Mir - und vielen Musiker-Kollegen, die das genausowenig gewohnt sind, wie ich - fiel es dabei ungemein schwer, mich von einem Dirigenten führen zu lassen.
Faktisch ist es so, dass es nicht wirklich einen Standard für Dirigiertechnik gibt.
Die einfachen Dinge - eins runter, zwei nach innen usw. - sind schon klar, aber es gibt tatsächlich Dirigent/-innen, denen man nur sehr schwer folgen kann.
Sowohl vom Timing als auch von dem, was sie ausdrücken.
Ich hatte das Glück, bei einem zu lernen, der Fan von klarem Dirigieren war und viel Oper dirigiert hat. Ich hab das nie beruflich gemacht, aber weiß schon, wie es geht, und was ich in Konzerten manchmal sehe, kann ich mir teilweise nicht ansehen, das verdirbt mir den Spaß an der Musik. (Das bestätigen mir auch einige Orchestermusiker, die ich kenne). Es gibt aber auch Dirigenten, da ist es eine Freude - man sieht was er/sie will, und hört das Orchester, wie es Spaß dran hat, das umzusetzen. (Auch das von Profis bestätigt
)
Dazu kommt, dass ein Dirigent keine Taktmaschine sein muss. Was in den Proben funktioniert, muss er nicht mehr zeigen oder nur ansatzweise. Dafür aber korrigierend und helfend eingreifen.
Manches sieht man als Normalzuschauer auch nicht. Celibidache hat zB mal gezeigt, wie er nur mit ganz leichten Kopfbewegungen und Blicken dirigiert. Dazu braucht es natürlich auch Musiker, die das akzeptieren und auf Zack sind.
Manche Dirigenten hängen sich an die Musik dran und dirigieren sozusagen "mit", schwelgen in den schönen Tönen. Du musst aber immer geistig ein paar Schläge vorneweg sein, die Musiker ansehen, Auftakte vorher geben usw. Das ist schwer, lernt man aber.
Als erstes erschließt sich mir nicht die Latenz zwischen der Bewegung des Dirigenten und des Metrums. wenn der Stock runtergeht, ist das für mich die Eins, und nicht ein paar Zehntelsekunden später, wie vom Orchester umgesetzt.
Ich finde das auch nicht optimal, weil die Latenz nicht definiert ist und es dann leicht bisschen schwammig wird. Entsteht im Orchester, teils aus Unsicherheit, teils aus Gewohnheit. Es gibt Dirigenten, die versuchen das dem Orchester beizubringen, auf den Schlag zu spielen. Für die ist es aber einfacher, auf den Konzertmeister zu warten.
Das führt dann wieder bei den Dirigenten dazu, dass sie praktisch nach oben dirigieren, also den Punkt, wo die Musiker spielen. oben zu erwarten. Sie "ziehen" dann so von unten raus und versuchen unbewusst, dadurch das Tempo zu kontrollieren. Sieht imho scheiße aus und ist auch nicht so gut zu folgen. Oder sie dirigieren "zackig" und warten an den Wendepunkten, so dass man das Tempo und die Tongestaltung praktisch nicht ablesen kann. Du kannst ja in allen Abstufungen zeigen, ob legato, staccato, crescendo decresc., schneller, langsamer werden usw., indem Du die Strecke zwischen den Wendepunkten nutzt.
Auch ein Ding ist der Taktstock. Wenns schön ist, dann malt der Dirigent mit der Spitze des Stocks wie mit einem Pinsel. Viele dirigieren nur mit dem Handgelenk und alles weiter vorne hängt nur so dran
Das Glück ist ein bisschen, dass gute Musiker einen Dirigenten mit schlechter Technik gut ausgleichen können. Dadurch fällt es meistens nicht auf. Die Musiker merken das aber schon.
Gute Beispiele:
Rolf Reuter Bach,
Celi Bruckner (meisterlich: guck Dir mal bei 6:00 an, wie der den Einsatz gibt! oder bei 5:53 kommt so ein "Punkt" der vorausgedacht ist - nämlich den Ort für den nachfolgenden Schlag definiert und damit den Einsatz leicht macht). Bei ihm merkt man, dass er das Werk richtig verinnerlicht hat. Er ist voll da, total auf die Musiker ausgerichtet, kommuniziert, lächelt, zeigt ihnen vorab, was er haben will. Für mich einer der besten Dirigenten. (Hatte natürlich auch seine Macken, klar).
Karajan Beethoven 3
Bernstein,West side story zB. wunderbares Beispiel aus der Probe. Es gibt auch
einen ganzen Film über die Plattenaufnahme damals, viele Takes, Proben, absolut sehenswert. Das sind Studiomusiker, also kein eingespieltes Orchester. Lennie muss also hier sehr gut zeigen, was er will.
Am Ende zählt aber das Endergebnis. Wenn der Dirigent das zu den Musikern rüberkriegt, was er will, kann trotz "eigenwilliger" Technik ein tolles Endergebnis rauskommen. Ein großer Teil ist die Probenarbeit, das sieht man als Zuschauer ja nicht.
Damit es nicht so bierernst rüberkommt,
hier noch paar lustige Beispiele.
Das bei 1:00 ff ist zB super