Conchita Wurst - Sprech- und Singstimme

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cracked_copper
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ist mir beim Song Contest wieder eingefallen:

Ich hätte immer gedacht, dass dauerhaftes Sprechen in einer anderen als der Indifferenzlage ziemlich anstrengend für die Stimme ist - hätte das auf Dauer Auswirkungen auf die Stimme von Tom Neuwirt aka Conchita Wurst? Noch klingt er ja ziemlich gut, zumindest für mein Laienohr. Oder müsste man dafür wirklich *dauernd* (was er ja vermutlich nicht tun wird) in einer anderen als seiner normalen Tonlage sprechen?
Und wie ist das eigentlich mit Transgendern (beide Richtungen)? Die nehmen ja glaub ich auch Logopädie, um die Sprechstimme an das Wunschgeschlecht anzupassen, da sich beim ausgewachsenen Menschen trotz Hormongabe wohl anatomisch nicht mehr so viel am Vokaltrakt ändern wird, oder? Sind hier irgendwann Schäden möglich oder hängt das schlicht und einfach von der Robustheit der jeweiligen Stimme ab? :)
 
Eigenschaft
 
Im Falle von Falle von Conchita Wurst hatte sie es leicht, dass sie als Mann bereits eine recht hohe Stimme hatte. Sie setzt ihre Stimme nur mit einem feminineren Ansatz ein. An der Tonhöhe hat sich nichts geändert. Sie ist halt kein Tenor, sondern halt ein Alt. Das ist das übliche Vorgehen bei Transfrauen/-männern. Nicht die Indifferenzlage macht den femininen/maskulinen Klang aus, sondern der Stimmansatz (wobei Transmänner per Testosteron zusätzlich in den Stimmbruch gebracht werden).
Schau mal hier: https://www.musiker-board.de/gesangspraxis-voc/290082-stimmtraining-bei-transidenten.html
https://www.musiker-board.de/plauderecke-voc/535371-stimme-wie-eine-frau.html
 
danke für die Links, Vali - bei der einen Diskussion hab ich sogar mitgelesen :redface:

Nicht die Indifferenzlage macht den femininen/maskulinen Klang aus, sondern der Stimmansatz

Spannend - ein Gedanke, der mir dazu kommt, ist, dass somit 'geschlechtsspezifisches' Sprechen nicht nur mit der Biologie (längerer Kehlkopf und so) zu tun hat, sondern auch damit, *wie* man quasi sprachlich sozialisiert wurde?
 
Der "Trick" dabei ist, sich einfach innerhalb seiner Indifferenzlage weiter hoch zu begeben von der Tonhöhe. Die Indifferenzlage ist ein nicht gerade kleiner Tonbereich und kann schonmal über eine Oktave groß sein. Der wesentliche Unterschied zwischen Frau und Mann ist, welcher Bereich der Indifferenzlage primär genutzt wird.

Frauen sprechen typischerweise eher im mittleren bis oberen Bereich ihrer Indifferenzlage, während Männer typischerweise im tiefsten Bereich der Indifferenzlage sprechen. Durch gezieltes Training kann man sich aber auch als Mann angewöhnen, eher den oberen Bereich zu nutzen. Dadurch wird die Stimme "weicher" und "weiblicher" aber nur geringfügig höher.

Dadurch ensteht auch die immer mal wieder gerne aufgeführte Behauptung, dass die weibliche Stimmen im Durchschnitt eine Oktave höher liegen, was aber nicht uneingeschränkt stimmt. Die Indifferenzlage liegt bei Frauen eigentlich nur etwa eine halbe Oktave höher als bei Männern. Dadurch dass Frauen aber einen höheren Bereich ihrer Indifferenzlage zum Sprechen benutzen, ist die durchschnittliche Tonhöhe beim Sprechen tatsächlich eine ganze Oktave höher.

Beim Tenor liegt die Indifferenzlage z.B. meist zwischen A2 und B3, die mittlere Sprechtonhöhe liegt etwa bei B2. Beim Sopran liegt die Indifferenzlage eher zwischen F3 und F4, die mittlere Sprechtonlage aber bei B3. Ein Tenor kann seine Stimme "weiblich" machen, indem er anstatt seines normalen Bereichs um B2 den Bereich um F3 benutzt. Dadurch erreicht er nahezu die typische Sprechtonlage eines Alt ohne dabei seine Indifferenzlage zu verlassen. Jemand der das auch extensiv beim Sprechen gemacht hat, war übrigens auch Michael Jackson.

Bässe und Baritone haben es schwieriger die Stimme entsprechend zu verändern. Durch den höheren Ansatz klingt die Stimme zwar weiblicher aber für eine Frau ungewöhnlich tief, weil die Tonhöhe immer noch unterhalb der Lage eines Alt liegt.

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Spannend - ein Gedanke, der mir dazu kommt, ist, dass somit 'geschlechtsspezifisches' Sprechen nicht nur mit der Biologie (längerer Kehlkopf und so) zu tun hat, sondern auch damit, *wie* man quasi sprachlich sozialisiert wurde?
Davon würde ich ausgehen. Die Indifferenzlage ist mehr oder weniger biologische Veranlagung, aber welcher Bereich davon bevorzugt benutzt wird, ist denke ich oftmals psychisch bedingt, Michael Jackson ist da wieder ein passendes Beispiel.
 
Conchita Wurst ist übrigens nicht trans-, sondern homosexuell. Und lebt im realen Leben als Mann mit einem anderen Mann zusammen. Conchita ist eine Kunstfigur.
 

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