"Bruchstein": EindrĂĽcke + zwei Fragen

hobz biz-zejt
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Folgenden Text möchte ich vorstellen, weil es zwei Punkte gibt, die ich selber nur schwer einschätzen kann.

1 betrifft die sprachliche Wirkung.
Ich hatte beim ersten Korrekturlesen ein positives GefĂĽhl, dachte sowas wie "wow, das hat Tiefgang" hab dann aber Zweifel gekriegt, ob es zu viel davon ist, aufgesetzt wirkt, zu sehr in eine schwĂĽlstige Richtung geht.
Vor allem zwei Passagen hab ich dabei diverse Male umformuliert und versucht, alltagssprachlicher klingen zu lassen. (Was aber nie geklappt hat, weshalb dies nun wieder und immer noch die erste fertige Fassung ist).
Wie wirkt das insgesamt auf euch?
Welche Passagen nehmt ihr als mehr oder weniger gelungen war?

2 ist die simple Frage nach dem Inhalt:
Versteht man, worum es in dem Text gehen soll?
Ich dachte ja und seh den Text auch als eine klar umrissene Geschichte, hab aber einen Freund direkt gefragt und war ĂĽber dessen (Nicht)verstehen ziemlich ĂĽberrascht.
Da wĂĽrde ich mich ĂĽber RĂĽckmeldung freuen, fĂĽr den Anfang sogar lieber noch ohne ausfĂĽhrliche "Interpretation", also nur mit "mir erscheint klar, worum es geht" oder "ich steig nicht durch".

Alle anderen EindrĂĽcke und RĂĽckmeldungen sind natĂĽrlich auch willkommen ;-)



Bruchstein

Dort am alten Steinbruch
der gleich wie immer ist
wo alles, was gemacht war
die Zeit wieder verwischt
sind Pfade zwischen Steinen
und fĂĽhren auf und ab
Der Lauf der Zeit allein
läuft stetig alle ab

Die Höhen und die Tiefen
und wie der Wind dort bläst
erhaben untermalend
das stille Zwiegespräch

Am Wegesrand in Nischen
Gedanken abgelegt
wie unsichtbare Stempel
dem Ödland eingeprägt

Die Bank am höchsten Punkt
wo nah und fern verschmilzt
Gedankenfetzenbilder
wie Szenen eines Films

Die Nummer ohne Anschluss
ins Holz geritzte Spur
das StĂĽckwerk kleiner Skizzen
und doch Vermutung nur

Der Horizont so weit
der tiefste Punkt so nah
10 Schritte linker Hand
10 Schritte und dann da

Einst stand hier noch kein Stein
mit eingraviertem Spruch
Einst stand hier nur die Bank
Allein im Niemandsland

Der eingravierte Spruch
ich hab ihn angesehen
und Wort fĂĽr Wort versucht
die Botschaft zu verstehen
und irgendwann nur so
die Wörter laut gezählt

Es waren genau 11
genau einer mehr als 10
 
Eigenschaft
 
,Hallo, hab versucht die Botschaft des Textes zu verstehen
doch ward sie mich mit einem SchloĂź versehen

GrĂĽĂźe
 
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1 betrifft die sprachliche Wirkung.
Ganz gut, meine ich. An einigen Stellen etwas holperig, aber gesungen kann es funktionieren.

2 ist die simple Frage nach dem Inhalt:
Ich bekomme eine Ahnung... ein Platz irgendwo in der Natur, der sich in den letzten Jahren verändert hat. Und den Protagonisten in eine Innerlichkeit bringt. Sowas in der Art...
Ich hab mal ein paar Ideen notiert, die mir beim Verständnis helfen würden.

GrĂĽĂźe

sind Pfade zwischen Steinen
die fĂĽhren auf und ab
Der Lauf der Zeit alleine
läuft sie stetig ab

Die Höhen und die Tiefen
und wie der Wind dort bläst
erheben untermalend
das stille Zwiegespräch

Am Wegesrand in Nischen
Gedanken abgelegt
wie unsichtbare Stempel
dem Ödland eingeprägt

Die Bank am höchsten Punkt
wo nah und fern verschmilzt
Gedankenfetzenbilder
wie Szenen eines Films

Die Nummer ohne Anschluss
ins Holz geritzte Spur
ein StĂĽckwerk kleiner Skizzen
und doch Vermutung nur

Der Horizont so weit
der tiefste Punkt so nah
10 Schritte linker Hand
10 Schritte und dann da

Einst stand hier noch kein Stein
mit eingraviertem Spruch
Einst stand hier nur die Bank
Allein im Niemandsland

Der eingravierte Spruch
ich hab ihn angesehen
und Wort fĂĽr Wort versucht
die Botschaft zu verstehen
und irgendwann nur so
die Wörter laut gezählt

Es waren genau 11
genau einer mehr als 10
 
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.. das lässt sich gut und sehr rhythmisch lesen (und vortragen), allein der Sinn erschließt sich auch mir nicht. Klingt einfach schön.
Letzte Zeile mĂĽsste eher "genau eins mehr als 10" heiĂźen.
Hier und da wär auch noch etwas mehr Rhythmus möglich, zum Beispiel gleich die erste Zeile
"Dort vorn am alten Steinbruch"
Viele Zeilen gefallen mir einfach so gut, z.B. "erhaben untermalend" oder "Gedankenfetzenbilder" - auch wenn, wie gesagt, die Botschaft sich nicht so recht ergeben will.
Schreib mal, wenn genug Kommentare da sind, was es meint! :)

VG
FdB
 
Hi,

Ich frage mich ob das ein Songtext (Lyric) oder eine Lyrik sein soll. FĂĽr einen Songtext finde ich es zu kryptisch. Meiner Meinung tritt der Text zu lange auf der Stelle. Letztendlich scheint mir der Text eine Betrachung einer Geschichte zu sein? Puh, ok. Songtext, NEIN. Lyrik schon eher.

"... die Botschaft zu verstehen" - hier fĂĽhle ich, wie mir der Inhalt entgleitet. Zu Anfang des Textes dachte in noch an LI's Erinnerungen ĂĽber den Ort oder ĂĽber eine andere Person. Der Ort der gemeinsame Geschichte? Oder sogar die Zeit die LI selbst noch hat? Aber dann... ist das jetzt subjektiv gemeint? Soll ich wirklich etwas hinein interpretieren? Die Botschaft ist 11. Waren es die Jahre die LI mit irgendwas/wem verbracht hat? Also, statt den angekommenen 10?
 
Danke fĂĽr die Antworten. Ist sehr interessant fĂĽr mich zu lesen.

Jeder kennt das Phänomen, dass dass man auf irgendwas nicht kommt.
Aber wie heiĂźt das Gegenteil davon, dass einem irgendwas ganz offensichtlich erscheint (weil man es sich selber ausgedacht hat) und man es anschlieĂźend nicht nicht sehen kann.

Wahrscheinlich haben dieses Problem auch viele "Tatort"-Drehbuch-Autoren, deren Plot ich regelmäßig nicht verstehe und mich dann immer frage, ob denen nicht bewusst ist, wie komplett wirre ihre gedachte Auflösung ist. Jetzt schwant mir, dass die ebenfalls gar nicht erahnen können, was ich alles nicht verstehe. Das nur am Rande.


,Hallo, hab versucht die Botschaft des Textes zu verstehen
doch ward sie mich mit einem SchloĂź versehen

Hihi, schön gesagt.
Wobei die Stelle nicht zu den Stellen gehört, die mir zweifelhaft erscheinen.

Tatsächlich sind es diese zwei Abschnitte:

"Die Höhen und die Tiefen..."
"Am Wegesrand in Nischen..."

Ist quasi der Ăśbergang hin zum warum ist dieser Ort fĂĽr das LI irgendwie bedeutsam. Vielleicht haben die Zeilen zu viel von dem, was @streamingtheatre als "Innerlichkeit" bezeichnet?



Ganz gut, meine ich. An einigen Stellen etwas holperig, aber gesungen kann es funktionieren.
Ich bekomme eine Ahnung... ein Platz irgendwo in der Natur, der sich in den letzten Jahren verändert hat. Und den Protagonisten in eine Innerlichkeit bringt. Sowas in der Art...
Ich hab mal ein paar Ideen notiert, die mir beim Verständnis helfen würden.

Sag ruhig konkret, welche Stellen dir holprig vorkommen. ;-) Dass Zeilen gesungen noch mal ganz anders wirken, seh ich definitiv auch so.
Die notierten Ideen würde ich gern hören. Meine ursprüngliche Befürchtung, dass die erste "Interpretation" alles verrät und die Sache für alle späteren Leser kaputt macht, scheint ja absolut unbegründet zu sein ;-)



.. das lässt sich gut und sehr rhythmisch lesen (und vortragen), allein der Sinn erschließt sich auch mir nicht. Klingt einfach schön.
(...)
Hier und da wär auch noch etwas mehr Rhythmus möglich, zum Beispiel gleich die erste Zeile
"Dort vorn am alten Steinbruch"
Viele Zeilen gefallen mir einfach so gut, z.B. "erhaben untermalend" oder "Gedankenfetzenbilder" - auch wenn, wie gesagt, die Botschaft sich nicht so recht ergeben will.

Danke für die Komplimente. Die Rhythmusänderung durch "vorn" gefällt mir. Inhaltlich deckt es sich nur nicht meiner Vorstellung.


Letzte Zeile mĂĽsste eher "genau eins mehr als 10" heiĂźen.

Gut aufgepasst. Ich hab selber ĂĽberlegt, ob ich an der Stelle, "eins" schreiben soll, hab mich dann aber bewusst fĂĽr "einer" entschieden.
Kommt jemand drauf, warum?


Ich frage mich ob das ein Songtext (Lyric) oder eine Lyrik sein soll. FĂĽr einen Songtext finde ich es zu kryptisch. Meiner Meinung tritt der Text zu lange auf der Stelle. Letztendlich scheint mir der Text eine Betrachung einer Geschichte zu sein? Puh, ok. Songtext, NEIN. Lyrik schon eher.

"... die Botschaft zu verstehen" - hier fĂĽhle ich, wie mir der Inhalt entgleitet. Zu Anfang des Textes dachte in noch an LI's Erinnerungen ĂĽber den Ort oder ĂĽber eine andere Person. Der Ort der gemeinsame Geschichte? Oder sogar die Zeit die LI selbst noch hat? Aber dann... ist das jetzt subjektiv gemeint? Soll ich wirklich etwas hinein interpretieren? Die Botschaft ist 11. Waren es die Jahre die LI mit irgendwas/wem verbracht hat? Also, statt den angekommenen 10?

Ich sehe es auch so, dass der Text mehr wie ein Gedicht als ein Liedtext wirkt. FĂĽr mich ist es aber eher der Aufbau, der das bewirkt, also das Fehlen vom Wechsel Strophe/Refrain.
"zu kryptisch", "zu lange auf der Stelle treten" sind gute bedenkenswerte Punkte. Ein bisschen gingen meine eigenen Bedenken vielleicht auch in die Richtung.
Welche Stellen sind das fĂĽr dich?

"... die Botschaft zu verstehen" und "Die Botschaft ist 11": Ich hätte es nicht so gesagt, aber das ist gar nicht weit entfernt und fasst es vielleicht gut zusammen.
Das LI versucht, die Botschaft zu verstehen und eine Erklärung zu finden, schafft es aber nicht. Das einzige, was ihm auffällt ist die Zahl 11, die im Text verborgen ist und die (zufälligerweise) genau eins mehr ist als die vorher so oft erwähnten 10 (Schritte).
 
Zuletzt bearbeitet:
Zusammenfassend würde ich ich sagen, dass ich beim Lesen Deines Textes eine ruhige aber auch betäubende Einsamkeit verspür. Die staubige, wüstenartige und menschenleere Szenerie. Sprachlich klingts rund, gibts nix zu meckern.

Die Nummer ohne Anschluss
ins Holz geritzte Spur
das StĂĽckwerk kleiner Skizzen
und doch Vermutung nur
// Steinbruch, Bruchstein, Bank, Steine, Ödland, Zeit, Telefonnummer... aber als persönliche Referenz passt das natürlich. Nur schmeisst es mich raus.

Der Horizont so weit
der tiefste Punkt so nah
// Ist das plump emotional gemeint? Unklar da du sonst objektiv betrachtend bleibst. Die Bank steht doch am höchsten Punkt, oder? Eventuell scheint mir der Abschluss der Zeile unwichtig zu sein.

10 Schritte linker Hand
10 Schritte und dann da
// Mir teilt das 10 Schritte leider nichts mit. Ein Spiel mit einer Schatzkarte alter Kindheitstage?

// Folglich macht dann auch der Abschluss mit "einer mehr als 10" kaum Sinn. Selbst wenn sich daraus die hintergrĂĽndige Botschaft Deines Textes verbirgt.

Es ist nicht der Inhalt einer Botschaft, welche wichtig ist, sondern mit wem man die Zeit verbracht hat, während man die Botschaft schreibt.
 
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Mittwochmittag hatten wir uns die Füße etwas vertreten bei bestem Wetter in einem Gebiet in dem den bergischen Sage nach mal eine Kapelle versunken sein soll. Als eine Straße in der Nähe tiefergelegt wurde in den 80gern versanken dort unter dem Abraum auf jeden Fall zeitgleich die Portale eines historischen Straßenbahntunnels und unweit davon auch der historische Steinbruch. Abends dann so ein Gedicht! Passende Sprüche mit 11 Worten findet man da sicher mindestens auch drei wenn man will.
 
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... die 10 Wörter am Ende ... alles Namen?
 
Wenns da Noten dazu oder sowas ähnliches gäb , dann fiele mir vielleicht eine ungefaire Bank ein, oder zwei
 
Der Lauf der Zeit allein
läuft stetig alle ab
Ist da beim Verbessern was reingeraten, was da nicht hingehört? "Ablaufen" ist meines Wissens intransitiv.
 
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Ich musste ehrlich gesagt nachschlagen was intransitiv bedeutet, glaube jetzt aber die Frage zu verstehen.

Ich wĂĽrde so antworten:
Nein, das ist bewusst so geschrieben. Es ist nicht "ablaufen" im Sinne von "passieren" oder "vorgehen" gemeint, sondern im Sinne von "eine bestimmte Route wiederholt zu gehen".

Satz-Beispiel:
Irgendwo auf meinem Weg von A nach B hab ich meine Brieftasche verloren. Um sie wiederzufinden, bin ich anschlieĂźend die ganze Strecke noch mal abgelaufen.
 
Ich hab mich damals aus dem Thread verabschiedet ohne meine "Erklärung" zu liefern.

Die Idee war die:
Das Lyrische Ich läuft durch diesen Steinbruch, kommt zu dieser Bank, bemerkt diesen Gedenkstein und erinnert sich dann an eine Geschichte von jemand, der dort Selbstmord begangen haben soll.

Der Rest sind dann die Gedanken:
SaĂź diese Person (ein er) damals auch hier? Welche Gedanken hatte er?
Ist irgendwas in die Bank Geritzes von ihm? Ging er von hier die 10 Schritte rĂĽber zum Abgrund?
Kann man die einzelnen Puzzlestücke irgendwie zusammenfügen? Liefert der Spruch eine Erklärung oder Bestätigung?
 

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