Man hat wohl eingesehen, dass die Keys (ausser dem wirklichen Piano) zum modernen Rocksound nicht mehr so recht passen wollen.
Eine gewagte These, deren allgemeiner Formulierung ich grundsätzlich widerspreche. Als Aussage zu Deinem persönlichen Geschmack kann man es aber natürlich stehen lassen.
ICH BIN EIN (unverbesserlicher, vielleicht ewiggestriger, durch nichts vom Gegenteil zu überzeugender) ROCKER!
Ich finde es in sich widersprüchlich, dass ein "Ewiggestriger" den "modernen Rocksound" hinsichtlich seiner Bestandteile bewertet. "Ewiggestriger" stellt ja die Beziehung zu älteren Songs her, in denen Du ja implizit Keys als passend ansiehst. Weshalb sollen Sie nicht mehr "zum modernen Rocksound" passen? Was für Rockmusik meinst Du dabei, auch progressive Rock? Wieso passen denn Gitarren und Schlagzeug "zum modernen Rocksound"? Und, was ist überhaupt moderner Rocksound?
BTW: Mit 60 Lenzen gehöre ich auch zu den älteren Semestern, habe viele klassische Rockbands noch life gesehen, bin im Grunde meines Herzens Hardrocker und liebe progressive Rock, vor allem aber finde ich, dass die Keys mehr als jedes andere Bandinstrument hinsichtlich Sounds, Spieltechnik und Einsatz eine Modernisierung durchgemacht haben und gleichzeitig immer noch das klassische Flair bieten.
Ich schließe mich dann lieber der Rezension von
https://www.betreutesproggen.de/2020/08/deep-purple-whoosh/ an:
"Deep Purple – Whoosh
Von
SaschaG am 7. August 2020
(51:38, CD, LP, Digital,
earMUSIC/
edel, 7.8.2020)
Also, dann doch noch eine Runde!
So richtig überraschend kommt es ja nicht, dass
Deep Purples Letzte eben nicht die Letzte blieb. Obwohl, “
Infinite” hätte mit seiner Energie, den epischen Songs und der Altersmelancholie durchaus einen feinen Abschluss unter die Ausnahmekarriere der wohl unhipsten Dino-Band von allen gesetzt. “Whoosh!” versucht gar nicht erst, ein Statement zu setzen oder sich in einem zeitlichen Kontext zu platzieren: stattdessen gibt’s einfach ein neues Deep-Purple-Album für
Deep-Purple-Fans.
Und das hat natürlich auch seine Reize, auch wenn der Überraschungsfaktor von “Infinite” natürlich ausbleibt. Die Band präsentiert sich extrem gechillt, das Hauptaugenmerk liegt auf lockeren, entspannten Grooves, und zwei Drittel der zwölf Songs bleiben unter der Vier-Minuten-Grenze. Ins Uptempo verirrt sich “Whoosh!” trotz des Titels nur einmal, in Form des Fünfziger-Jahre-Boogie-Rockers ‘What The What’, welcher auch wunderbar zu The Javelins gepasst hätte. Zu Beginn gibt’s also regelrecht poppige, melodische Songs zu hören, die zwar alle schön ohrenfreundlich, allerdings leider auch ziemlich ähnlich klingen. Herausragend hier der vorab schon bekannte Ohrwurm ‘Nothing At All’ mit seinen schönen Piano-/Gitarren-Parts, die tatsächlich an die guten alten Zwiesprachen der Exe
Jon Lord und
Ritchie Blackmore erinnern – wenn auch ohne deren Hang zur Konkurrenz. Das mit düsteren Strophen versehene ‘Step By Step’ durchbricht die Formel kurzzeitig und bereitet schon einmal auf den zweiten Akt vor.
Die herausragenden Songs sind nämlich größtenteils in der zweiten Hälfte des Albums zu finden, wo die Band sich einmal mehr vornehmlich ihrer progressiven Seite widmet. Das schlicht großartige ‘The Long Way Round’ und ‘Power Of The Moon’ scheinen dabei der Beginn einer Suite darzustellen, die mit dem zusammenhängenden Doppelpack ‘Remission Possible’ und ‘Man Alive’ entsprechend arrangiert auch einen ganz exzellenten Longtrack ergeben hätte. Apropos ‘Man Alive’: während der Song als Standalone-Vorab-Single fraglos unglücklich gewählt war, wirkt er im Album als Abschluss besagter Suite deutlich schlüssiger – ähnlich wie Marillions ‘The Great Escape’, das auch erst im “Brave”-Kontext Sinn ergab. Star dieser Suite – Quatsch, des ganzen Albums! – ist eindeutig
Don Airey, der sich mit viel Lust und Einfallsreichtum auch jenseits der Hammond-Orgel mit Pomp und Neoprog-Synthies austobt, wie man das bei
Deep Purple zuletzt auf dem kolossal unterbewerteten “House Of Blue Light” gehört hat.
Zum Abschluss gibt’s dann noch eine wirklich knackige Fassung des “Shades Of Deep Purple”-Instrumentals ‘…And The Address’, mit viel Spielfreude vorgetragen. Schade eigentlich, dass die Band den letztmals 1969 gespielten Song nicht einfach schon zuvor unangekündigt in eine Setlist gepackt hat: man hätte wohl in den ersten Reihe Köpfe explodieren gesehen. Der Bonustrack ‘Dancing In My Sleep’ sollte auch als solcher gewertet werden: mit Sequencern entdeckt
Deep Purple 44 Jahre zu spät dann doch augenzwinkernd und durchaus launig die Disco.
Bleibt unterm Strich also ein weiteres gutes Album aus dem Hause
Deep Purple, das aber nicht ganz das Niveau des Vorgängers halten kann. Das liegt vornehmlich an der etwas zu entspannten Darbietung, die ein wenig das Gefühl vermittelt, da wäre noch ein wenig mehr drin gewesen – gerade, wenn im oben erwähnten Band-Oldie oder ‘The Long Way Round’ mal ein wenig dynamischer agiert wird. Natürlich erwartet – oder will! – niemand von
Deep Purple das Brechen neuer Härterekorde, aber ein wenig mehr Schmackes hätte “Whoosh!” wohl doch gutgetan: auch von relaxten Musikveteranen klingt Rock’n’Roll letztlich laut am besten."
Dazu noch meine Herzensmeinung: Leider vermisse ich mit meinen musikalischen Rock-Wurzeln in den 70ern Ritchie Blackmore und Jon Lord - seit Richies endgültigem Weggang ist die Band eine gute Hardrock-Gruppe, aber nicht mehr Deep Purple, wie ich sie sehe. Vor allem mit Stil und Attitüde von Steve Morse konnte und kann ich mich nicht wirklich anfreunden. Bei den "alten Sachen" stören mich seine Unterschiede, und in den Stücken, an denen er beteiligt war, klingt er mir einfach zu technisch und eben zu wenig gefühlvoll. Der von Jon Lord höchstpersönlich als Nachfolger auserkorene Don Airey klingt mehr nach gleichzeitig der Bewahrung und der Weiterentwicklung von Jon - wenn ich die Augen schließe kann ich mir die neuen Stücke insbesondere hinsichtlich der Keys-Anteile auch gut mit Jon vorstellen, mit Steve und Richie gelingt mir das nicht.
Long live Rock