Fragen an unsere Gitarrenbauer/Refretter zu Bundmaterial und Oberflächengüte

purplesritchie
purplesritchie
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[Wäre jemand so nett, den Titel zu korrigieren; hab's zu spät gesehen]

Ich wende mich mal direkt an die Leute hier im Board, die sich beruflich oder auch privat mit der Neubundierung von Gitarren (und Bässen) befassen.

Ich habe vor Jahrzehnten einige meiner Gitarren neu bundiert und bin mit dem Ergebnis heute noch zufrieden. Dabei hatte ich seinereit nicht mal besonders auf den Bunddraht geachtet, habe genommen, was man als Privatmensch eben so bekam (vermutlich Dunlop). Ich hatte nicht mal eine Werkstatt, grob gesagt waren das "Wohnzimmerarbeiten" mit haushaltsüblichem Werkzeug, immerhin inkl. eines guten Sets Schlüsselfeilen.

Dazu habe ich aber inzwischen keinen Nerv mehr und mich mit modernen Spezialwerkzeugen für eine einzige Arbeit auszustatten hielt ich zudem für unangemessen.

Trotzdem musste der Hals (ein 78er Fender-Replacement mit 9,5er Radius) meiner 72er Strat (ständige Hauptgitarre) nach diversen Abrichtungsarbeiten im Laufe der Jahrzehnte wieder neu bundiert werden da die Bünde nun schon auf 0,9mm runter waren. Also brachte ich ihn in eine (renomierte) Gitarrenwerkstatt. Dort legt man viel Werk auf die Unterstützung heimischer Hersteller und so verwendet man dort Bundraht von Wagner, in meinem Fall Neusilber.

Und hier komme ich zum Kern meiner Frage: Hat hier jemand Erfahrung mit Wagner?

Warum ich frage:
Die Arbeit wurde im großen und ganzen gut ausgeführt, die Bünde war nicht "feinpoliert", sah aber alles sehr gut aus.

Nach der Reinstallation (ich spielte zwischenzeitlich den von mir bundierten Originalhals [7,25"]) hatte ich erhebliche Probleme mit Saitenrissen der hohen e-Saite (normale Nickel plated D'Addario 0,009) mittig entlang des Halses. Das hatte ich in dieser Form noch nie; generell reißen bei mir keine Saiten, selbst nach Wochen oder (sehr selten) Monaten. Ich hatte 6 Ersatzsaiten aus einer Zeit als ich ein Problem mit dem Tremoloblock (scharfe Kante) hatte was ich dann aber beheben konnte. Die habe ich alle verbraucht, da sie mir teils schon nach wenigen Stunden beim Benden gerissen sind, alles im "Hauptspielbereich" (5ter bis 12ter Bund).

Was mir bei näherer Betrachtung aufgefallen ist:
Wenn ich bende, spürt man ein recht starkes kratzen, nicht unbedingt sofort sondern eher nach einigen Bends an der gleichen Stelle, extrem wird es wenn ich einen Ton (z.B durch Feedback) stehen lasse und dabei vibriere. Nach wenigen Sekunden geht's los. Dann fahre ich mit dem Finger über den Bund (und den davor), dann ist erst mal wieder gut.

Darauf hin habe ich die Bünde feinpoliert und D'Addario NYXL aufgezogen, die u.A als reißfester beworben werden und da ist mir auch nach einigen Wochen auch noch nichts gerissen. Aber am grundsätzlichen Verhalten hat sich nichts gändert. Dann habe ich mir einige Kratzstellen mal mit der Lupe angesehen und entdeckte tatsächlich "abgerubbelte" Partikel. Weggewischt und gut.

Meine Interpretation: Beim Benden scharpt die Saite Material ab und reibt diese Krümel in das Material, woraufhin die Saite Gefahr läuft, verletzt zu werden. Obwohl nach dem polieren die Oberfläche immer noch gut aussieht, ist das Vertrauen aufgrund der immer wieder auftretenden Kartzerei weg.

Ich kenne das eigentlich nur umgekehrt. Wenn ich ein Gitarre nach längerer Zeit mal wieder aus dem Koffer nehme, kratzt es an einigen Stellen bei den ersten Bendings und danach ist es recht schnell gut.

Also meine Abschlussfrage: Ist dieser Bunddraht zu weich? Gibt es da besondere Erfahrungen zu Wagner? Hätte ich aufgrund des oben beschriebenen lieber auf Edelstahl (ich dachte mir, in meinem Alter lohnt sich das nicht mehr) setzen sollen? Oder - völlig verrückt - verdichtet sich das Material durch Alterung/Gebrauch noch und das Problem löst sich von allein???

Wäre toll, wenn ihr dazu 'ne Meinung hättet

rockige Grüße
Andreas
 
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Oder - völlig verrückt - verdichtet sich das Material durch Alterung/Gebrauch noch und das Problem löst sich von allein???
Antwort eines Metallers, der einige Gitarrenhälse mit Bundstäbchen aus Neusilber (Jescar und Boston) und zwei aus Edelstahl hergestellt hat (keine Erfahrungen mit Wagner): Nein.

Einige Legierungen verändern sich tatsächlich durch Alterung, sie wachsen im Volumen, sie verlieren Spannungen, oder sie verspröden. Diese möglichen Veränderung sind m.E. aber unbedeutend beim Anwendungsfall als Bundstäbchen.

Verdichtung von metallischen Oberflächen gibt es als Rollieren oder Hämmern. Zu dieser 'Bearbeitung' kommt es aber nicht beim Gitarre spielen.

Mit der Lupe sichtbare Partikelausbrüche an den Bundstäbchen bedeuten in meiner Vorstellungswelt Fehler in der Legierung oder bei der Verarbeitung des Ausgangsmaterials zum Bundstabprofil.

Und ja, Bundstäbe aus Edelstahl sind schon ein anderer Gegner für Werkzeuge als aus Neusilber, und somit auch für die Saite.
 
Wäre toll, wenn ihr dazu 'ne Meinung hättet
Meinung nicht, aber Erfahrung. Ich habe hier drei Superstrats, die ich 2021 von meinem Gitarrenbauer habe neu bundieren lassen. Er nutzt seit Jahren Wagner Bunddraht. Die kamen alle drei absolut perfekt abgerichtet und eingestellt zurück. Auch knapp vier Jahre später sehen die Bünde noch spiegelglatt aus. Keinerlei Probleme, keine einzige gerissene Saite, kein irgendwas, das nicht genau so tut wie es sollte.



Wozu ich allerdings eine Meinung habe: Im Leben würde ich kein öffentliches Forum konsultieren, um ein "Problem", das ich mit einem Handwerker habe. Ich weiß, dass eine solche Einstellung seit der Erfindung von Google nicht mehr sonderlich populär zu sein scheint, aber ich bespreche die Dinge doch lieber bilateral - zumal in Fällen, wo ich (wie Du ja hier auch) - ziemlich genau einschätzen kann, was hier nicht stimmt. Meiner Erfahrung nach kommt die Lösung auf dem direkten Weg immer zu Stande und ist vor allem auch nicht durch "Schwarmintelligenz" und "Experten aus Kommentarspalten Wissen" aufgeladen. :nix:
 
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Im Leben würde ich kein öffentliches Forum konsultieren, um ein "Problem", das ich mit einem Handwerker habe.
Hmm, der der Startbeitrag kam mir überhaupt nicht so vor, als würde @purplesritchie Munition für die Argumentation gegen den Handwerker sammeln wollen. Es geht doch eher um die Beobachtung eines Phänomens und um den Versuch, die eigenen Vermutungen zum Material mit Hilfe von Erfahrungswerten anderer Foristen bestätigen oder widerlegen zu lassen.
 
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hatte ich erhebliche Probleme mit Saitenrissen der hohen e-Saite (normale Nickel plated D'Addario 0,009) mittig entlang des Halses. Das hatte ich in dieser Form noch nie; generell reißen bei mir keine Saiten, selbst nach Wochen oder (sehr selten) Monaten. Ich hatte 6 Ersatzsaiten aus einer Zeit als ich ein Problem mit dem Tremoloblock (scharfe Kante) hatte was ich dann aber beheben konnte. Die habe ich alle verbraucht, da sie mir teils schon nach wenigen Stunden beim Benden gerissen sind, alles im "Hauptspielbereich" (5ter bis 12ter Bund).

Vielleicht liegt es ja doch an den Saiten, wenn älter und vielleicht etwas angerostet o.ä.? Wenn beim Benden schon sichtbar Material von den Bünden abgetragen wird, deutet das ja auf etwas unebene Oberfläche der Saite hin. Und bei den dünnen Dingern wirkt sich das ja schnell aus.
Egal, du scheinst ja ziemlichen Druck auszuüben, oder?:D
 
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Wagner verwendet eine sehr harte Nickellegierung und erreicht damit schon eine sehr hohe Haltbarkeit ähnlich der von Edelstahl.
 
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Hallo, vielen Dank für die überraschend schnellen Wortmeldungen!
Und vielen Dank für die Titelanpassung.

@Barncaster124: Ich hielt die Vorstellung ja selber für verrückt, aber vielen Dank für die Bestätigung.

@KickstartMyHeart: Ich wollte einfach keine Welle gegen den 'Handwerker' machen. Ich bin einfach irritiert und hoffe auf eine bessere Einschätzung der Situation. Falls sich herausstellen würde, dass hier vielleicht ein Materialfehler vorliegen könnte, könnte ich mich mit dieser Vermutung(!) immer noch an ihn wenden. Ich bin eher konfliktscheu.

@Vester: Ich bin kein Kraftmeier. Allerdings sind diese Bunde aktuell für mich ungewohnt hoch (1,4mm), da lag ich in meiner Einschätzung für das "beste" Maß zugebenermaßen etwas daneben. Alle meine anderen Gitarren liegen bei ~1,2mm, der besagte Hals, wie beschrieben zuletzt bei ~0.9...1,0mm. Ich kann daher nicht ausschließen, dass die "Anziehungskraft" vom Griffbrett noch zu sehr ausgeprägt ist. Darum hab ich auch gezielt mit wenig Kraft einen Ton unter Vibrato stehen lassen, leider mit dem oben beschriebenen Ergebnis.

Gruß
Andreas
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Wagner verwendet eine sehr harte Nickellegierung und erreicht damit schon eine sehr hohe Haltbarkeit ähnlich der von Edelstahl.
Genau das habe ich vermutet, aufgrund des Rufes, den dieses Produkt genießt. Darum bin ich ja doppelt irritiert.
 
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Erst einmal keine Ahnung was da passiert, aber eine absolute Empfehlung für Edelstahl. Auch ich habe in den letzten Jahren mehrere Gitarren neu bundieren lassen und finde den Unterschied deutlich fühlbar. Vor allem bleiben sie glatter als jene aus Neusilber. Außerdem spiele ich fast immer höhere Saitenlagen (e=1,5) und da reißt nix, von 9er bis 11er Ernie Balls, zeitweise mit "wrap-around" und gnadenlosen Bendings als auch Tremolohebel. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es an den Saiten liegt. Vielleicht ist da beim Hersteller einfach eine Charge in der Produktion "verunglückt"?
 
. Vielleicht ist da beim Hersteller einfach eine Charge in der Produktion "verunglückt"?
Genau das ist leider meine Befürchtung. Wegen dem Ruf von Wagner hatte ich mir da überhaupt keine Sorgen gemacht, aber nun kommen doch Zweifel auf. Trotzdem würde ich nur ungern mit dem Gitarrenbauer in "den Clinch" gehen. Aber wenn das so bleibt, muss ich wohl doch mal nachfragen....
 
Trotzdem würde ich nur ungern mit dem Gitarrenbauer in "den Clinch" gehen. Aber wenn das so bleibt, muss ich wohl doch mal nachfragen....
Ja, manchmal muss man zum letzten Mittel greifen, und direkt miteinander reden… (Man kann ja auch ohne Vorwürfe das Problem schildern, und bitten nochmal drüber zu schauen, oder eine andere Lösung zu finden?)
 
Wenn ich Gitarrenbauer wäre würde ich das unbedingt wissen wollen. Das kann ja auch bei weiteren Kunden passieren und dann kommen plötzlich keine mehr...
 
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So ist es.
Sollte tatsächlich ein Materialfehler vorliegen, kann der Gitarrenbauer ja auch gar nichts dafür.
 
Diesen Aspekt werde ich mal im Auge behalten. Danke für den Hinweis.

Gruß
Andreas
 

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