Ibanez Testrun - AZ24S1F-VLS - Part III

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Meine Geschichte mit Ibanez:

Ich wurde in einer norddeutschen Kleinstadt geboren in der ein gewisser Dr. Ibanez eine recht gut frequentierte Praxis unterhält. Dementsprechend war es vielleicht vorbestimmt, dass sich früher oder später auch die Wege in musikalischer Hinsicht kreuzen könnten. Und so war es auch. In den vergangenen zwei Jahrzehnten die ich mehr oder weniger begabt durch Proberäume, Bands, Konzerte und Sessions gezogen bin hatte ich zwei längere Zeiträume in denen ich fast ausschließlich auf Ibanez-Gitarren zurückgegriffen habe. Zum einen war da eine Ibanez SZ und zum anderen eine 89er RG-570 aus Korea. Während erstere eher für Sessions hergehalten hat bzw. von mir mit in den Unterricht genommen wurde hatte ich zur zweiten eine weitaus größere Bindung da sie mich über fast ein Jahrzehnt live begleitete. Ich habe sie während der Corona-Zeit an einen jungen Mann "vererbt" der sein freiwilliges soziales Jahr in meiner Einrichtung absolvierte, und auf Grund der Entfernung zu seiner Familie etwas Ablenkung für die Zeit neben der Arbeit suchte. Von daher ist es umso schöner, dass ich nun nach vielen Jahren mit Rockinger, Schecter und G&L endlich wieder eine Ibanez in meinen vier Wänden begrüßen darf, wenngleich auch nur für einen, im Verhältnis, kurzen Zeitraum.

Erster Eindruck:

Nachdem das Paket geöffnet, und die Gitarre aus dem Gigbag befreit war ging es, wie bei den meisten Gitarristinnen und Gitarristen üblich, direkt an die obligatorische Prüfung dessen, was Ibanez uns hier für ca. 550€ (Stand Mai 2025) anbietet. Die Verarbeitung der Gitarre ist, wie auch bei meinen vorherigen Begegnungen mit Ibanez, wirklich sehr gut. Die Enden der Jumbo-Edelstahlbünde wurden ab Werk abgerundet, die verbauten Locking-Mechaniken machen einen sehr soliden Eindruck, im Lack sieht man keine Fehler, der Hals liegt gut in der Hand und durch die von @GeiGit gemachten Änderungen war die Saitenlage bereits recht flach, sodass sich mir ein insgesamt positives Bild bot. Trocken angespielt bestätigte sich das positive Bild, es schnarrte nichts, sodass es nun direkt ans Interface ging. Nachdem die ersten Töne durch ToneX verstärkt ihren Weg in meine In-Ears gefunden haben wurde das positive Gefühl etwas getrübt. So richtig kam das Ganze nicht in Gang. Bei genauerer Betrachtung fiel mir dann auf, dass die Saiten ziemlich am Ende waren weshalb ich mich dazu entschloss diese, nach Rücksprache mit @hack_meck zu wechseln. Dies war, rückblickend betrachtet, goldrichtig da der Klang im Anschluss deutlich besser war.

Specs:
  • Korpus: Erle
  • Decke: Riegelahorn
  • geschraubter Hals: gerösteter Ahorn
  • Griffbrett: Jatoba
  • weiße Dot Griffbretteinlagen
  • Halsprofil: Stärke am 1. Bund: 21 mm / 12. Bund: 23 mm
  • Griffbrettradius: 305 mm (12")
  • Mensur: 648 mm (25,51")
  • Sattelbreite: 41,9 mm (1,65")
  • 24 Jumbo Bünde
  • Tonabnehmer: 1 Ibanez Modern Custom (H) Steg Humbucker (Mitte) und 1 Ibanez Modern Custom (H) Hals Humbucker (Hals)
  • Regler: dyna-MIX10 Schaltsystem mit Alter-Switch
  • 5-Wege Schalter
  • T106 Tremolo
  • Chrom Hardware
  • Locking Mechaniken
  • Farbe: Violin Sunburst

Verarbeitung:

Wie eingangs beschrieben sind meine Langzeiterfahrungen mit Ibanez schon etwas her und die Instrumente waren bedeutend älter. Trotz des Grundgedanken, dass früher vieles wenn nicht sogar alles besser war, fällt auch nach einer längeren Testphase auf, dass die Gitarre wirklich gut verarbeitet ist. Auch bei genauestem Hinsehen ist mir nichts aufgefallen, was diesen Eindruck trüben würde. Die Mechaniken sind hochwertig, verrichten ihren Job tadellos und halten das Tuning auch über einen längeren Zeitraum ohne Probleme. Der Hals fühlt sich wirklich sehr gut in meiner Hand an und beim Spielen im Sitzen fällt auch keinerlei Kopflastigkeit oder ähnliche negative Eigenschaften auf. Selbst der Halsübergang ist trotz der Verschraubung beim Spielen in den höheren Lagen kaum bemerkbar. Die Ibanez AZ Standard ist also wirklich rundum eine gut verarbeitete Gitarre.

Sounds:

Nach dem Wechsel der Saiten machte ich mich daran die Schaltung zu erkunden. Was direkt auffällig wurde ist, dass die Pickups einen recht neutralen Sound ausgeben, der mittels des Alt-Switches innerhalb der jeweils gewählten Kombination stark verändert werden kann. Die Sounds mit und ohne Alt-Switch sind gänzlich brauchbar, allerdings neigt es in einigen Kombinationen dazu etwas zu brummen bzw. zu rauschen. Eine kurze Recherche zu den verbauten Pickups auf der Ibanez-Website sowie bei den üblichen bekannten Händlern ergab, dass diese so ausschließlich in der AZ Standard-Reihe verbaut werden, tatsächlich sogar alleinig in der H-H Version.

Auf Grund der wirklich sehr flexiblen Schaltung lassen sich mit der Gitarre viele verschiedene Sounds darstellen. Wie bereits weiter oben beschrieben sind einige von diesen etwas anfällig für erhöhtes Brummen/Rauschen. Für mein Empfinde war es jedoch nie übermäßig störend. Allerdings, und hier gebe ich z.B. @Anfängerfehler! Recht, sind die Pickups für meine Verhältnisse etwas zu schwach auf der Brust bzw. gehen zu sehr in Richtung Hi-Fi/Neutralität. Ich bin halt eher Fan von Dimarzio D'Activator, EMG 81/85 und Bill Lawrence Ultrasound Humbuckern. Was die Pickups jedoch wirklich gut können ist in jeder Situation einfach gut nutzbar zu sein. Damit meine ich, dass es egal ist ob ich einen unverzerrten Patch lade oder einen Patch mit dem ich sonst nur tiefgestimmten Metal spiele - es klingt immer irgendwie gut.

Meine Zeit mit der Ibanez AZ Standard:

Ich habe die Gitarre Mitte/Ende Mai erhalten und mich direkt mehr oder weniger regelmäßig dran gemacht einfach meine Übungsroutine statt mit der G&L Strat mit der AZ zu absolvieren. Und da war die AZ wirklich einfach klasse. Durch die wirklich gute Verarbeitung und den vielen möglichen Sounds wurde das Üben nicht langweilig. Neben den vermutlich üblichen Basics, die ich ehrlicherweise ziemlich lang vernachlässigt habe, wie z.B. dem Lernen der Noten auf dem Griffbrett sowie daraus resultierend Skalen und Akkordpositionen geht auch viel meiner Zeit dafür drauf einfach Songs nachzuspielen die mir aus diversen Gründen viel bedeuten oder sich einfach cool anhören. Und gerade hier ist die AZ einfach ein Hauptgewinn. Auf Grund der im vorherigen Absatz als "neutral" beschriebenen Sound den die Pickups ausgeben kann man die Gitarre so gut wie in allen Genres einsetzen. Zudem lassen sich über die Pickups auch Sounds mit sehr viel Gain gut bändigen sodass sie auch bei zahmeren Stücken genutzt werden können. Hier haben meine anderen Gitarren zum Teil einfach das Nachsehen. Wobei dies, durch die schnelle Erstellung neuer Presets, vermutlich auch eher ein Thema für die Nutzung mit "echten" Verstärkern ist.

Ich übe zuhause ausschließlich über ToneX bzw. Plugins von Neural DSP und konnte somit recht einfach mittels Wechsel des Patches von Toto - Rosanna (einfach ein geiler Song) zu Lamb of God - Redneck (kurz die E-Saite auf D gestimmt) und anschließend zu Guthrie Govan - Waves (mehr schlecht als Recht aber wird langsam) und schließlich zu Hendrix - Hey Joe wechseln ohne irgendwie das Gefühl zu haben, dass die Gitarre hier irgendwie ein Hemmnis darstellt oder ich jetzt unbedingt eine Gitarre mit Singlecoils benötige. Das hat mich wirklich beeindruckt. Durch das angenehme Gewicht der AZ nervte sie mich auch nicht in der Handhabung am PC, anders als z.B. meine G&L Legacy Strat die ungefähr ein Kilo mehr auf die Waage bringt.

Leider hatte ich nicht die Möglichkeit die Gitarre mit auf die Bühne oder in den Proberaum zu nehmen wie @GeiGit es getan hat aber ich denke bei Sessions etc. hätte sie sicher auch eine gute Figur machen können - eben auf Grund der Vielseitigkeit und der grundsätzlich guten Bespielbarkeit.

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Das Ende meiner Reise mit der AZ Standard:

So langsam aber sicher steht der Abschied vor der Tür und ich muss sagen, so ganz leicht fällt er mir nicht. Die Gitarre gefällt mir insgesamt ziemlich gut aber es fehlt mir dann doch noch etwas, um dieses unbedingt haben wollen Gefühl zu erhalten das vermutlich jede Gitarristin und jeder Gitarrist kennt. Ich weiß nicht genau was es ist das mir fehlt aber der Funke springt einfach nicht final über. Allerdings habe ich mich im Testzeitraum viel mit dem Thema Ibanez auseinandergesetzt und auch viel zur Firma und den Instrumenten gelesen die über die Zeit veröffentlicht wurden.

Was bleibt, ist mein Wunsch eine AZ aus der Prestige Reihe anzuspielen um den Vergleich zur Standard zu haben. Ich hoffe sogar, dass ich dies recht schnell nach diesem Testzeitraum irgendwie realisiert bekomme. Für den Fall dass es klappt, ergänze ich es hier gern. Zudem wuchs über die vergangenen Wochen der Wunsch in mir eine ältere RG, eventuell sogar aus Japan, zu erstehen. Gern aus meinem Geburtsjahr (1988) da ich mit meiner damaligen RG einfach viele wunderbare Momente verbinde und ich die Form der Superstrat sowie den etwas dünneren Wizzard-Hals einfach sehr mag. Vielleicht ist dies auch der erste Vorbote einer sich anbahnenden Midlife-Crisis aber da mir der Platz für Oldtimer fehlt ist das vermutlich die in vielerlei Hinsicht günstigere Alternative ;-)

IMG_5527.jpeg


Da das erste Review von GeiGit mit einem Foto im Sessel begonnen hat, dachte ich, dass es auch so enden könnte. Daher gibt es zum Abschied noch ein Foto aus meinem Sessel und damit vielen Dank an das Musiker-Board, Ibanez, Meinl und @hack_meck für die Möglichkeit dieser Testrunde.

TL;DR:
Ibanez hat es mit der AZ Standard geschafft eine Gitarre zu bauen, die eine spürbare "Ibanez-DNA" hat ohne dabei zu sehr in eine Richtung oder ein Genre zu schielen. Die Gitarre spielt sich wunderbar und ist wirklich sehr flexibel. Vielleicht die perfekte Lösung für Personen denen eine Gitarre reicht oder die vielleicht auch einfach nicht mehrere Modelle besitzen können.
 
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