Autotune vs. RealitÀt

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Volle Zustimmung. Ein Bekannter von mir ist ein ganz ordentlicher Musiker. Seine Frau hat gerade eine EP veröffentlicht und ich dachte, das wird wohl gutes Zeug sein. Kurz reingehört und völlig genervt ausgemacht. Bei der Produktion wurden alle Register gezogen, aber die Frau ist einefach keine gute SĂ€ngerin und ihre Texte sind total nichtssagend. Da kann der Rest nicht drĂŒber hinwegtĂ€uschen. :nix:
Da fĂ€llt mir ein, dass ich in letzter Zeit noch so ne Produktion gehört hab. HauptsĂ€chlich elektronisch gehalten und an sich so produziert, dass ich sagen wĂŒrde: Der Produzent hat alles richtig gemacht. Außer der SĂ€ngerin zu sagen: "MĂ€del, deine Songs sind einfach nix, lass es bleiben."
Da sprichst Du noch ein ganz anderes Problem an, Mensch und sein Partner. Salopp gesagt: Sex und Musik nie mit Leuten die man gern hat:) jawohl, PolömĂŒk! Aber ich kenn das Freundschafts-Thema beim Musik machen zu GenĂŒge...
OT, hier ist Autotune:D
 
Ganz im Gegenteil. "Optimierung ĂŒber Technik" ist das nahezu menschlichste, was es gibt.
Durch den aufrechten Gang wurden unsere HÀnde frei und der Mensch (bzw seine Vorfahren) konnte damit Werkzeuge herstellen und benutzen. Dies hat hauptsÀchlich zur intelektuellen Entwicklung des Menschen beigetragen und ihn zu der Spezies werden lassen, die der Mensch heute ist.

Der Vergleich passt nicht.
Wer singen kann braucht kein autotune.
Wer sich durch Technik zusĂ€tzliche Möglichkeiten erschließt, hat natĂŒrlich Vorteile und das ist auch nicht abzulehnen.

Autotune hat auch schon mal gar nix mit Intelligenz zu tun. Sondern einfach damit daß es alle machen und zweitens daß es eben die weniger gut Könnenden an die Könner technisch angleicht.
Damit gehört Autotune zu den technischen VerfÀlschungen, die abzulehnen sind. Weil beim Endprodukt nicht mehr zu beurteilen ist: Kann der nun singen oder kann er es eher nicht.
 
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Autotune hat auch schon mal gar nix mit Intelligenz zu tun. Sondern einfach damit daß es alle machen und zweitens daß es eben die weniger gut Könnenden an die Könner technisch angleicht.
Damit gehört Autotune zu den technischen VerfÀlschungen, die abzulehnen sind. Weil beim Endprodukt nicht mehr zu beurteilen ist: Kann der nun singen oder kann er es eher nicht.

Na, ich denke, es wurden hier ĂŒberzeugend argumentiert, dass der Einsatz von Autotune nicht den RĂŒckschluss zulĂ€sst, dass die/der SĂ€ngerIn dahinter nicht singen kann.

Es ist halt zur Zeit nur offensichtlich so, dass Autotune deutlich hörbar eingesetzt werden muss, um die aktuellen Hörgewohnheiten der Zielgruppen zu bedienen, die ĂŒber kommerziellen Erfolg entscheiden.

So, wie frĂŒher Gitarrensoli ausgefadet/editiert wurden, damit der gemeine Radiohörer nicht irritiert wird, was da im Mittelteil des Songs fĂŒr eine "Gejaule" zu hören ist. Oder wie der Schlagerfan vermutlich auch sofort aufhören wĂŒrde zu schunkeln, wenn da statt des ewig selben Drumcomputer-Beats ein echter Schlagzeugsound zu hören wĂ€re.


Solange es nur darum geht die - wie Du schreibst - "weniger gut Könnenden an die Könner technisch anzugleichen" fĂ€nd ich das nicht so dramatisch, da wĂŒrde ich dann vom Endergebnis her schauen - wenn das gut klingt, warum nicht. "Technische" Perfektion ist da fĂŒr mich kein Kriterium.

FĂŒr mich entscheidend: Im Ergebnis höre ich (natĂŒrlich ...) nicht, dass die Nacharbeit mit Autotune plötzlich aus einer beliebigen Allerweltsstimme eine charaktervolle Stimme mit eigener IdentitĂ€t macht sondern eher das Gegenteil: Autotune biegt alles in dieselbe Richtung, macht eine - vielleicht gerade ob ihrer "Imperfektion" potentiell interessante Stimme zu einem austauschbaren Plastikprodukt... Das ist der Trend, der mir auf die NĂŒsse geht...

Der Charme von Popmusik lebte von den (frĂŒhen) Beatles bis zu Depeche Mode immer von einem gewissen "Dilettantismus": Ist hier positiv gemeint, es geht mir da um eine unvoreingenommene, teilweise naive, aber dadurch eben hochkreative Herangehensweise von Autodidakten, die zu einzigartigen Ergebnisse fĂŒhrte. Solche KĂŒnstler gibt es heute sicher auch noch, sie schaffen es aber nicht mehr, gehört zu werden, wenn sie sich nicht dem Perfektions-Diktat der Industrie, bzw. den Hörgewohnheiten der mittlerweile ĂŒber 10-15 Jahre massiv konditionierten Erwartungshaltung der Mainstream-Hörer unterwerfen.

Ich kann mir aber auch vorstellen, dass sich dieser Trend auch irgendwann umkehrt und es die jungen Musikhörer leid sind, nur noch digitalen DatenmĂŒll anstatt Musik vorgesetzt zu bekommen ...

... dann wiederum denke ich an die Kids, die nicht mehr wissen, wie ein Apfel von der Obstwiese schmeckt ... Vielleicht sind manche Entwicklungen auch nicht mehr zurĂŒck zu drehen?
 
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Ich sprach mit einem Kumpel neulich noch darĂŒber, dass sich die Musik gerade generell etwas in einer Phase der musikalischen Stagnation befindet. Es gibt schon seit ein paar Jahren kaum neue KĂŒnstler, die sich als "Superstars" etablieren konnten und grĂ¶ĂŸere Stil-/Soundrevolution gab es auch lĂ€nger nicht mehr.

Bei "reicht jetzt mit autotune und plastikmusik" denk ich automatisch immer an diese jungen Herren:



Vielleicht sind sie Vorbote einer neuen Anti-Welle... vielleicht aber auch nur eine Band die verpufft. Man wird sehen. Kritikerlieblinge sind auf jeden Fall schon.
Der VorwÀrtssalto mit Landung auf dem Hintern statt eines Gitarrensolo gibt extra Punkte.
Die Freude im Saal dort könnte auf jeden Fall in Hinweis darauf sein, dass Leute allgemein wieder Bock haben auf ein paar Kids die etwas punkmĂ€ĂŸiger unterwegs sind...
Falls die noch mehr Welle machen bin ich Ă€ußerst gespannt ob die Leute die sagen "bÀÀÀh.. Autotune... das benutzen ja nur Leute die nicht singen können" dann sagen "bÀÀÀh... Der Typ kann ja gar nicht singen und was soll dieser Krach!?"
 
Solange es nur darum geht die - wie Du schreibst - "weniger gut Könnenden an die Könner technisch anzugleichen" fĂ€nd ich das nicht so dramatisch, da wĂŒrde ich dann vom Endergebnis her schauen - wenn das gut klingt, warum nicht. "Technische" Perfektion ist da fĂŒr mich kein Kriterium.

FĂŒr mich entscheidend: Im Ergebnis höre ich (natĂŒrlich ...) nicht, dass die Nacharbeit mit Autotune plötzlich aus einer beliebigen Allerweltsstimme eine charaktervolle Stimme mit eigener IdentitĂ€t macht sondern eher das Gegenteil: Autotune biegt alles in dieselbe Richtung, macht eine - vielleicht gerade ob ihrer "Imperfektion" potentiell interessante Stimme zu einem austauschbaren Plastikprodukt... Das ist der Trend, der mir auf die NĂŒsse geht...

Der Charme von Popmusik lebte von den (frĂŒhen) Beatles bis zu Depeche Mode immer von einem gewissen "Dilettantismus": Ist hier positiv gemeint, es geht mir da um eine unvoreingenommene, teilweise naive, aber dadurch eben hochkreative Herangehensweise von Autodidakten, die zu einzigartigen Ergebnisse fĂŒhrte. Solche KĂŒnstler gibt es heute sicher auch noch, sie schaffen es aber nicht mehr, gehört zu werden, wenn sie sich nicht dem Perfektions-Diktat der Industrie, bzw. den Hörgewohnheiten der mittlerweile ĂŒber 10-15 Jahre massiv konditionierten Erwartungshaltung der Mainstream-Hörer unterwerfen.

Ich kann mir aber auch vorstellen, dass sich dieser Trend auch irgendwann umkehrt und es die jungen Musikhörer leid sind, nur noch digitalen DatenmĂŒll anstatt Musik vorgesetzt zu bekommen ...

... dann wiederum denke ich an die Kids, die nicht mehr wissen, wie ein Apfel von der Obstwiese schmeckt ... Vielleicht sind manche Entwicklungen auch nicht mehr zurĂŒck zu drehen?

"Vom Ergebnis her schauen " - dazu gehört ja, daß sich alle gleich anhören. Das Ergebnis fĂŒhrt zur Gleichförmigkeit. Und das ist auch das, was mich am Meisten stört. Ich könnte nicht Madonna von Gaga oder sonstwem unterscheiden (extrem ausgedrĂŒckt). Und tiefe Stimmen im Frauenbereich findet man ĂŒberhaupt nicht mehr. Was sich dann wiederum auch aufs Eigene auswirkt, denn die Leute, so ist es mir oft passiert, können mit einer tiefen Frauenstimme wie der meinen, nichts mehr anfangen und lehnen diese deshalb ab.

Daß sich der Trend umkehrt, glaube ich nicht. Weil: Was man nicht kennt, lehnt man erstmal ab. Oder anders ausgedrĂŒckt, wenn man nur das KĂŒnstliche kennt, weiß man gar nicht, wie es auch natĂŒrlich gehen könnte.
 
Was sich dann wiederum auch aufs Eigene auswirkt, denn die Leute, so ist es mir oft passiert, können mit einer tiefen Frauenstimme wie der meinen, nichts mehr anfangen und lehnen diese deshalb ab. Daß sich der Trend umkehrt, glaube ich nicht. Weil: Was man nicht kennt, lehnt man erstmal ab. Oder anders ausgedrĂŒckt, wenn man nur das KĂŒnstliche kennt, weiß man gar nicht, wie es auch natĂŒrlich gehen könnte.

Hm, kommt drauf an ob man den Mainstream bedienen möchte, wĂŒrde ich sagen.
Was tiefe Frauenstimmen betrifft: Da habe ich eher die Erfahrung gemacht, das Leute es toll finden und sich freuen, solche Stimmen (mal wieder) zu hören. Wobei ich gÀnzlich tiefe Lieder persönlich auch schwierig finde. Liegt aber eher daran, das Lieder meist dann sehr melancholisch/trist sind. Daher mag ich lieber einen Mix innerhalb eines Songs.
 
Ich habe eher die Erfahrung gemacht daß die Leute gar nicht mehr wissen, daß Frauen auch tief singen können, und befremdlich auf tiefe Frauenstimmen reagieren.
Eben weil sie in Pop und Rock - dh. in den Medien - immer nur weibliches Gequietsche und Getriller zu hören bekommen.
 
"Vom Ergebnis her schauen " - dazu gehört ja, daß sich alle gleich anhören.
HĂ€tte ich prĂ€ziser ausdrĂŒcken können, worum es mir ging: Wenn es vom Ergebnis her lediglich darum geht, kleine Dinge auszubessern, die der KĂŒnstler prinzipiell auch hinbekommt, finde ich das ok. Das ist pragmatisch und in professionellen Studios schon lange NormalitĂ€t, @wolbai wies darauf ja auch schon hin.

An der Stelle muss man dann denke ich unterscheiden: Wird digital eingegriffen, um Zeit zu sparen - obwohl der KĂŒnstler dass grundsĂ€tzlich drauf hat, aber vielleicht einen schlechten Tag erwischt hat, eine Pause brĂ€uchte etc., dann kann ich das durchaus nachvollziehen. Das SĂ€ngerInnen in einem professionellen Studio aufschlagen, die nun gar keinen Ton treffen, halt ich fĂŒr unwahrscheinlich. Das passiert vielleicht mal in dem Kontext, dass die PopularitĂ€t irgendwelcher C-Promis jetzt auch noch fĂŒr ein Ton-Produkt genutzt werden soll. Aber da mĂŒssen wir dann vermutlich nicht drĂŒber diskutieren, wieviel so etwas mit Musik zu tun hat.


Die Grenze ist halt fĂŒr mich, wenn der Input des Musikers derart zurechtgebogen wird, dass das mit der ursprĂŒnglichen Leistung nichts mehr zu tun hat. Wenn also auch bei einem Drummer komplett getriggert und quantisiert wird. Da verstehe ich dann nicht, warum man dann nicht gleich programmiert...

Zu was der "Perfektions"-Wahn gefĂŒhrt hat, erklĂ€rt Rick Beato hier sehr unterhaltsam und lehrreich:



Komisch, dass das ausgerechnet bei Drums und Gesang so ausgeprÀgt ist (na gut, sind vermutlich die wichtigsten Bausteine ...) Kaum vorstellbar jedenfalls, dass jemand zu Clapton sagt:
"Du, Eric, im Solo bitte keine Bendings - das machen wir hinterher mit der Software, das wird einfach akkurater."


Das Ergebnis fĂŒhrt zur Gleichförmigkeit. Und das ist auch das, was mich am Meisten stört.

Mich auch, aber da ist "Autotune" halt auch nur ein Baustein. Die aktuellen Pop-Hits dieser ganzen "Hupfdohlen" (wie meine Frau immer sagt) basieren auf den gleichen Akkorden, der Aufbau ist gleich, die Sounds sind dieselben. Da gehen die Produzenten eben auf Nummer sicher und produzieren das, was Erfolg verspricht. VW stellt ja auch nicht die Produktion des Golf ein ;-)

Und tiefe Stimmen im Frauenbereich findet man ĂŒberhaupt nicht mehr. Was sich dann wiederum auch aufs Eigene auswirkt, denn die Leute, so ist es mir oft passiert, können mit einer tiefen Frauenstimme wie der meinen, nichts mehr anfangen und lehnen diese deshalb ab.
In welchen Kontexten machst Du diese Erfahrung?
 
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austauschbaren Plastikprodukt




Ein paar Gedanken zu diesen Schlagbegriffen:

Die gleichklingende "Plastikmusik" - der viel zitierte "Einheitsbrei" - ist kein Produkt der heutigen digitalen Musikindustrie und das gab es auch schon lange vor der Tonkorrektur, wurde ja auch schon mal angemerkt. Musikprodukte, die von Produzenten gezielt fĂŒr ein großes Pubikum geformt, optimiert und eben auch gefĂ€lscht wurden, sind also fast so alt wie die Popmusik selbst. Beispiele finden wir ab "The Monkees".

Was ist ĂŒberhaupt Mainstream, was ist ein Hit? Ein Hit ist, wenn viele Menschen ungefĂ€hr gleichzeitig einen TontrĂ€ger kaufen oder bei einem kostenpflichtigen, nicht werbefinanzierten Screamingdienst mindestens 31 Sekunden lang anhören. FĂŒr eine Goldene Single braucht es heutzuge in Deutschland 150.000 verkaufte Einheiten, wobei 200 Streams einer verkauften Einheit entsprechen.

150.000 Einheiten sind - auch wenn man es nur auf Deutschland bezieht - ein Witz. Auch dann noch, wenn man sich nur auf die "werberelevante Zielgruppe" von +/-30 Mio potentiellen Konsumenten beschrÀnkt, sind das gerade mal ca. 0.5%, die diesen Mainstream abbilden.

Was machen die restlichen 99,5 Prozent? 29,5 Millionen relevante Konsumenten hören und kaufen Musik vermutlich völlig divers. Sie hören kostenlos auf YT, Soundcloud oder anderen Portalen, kaufen sich Àltere Alben, RaritÀten oder Special Editions. Alles mögliche, aber nicht das, was in den Medien den Ton angibt.

Das heißt: Wer innerhalb von vier Wochen 300.000 Einheiten eines Songs verkauft, hat einen ziemlich ordentlichen Hit. Wer aber innherhalb von fĂŒnf Jahren 2 Millionen Alben verkauft, hat keinen. Er ist also fĂŒr den Mainstream nicht relevant. Dennoch erfolgreich.

Auf einen kurzen Zeitraum begrenzte Verkaufszahlen sind kaum noch ein glaubhafter Indikator fĂŒr großen Erfolg oder einen Trend in der Musik. Die sogenannte "Masse" ist im Prinzip nur noch eine Nische. Und dieser recht kleinen Nische ist es tatsĂ€chlich völlig egal, ob ein SĂ€nger nun wirklich singen kann oder nicht.

Diskussionen ĂŒber "den Konsumenten" oder "die Medien" sind also durch die heutige DiversitĂ€t sowohl der Hörerschaft als auch der Medien eigentlich obsolet, denn sie werden von einer relativ kleinen Menge abgebildet.

Fazit:
Man kann also durchaus sagen, dass vieles, was mit einem gewissen kommerziellen Erfolg produziert wird, aufbereitet, verfĂ€lscht, korrigiert und glattgebĂŒgelt wird. Man kann aber nicht sagen, dass das der allgemeine Trend ist, den die Masse hört. Der grĂ¶ĂŸte Teil der Hörer hört genau das, worauf er gerade Bock hat und das findet nicht zwingend im TV, auf Itunes oder im Radio statt und es braucht auch nicht zwingend Melodyne.

Der tatsÀchliche Wermutstropfen ist meiner Ansicht nach: dass es eben keine Massen mehr gibt. Alles, was sich jenseits einer kleinen Schnittmenge dessen befindet, was als "Trend" wahrgenommen wird, kann als Einheit nicht bemessen werden und fÀllt aus dem Raster.

Um das mal an oben genanntem Beispiel zu unterstreichen.

Vielleicht sind sie Vorbote einer neuen Anti-Welle... vielleicht aber auch nur eine Band die verpufft.

Ich wĂŒrde eher sagen: Sie sind mitten drin in einer Welle. Bands, die klingen wie frĂŒher, die Alben rausbringen, oft sogar neben den digitalen Medien auf Vinyl oder sogar Kassette, sind absolut im Trend. Aber das passiert halt alles jenseits jener Medien, die viele von uns Ă€lteren Semestern noch immer als trendgebend empfinden (was sie aber lĂ€ngst nicht mehr sind).

Aber das ist halt keine "Anti-Welle", sondern eher eine parallele Welle. Ins Nachmittagsprogramm zu Lady Gaga werden sie sich nicht gesellen. Denn zu dieser Parallel-Welle gehört auch, dass junge KĂŒnstler gar nicht mehr so selbstverstĂ€ndlich erpicht auf Major-Deals sind.
 
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Musikprodukte, die von Produzenten gezielt fĂŒr ein großes Pubikum geformt, optimiert und eben auch gefĂ€lscht wurden, sind also fast so alt wie die Popmusik selbst. Beispiele finden wir ab "The Monkees".
Na, klar. Die Produzenten waren damals aber immerhin noch auf Musiker angewiesen, die ein gewisses Können mitbrachten. Studiozeit und analoges Bandmaterial waren teuer.

RĂŒckblickend kann man da auch vieles verklĂ€ren, da gebe ich Dir recht. Die 60er bestanden auch nicht nur aus den Beatles & Co., was wir heute mit frĂŒheren Jahrzehnten verbinden ist halt das, was den Test der Zeit ĂŒberstanden hat. Wobei ich schon finde, dass es aus den 60ern, auch 70ern eine Flut an großartigen "One-Hit-Wonders" gibt - einzelne Songs, die den besten Songs der "Großen" kaum nachstehen, aber eben Einzeltaten der jeweiligen KĂŒnstler blieben.

In einem Video beschreibt Rick Beato - der einen fundierten musiktheoretischen Background hat - fĂŒr mich gut nachvollziehbar, wie vergleichsweise "anspruchsvolle" Harmonik im Pop seit den 60ern sukzessive verloren gegangen ist. Er erklĂ€rt das sinngemĂ€ĂŸ so, dass die Beatles (und andere) noch gegen Hörgewohnheiten anstinken mussten, die von Klassik oder auch Jazz geprĂ€gt waren. Von den 21 Nummer-1-Hits in GB der Beatles basiert ein einziger auf der mittlerweile so abgegriffenen Akkordfolge D-Dur, A-Dur, H-Moll und G-Dur. Die Beatles muteten ihren Hörern ziemlich schrĂ€ge Dinge zu - und hatten damit dennoch Erfolg. Aber je eintöniger/einfĂ€ltiger die Pop-Landschaft geworden ist, desto mehr gilt es, sich dem Diktat der Gewohnheit unterzuordnen, wenn das Publikum nicht verstört werden soll.

Diskussionen ĂŒber "den Konsumenten" oder "die Medien" sind also durch die heutige DiversitĂ€t sowohl der Hörerschaft als auch der Medien eigentlich obsolet, denn sie werden von einer relativ kleinen Menge abgebildet.
Die Diversifikation ist ein Faktor, heute gibt es tatsÀchlich weniger, worauf sich eine breite Masse einigen kann (wie eben bspw. die Beatles oder spÀter Michael Jackson). Und aktuell hat Popmusik einfach nicht mehr die gesellschaftliche Bedeutung, die sie von den 60ern bis in die 90er hatte.

Umgekehrt wĂŒrde ich aber argumentieren: Ich selbst bin definitiv auch nicht "am Puls der Zeit", was Musik angeht, aber wenn Namen wie Sia, Rihanna, Ariana Grande, Ava Max, Avicii (oder auch: Raf Camora, Bonez MC, Capital Bra, Apache 207 ...) selbst mir bekannt sind, dann mĂŒssen sie schon eine gewisse Mainstream-Relevanz haben... Also losgelöst von Verkaufs-, Download- und Streamingzahlen - eher festgemacht an einer medienĂŒbergreifenden "Reichweite" des KĂŒnstlers (Produktes ...).

Aber klar: WÀhrend die Popstars der 80er noch in den damaligen Mainstream-Medien prÀsent waren, hört man heute vielelicht noch von Beyoncee und Kanye West in der Boulevard-Sparte. Und wenn irgendwo eine Hungersnot ist oder Menschenrechte verletzt werden, tauchen nicht Bob Geldof oder Bono im TV auf ... ;-)

Die Funktion von (Musik-)Popstars erfĂŒllen heute wohl eher Youtuber.

Man kann also durchaus sagen, dass vieles, was mit einem gewissen kommerziellen Erfolg produziert wird, aufbereitet, verfĂ€lscht, korrigiert und glattgebĂŒgelt wird. Man kann aber nicht sagen, dass das der allgemeine Trend ist, den die Masse hört.
Jein - ich argumentiere ja gerade, dass sich der Trend zum "glattbĂŒgeln" ja gerade durch alle aktuell erfolgreichen Strömungen durchzieht, er findet sich im Metal genauso wie im Rap, nicht nur im Pop. Ich glaube, mit dem "Nicht-GlattgebĂŒgelten" reicht es nicht mal mehr fĂŒr ein Nischendasein. "Dank" Corona dĂŒrfte es aktuell und mittelfristig fĂŒr "alternative" KĂŒnstler sogar nochmal schwieriger geworden sein (?).
 
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In der Musikbranche lÀuft es inzwischen wie in der Modeszene, dort wird Bildmaterial, via Fotoshop manipuliert. (Models erkennen sich auf Fotos schon selbst nicht mehr wieder!)
Je mehr der Computer dominiert, desto weniger Faszination/WertschĂ€tzung empfinde ich fĂŒr die Dinge. Ob es nun ein Bild/Foto, Musik, ein KĂŒnstler, eine Gruppe, ein Orchester oder was auch immer ist.


Gruß
SlapBummPop
 
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Guten Morgen,

habe mir das mal kurz angehört....werde es sicher nicht wieder tun.....damit ist, denke ich, alles gesagt.

Gruß
SlapBummPop
 
habe mir das mal kurz angehört....werde es sicher nicht wieder tun.....damit ist, denke ich, alles gesagt.

Ich weiss ja nicht, wie alt du bist, aber möglicherweise bist du nicht die Zielgruppe dieser Produkte. So eine Musik tönt z.B. aus dem Zimmer meiner 17jĂ€hrigen Tochter. Und mir ist klar, dass die nicht fĂŒr mich gemacht wird. Trotzdem ist sie meistens ziemlich gut gemacht und sauber produziert, ich hĂ€tte da nix zu meckern. Auch wenn ich sie selber nicht lĂ€nger als 5 Minuten anhören kann, ohne genervt zu sein - das ist ja Geschmackssache, aber an den Produktionen selbst finde ich nichts auszusetzen. Und Autotune ist da eben ein Stilmittel, nicht mehr und nicht weniger, so wie extrem verzerrte Gitarren in den 90ern.
 
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Hast Recht, bin nicht die Zielgruppe!

Gruß
SlapBummPop
 
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Das SĂ€ngerInnen in einem professionellen Studio aufschlagen, die nun gar keinen Ton treffen, halt ich fĂŒr unwahrscheinlich.

ich auch.
Aber ich meine es ist ein großer Unterschied zwischen SĂ€ngerInnen, die gar keinen Ton treffen, und denen, die das nicht so richtig drauf haben, also halbwegs singen können.

Auch meine ich: Eine/r, die gut und professionell an die Sache rangehen, haben eben eher keine schlechten Tage und/oder man hat dann auch so viel Zeit, so lange zu singen, bis es paßt. So jedenfalls meine Vorstellung.

Es ist wohl eher die Erwartungshaltung des Publikums, so mein Gedanke, dabei bleibe ich auch: Das Publikum will, daß alles gleich klingt. Per se haben Frauenstimmen hoch zu sein, NatĂŒrlich gibt es davon Ausnahmen, aber das ist die Regel. Weil es eben alles gleich klingen muß. Mainstream nennt man das.
Das Publikum wurde halt ĂŒber die jahrzehnte auf diesen Trip hin "erzogen". Ist ja auch bequemer fĂŒr die Branche.

NatĂŒrlich ist autotune nur ein Baustein in diesem Prozess, aber ein wesentlicher, weil die Stimme einer Band oder auch SolokĂŒnstlerIn halt Hauptidentifikationsmerkmal ist.

In welchen Kontexten machst Du diese Erfahrung?

im Kontext meiner Musik online.
 
Wegen diesem Thread hier, habe ich die letzen Wochen besonders darauf gehört, als wir letztens mal in einem Einkaufszentrum einkaufen waren, fand ich es wirklich extrem wieviel Autotune als Effekt in aktuellen Popproduktionen eingesetzt wird, das war mir bisher gar nicht so bewusst da ich auch nicht Radio höre und Musikalisch ein wenig in meiner eigenen Blase lebe :)

gestern am Abend hab ich es es zum Anlass genommen, und mir einige Sampler aus meiner Musiksammlung genauer anzuhören, das waren meistens Best Ofs oder hit-collectionen, nach Jahre unterteilt (zb einige Jahre aus der
Grammy Nominees Reihe, Best hits 2010, etc)..
dabei ist mir der Trend zu mehr Autotune als Effekt sehr deutlich aufgefallen, wenn man sich so die typischen Chart Hits von zb 2010 anhört, dann klingt hier unglaublich wenig nach Autotune, wobei man natĂŒrlich weiss, das auch hier das Werkzeug sehr hĂ€ufig eingesetzt wurde weil es eben schon lange ein Studio-Standard ist, nur war damals der Trend zu einer noch sauberen und weniger Effektbeladenen Stimme, und hört man sich heute diese 10 Jahre alten Songs an, wĂŒrde man bei vielen davon nie bewusst daran denken, das hier Autotune im Spiel war.
Ich vermute, durch den massigen Einsatz von Autotune als EFFEKT, kommt erst diese Ausseinandersetzung und polarisierung einher.
 
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In gemÀssigter Form eingesetzt erzeugt Autotune ein deutliches, charakteristisches Obertonspektrum, das heute ein gleichberechtigtes (Produktions) Stilmittel ist, vergleichbar mit Eq-Einsatz oder Chorstimmen.
Uh, ob die Obertöne der Grund sind, dass das ĂŒberzogen eingesetzt (z.B. "Cloud Rap" und son Zeug) so unangenehm klingt?

Komisch, dass das ausgerechnet bei Drums und Gesang so ausgeprÀgt ist (na gut, sind vermutlich die wichtigsten Bausteine ...) Kaum vorstellbar jedenfalls, dass jemand zu Clapton sagt:
"Du, Eric, im Solo bitte keine Bendings - das machen wir hinterher mit der Software, das wird einfach akkurater."
Was mich tatsĂ€chlich interessieren wĂŒrde: Wie viel Tonhöhenkorrektur wird denn aktuell auf Instrumenten im professionellen Studioalltag benutzt? Oder wĂ€re das eher die Ausnahme?
 
heute in der bandprobe habe ich das autotune des mischpults aktiviert.

das war recht lustig....wie eine art chorus effekt. die stimme wird ziemlich angedickt.

das ergebnis ist nicht ĂŒbel.
allerdings wenn man töne zieht, dann steppt es chromatisch durch....was ziemlich witzig klingt.

wir mußten einige mal unterbrechen, weil wir vor lachen nicht mehr spielen konnten.
 
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Und Autotune ist da eben ein Stilmittel, nicht mehr und nicht weniger, so wie extrem verzerrte Gitarren in den 90ern.
dem wage ich, zu widersprechen.
Verzerrte Gitarren sind tatsÀchliche Stilmittel, die so eingesetzt werden, dass sie bewusst wahrgenommen werden (sollen).
Autotune ist i.d.R. ein "Dopingmittel", dass nicht auffallen und klammheimlich UnzulĂ€nglichkeiten der SĂ€nger/-innen kaschieren soll. Es sei denn, es wird bewusst ĂŒbertrieben eingesetzt, um so eine typische "Roboterstimme" wie in Chers "Believe" zu erzeugen.
Kann man also nicht wirklich vergleichen.
 
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