Edel-Bass aus Frankreich mit Griffbrett zum Spiegeln: Vigier Arpège III fretless

mk1967
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Freier Warenverkehr in Europa hin oder her, relativ wenig bekannt scheinen mir bei uns die Bässe zu sein, die in unserem Nachbarland Frankreich von Patrice Vigier gebaut werden. Das kann natürlich mit dem Preis zu tun haben (der nie niedrig war) und mit der Stückzahlen (die nie hoch waren). Im südlichen Einzugsbereich von Paris betreibt Vigier schon seit über 35 Jahren seine Werkstatt für Bässe und Gitarren. Das Gegenteil einer Massenfabrikation - abseits von etablierten (Bau-)Mustern hat Monsieur Vigier seine Konstruktionen ausgetüftelt.
Aus dieser Ecke kommt unser Anschauungsobjekt: ein grätenfreier Bass mit Griff-... ja, "brett" kann man eigentlich nicht sagen: vielleicht eher Griff-Fläche aus Metall. :mmmh:

Vigier totale.jpg


Zu tun haben wir es mit einem Vigier Arpège III. An der Bezeichnung läßt sich schon ablesen, daß der Kandidat nicht mehr ganz neu ist - mittlerweile wird nämlich schon länger der Arpège IV gebaut. Laut Auskunft des Herstellers stammt dieses Exemplar vom Oktober 1993. In dem Jahr hat Vigier insgesamt 23 Arpège-III-Bässe gebaut; dieser hier ist eines der gerade mal drei Fretless-Instrumente aus jenem Jahrgang.

Hölzernes

Bestens etabliert war 1993 schon das Konstruktionsprinzip, mit dem wir es hier zu tun haben: Der Hals ist ein durchgehender, angesetzt hat Vigier zwei Korpusflügel, die im Butterbrot-Prinzip konstruiert sind: innen Erle, außen drauf je eine Lage französischer Ahorn.
Die Farbe der Lackierung ist sicherlich Geschmacksache - für mein Empfinden hätte es auch einen Tick dezenter sein können, aber vielleicht ist das auch einfach nur ein Zeitdokument der frühen 90er Jahre. In den Achtzigern hätte er schlimmer ausgesehen :moose_head:. Wenn ich die Vigier-Farbtabelle richtig deute, nennt sich die Lackierung "Antique violin". Schön zu beäugen finde ich immerhin die halb-transparente Lackierung auf der Holzkonstruktion - weit geschmackvoller, als wenn man einfach was Deckendes drübergepinselt hätte.

Vigier Korpus.jpg


Optische Geschmackssache ist wohl auch die Korpusform - sie hat sich wohl etwas verändert gegenüer dem Arpège I, der mich entfernt an eine 80er-Jahre-Version eines entfernten Rickenbacker-Verwandten erinnerte; demgegenüber ist die Form beim Arpège III etwas modernisiert. Aber mag sie aussehen, wie sie will: sie bewirkt, daß man das Instrument in idealer Position vor sich hängen bzw. auf dem Schoß sitzen hat. Der Vollständigkeit halber: Der Korpus ist so geformt, daß man auch in den hohen Lagen bis rauf zum imaginären 21. Bund mühelos zurechtkommt.

Der Hals kommt mit einer typischen Vigier-Idee daher: er besteht zu 90% aus französischem Ahorn, die restlichen 10% machen zwei Graphitstäbe aus. Die verleihen dem Ding eine Stabilität, die den Halsstab entbehrlich macht. Damit tröste ich mich auch beim Blick auf den Übergang zur Kopfplatte, der sich zwar toll anfühlt, aber auf mich ziemlich grazil wirkt.

Vigier Kopfplattenübergang.JPG


Offenbar aber bewahrt die Graphitstab-Geschichte selbst diese heikle Stelle vor Schäden. Diesem Instrument ist jedenfalls in den letzten 23 Jahren nichts Schlimmes passiert.
Der buchstäblich "greifbarste" Pluspunkt dieser Konstruktion ist eine Halsform, die schon fast phänomenal gut in der Hand liegt. Dazu gleich mehr - hier nur schon mal so viel: Wo selbst der Jazz Bass in Sachen Bespielbarkeit seine Grenzen erreicht, ist beim Arpège III noch lange nicht Schluß. Dazu kommt noch ein fabelhaft handlich gestalteter Hals-Korpus-Übergang:

Vigier Hals-Korpus-Übergang.JPG


Von der Balance her ist alles in Ordnung: keine Kopflastigkeit. Der Arpège III scheint mir im Ganzen kein Leichtgewicht zu sein (4,7 Kilo bringt er auf die Waage), aber das macht sich, auch wenn man ihn umgehängt hat, jetzt nicht störend bemerkbar.

Metallenes

Apropos Umhängen: Wer keine passenden Security-Locks in Griffnähe hat, kann auch einen normalen Gurt benutzen, sofern dessen Ösen nicht ausgeleiert sind - auch wenn man natürlich etwas schlucken muß bei dem Gedanken, das teure Stück könnte hinunterplumpsen.
Die Mechaniken: vergoldete Schaller mit ziemlich fetten Flügeln, erfüllen gut ihren Zweck; fühlen sich sehr gediegen an und laufen butterweich.
Mehr als nur ziemlich fett ist die Stegkonstruktion: sie kommt von Vigier selbst.

Vigier chevalet.JPG

Die ganze Geschichte zieht sich komplett durch den Korpus - die Platte auf der Rückseite, durch die die Saiten gezogen werden, ist direkt mit dem Steg verbunden.

Vigier Ankerplatte.jpg

Die Saitenreiter selbst lassen sich in gewohnter Weise mit je zwei Imbus-Madenschrauben hoch- und runterdrehen; dabei muß man noch eine zweite Imbusschraube lösen, die die Federn noch mal zusätzlich fixiert. Damit nichts klappert, sind die Federn mit Metallhülsen umgeben - unterm Strich eine monströse Brückenkonstruktion, bei der nichts wackelt.
Da der Arpège III keinen Halsstab hat, haben wir hier also die einzige Stelle, an der sich die Saitenlage verändern läßt. Man kann selbige sehr niedrig einstellen; bei meinem Bass auf den Fotos ist sie ziemlich weit hochgedreht, weil ich gern mal beim Anschlag zulange und die höhere Saitenlage außerdem vom Kontrabass gewohnt bin. Es geht also - um keine irrigen Vorstellungen aufkommen zu lassen - auch halb so hoch, sodaß sich der Arpège III fast von selbst spielt.

Vigier touche.JPG


Das Griffbrett selbst ist also eine besondere Geschichte: es besteht - offenbar oberhalb einer Holzlage - aus dem sog. Delta Metal. Eine leicht gelbbräunlich-bronzefarbene Legierung. Als ich den Baß gebraucht bekam, war die Oberfläche von einer leicht gräulich-schmodderigen Patina bedeckt; um sie zu entfernen, empfiehlt Monsieur Vigier handelsüblichen Beckenreiniger (fürs Schlagzeug natürlich, nicht fürs WC). In einem ersten Durchgang bin ich dem Schmodder mit Dunlop-Wachs zuleibe gerückt; es kostete einigen Kraftaufwand, aber irgendwann konnte man sich tatsächlich in diesem Griff-"Brett" spiegeln.

DSCN2436N.JPG


Ihr könnt natürlich sehen, daß man auf diesem Griffbrett nach jedem neuen Bespielen sofort wieder Fingerabdrücke satt sieht ;) .
Geschmackvollerweise hat Vigier keine Strichmarkierungen drübergezogen - warum soll man nicht auch mal damit strunzen, daß man einen Fretless spielt :D -, sondern alles beschränkt sich auf Markierungen auf der Oberseite des Halses. Wobei der Kontrast nicht allzu deutlich ausfällt.

Vigier touche.jpg


Auf lange Sicht interessant ist natürlich das Thema "Haltbarkeit": eine solche Metallfläche kann man nicht mal eben vom Gitarrenbauer abziehen lassen wie ein Holzgriffbrett. Da kann ich nur spekulieren - denn ich weiß nicht, welche Saitensorten meine Vorbesitzer gespielt haben: auf meinem Exemplar finden sich leichte Spuren, die so aussehen, als ob früher mal ungeschliffene Saiten aufgezogen gewesen wären. Die jetzigen Black Nylons fühlen sich für mich so an, als ob sie sehr sanft mit dem Griffbrett umgingen.

Dank der Korpusform - s.o. - hat man die Lagen hier sofort in einer ähnlichen Position vor sich wie bei einem Jazz Bass; wer letzteren ohne dauerndes Draufgucken spielen kann, der kann das bald auch mit dem Arpège III.

Von meinem Vorbesitzer her sind also Rotosound Black Nylons aufgezogen, die mit satten 65-120 daherkommen. Das fühlt sich für mich allerdings auch nicht sperriger an als normale 045-105er Stahlsaiten. Vigier lieferte den Arpège III vor 23 Jahren mit werkseigenen 040-100er "Light" Saiten aus.

Für den guten Ton...

... sorgen auf dem Arpège III zwei aktive Single-Coils - auch wenn sie wie Humbucker aussehen. Sie stammen von dem französischen Hersteller Benedetti.

Vigier Regler.JPG


Wie auf den Fotos zu sehen, sitzen sie in typischen Positionen unter den Saiten: weder zu nah an der Brücke (sodaß sie zu dünn klängen) noch zu nah am Halsende. Soweit schon mal alles bestens.

Les micros - wie unsere Nachbarn die Tonabnehmer nennen - sind allerdings nur die eine Hälfte der Klangfabrikation.
Für die andere Hälfte sorgt ein kleines...

Arsenal von Verstellbarkeiten

Fangen wir mal mit dem Einfachsten an: Zwischen den beiden micros liegt etwas unterhalb der Balanceregler. Der arbeitet nach dem bekannten Prinzip. Dabei merkt man allerdings direkt, daß der von Jazz-Bässen her bekannte Humbucking-Effekt bei gleich laut eingestellten Tonabnehmern hier nicht auftritt. Etwas schade, denn wenn man nah am Verstärker steht, hat der Arpège III schon irgendwo mit Einstreuungen zu kämpfen. Typisch Single-Coil eben.
Das zweite Element mit bekannter Wirkungsweise liegt am anderen Ende der Regler-Parade: vom Spieler aus gesehen ganz rechts: ein Höhenregler. Bewußt hat Patrice Vigier dessen Wirkung allein auf den Steg-TA beschränkt; sonst, so sagt er, gehe die Definition des Tons flöten.
Ich habe keine Angaben dazu gefunden, ob der Höhenregler aktiv oder als rein passive Höhenblende arbeitet. Ich vermute aber letzteres. Denn wenn man ihn ganz aufdreht und dann die Höhenanteile der beiden Tonabnehmer vergleicht, merkt man keinen Unterschied. Bei einem aktiven Höhenregler würde ich aber denken, daß der Steg-PU mit aufgerissenen Höhen deutlich greller klingt als der vom Höhenregler ja unbeeinflußte Hals-PU. Tut er aber nicht - deshalb würde ich mal denken, wir haben es mit einer passiven Höhenblende zu tun. Da der Arpège III auch mit meinen Black-Nylon-Saiten Höhen satt auf der Pfanne hat, ist das aber auch vollkommen in Ordnung.
Bisher ist das also schon mal eine Form von Klangmöglichkeiten, die man als Jazz-Bass-Spieler gut kennt.

Jetzt allerdings kommt das Arpège-III-Typische: der Kippschalter und der (vom Spieler aus gesehen) Sechs-Stufen-Drehschalter links davon. Dahinter verbirgt sich eine Art Preset-Sammlung (vom Hersteller auch tatsächlich "ROM memory banks" genannt), insgesamt zwölf Klänge lassen sich schalten. Laut Vigier bedeutet die Drehschalter-Stellung (vom Spieler aus gesehen) "ganz links", daß die Elektronik umgangen wird, die Tonabnehmer ihren Klang also ziemlich ungefiltert abgeben. Der Höhenregler läßt sich allerdings weiterhin nutzen; und auch der Kippschalter hat immer noch Wirkung auf den Klang, indem er die Höhen ganz leicht anhebt oder absenkt. Auf der Skizze, die man in der Anleitung zum Arpège III findet, ist das die Stellung 6 des Drehschalters.
Per Drehen gegen den Uhrzeigersinn - vom Spieler aus gesehen nach rechts - kommt man also zu den Stellungen 5 bis 1. Dort wird es dann wirklich facettenreich.:saliva:

Stellung 5 - "die zweite von links" - liefert einen Klang mit gegenüber dem Neutralklang deutlich angehobenen Hochmitten, die etwas an einen in den Hochmitten sehr durchsetzungsfreudigen Jazz Bass erinnert. Auch untenrum scheint mir etwas mehr Pfund im Spiel zu sein. Der Kippschalter steigert die Hochmitten noch.
Stellung 4 - hier wird es samtig-warm, Richtung dezent-gutmütig. Per Kippschalter kann man die Höhen etwas anheben.
Stellung 3 - da habe ich Mühe, Unterschiede zur Stellung 5 zu hören. Gegenüber Stellung 4 gibt es also ein saftiges Plus bei den Hochmitten.
Stellung 2 - jetzt sind die Höhen gegenüber 3 kräftig betont. Mit dem Kippschalter kann man da noch was draufpacken, wenn's denn noch nicht reicht.
Stellung 1 - "ganz rechts" also - quasi das Gegenteil zu Stellung 2: es geht Richtung dunkel-drückend.

Um zwischendurch noch mal für Bodenhaftung zu sorgen: Diese zwölf Konstellationen sind also der schaltbare Klangfilter, durch den man das Signal aus den PUs schickt, die man ihrerseits wieder in jeder Form zusammenmischen kann. :stars:

Und als ob das noch nicht genügt hätte, verbirgt sich hinter dem Lautstärkeregler noch ein letztes Element der Klangfabrik: Zieht man den Reglerknopf raus, wird der Steg-Tonabnehmer gegenüber dem Hals-PU gegenphasig geschaltet. Das bewirkt in der Extremform (wenn nämlich beide PUs gleich laut aufgedreht sind), daß sich die tiefen Frequenzen gegenseitig auslöschen. Was natürlich bei einem Baß nicht unbedingt zum Kern des Gewünschten gehört - der Klang geht dann eher Richtung skurrile Effekte.
Deshalb ist diese Schaltungsvariante eher dazu gedacht, daß man einen Tonabnehmer zum Klang des anderen leicht zumischt. Dann ergibt sich - stufenlos dosierbar - ein sehr obertonreicher Klang.

Der Vigier ist also, wenn man so will, das Gegenteil eines Precision Bass. Dort hat man einen Klang für alle Lebenslagen, hier sollte man sich mit zwölf Klängen vertraut machen, um dem Bass wirklich auf den Zahn zu fühlen. (Ich war kurz davor, mir eine regelrechte Tabelle auf Papier zu machen, um da noch durchzublicken :spicy:. Bassisten, die nebenberuflich Keyboarder sind, werden sich sofort zuhause fühlen.) Welches Prinzip einem lieber ist - Geschmackssache. Oder ob man etwa das Prinzip des Nachfolgemodells Arpège IV bevorzugt - dort gibt's einen normalen parametrischen Equalizer mit drei Reglern. Ich selber bin eher ein Fender-Typ (ein, maximal zwei Klänge, und gut is'), aber da ist diese "begrenzte Parametrik" des Arpège III gar nicht so schlecht. Wenn man die Klänge mal durchprobiert hat (gerade auch im Zusammenwirken mit bestimmten Verstärkern), kennt man seine Favoriten.
Die Elektronik steckt mitsamt zwei 9-V-Blöcken in einem geräumigen Fach, bei dessen Anblick man hofft, daß es niemals einen Platinenfehler geben möge... :moose_head:

Vigier Elektronikfach.jpg


Zu allen möglichen Details gibt es auch noch eine etwas ältere Internetseite zum Arpège III . Einen Mausklick weiter hat Vigier auch noch die Anleitung hinterlegt.

Und wie spielt er sich?

Dazu verlautete oben schon was. Zur Ergänzung: Der Hals ist ein absolutes Gedicht - der Korpus tut mit seiner Form sein übriges. Wenn ich jetzt mal meinen anderen Edel-Bass dagegenhalte - den 2004er Warwick Thumb, über den ich mich hier schon mal ausgelassen habe, dann fällt das Ergebnis auf der ganzen Linie eindeutig aus: Der Vigier-Korpus macht das Spielen viel leichter, :great: und beim Hals läßt der Arpège den Thumb einfach nur noch alt aussehen.
Wer also glaubt, alle Warwick-Hälse seien per se "schnell", der sollte mal solch einen Vigier in die Hand nehmen.:saliva:

Aber das sind nun mal im Charakter zwei total verschiedene Instrumente - es gibt Lebenslagen, in denen ein Thumb einfach unschlagbar ist; dort wäre man mit dem Vigier nicht glücklich und nimmt die sperrige Bespielbarkeit eines Thumb dreimal in Kauf.
Und natürlich umgekehrt. :thumb_twiddle:
Es macht also enormen Spaß, die Finger über den Arpège-Hals flutschen zu lassen. :m_git2:
Wohl kommen - je nach Beleuchtungssituation - Leute in Schwierigkeiten, die sich auf dem grätenfreien Griffbrett vor allem optisch orientieren. :gruebel: In einem schummrigen Ambiente sind die Punkte auf der Halsoberseite nämlich kaum mehr zu erahnen, und die Strichmarkierungen der Bundpositionen schon gar nicht. Je nach dem, wo man den Vigier spielt, sollte man also darauf gefaßt sein, ihn blind spielen können zu müssen. Anderenfalls landet man mit der Intonation im Niemandsland.

Klang

Dieser Teil fällt jetzt naturgemäß bei den Kostproben etwas umfangreicher aus: zwölf "Preset"-Klänge mitsamt Modifikationsmöglichkeiten in den Höhen plus PU-Mischung plus der Out-of-phase-Variante - und zwar alles wüst kreuz und quer kombinierbar - sind schon eine Menge.

Alle Aufnahmen mit der Simpel-Konstellation: Kabel vom Arpège III direkt rein in die Vorstufe eines 1993er SWR Bass 350, dort die gesamte Klangregelung linear und noch vor dem Master-Lautstärkeregler über XLR-Ausgang rein ins Aufnahmegerät (ein Tascam HD-P2, Line-Eingang mit asymmetrischem Cinch). Dadurch klingt es relativ "klinisch". Über Lautsprecher kommt noch mal deutlich mehr Saft und Leben mit dazu.
Audioschnitt dann mit Ardour 4/Linux, aber das tut am Klang ja nichts ;).

Fangen wir an mit der erwähnten Neutralstellung: Klang-Drehschalter auf Anschlag im Uhrzeigersinn bzw. vom Spieler aus gesehen ganz links. Erst mal der Stegtonabnehmer alleine, Höhenblende voll auf.

https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/vigier-steg-arpeggio

Der Hals-PU klingt im Vergleich dazu fast wie zu erwarten:

https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/vigier-hals-arpeggio

Dito: die 50/50-Kombination aus beiden:

https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/vigier-beide-arpeggio

Die Fretless-Kerndisziplin darf natürlich nicht fehlen: Singenlassen mit Steg-Tonabnehmer, Höhenblende nach wie vor auf:

https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/vigier-steg

Nun zum Rest der Klangvorstellungen. In der oben erwähnten Reihenfolge kommen jetzt nacheinander die unterschiedlichen Drehschalter-Stellungen.

https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/vigier-variations

Als letztes die gegenphasige Schaltung des Steg-PU. Stück für Stück drehe ich dabei den PU-Balanceregler von "Steg" zu "Hals":

https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/vigier-out-of-phase

Einen Verwandten des Arpege III fretless stellt der französische E-Bassist Patrice Mulot hier übrigens vor - es ist der Vigier Passion, das Griffbrett scheint aber so ziemlich dasselbe zu sein:



In der (Band-)Praxis hat mich der Arpège III immer wieder (positiv) überrascht - und dabei hatte er schon beim ersten Antesten (über eine Glockenklang-Kombination aus Soul II und 2x12-Box) betörend gut geklungen. Weiche, singende Klänge hat er mühelos auf der Pfanne (unterstützt durch sein endloses Sustain); aber er kann auch funkig-druckvoll klingen. Woher dieser fette Ton kommt, der mich irgendwie sehr angenehm an die kalorienreiche Seite der französischen Küche erinnert :D - gute Frage. Das buchstäblich stahlharte Griffbrett dürfte was ausmachen; zum Ausgleich hört man hier natürlich auch den samtigen Charakter der Black-Nylon-Saiten.

Auch eine ziemliche Skala von Verstärkern war brauchbar :w00t: : weder matschte der Baß über einen alten Peavey TNT-130 mit seinem 15-Zöller (den ich im Zusammenwirken mit Jazz Bässen als ziemliche Matschfabrik kennengelernt habe), noch klang er zu blutleer über meine Kombination aus 1993er SWR Bass 350 und Hartke 410 XL - eine Anlage, über die selbst mein oben erwähnter Squier JV Jazz Bass nicht seine volle Fretless-Wärme verströmen kann. Auch über eine EBS-Classic-Anlage mit Transistoramp und vier Zehnzöllern lieferte der Arpège III viel Wärme, viel Druck und viel Saft.

Es wäre wohl spannend, in Zahlen etwas darüber zu erfahren, wie die einzelnen Drehschalter-Stellungen technisch den Klang formen (Frequenz[en], Intensität etc.), aber dazu habe ich bislang nirgends was finden können.

Resümee

Zu den 1a-Qualitäten eines Fretless sollte gehören, daß man ihn "singen" lassen kann. Und der erste, den ich gespielt habe, der meinem 1984er Squier JV Jazz fretless tatsächlich das Wasser reichen kann, war dieser Vigier Arpège III.
Höchstwahrscheinlich tragen dazu hier bei unseren Klangbeispielen auch die nylonumwickelten Saiten bei. Zusammen mit dem "Delta-Metal"-Griffbrett ergeben sie eine sehr schlüssige Kombination: das Metall liefert die Grundlage ein eeeendlos langes Sustain plus einer knackigen Ansprache; und das Nylon steuert die nötige Wärme bei. Metall und Graphit im Hals hin oder her, von "Kälte" merke ich nichts. Bis rauf in die hohen Lagen schnurrt der Arpège III wunderbar.

Das verbunden mit komfortionösester Bespielbarkeit und dem wohligen Gefühl, einen Edel-Bass in den Fingern zu haben. Die Klangfabrik mit zwölf in den Höhen veränderbaren Presets kitzelt unterschiedliche Nuancen aus dem Instrument heraus. Zusätzlicher Gimmick: die Phasenumkehrschaltung beim Steg-PU, mit der man auf Wunsch herumspielen kann.
Mit diesen nylonumwickelten Saiten kristallisieren sich Akzente heraus, die musikalisch gesehen zum einen im weichen, balladesken Bereich liegen: ein wunderbares Instrument auch für Pop-Balladen. Zum anderen liefert der Arpège III eine individuelle Form von funkigem Druck. Harte Jaco-Pastorius-Klänge sind tendenziell auch machbar; allerdings sollte man dazu wohl Nickel- oder Stahlsaiten aufziehen. Das Vorhaben, einen Kontrabass nachzuäffen, dürfte so oder so nicht von überbordendem Erfolg gekrönt sein (allenfalls in Drehschalterstellung 4 würde ich das versuchen wollen) - das gibt so eine Metall-Griff-Fläche einfach nicht her; schon das Sustain ist viiiiel zu lang. Aber wer solche Klänge haben will, sollte auch gleich einen akustischen K-Bass in die Hand nehmen, keinen elektrischen Vigier.
Für Leute, die einen grätenfreien Bass mit ausdrucksstarkem Klang suchen, ist der Arpège III auf jeden Fall ein Kandidat der ganz engen Wahl.

Plus:
- ausdrucksstarker Klang, viel Wärme und Saft
- große Palette klar definierter Klangvarianten
- endoses Sustain
- der Ton kann balladesk "singen"
- er kann aber auch satt und perkussiv kommen
- Reaktion auf unterschiedliche Spielnuancen
- äußerst komfortabel bespielbar
- edel verarbeitet

Minus:
- typische Single-Coil-Einstreuempfindlichkeit
- teilweise Lautstärkeunterschiede zwischen den einzelnen ROM-Presets
- der vom Jazz Bass her bekannte Humbucking-Effekt bei gleich laut aufgedrehten Tonabnehmern fehlt
 
Eigenschaft
 
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