Cello: Knicken des kleinen Fingers in hoher Lage

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Bernhard Hiller
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Vor 2 Jahren begann ich (als damals knapp 50Jähriger) Cello autodidaktisch zu lernen. Die erste Lage habe ich längst überschritten, im Lehrwerk von Francis Grant geht's danach in der 2. Lage weiter, während Louis Potter zur 4. Lage übergeht. Ich machte erstmal mit dem Werk von Grant weiter, und bin nun in der 4. Lage angekommen.

Hier taucht nun ein Problem mit dem kleinen Finger in der gestreckten Lage auf: Wenn die Sept (z.B. das g auf der a-Saite, aber schlimmer noch auf den tieferen Saiten) gespielt werden soll, bleibt das zweite Fingergelenk nicht leicht gebeugt, sondern flacht ab (oder drückt sich gar nach hinten durch); die Beugung ist dann komplett im Endgelenk.
Die Intonation ist damit recht unsauber, beim Abheben des Fingers führt dies zum Schappfinger, und damit erst recht zu unsauberer Intonation beim nächsten Ton.
Irgendwie habe ich den Eindruck, zu wenig Kraft im kleinen Finger zu haben.

Welche Tricks kennt ihr, um mit diesem Problem umzugehen?
Ist es empfehlenswert, eine flachere Saitenlage zu probieren, oder weichere Saiten?
Aber - auf Grund meiner Erfahrung mit der Gitarre - vermute ich eher eine Anpassung der Handhaltung.
 
Eigenschaft
 
Herzlich willkommen im Musiker-Board in der Streicherecke!

Ich denke, dass du an der Stelle vielleicht zu einem Cellolehrer zur Überprüfung deiner Handhaltung gehen solltest.
Gerade auf dem Cello ist eine korrekte Handhaltung hier der Ausschlag gebende Faktor.

Zum Training der Fingermuskulatur gibt es solche Hilfsmittel:

 
Oder einfach so lange spielen bis es von selbst klappt. Mir hat konsequentes Üben am meisten gebracht. Dabei habe ich auch mit verschiedenen Handhaltungen experimentiert und irgendwann festgestellt, dass mein kompletter Arm ab der Schulter irgendwie verdreht war. Seitdem ich das korrigiert habe funktioniert der vierte Finger deutlich besser und meine grundsätzliche Intonationnist auch präziser geworden. Zwar spiele ich Geige aber ich denke, dass die grundsätzlichen Probleme meist in der Haltung liegen.
Ich würde dir empfehlen jemanden zu suchen der mal über deine Haltung drüberschaut. Auch ich habe zwei Jahre autodidaktisch gelernt und mir in dieser Zeit so viel Blödsinn angelernt, dass ich jetzt nach zwei Jahren Unterricht immer noch dran zu knabbern habe.

Grüße, Chris

P.S: Eine befreundete Gitarristin hat sich so einen Fingertrainer geholt und es tatsächlich geschafft sich damit eine Sehnenscheidentzündung zuzuführen.
 
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Es sei gedankt für die Hinweise.

Ich glaube nicht, daß ich allgemein zu wenig Kraft in den Fingern habe - sie werden beim Spiel der Gitarre seit Jahren ordentlich eingesetzt. Gewiss, Aufschlagsbindungen mit dem 4. Finger klingen auch da schwach. D.h. es ist nur der 4. Finger, der ein wenig mager ist, die anderen haben massiv Kraft.

Der Artikel im Strings Magazine geht von einem grundsätzlichen Problem mit dem 4. Finger in allen Lagen aus - das trifft bei mir nicht zu. Erst ab der 4. Lage taucht es auf.
http://stringsmagazine.com/retraining-a-collapsing-locking-left-4th-finger/ ebeno.

Aber es ist wohl eher so, daß für alle Cellisten bei irgendeiner höheren Lage die Grenze kommt, bei der sie den 4. Finger nicht mehr einsetzen können. Ich habe mal ein paar Kapitel im Potter übersprungen, und siehe da: ab der 5. Lage verwendet er nur noch 1, 2 und 3.
Eine interessante Darstellung fand ich noch bei http://cellofun.eu/Home/Cello-Blog/...page/Left-Hand-Regions/Intermediate-Position/ - hier bleibt der Daumen in diesen Lagen nicht am Halse kleben. Verliert damit Positionssicherheit, kann aber den 4. Finger noch um einiges mehr einsetzen. Das werde ich mal ausprobieren.
 
In der 4. Lage solltest du noch den 4. Finger nutzen können, sonst wird es schwierig...

Hast du schon mal vor dem Spiegel geübt und verglichen, was die Finger unterschiedliches machen?

gegen das Durchdrücken hilft nur bewusstes Training :( ;)
 
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Hallo,

also, allgemein sollte das nach einer Weile besser werden. Ich hab am Anfang gedacht, ich würde das nie sauber treffen lernen, aber wie bei jeder Handhaltung gewöhnen sich die Finger eigentlich auch in der 4. Lage nach und nach an die richtige Haltung. Die 5. ist ja dann eher eine Übergangslage - die lerne ich gerade und auch da ist hier und da noch der vierte Finger beteiligt ;-) Aber wie überall. Üben hilft!

LG,
Babs
 
In der 4. Lage solltest du noch den 4. Finger nutzen können, sonst wird es schwierig
Viele Dank für Eure Hinweise.
Aufgeben werde ich nicht, sondern mich durchkämpfen. Dafüer macht das Cello-Spiel einfach zu viel Spaß, als daß ich mir das vom Kleinen Finger verderben lassen möchte.
Momentan bleibe ich überwiegend unterhalb der 4. Lage, und falls 4. Lage, dann ohne Streckung. Und dann schauen wir mal, wie sich's im Laufe der Zeit entwickelt.
 
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Weil sie hier im Thread erwähnt wurden, möchte ich zunächst eine ausdrückliche Warnung vor den "Fingertrainern" aussprechen. Die trainieren auf Kraftentfaltung und damit Grobmotorik, was für jegliches Instrumentalspiel nachteilig ist, da es am Instrument immer um eine freie und sensible Feinmotorik geht. Sobald grobmotorische Muster überwiegen, schränkt das die Feinmotorik ein und das Instrumentalspiel wird schlechter, vor allem in Bezug auf Schnelligkeit und besonders bei Streichern die Sauberkeit der Intonation, in der Bogenführung die Sauberkeit und Nunaciertheit des Klanges.
Die schon erwähnten Sehnenscheidenentzündungen sind leider nicht so selten eine Folge des Trainings mit solchen Finger-Foltergeräten.
Also - im wahrsten Sinne des Wortes - Finger weg von den "Fingertrainern".

Zu der angesprochenen Schwäche des 4. Fingers ab der 4. Lage:
Anatomisch-physiologisch verhält es sich so, dass Muskeln ihre maximale Effizienz bei der Kontraktion im Bereich ihrer mittleren Länge haben. Sowohl wenn der Muskel stark verkürzt als auch stark gelängt ist, kann er nur mit geringerer Effizienz noch kontrahieren und somit in diesen Situationen nur noch vergleichsweise wenig Kraft entfalten. Das hat damit zu tun, dass die Filamente, die sich als die eigentlichen aktiven Elemente beim Kontrahieren ineinander schieben in dem einen Fall schon zu weit ineinander, und in dem anderen Fall zu weit auseinander geschoben sind (etwas vereinfacht erklärt) und damit keine Kapazität mehr für eine effektive Kontraktion haben.
Hinzu kommt, dass vor allem bei einem gestreckten Finger die Hebelverhältnisse der an den einzelnen Fingerknochen ansetzenden Sehnen sehr ungünstig sind, was die Kraftentfaltung zusätzlich erschwert. Mit Krafttraining ist da nicht viel zu machen, da man nicht gegen die Anatomie und Physiologie trainieren kann und schon gar nicht sollte. Das würde nur Schaden anrichten.

Dass der durchgestreckte Finger beim Druck auf die Saite einknickt hat mit der individuell verschiedenen Stabilität in den Gelenken zu tun. Menschen mit sehr kräftig ausgeprägtem Knochenbau und damit mechanisch in sich stabileren Gelenken sind diesbezüglich etwas im Vorteil, da die Gelenke nicht so schnell durchknicken, bezahlen das aber üblicherweise mit einer geringeren Beweglichkeit und eingeschränkten Rotationsradien.
Menschen mit weniger stabilen Gelenken oder gar mit hypermobilen Gelenken drücken sich die gestreckten Finger durch bei dem Versuch, Kraft einzusetzen. Das kann auf Dauer dem Gelenk bzw. den Gelenkkapseln schaden, da sie im Laufe der Zeit immer mehr gedehnt werden. Insbesondere in dieser Situation ist Krafttraining besonders schädlich, da die "gestärkten" Muskeln nur noch mehr drücken und damit die Gelenke noch mehr belasten.

Es gilt also, die Finger möglichst immer aus einer mittleren, gerundeten Position heraus auf die Saite zu setzen, da dann sowohl die Muskeln optimal kontrahieren können als auch die Hebelverhältnisse ideal sind. Diese mittlere Position kann man gut heraus finden, wenn man die Arme entspannt hängen lässt (bitte dabei eine gute Körperspannkraft bewahren) und die Hände dabei auch gut entspannt und offen sind. Dabei stellt sich im Allgemeinen eine Fingerkrümmung ein, die man als mittlere Stellung annehmen kann.

Was den Daumen betrifft, sollte man darauf achten, ihn nicht in der Absicht, den 4. Finger unterstützen zu wollen, in die Richtung des kleinen Fingers am Hals zu versetzen. Das macht die Hand klein und verspannt sie, was extrem kontraproduktiv ist.
In den höchsten Lagen kommt der Daumen ohnehin oft mach vorne mit auf das Griffbrett.
 
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Ich bin als (relativer) Anfänger bisher nur höchstens in der 4. Lage unterwegs. Meine Probleme mit dem kleinen Finger haben begonnen, nachdem ich dieses Jahr auch auf einem "echten", akustischen Cello spiele, statt nur auf einem E-Cello. Die Saitenlage ist höher, ich brauche mehr Kraft; eine abgetrennte Baustelle.

Mein kleiner Finger ist ziemlich kurz, die Spitze geht gerade einmal bis zum vordersten Gelenk des Ringfingers. Um eine starke Streckung des kleinen Fingers zu verhindern, muss ich die Hand stark eindrehen (Supination?), dann kann ich den Finger auch weit vorne aufsetzen. Vom Spielgefühl her habe ich dabei zu wenig Kontakt zum Griffbrett und die Saite rutscht auch noch manchmal unter den Fingernagel. Ich denke, dass das einfach eine Übungssache ist.

Wo ich nicht sicher bin, ob es durch Übung besser wird, ist, dass meine Griffspanne bei der eingedrehten Haltung leider zu klein wird. In der weiten 1. Lage finde ich den sauberen Wechsel von B3 (A-Saite) herunter zu G3 (D-Saite) schwierig. Mit eingedrehter Hand schaffe ich diese Streckung gar nicht und muss/müsste die Position der ganzen Hand verschieben.

Ich würde gerne hören, ob außer mir noch jemand dieses Problem hat und wie ihr damit umgeht.
 
Hallo Murmichel, auch mein kleiner Finger geht nur bis zum vorderen Ringfingergelenk. Ich habe mich auch lange mit Streckung und verdrehen der Hand gequält. Mittlerweile rutsche ich ein kleines Stück mit der kompletten Hand am Hals entlang. Ist meilenweit komfortabler aber erfordert Übung dass die Intonation der anderen Finger nicht leidet. Wahrscheinlich nicht der "richtige" Weg aber für meine Bedürfnisse passt es.
 
Mein kleiner Finger ist ziemlich kurz, die Spitze geht gerade einmal bis zum vordersten Gelenk des Ringfingers. Um eine starke Streckung des kleinen Fingers zu verhindern, muss ich die Hand stark eindrehen
Das ist normal, daß der kleine Finger so kurz ist. Mir erscheint, daß dein Probelm eher darin besteht, den kleinen Finger von seiner Basis aus "nach außen" (d.h. von den anderen Fingern weg) bewegen zu können.
In der weiten 1. Lage finde ich den sauberen Wechsel von B3 (A-Saite) herunter zu G3 (D-Saite) schwierig
Ja, der Wechsel ist gemein. Diese Streckung ist eine - recht unphysiologische - Eigenart des Cellospiels. Ich bewege den Ellbogen in Richtung Zargen, so daß die Positionierung des Zeigefingers unterstützt wird. Am ehesten sauber ist der Wechsel, wenn der kleine Finger auf dem g liegen bleiben kann, während der Zeigefinger auf dem b zu tun hat.

"Easy Solos in the First Position for Violoncello" von Francis Grant (Ludwig Masters Publications #10300119) enthält eine Reihe von kleinen Stücken, in denen diese "Streckübungen" zu machen sind.
 
In der weiten 1. Lage finde ich den sauberen Wechsel von B3 (A-Saite) herunter zu G3 (D-Saite) schwierig.

Ja, der Wechsel ist gemein. Diese Streckung ist eine - recht unphysiologische - Eigenart des Cellospiels. Ich bewege den Ellbogen in Richtung Zargen, so daß die Positionierung des Zeigefingers unterstützt wird. Am ehesten sauber ist der Wechsel, wenn der kleine Finger auf dem g liegen bleiben kann, während der Zeigefinger auf dem b zu tun hat.

Ich versuche zur Zeit, die Hand für solche Wechsel noch weiter einzudrehen. Im Extrem würde ich dann von unten nach oben den Hals entlang greifen, aber so extrem mache ich das natürlich nicht. Passt das zu dem, was du beschreibst?
 
Passt das zu dem, was du beschreibst?
Hm, schwer zu sagen.
Bilder sagen mehr als Worte.
RaisedPosition.png

Aus "The Art of Cello Playing" von Louis Potter Jr., S.70
Man sieht, wie der Ellbogen zur Zarge hin gewandert ist, und auch das Handgelenk hat sich in diese Richtung bewegt.
 
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