0
http://www.youtube.com/watch?v=wBXnXJlrW_8

---------- Post hinzugefügt um 10:10:50 ---------- Letzter Beitrag war um 10:09:30 ----------

Hab ich das so richtig verstanden?

Sehr gut!!!

---------- Post hinzugefügt um 10:17:00 ---------- Letzter Beitrag war um 10:10:50 ----------

Viele lustige Körper-, und Bewegungsspielchen, viel Herumgerenne im Raum, wenig effektive Arbeit.
Das kann ich auch nicht unterstützen. Vielleicht mal zusätzlich, ganz klar. Das klingt übrigens sehr nach Romert, wird aber sicherlich auch bei bestimmten Sängern seine Berechtigung haben.

Ich selbst werde übrigens hauptsächlich nicht nach Reid ausgebildet, aber sehe darin eine sehr gute Ergänzung.


@Shana: Zum Koordinierten Falsett noch mal: Ich wollte sagen, dass ein koordiniertes Falsett mit Twang so wie die Bee Gees klingt.
 

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