[Aprilscherz 2016] Tonhöhenveränderung in großer Höhe

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Letzte Woche war ich wieder bei Freunden auf Teneriffa. Dort steht auch ein Akkordeon (Hohner Lucia IVP), welches immer nur darauf wartet, von mir gespielt zu werden. Das sind dann immer sehr feuchtfröhlich Partys mit viel Gesang und tralala. :)

Dieses mal hatten unsere Freunde aber eine Große Überraschung für uns. Sie hatten nämlich Karten für die Seilbahn, die auf den Teide ( Höhe 3600m) fährt, kostenlos ergattert. Die Fahrt haben wir bisher nie gemacht, entweder wegen schlechten Wetters (der Gipfel ist meist im Nebel), oder weil die Urlaubskasse es nicht mehr hergegeben hat. Die Karten dafür sind recht teuer.

Da die ganze Gruppe gefahren sind, musste auch das Akkordeon mit.
So sind wir denn mit der Seilbahn nach oben auf rund 3550m Höhe gefahren.
Jetzt wollten wir das erste Gipfellied singen, welches wir am Tag zuvor auch schon gesungen hatten.

Ich griff in die Tasten und -oh Graus- es war nicht anzuhören. Das Instrument klang total verstimmt. :m_akk:

Das war mir völlig unerklärlich, weil abends zuvor die Stimmung noch in Ordnung war. Von einem Tag auf den anderen verstimmt sich ein Akkordeon nicht. Das musste also einen anderen Grund haben.


Auf meinem Handy habe ich eine App zum Stimmen (Cleartune).

Die brachte es an den Tag: die hohen Töne sind wesentlich höher geworden (die höchste Oktav im Picolo (4") steig um 45 Cent an, was fast einem Halbton entspricht) die tiefen Töne wurden tiefer. lm tiefen Diskantregister ( 16" ) ist das F um 36 cent abgesunken. Die Basstöne sind wahrscheinlich noch stärken gefallen, was ich dort oben aber nicht testen konnte, da im Bass einzelne Chöre nicht schaltbar sind und ich außer der Stimmapp keinerlei Werkzeug dabei hatte

Einen Ansatz einer Erklärung hat dann das Internet geliefert: in 3500 m Höhe herrschen nur noch 65% des Luftdrucks wie am Boden bzw. 650 hPascal statt 1013 hPascal auf Meereshöhe.

Dies muss die Ursache der Verstimmung sein.

Nach unserer Rückkehr auf Meereshöhe war die Stimmung auch wieder in Ordnung.

Hat da jemand tiefere Kenntnisse, warum das so ist?
 
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Ich hatte das Problem früher mit meinen Saxofonen auf 2700 m Höhe im Freien am Gletscher. Da hing es mit Sicherheit an der Kälte und am Luftdruck .
 
Grund: OT entfernt
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Ich würde sagen, dass sich hier nicht die Tonhöhe verändert hat sondern das Hörvermögen umgestellt. In solch großen Höhen verändern sich die Sinnesempfindugen erheblich. Man hört höher/tiefer, man schmeckt anders (Gipfelbier ist das Beste...) und man spricht häufig auch langsamer, undeutlicher (nach zuviel Gipfelbier). Vom Riechen will ich mal gar nicht reden...

Das Tollste ist, dass man auch anders sieht: wenn man ins Tal schaut erscheinen alle Menschen und Dinge plötzlich viel-viel kleiner...

Also: eine reine Wahrnehmungs-Veränderung !

Gruß, Jo

:eek:
 
hatte ich das Problem früher mit meinen Saxofonen auf 2700 m Höhe im Freien am Gletscher.Da hing es mit Sicherheit an der Kälte und am Luftdruck .

Über das Problem hatten wir hier an andere Stelle auch schon mal heftik diskutiert. Ergebniss war ganz klar: es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Luftdruck und Tonfrequenz - aber eine deutliche Abhängigkeit zwischen Tonhöhe und Temperatur.

siehe auch hier:
http://www.sengpielaudio.com/DieSchallgeschwindigkeitLuftdruck.pdf

Soweit die vereinfachten Betrachtungen ... aber mitunter steckt der Teufel im Detail und man muss tiefer graben um Effekte zu verstehen, die im ersten Moment widersprüchlch erscheinen:


die hohen Töne sind wesentlich höher geworden (die höchste Oktav im Picolo (4") steig um 45 Cent an, was fast einem Halbton entspricht) die tiefen Töne wurden tiefe

Zunächst (siehe oben) ist die Tonhöne nicht vom Gesamtluftduck abhängig . Die Temperatur spielt aber mit eine Rolle Und zwar die lokale Temperatur! Und in größer Höhe hat man auch zunehmend die Strahlung mit zu berücksichtigen und zwar in Form von erhöhter UV und (was gernevergessen wird!) Infrarotstrahlung! Von Infrarotstrahlung ist ja bekannt, dass diese auch durch aus die Oberfläche durch dringt und in den teifen des Objekts wirkt - logisch, denn sonst würde keine Mikrowelle funktionieren. Der erhöhte Anteil der Infrarotstrahlung bewirkt damit auch eine Erwärmung. Wir spüren das erstmal nicht, weil es für uns gefühlt außenrum ja kälter ist in der Höhe aber im Akkordeon in der geschützten Umgebung des Gehäuses wirkt diese dann .. und erwärmt die Innereien - also auch die Stimmzungen. Und da gilt dann wieder kleine Masse schneller warm, große Masse langsamer!

Und das hat dann zur Folge dass die kleinen (Piccolo) Stimmzungen sich deutlich besser erwärmen als die großen tieftönenden Stimmzungen. - Und als logische Folge davon driften die hohen Töne nach oben davon.

Bleibt aber die Frage, warum nun ausgerechnet die tiefen Töne noch zusätzlich nach unten wegdriften?


Hierzu muss man aber die geamten Umstände mit in Betracht ziehen:


Das sind dann immer sehr feuchtfröhlich Partys mit viel Gesang und tralala.

Und wenn man sich dann noch an sein Studium und an Thermodynamik II Vorlesungen erinnert, dann kommt man der Sache schon näher. Der Effekt der hier zum wirken kommt läuft unter dem profanen Namen "Partialdruck" .

Erklärung siehe z.B. hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Partialdruck

Im Klartext heißt das, dass jedes Gas in Abhängigkeit seiner Siedetemperatur bei der jeweiligen Temperatur sich einen entsprechenden Anteil am Gasvolumen nimmt. Und Alkohol hat nun einen anderen Dampfdruck als die normale Luft oder Wasser. Somit ist der Anteil durch ( die weinseeligen Bergfahrer) in der lokalen Luft deutlich höher als normal und wirkt sich in der großen Höhe entsprechend stärker aus.
Die Wirkung die sich hier unangenehm bemerkbar macht, ist lokale Kondensation beim Durchströmen der Stimmzungenspalte mit entsprechende Abkühlung durch beschlagen mit anschließendem wieder verdampfen an der Stimmzungenoberfläche. Bereits das beschlagen bewirkt eine Abkühlung und das wieder verdampfen noch mal eine zusätzliche Abkühlung der Stimmzunge... und damit ergibt sich hier ein absinken der Tonhöhe.

Das betrifft zwar alle Stimmzungen gleichermaßen - aber die kleinen werden durch die Infrarotstrahlung ja stärker aufgeheizt - was den Kondensationseffekt mehr oder weniger aufhebt bzw. unterbindet und die großen Stimmzungen haben darüberhinaus auch eine größere Obefläche, was zu einer größeren Menge an Kondensat und somit zu stärkerer Abkühlung führt.


Nach unserer Rückkehr auf Meereshöhe war die Stimmung auch wieder in Ordnung.

Nach dem oben gesagten ist dies nun wiederum schlichtweg logisch und konsequent:

Sowohl der Anteil der UV und Infrarotstrahlung als auch die Partialdruckverhältnsise stimmen wieder mit der gewohnten Umgebung überein - und als logische Folge stimmt auch die Stimmung dann wieder.

Gleiches dürfte übrigens auch mit dem Saxofon der Fall gewesen sein!
 
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@maxito: Ich habe mal, bevor ich Pianist wurde, bei einem Freiburger Handzuginstrumentenbauer ein Praktikum gemacht, und der hat mir das anders erklärt:

Das ist nur bei Instrumenten der Fall, bei denen der Balg wirklich absolut dicht ist. Dadurch entsteht ein Innenüberdruck, der die Zungen, die ja genau an der Grenze zwischen Innendruck und Außendruck liegen, nach Innen langsamer schwingen läßt als nach Außen. Bei den tiefen Tönen sind die Zungen länger, daher hat der Überdruck von Innen eine größere Ansatzfläche als bei den hohen Tönen, die eine kleinere Stimmzunge haben. Dadurch klingen die tiefen Töne im Verhältnis zu den hohen noch tiefer.

In Trossingen werden die Instrumente, die für den Aprés-Ski-Markt in den Skigebieten der Schweiz und in Österreich sowie für die Hüttengaudi auf den Almen in höheren Berglagen gedacht sind, von Hohner in speziellen Unterdruckkammern produziert und gestimmt, um diesen Effekt auszugleichen.

Alte Instrumente, bei denen der Balg undicht ist, sind von diesem Phänomen nicht betroffen, da dort ein direkter Druckausgleich stattfindet. Das ist der Grund, warum man in den Bergen meistens ältere Instrumente antrifft.

Wenn man bei einem eigenen Instrument dieses Phänomen nicht wahrnimmt, ist das übrigens ein sicheres Zeichen dafür, das der Balg undicht ist.

Viele Grüße,
McCoy
 
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@McCoy die Geschichte mit dem Balginnendruck, die vor einiger Zeit hier gepostet wurde, hatte ich eigentlich für einen Aprilscherz gehalten. Und jetzt kommst Du an ...
 
@McCoy: Und ich ging immer davon aus, dass die speziellen Hohnerinstrumente für die Alpen, wie die Alpimorino, einen feststellbaren Luftknopf hätten, um die Undichigleit bei Bedarf zu erreichen - für Höhen bis 1500 Meter einstufig, ab 1500 Metern mehrstufig (bei der Golalpina sogar stufenlos).

Gruß,

Tobias R.
 
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@ Maxito >>Das heißt also,wenn ich nicht im Freien bei unter 0 Grad gespielt hätte ,sondern nebenan im beheizten Gebäude,ebenfalls auf 2700 m Höhe,hätte sich das anders angehört.Auch am 2. April noch !
 
Auch am 2. April noch !

nein - da dann nicht mehr!

erstens wären dann ja wieder alle nüchtern gewesen... und der 1. April vorbei!:D

Aber einmal im Jahr sollts erlaubt sein ein bisschen rum zu flachsen. Und die restliche Zeit können wir froh sein, dass all die in Wirklichkeit so nicht stimmt und unsere Instrumente unahbängig von Höhe etc. ziemlich konstant funkfionieren.
 
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