Dioden im Schutzleiter

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Durch einige YouTube-Videos bin ich über die letzten Wochen auf verschiedene Geräte von Morley gestoßen, die Brummschleifen verhindern sollen. (Hum Exterminator, Humno)

Wie kann das gehen? Nach etwas Suchen bin ich auf Reddit auf ein Artikel gestoßen, der einen Gearspace-Artikel wiedergibt, in dem wiederum ein anderer Gearspace-Artikel zitiert wird. Also eine hochgradig vertrauenswürdige Quelle. Mal angenommen, die Beschreibung stimmt, dann sind die Geräte ungefähr so aufgebaut:
  • Der Schutzleiter ist nicht durchgehend verbunden, sondern darin sind antiparallel zwei Dioden angeordnet. Diese Dioden werden auch in Durchlassrichtung erst ab 0,7 V leitend. Bei niedrigeren Spannungen auf dem Schutzleiter fließt also kein Strom durch die Dioden. Insbesondere fließt hier kein Störstrom durch Potenzialunterschiede zwischen mehrfachen Erdverbindungen
  • Es gibt zusätzlich einen Widerstand (1 kOhm) parallel zu den Dioden. Durch diesen Widerstand erscheint es für Steckdosenprüfgeräte so, dass es eine durchgehende Erdverbindung gibt. Hier kann natürlich auch bei kleinen Spannungen ein Strom fließen, aber durch den Widerstand ist der anscheinend klein genug, dass er nicht zu merklichen Störungen führt.
  • Eine LED ist mit dem stromführenden Außenleiter und dem Neutralleiter verdrahtet.
Anscheinend funktioniert das. Aber ist es tatsächlich erlaubt?

Mich irritiert obendrein die LED. Ich stelle mir vor, dass ein naiver Anwender sie als Indikator betrachtet, ob das Gerät funktioniert. Tut sie aber nicht. Sie leuchtet auch, wenn die Dioden verglüht sind und es keine Erdverbindung mehr gibt.
 
ich weiß nicht, ob ich jetzt gerade noch richtig denken kann, bin etwas müde :) :
nehmen wir mal an, da rauscht ein echter schluß über den schutzleiter. dann sind dioden und widerstand sofort weggebruzelt, und dann gibt es keinen schutzleiter mehr.
neenee, das klingt nach selbstmordtechnik.
horst
 
Damit keine Missverständnisse entstehen: Bei einem Kurzschluss mit 230 V gehen deutlich weniger als 1 W über den Widerstand; er wird das also überleben. Die Dioden eher nicht. Vielleicht ist die Idee, dass sie gerade lange genug halten, um einer Sicherung Zeit zum Auslösen zu geben.

Vielleicht stimmt auch einfach die Beschreibung des Aufbaus nicht, die ich finden konnte. Immerhin ist der Hum Exterminator ein Produkt, dass in den USA etwa von Sweetwater verkauft wird. Ich habe keine Hinweise gefunden, wie der Humno funktioniert, den es auch in Deutschland zu kaufen gibt. Reicht das allein schon für die Annahme, dass sie sicher sind?

Ich fände es wünschenswert, wenn Hersteller – hier Morley – selbst erklären würden, wie ihre Geräte funktionieren und warum das nachweisbar unbedenklich ist. Dann würden Spekulationen gar nicht erst entstehen.
 
stimmt, ich war doch schon zu müde zum rechnen - aber wenn du dann keinen Fi hast unterbindest du doch das auslösen der sicherung? und wie war das mit dem schleifenwiderstand? ich glaub' da sollte ich noch mal einiges nachlesen, aber nicht mehr heute.
 
Mir will nach den Beschreibungen auch nicht recht einleuchten, wie dieser Zwischenstecker sicherheitstechnisch zuverlässig korrekt funktionieren soll.
Die Dioden mögen zwar Störspannungen blocken, die unter 0,7 Volt liegen, weil sie erst beim Überschreiten dieser Schwellenspannung leitend werden. Wie sie aber für zuverlässige Sicherheit sorgen sollen bei einem Kurzschluss bleibt mir ein Rätsel. Wenn 230 Volt anliegen bei einem Kurzschluss im Gerät zum schutzgeerdeten Gehäuse leiten sie zwar unmittelbar mit einem sehr geringen Durchlasswiderstand (bzw. jede leitet jeweils eine Halbwelle). Was wird aber dann eher passieren: das Auslösen der Sicherung oder das Durchbrennen der Dioden weil ihr maximaler Duchlassstrom überschritten wird?

Hängt ganz von den verwendeten Dioden ab. Mit schnellen Schottky-Dioden die mit mehr als 16A belastbar sind, könnte das wohl gehen (die haben aber eine Duchlassspannung von nur 0,3 Volt, würden also nur Störsignale unter 0,3 Volt sperren.)
In jedem Fall müssen die Dioden mehr als 16A aushalten, was sowohl von den Kosten als auch von der Baugröße her alles machbar wäre. Ebenso dürfen die verwendeten Dioden Auslösestrom der Sicherung (eben die üblichen 16A) keinen nennenswerten Widerstand haben und den Schleifenwiderstand nicht zu erhöhen (bis ggf. die Sicherung doch nicht mehr auslöst. Da eine reale Diode keine ideale Diode sein kann, hat sie auch in Durchlassrichtung stets einen Widerstand, wenn auch einen sehr kleinen, aber definitiv größer als Null, der zudem vom durchfließenden Strom abhängig ist

Sollte aber blöde Fall eintreten, dass die Dioden hops gehen bevor die Sicherung auslöst, sieht es übel aus. Über den Widerstand 1k fließen dann 230 mA Strom, gemäß der Formel P=V x I müsste er dann 52,9 Watt an Wärmeleistung im wahrsten Sinne des Wortes verbraten können. Das wäre dann schon ein richtiger Brummer von der Größe her. Wahrscheinlicher ist, dass bei einem Durchbrennen der Dioden auch der Widerstand in null komma nix weg brennt.
Dann gäbe es keine Verbindung mehr zum Schutzleiter, und wenn beides, das Himmeln der Dioden und das Wegbrennen des Widerstand passieren sollte, bevor die Sicherung auslöst, dann wäre es das gewesen mit der Schutzwirkung des Schutzleiters ... :engel:

Immerhin würden sich diese zerstörten Bauteile durch den "magic smoke" bemerkbar machen, und der üble Gestank kann dann auch sehr lange an dem Zwischenstecker bemerkbar bleiben. Dann sollte der Anwender aber sehr, sehr misstrauisch werden und sich von der womöglich immer noch fröhlich vor sich hin leuchtenden LED nicht hinter´s Licht führen lassen!

Ein CE-Zeichen konnte ich an den abgebildeten Zwischensteckern im Übrigen nirgends entdecken.
 
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Verflixt, ich sehe gerade, dass ich vergessen hatte, den Reddit-Artikel zu verlinken. Hier ist er.

Und daraus das relevante Zitat:
The $90 Hum-X works really well. So well, in fact, that most people think some heavy mojo must be involved...but inside that slick little adaptor is a very primitive (but clever) little circuit. In a standard AC receptacle, you have three contacts - hot, neutral, and ground. The hot and neutral lines pass straight through the adaptor, although there's a tap from the hot line (with a resistor) to power the LED. The mojo is in the ground line, which has a pair of 6A/1kV diodes between the wall ground connection and the adaptor's output socket ground. These diodes are connected in parallel, with the anode on one diode connected to the cathode on the other. (And vice versa, obviously.) The pair of diodes has a 1K 1/2-W rsistor in parallel with it; as far as I can see, this resistor serves to produce a "correct" indication when an outlet tester is plugged into the adaptor, since without it, the outlet tester will give an "open ground" indication.
 
Grund: Zitat ergänzt
$90 für ein Teil mit maximal ein paar $ Materialwert? Eine Diode mit 6A/400V kostet in kleinen Abnahmemengen 0,90 €/Stück, der ganze Rest ist auch mehr oder weniger Cent-Kram. Und wie sicher ist das Teil?
Ich weiß nicht ...

Ich bezweifele auch stark, dass es hierzulande gestattet ist, irgend ein Bauteil in den Schutzleiterweg einzubauen, das einen Widerstand haben kann, und sei er noch so klein. Wenn ich allein bedenke, wie z.B. ein Schutzleiter in bzw. an einem Gehäuse angeklemmt sein muss, damit es eine VDE-Prüfung besteht und das VDE-Zeichen bekommt.

Riecht für mich stark nach Beutelschneiderei, und dann noch die Sicherheitsfrage.
 
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Grundsätzlich ist die Idee richtig und wird vermutlich sogar funktionieren.

Ich hatte mal den gegenteiligen Fall, als ein Gerät im DC Eingang zur Sicherheit einen Brückengleichrichter hatte. Da hat sich der Rückwärtsstrom zum Netzteil den bequemeren Weg über den Schutzleiter gesucht und mir auf der Anlage ein übles Brummen und Schaltgeräusche erzeugt.

Die Dioden müssten aber deutlich mehr als 16A abkönnen, denn der schnelle Auslöser bei einem LS Schalter reagiert erst beim 2-3fachen Nennstrom. Die im Artikel erwähnten 6A oder 10A Dioden sind auf jeden Fall ungeeignet.
Im Kurzschlussfall können durchaus mal 100A fließen, bis der Automat abschaltet.

Richtig gemacht könnte das eventuell sogar die Sicherheitsprüfung überstehen, denn da wird ein entsprechend hoher Strom eingespeist und die Berührspannung gemessen. Wenn die gering genug ist, ist das bestanden.

Ich persönlich würde das Teil aber auf gar keinen Fall einsetzen, denn es gibt bessere und sinnvollere Lösungen, einer Brummschleife zu begegnen.
 
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16A abkönnen, denn der schnelle Auslöser bei einem LS Schalter reagiert erst beim 2-3fachen Nennstrom.
Richtig ist je nach Typ bis zum 20 fachen des Nennstromes.

Ansonsten im Schutzleiter gehört keine Elektronik, niemals!
Bei einer Funktionserde kann das anders sein wozu man eine Saitenmasse bis zu einem gewissen Punkt zählen kann. Das das Ding den das UL Zeichen(selbst das kann ich mir nicht vorstellen).

Mfg
 
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Dioden mit 100A/400V sind aber je nach Bauform richtige "Wuchtbrummen" und auch gar nicht mehr billig.
In noch vergleichsweise klein habe ich so eine gefunden (sogar schon Doppeldiode): distrelec
So eine könnte verbaut sein, aber da will ich erst mal so einen Zwischenstecker im "Teardown" sehen, wäre neugierig, was da wirklich drin steckt.
 
Mir ist diese Konstellation mit den Dioden und dem Widerstand schon länger bekannt, allerdings um die Signalmasse von der Schutzmasse abzutrennen.
Der Schutzleiter verbleibt dabei wie gehabt auf dem Metallchassis.
 
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Im Reddit Artikel steht was von 6A :gruebel::eek:
Hab´ ich auch gelesen. Damit kann aber nur der maximale Stromfluss zu den angeschlossenen Verbrauchern gemeint sein. Mehr als 1360 W dürfen an dem Zwischenstecker nicht dran hängen (6 A x 230 V).
Wenn damit der maximale Ableitstrom gegen die Schutzerde gemeint wäre, wäre das eine echte Herausforderung für alle Schutzengel. Bei nur 6 A machen die Sicherungen nicht mal einen Muckser.
 
... obsolet ...
 
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Auf dem ersten Blick etwa so sinnvoll wie ein Stück Gaffa über dem Schutzleiter. Nur teuer.
 
Nun ja, bei dem mit Gaffa überklebten Schutzleiter ist die Verbindung zu Schutzleiter komplett futsch - lebensgefährlich!!!
Bei dem Zwischenstecker behauptet der Hersteller augenscheinlich, dass die Verbindung zum Schutzleiter ja bestehen bleibt. Abgeblockt werden ja nur Störspannungen unterhalb der Schwellenspannung der Dioden.
Wenn es denn alles so funktioniert ... :gruebel:

Bin beim Drüberlesen noch über diesen Satz gestolpert:
"The hot and neutral lines pass straight through the adaptor, although there's a tap from the hot line (with a resistor) to power the LED."
Kann man so machen, ist aber auch nicht die eleganteste Lösung, der Widerstand verbrät nur Strom in Wärme. Mit einem Kondensatornetzteil macht man so etwas eleganter und im besten Fall auch mit einem besseren Wirkungsgrad, es wäre aber etwas mehr schaltungstechnischer Aufwand (für nur 1 LED aber auch sehr überschaubar). Bei dem Preis sollte man aber einen höheren Aufwand erwarten dürfen.
 
Mit ist schon klar, dass da ein Unterschied besteht, war etwas polemisch ausgedrückt.
Zwei kleine Denkanstöße:
- Damit ein B16 LS korrekt auslöst, müssen 0,4 Sekunden lang 80A fließen. Erst danach darf die Diode explodieren. Auf Bühnen sind aber auch vielfach C16 anzutreffen.
- Für die Prüfung nach DGUV V3 wird ein Mindeststrom von 200mA für die Messung gefordert. Der Grenzwert für den Widerstand liegt bei 300mOhm. Ergibt einen Spannungsabfall von 60mV, Übergangswiderstände nicht mit eingerechnet. Wird eng, so eine Diode zu finden. In der Praxis misst fast jeder mit deutlich mehr Strom…
 
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O.k. um diese Zeit war mir das auf die Schnelle etwas zu komplex.

Als Erstes würde ich analysieren, was ist der Bösewicht, der Brummschleifen erzeugt. In welcher Leistungsklasse liegt der?
Für 90€ wäre mir so ein Experiment zu heikel und ich würde den Störenfried über einen Trenntrafo betreiben.
Vielleicht muß der gar nicht so fett dimensioniert sein?

Norbert
 
Als Erstes würde ich analysieren, was ist der Bösewicht, der Brummschleifen erzeugt.
Es gibt keinen. Jedenfalls nicht in diesem Thread. Es geht hier um die allgemeine Fragen zur Funktion und Sicherheit einer Schaltung, die vermutlich in mindestens einem Produkt verbaut ist, dass Brummen verhindern soll. Siehe den ersten Beitrag.
 
Schon klar, aber ich vermute daß irgendwo ein elektrisches "Leiden" dazu geführt hat, dieses zu beseitigen.

Denkanstöße, egal in welcher Richtung sind ja nicht verboten. Aber elektrotechnisch sollen die nachvollziehbar und safe sein.
Bei der Sicherheit hört der Spaß auf.
 

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