Fragen an einen Blockflötenbauer

Lisa2
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Fragen an einen Blockflötenbauer

Der Titel drückt es indirekt schon aus: Es soll in diesem Thread nicht um das Blockflötenspiel gehen sondern um das Instrument selbst.
Als ich meine Impressionen aus Stockstadt niederschrieb, kamen mir im Nachhinein noch so einige Fragen in den Sinn, die ich den Blockflötenbauern vielleicht hätte stellen können. Drei Werkstätten der in Stockstadt anwesenden Instrumentenbauer sind für mich in erreichbarer Nähe und deshalb habe ich mit den Inhabern verabredet, sie irgendwann zu besuchen, um mich mit ihnen fernab von Gedudel und Hektik mit Ihnen unterhalten zu können und Material für Berichte zu sammeln.

Da von Euch im Stockstadtbericht hier und da etwas nachgehakt wurde, denke ich, dass es für Euch interessant sein könnte, daran teilzuhaben.

Wann dieses "irgendwann" sein wird und vor allem, wann die Berichte geschrieben werden können, das weiß ich noch nicht, da ich "nebenbei" auch noch einiges andere zu erledigen habe. Aber Fragen sammeln, das geht schon mal.

Folgende Werkstätten habe ich zur Zeit auf der Liste:
Viele Grüße
Lisa
 
Eigenschaft
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Themenbereich wird sein "Materialbeschaffung"

Dazu fallen mir Fragen ein wie ...
- Welche Hölzer werden verwendet und für was?
- Wo kommen die Hölzer her?
- Wo und wie werden sie gelagert? ... getrocknet?
- Wie lange werden sie gelagert? ... wie alt ist das Holz, wenn es verarbeitet wird?
- Welche Restfeuchte hat das Holz dann? Gibt es einen optimalen Wert und wenn ja welchen? Wie wird der festgestellt?
- Qualitätskontrolle der Hölzer?
-

...
 
Zuletzt bearbeitet:
Gute Idee. Zu den Hölzern hätte ich noch die Frage, wie lange die gelagert werden, also wie alt das Holz ist.
 
Prima :great:
... Frage ist eingearbeitet
 
Zur Materialbeschaffung hätte ich die Frage, wie die Zukunft von Blockflöten aus europäischem Buchsbaum gesehen wird, da ja der Buchsbaumzünsler grade dabei ist, die Buchsbäume zu zerstören. Oder ist das nur bei uns so?

Daneben fasziniert mich, wie der Block so passgenau in das Kopfstück passt. Ich habe ein paar Flöten ersteigert, da habe ich den Block schon selber mal rausgeholt und Passgenauigkeit bewundert. WIe wird das heute gemacht, computergesteuert? Und wie hat man das früher gemacht?

Im Prinzip würde mich auch die Intonation interessieren, da man ja weggebohrtes n icht mehr drankleben kann. Aber das wird wahrscheinlich zu sehr ausufern. Vielleicht sollte ichz mich mal zu dem Blockflötenbaukurs bei Mollenhauer anmelden.....

Außerdem würde mich interessieren, wie man als junger Mensch auf die Idee kommt, Bockflötenbauer zu werden. Es gibt ja dann nicht so viele verschiedene Arbeitgeber. Und gibt es heute noch genügend Nachwuchs in dem Beruf?
 
Mir sind da auch gerade einige Frage eingefallen:

Kann eine Flöte durch zu langem Gebrauch unbrauchbar werden? Ist eine Flöte irgendwann vom Klang her "auf"?

Viele Grüße
Musicanne
 
Andersrum interesseirt mich die Frage auch:

Werden Holzflöten duch Nichtspielen irgendwann auch unbrauchbar?
 
Ich schreibe alles in die Zusammenfassung, was Euch so einfällt.
Was davon beantwortet werden kann, werden wir dann ja sehen.


Aktualisierte Zusammenfassung


Themenbereich "Berufswahl"
- Wie kommt man als junger Mensch auf die Idee, Bockflötenbauer zu werden?
- Gibt es heute noch genügend Nachwuchs in dem Beruf?​

Themenbereich "Materialbeschaffung"
- Welche Hölzer werden verwendet und für was?
- Wo kommen die Hölzer her?
- Wie gut sind die verschiedenen Hölzer/Holzarten erhältlich? Werden bei drohender Verknappung (z.B. Buchsbaum) Vorräte von besonders gut nachgefragten Hölzern angelegt?
- Wo und wie werden sie gelagert? ... getrocknet?
- Wie lange werden sie gelagert? ... wie alt ist das Holz, wenn es verarbeitet wird?
- Welche Restfeuchte hat das Holz dann? Gibt es einen optimalen Wert und wenn ja welchen? Wie wird der festgestellt?
- Was gehört zur Qualitätskontrolle der Hölzer?
-​

Themenbereich "Bau der Flöte"
(Grafik, an der die Namen der verschiedenen Teile der Blockflöte abgelesen werden können)

- Wie wird der Block hergestellt?
- Wie gelingt die passgenaue Form von Block und Flötenkopf?
-

Themenbereich "Intonation der Blockflöte"
- Wie wird eine Blockflöte gestimmt?
- Welche Bedeutung hat das Unterschneiden der Grifflöcher?
- Kann sich eine Blockflöte verstimmen? Wenn ja, wodurch?

Themenbereich "Klang der Blockflöte"
- Durch was ändert sich der Klang der Blockflöte?

Themenbereich "Qualitätserhalt der Blockflöte"
- Kann eine Flöte durch zu langem Gebrauch unbrauchbar werden?
(@Musicanne Was genau meinst Du mit "zu langem Gebrauch"? > geklärt)​
- Ist eine Flöte irgendwann vom Klang her "auf"?

- Schadet es einer Flöte, wenn sie einige Wochen rumliegt und dann eine bis mehrere Wochen intensiver genutzt wird?

- Werden Holzflöten duch Nichtspielen irgendwann unbrauchbar?
------------
Update 4.6. 10:00h

 
Zuletzt bearbeitet:
@Lisa2

Wenn die Flöte über Jahre mehrere Stunden täglich gespielt werden. Dies gilt vorallem bei leichten Hölzern wie Ahorn und Obsthölzer (Birne, Kirsche, Pflaume)

Da fällt mir noch eine Frage ein: Schadet es einer Flöte, wenn sie einige Wochen rumliegt und dann eine bis mehrere Wochen intensiver genutzt wird?
 
Ok, alles klar.
Da der Beitrag noch offen ist, hab ich's eingefügt.
 
Welche Details interessieren Euch noch beim Blockflötenbau?
Welche Fragen kommen Euch beim Betrachten dieser Videos in den Sinn?







Viel Spaß beim Zusehen :)

Lisa
 
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Ich bin zwar kein Blockflötenbauer, aber Flöten ohne Block baue ich seit einigen Jahren professionell...da es viele Überschneidungen gibt kann ich zu fast allen bisher gestellten Fragen was sagen, will mich da aber auch nicht aufdrängen. Wenn Interesse besteht, schreib ich mal was.

Grüße, shib
 
Themenbereich "Berufswahl"
Wie kommt man als junger Mensch auf die Idee, Bockflötenbauer zu werden?

Gute Frage. Das ist wohl wirklich ein Fall, wo man das Wort "Beruf" wörtlich nehmen muss. Denn man wird damit weder reich, noch (sonderlich) berühmt. Bei den meisten meiner Kollegen, die ich näher kenne, und auch mir selber war es so, dass am Anfang der Wunsch steht, das Instrument, das man selber spielt und schätzt, besser verstehen zu können. Wieso funktioniert das so, wie es das tut? Was passiert, wenn ich dies oder jenes ändere? Wie kann ich diese oder jene Eigenschaft verändern, verbessern? Dazu kommt, dass man nie auslernt, nie "fertig" ist. Musikinstrumente und speziell Blasinstrumente sind Schweine, sag ich immer - mal halten sie sich an berechenbare Physik und im entscheidenden Fall dann wieder nicht, und man fragt sich nach einer Änderung, die eigentlich A bewirken müsste, nun aber B bewirkt, nur entgeistert "Hä?" - und forscht eben weiter. Das hört nie auf, und das macht auch den Reiz aus. Ich habe bisher etwas mehr als 80 Holzquerflöten gebaut und lerne mit jeder dazu. Manchmal muss ich am Ende des Monats viel Nudelsuppe essen, denn die Forscherei bezahlt einem keiner...aber wenn dann nach ewigem Probieren irgendwas auf einmal funktioniert und toll ist, und die eigenen Instrumente ein Stück nach vorne bringt, dann lohnt sich's irgendwie schon...

Gibt es heute noch genügend Nachwuchs in dem Beruf?
Verlässliche Daten habe ich da nicht - als ich mich seinerzeit (gut 10 Jahre ists's her) bei allen großen Blockflötenbauern beworben habe, hieß es, sie seien für die nächsten Jahre voll. Waren also wohl gut versorgt. Bei Moeck und Mollenhauer hätte ich mit je drei Jahren Wartezeit unterkommen können, bin dann aber, weil mir das zu lange dauerte, und man halt auch mit 19 trotzdem nicht jünger wird, erst mal Richtung Uni bewegt. Dass das dann alles nix für mich war konnte ich nicht ahnen...ich habe mich später noch bei anderen Holzblasinstrumentenmachern in der Republik (initiativ-)beworben und überall Absagen erhalten, entweder weil sie voll waren, oder weil ich zu alt war ;) also, ich denke, die Flötenversorgung für die nächsten Jahrzehnte ist gesichert.


Themenbereich "Materialbeschaffung"
Welche Hölzer werden verwendet und für was?
Prinzipiell geht alles, was hart, feinporig und dicht ist. Im Blockflötenbereich nimmt man gerne Obst- und Laubhölzer wie Ahorn, Birne, Pflaume, manchmal Apfel, Kirsche usw., aber auch tropische Harthölzer wie so ziemlich alle Palisanderarten (denn Palisander ist nicht eine Holzart, sondern eine Familie vieler verschiedener, weltweit verbreiteter Bäume), verschiedene Ebenholz-Arten, und manche Exotenhölzer wie Cocusholz (nicht Kokospalme!) oder Pockholz/Lignum Vitae, oder auch die ganzen Fake-Buchsbäume wie Baitoa, Castello usw. Dann gibts noch die Spezialfälle Olive und europäischer Buchsbaum, beide sind eher hart, also deutlich härter als alle Obst- und Laubhölzer, aber trotzdem bei uns heimisch.
Speziell die weicheren Hölzer müssen oft noch behandelt werden, damit sie wirklich dicht sind - Ahorn ist unbehandelt z.B. in etwa so dicht wie eine Luftmatratze auf'm Fakirbrett. Da gießt man dann die fertigen Bohrungen mit Schnellschleifgrund oder Parrafin aus, wodurch die Poren gefüllt werden, aber so wirklich toll ist das nicht. Manchmal nimmt man auch Leinöl im Vakuumbad, bis das dann durchhärtet vergehen aber Jahre.

Grenadill ist übrigens eine Palisanderart, genau wie "Rosenholz". Palisander heißt auf Englisch rosewood, im Deutschen bezeichnet Rosenholz aber das "bahia rosewood", also Bahia-Palisander. Kommt aus Südamerika. Rio-Palisander kam bis zum Ex-/Importverbot aus Brasilien, auch Königs- oder Veilchenholz ist eine Palisanderart, die ebenfalls nicht mehr aus Brasilien exportiert werden darf. Indisch Palisander kommt wie der Name sagt aus Indien, Honduras-Palisander vorwiegend aus Nord-Südamerika... :)

Für den Block nimmt man Zedernholz, weil das die einzigartige Eigenschaft hat, Feuchtigkeit aufnehmen zu können ohne zu quellen. Das ist für den Block absolut essenziell (siehe unten).

Wo kommen die Hölzer her?
Von überall! "Unsere" Hölzer hauptsächlich aus Europa (Obst- und Laubhölzer, Olive, Buchsbaum), Afrika (Palisanderarten, Ebenhölzer) und Südamerika (Palisanderarten), manche Sorten auch aus Südostasien (Ebenhölzer). Australische Hölzer sind oft extrem hart und im Blasinstrumentenbau nicht sehr verbreitet, da sie beim Bearbeiten die Werkzeugschneiden sehr schnell abstumpfen. Amerikanische Hölzer findet man eher im Saiteninstrumentenbau, wirklich harte Holzarten haben die da nicht, mal abgesehen vom "hard maple" = Ahorn, der härter ist als der, den wir hier bei uns haben. Osage orange verwenden einige Kollegen in Amerika, ich hab's noch nicht getestet, ist hier auch schwer zu kriegen.

Wie gut sind die verschiedenen Hölzer/Holzarten erhältlich? Werden bei drohender Verknappung (z.B. Buchsbaum) Vorräte von besonders gut nachgefragten Hölzern angelegt?
Ersteres: meistens ziemlich gut. Es gibt spezialisierte Holzhändler, die sich um Nachschub kümmern. Mein Holzhändler hatte, als ich das letzte Mal einkaufen war, noch etwa 10.000 Grenadill-Kanteln in "meiner" Größe auf Lager und einige weitere Paletten auf irgendeinem Schiff im Atlantik. Manche Hölzer importiere ich mangels Zwischenhändler auch direkt aus Afrika/Johannesburg, es gibt da eine Firma, die spezielle Instrumentenhölzer verkauft. Hervorragende Qualität, sehr gut abgelagert, präzise Zuschnitte, teuer. ;)

Letzteres: kommt auf den Geldbeutel des Instrumentenbauers an, denn Rohware ist teuer und liegt bis zur Bestellung des Kunden erst mal nur rum. Ich kaufe in der Regel den Vorrat für etwa ein bis anderthalb Jahre ein und arbeite dann damit. Von Buchsbaum lasse ich z.B. die Finger, ist zu teuer und zu kompliziert in der Verarbeitung.

Warum, fragt ihr? Nun, das ist so: Buchsbaum ist das Holz, das man am schwersten davon überzeugen kann, kein Baum mehr zu sein. Es wird krumm, sehr oft sogar. Sehr viele alte Buchsbaumflöten sind krumm. Warum das Holz das tut, weiß ich nicht, ich würde es mal auf die Umverteilung von Spannungen durch das Drechseln schieben...das kann auch nach Jahrzehnten noch passieren. Abends gespielt, Flöte ausgewischt, am nächsten morgen ist sie krumm. Einfach so.

Man kann Buchsbaumholz verschiedentlich behandeln, damit es sich benimmt, manche Kollegen packen es z.B. für Stunden in Mikrowellen und "kochen" es schön durch. Halte ich nix von, stattdessen nehme ich lieber geeignetere Hölzer. Der einzige Grund, warum frühe Querflöten und viele Blockflöten aus Buchsbaum sind, ist die Tatsache, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einfach kein anderes hartes und dichtes Holz verfügbar war. Als es dann Ebenholz und Cocus gab, hat man das viel lieber verwendet als Buchsbaum. In England gab es z.B. nach der Einführung von Cocusholz noch einige Jahre lang Buchsbaum als "Billigoption" für Leute, die sich kein Cocus leisten konnten.

Heute ist Cocusholz übrigens quasi nicht mehr erhältlich, da der Baum durch überbordenden Raubbau Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet wurde. Manche Hersteller haben noch Restbestände, die sie dann entsprechend teuer anbieten, 1000€ Aufpreis für eine Querflöte aus Cocus statt Grenadill sind durchaus üblich.

Wo und wie werden sie gelagert? ... getrocknet?
Trocken und an der Luft, damit nichts gammelt. In der Regel viertelt man Baumstämme erst mal und wachst die Enden ein, damit über die Hirnholzseiten ("offene Fasern") keine Feuchtigkeit entweicht, was zu Trocknungsrissen führen würde. Später sägt man daraus dann sog. Kanteln verschiedener Größe. Das sind die Holzstücke, aus denen dann die Flötenteile werden. Niemals darf das Zentrum oder "Herz" des Baumstammes in einer Kantel enthalten sein, das gibt zu 100% Risse.

Wie lange werden sie gelagert? ... wie alt ist das Holz, wenn es verarbeitet wird?
Je älter, je lieber. Ich habe mal 40 Jahre altes Grenadill verarbeitet, das hat sich kein bisschen mehr bewegt. Diese Qualitäten gibts am Markt aber nicht mehr, und wenn man heute sowas will muss man eben 30 Jahre warten.

Als absolute Mindestlagerdauer, bevor man Kanteln verwendet, sollte man ein Jahr pro Zentimeter Dicke plus ein weiteres Jahr einhalten, bei 4x4cm dicken Kanteln also fünf Jahre. Dann ist aber noch genug Restfeuchte im Holz, die dafür sorgt, dass das Holz sich bewegt und schwindet, wenn erstmal eine Bohrung drin ist (mehr Oberfläche = mehr Feuchteverlust). Ich kaufe wenn möglich kein Holz, das jünger als zehn Jahre ist.

Welche Restfeuchte hat das Holz dann? Gibt es einen optimalen Wert und wenn ja welchen? Wie wird der festgestellt?
Im Idealfall Ausgleichsfeuchte, das sind 12-15%. Diese Feuchte nimmt dauerhaft gelagertes Holz von selbst an. Wenn man tiefer will, muss man mit belüfteten und beheizten Trockenkammern arbeiten, allerdings nimmt jedes Instrument, das "an der Luft" liegt, früher oder später wieder diese 12-15% an. Häufiges Ölen hilft da, verhindert den Effekt aber im Grunde nicht.

Was gehört zur Qualitätskontrolle der Hölzer?
Beim Einkauf: Sichtkontrolle auf Äste, Wurmfraß, Splintholz (gammelt gerne, weils viel Feuchtigkeit führt), Einschlüsse. Ins Holz gucken kann man natürlich nicht, und manche Stücke halten da Überraschungen bereit. Generell kann man sagen, dass, wenn der Faserverlauf an allen vier Längsseiten der Kantel gerade und regelmäßig ist, die Chance auf Fehler innen drin eher klein ist.
Ich nehme beim Einkauf auch gerne Kanteln mit Fehlern, um den Preis zu drücken, um die ich dann später drumherum arbeite - wenn ich z.B. einen Ast an einer Stelle sehe, die hinterher sowieso in die Verschnittkiste wandert, nehme ich die Kantel trotzdem.
Bei der Verarbeitung kann man natürlich immer Fehler finden, und da muss man dann eben von Fall zu Fall entscheiden, ob man damit weiterarbeiten kann, oder nicht. Ich versuche, jedes Stück irgendwie zu retten, da Holz eine endliche Ressource ist und wir versuchen sollten, so viel von dem bereits geschlagenen Holz zu verwenden, wie möglich. Manche Hersteller wollen aber auch eine durch und durch perfekte Optik haben und schmeißen darum viel weg. Ich komme über Kontakte ;) immer mal wieder an Restholz von einer großen Klavierfabrik in Hamburg, und was die teilweise wegschmeißen ist schon krass.

Themenbereich "Bau der Flöte"
Wie wird der Block hergestellt?
Da ich nicht vom Fach bin, hab ich hier nur gefährliches Halbwissen: der wird aus Zedernholz gedrechselt (in der Realität eher von Drehmaschinen gedreht) und die Bahn wird dann entsprechend den Vorstellungen des Flötenbauers gefräst: gerade, gebogen, konisch zulaufend, was auch immer. Die Schnabelform entsteht zusammen mit dem Kopfstück, damit alles schön zusammenpasst.

Exkurs:
Drechselmaschine = das Werkstück wird in eine Drehung um die eigene Achse versetzt und mit verschiedenen Handwerkzeugen, die auf einer Werkzeugauflage frei Hand geführt werden, geformt.
Vorteil: sehr freie Formgebung möglich
Nachteil: man muss sehr genau arbeiten, um z.d. den richtigen Durchmesser eines Zapfens zu treffen

Drehmaschine = das Werkstück wird in eine Drehung um die eigene Achse versetzt und mit einem Werkzeug, das auf einem mittels Handrädern in X- und Y-Richtung verfahrbaren Schlitten eingespannt ist bearbeitet.
Vorteil: passgenaues Arbeiten (Block!) ist sehr leicht möglich, da Durchmesser und Längen mit den skalierten Handrädern auf 1/100mm genau eingestellt werden können
Nachteil: freie Formgebung kaum bzw. nur sehr umständlich möglich.

Die meisten handwerklichen Flötenbauer verwenden beiden Maschinenarten.


Wie gelingt die passgenaue Form von Block und Flötenkopf?
Klingt jetzt blöd, aber: durch genaues Arbeiten. Der Schnabel wird erst geformt, wenn der Block schon eingepasst ist. Wie das passiert, ist unterschiedlich, man kann das fräsen, oder schleifen. Der Knackpunkt ist, dass der Block erst dann seine endgültige Form bekommt, wenn er schon im Kopfstück steckt, vorher ist er im Grunde nur ein Zylinder mit einer wie auch immer geformten Bahn.

Würde Zedernholz übrigens durch Feuchteaufnahme so stark quellen wie andere Hölzer, würde der Block das Mundstück sprengen. Das kann trotzdem vorkommen, denn Holz ist halt Holz.

Themenbereich "Intonation der Blockflöte"
Wie wird eine Blockflöte gestimmt?
Wie das bei den Blockflöten gemacht wird weiß ich nicht, ich denke aber mal, dass es ganz ähnlich läuft wie bei Querflöten: man stimmt zuerst das a ein, also auf 440 Hz, 415 Hz oder was auch immer für ein Stimmton gefordert wird, und passt dann nach Gehör die Intervalle zueinander an. Quinten, Quarten usw., alles was sich daraus ergibt eben. Man nimmt oft zur Kontrolle ein Stimmgerät her, man sollte sich aber nicht nur darauf verlassen, sondern zu allererst auf seine Ohren.
Die Positionen der Löcher lassen sich zwar prinzipiell berechnen, aber meistens sind das empirische Werte. Man probiert also so lange rum bis es passt. Kompromissfindungen gehören auch dazu, denn nicht alles, was stimmt, lässt sich auch greifen und umgekehrt.
Auch der Verlauf der Innenbohrung hat einen großen Einfluss auf die Stimmung und die Ansprache (Performance) des Instruments. Das zu beschreiben würde jetzt aber zu weit gehen, das wird so schon ein Roman...

Welche Bedeutung hat das Unterschneiden der Grifflöcher?
Man stelle sich die Flöte so vor, dass sie vor einem steht, mit dem Kopfstück oben und den Grifflöchern nach vorne (außer dem Daumenloch halt)...

oben unterschneiden: der Ton wird in der zweiten Oktave (korrekt: im zweiten Register) höher, in der ersten auch, aber weniger

unten unterschneiden: genau umgekehrt

Andere behaupten vielleicht das Gegenteil, oder dass es gar nichts bringt. Hier gilt Physik nicht mehr viel. Generell erhöht ein Unterschneiden die Stimmung des Lochs, in welchem Register kann von Instrument zu Instrument verschieden sein.

Kann sich eine Blockflöte verstimmen? Wenn ja, wodurch?
Ja! In erster Linie weil sich die Innenbohrung verändert. Kann man beheben, indem man die Innenbohrung nacharbeitet.

Themenbereich "Klang der Blockflöte"
Durch was ändert sich der Klang der Blockflöte?
Das Material gehört hier nicht auf den vordersten Platz, auch wenn mich dafür viele steinigen wollen werden ;) ich höre bei Querflöten keinen Unterschied zwischen Cocus, Grenadill, Buchsbaum und Mopaneholz und wüsste nicht, wieso das bei Blockflöten anders sein sollte.

Ich habe auf meiner Homepage darüber schon was geschrieben und erlaube mir, mich da einfach selbst zu zitieren:

Was den Einfluss des Materials auf den Klang der Flöte angeht vertrete ich eine klare Meinung: der Einfluss ist verschwindend gering. Letztendlich schwingt die Luft im Innern der Flöte und nicht die Flöte selbst. Wie die Luft schwingen kann, wird von der Form des Instruments (also der Innenbohrung, dem Mundloch [hier eben Form des Labiums, Windkanals usw.] und den Grifflöchern) vorgegeben, nicht von seinem Material, sofern das Material dicht ist.

Der Klang einer [Quer]flöte generell hängt zum allergrößten Teil vom Spieler ab [und bei Blockflöten von der Ausgestaltung des Labiums, bei der Querflöte bildet der Spieler das mit seinen Lippen, was natürlich noch weitaus individueller ist], danach folgt die Form. Der Einfluss des Materials wird, sofern in Zukunft eine Methode entwickelt werden sollte, die den Einfluss überhaupt messbar machen könnte, verschwindend gering sein. Letztendlich ist die Holzauswahl also eine Frage der Optik und des persönlichen Geschmacks.

Themenbereich "Qualitätserhalt der Blockflöte"
Kann eine Flöte durch zu langem Gebrauch unbrauchbar werden?
Bei guter Pflege(!) eigentlich nicht. Also immer schön ölen, auswischen, nicht in der Sonne oder im Gefrierfach liegen lassen. Im Zweifelsfall den Fachmann fragen.

Ist eine Flöte irgendwann vom Klang her "auf"?
Auch hier gilt: bei guter Pflege eigentlich nicht. Es kann ab und zu eine Überarbeitung notwendig sein, v.a. was die Innenbohrung und bei Blockflöten Block, Labium und Windkanal angeht, aber das ist alles machbar. In meiner Sammlung sind einige >200 Jahre alte Flöten, und die spielen alle noch prima, mit den für die damalige Zeit üblichen Problemchen...aber das würde jetzt den Rahmen sprengen.

Schadet es einer Flöte, wenn sie einige Wochen rumliegt und dann eine bis mehrere Wochen intensiver genutzt wird?
Ja, das belastet das Holz sehr, wegen stark unterschiedlicher Feuchtebelastung. Eine lange nicht gespielte Flöte muss man langsam einspielen.

Werden Holzflöten duch Nichtspielen irgendwann unbrauchbar?
Irgendwann werden sie so trocken, dass der Block rausfallen kann, (Kunst)Elfenbeinringe abfallen und die Bohrung so stark schwindet, dass die Flöte nicht mehr stimmt. Ist in der Regel reversibel, muss aber evtl. vom Spezialisten gemacht werden. Man kanns erst mal mit vorsichtigem Einspielen versuchen.

Viele Grüße,
shib
 
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Nachtrag:
zonquer fragte mich, ob ich nicht ein paar Fotos aus dem Werkstattalltag online stellen könnte. Da ich den Bau einer einzigen Flöte von A bis Z eigentlich nie dokumentiere (ich weiß eh, was ich machen muss ;)), hab ich mal diverse Fotos aus den vergangenen Jahren zusammengekramt und eine kleine Doku erstellt. Das betrifft jetzt natürlich eine Querflöte und keine Blockflöte, die allermeisten Arbeitsschritte sind aber identisch oder zumindest ähnlich.

01 kanteln.jpg
So sieht das Holz aus, wenn man's einkauft. Da sieht man jetzt Grenadill und ein bisschen Bocote-Palisander. Die Abmessungen sind ca. 38x38x300mm, das reicht für meine Instrumente gut aus und verursacht wenig Verschnitt. Das Foto ist schon älter und das Holz wurde komplett in Flöten umgesetzt...


01-1 rund machen.jpg
So sieht das aus, wenn eine eckige Kantel auf der Drehmaschine rundgemacht wird. Manche Kollegen machen das auf der Drechselmaschine, das ist aber eine große Sauerei (Späne fliegen weit...) und geht ziemlich in die Hände, denn mit einem Handwerkzeug bei 3000 Umdrehungen pro Minute in die Kanten beißen macht Krach und rüttelt.


02 rohlinge.jpg
Das sind abgelängte und rundgemachte, aber noch ungebohrte Rohlinge.


03 reamer making.jpg
Ebenfalls zum "Job" dazu gehört die Herstellung sog. Räumer, das sind Werkzeuge, die aus einer zylindrischen Pilotbohrung eine konische Bohrung formen. Man dreht auf der Drehmaschine aus Werkzeugstahl quasi ein Negativ der gewünschten Bohrung, fräst eine Schneidengeometrie rein und jagt den Räumer dann in die Pilotbohrung, in die er die erforderliche Bohrungsgeometrie schneidet. Hört sich komplizierter an als es ist...


04 reamers.jpg
So sehen fertige Räumer dann aus. Die Schneidengeometrie mache ich mittlerweile anders, die auf dem Foto hat sich nicht so bewährt, da man die Maschine zum Reinigen der Schlitze ständig anhalten muss.


05 tieflochbohren.jpg
Tieflochbohren, noch so ein Mysterium. Wie bekommt man die lange Bohrung ins Holz? Zuerst muss man sich von dem Gedanken verabschieden, dass der Bohrer sich drehen und das Werkstück stillstehen muss ;) man spannt das Werkstück in die Drehmaschine ein und lässt es mit ca. 1000 Touren um die eigene Achse drehen. Dann bohrt man ein Pilotloch mit einem normalen Bohrer, der auf dem sog. Reitstock (das ist das "Gegenlager", das man auf dem Kantel-rundmach-Foto sehen kann) in einem Bohrfutter befestigt ist, ca. 30mm tief ins Holz. Dann übernimmt der Einlippen-Tieflochbohrer, ein spezielles Bohrwerkzeug aus der Metallbearbeitung. Diese Bohrer sind nicht selbstzentrierend (wie z.B. Spiralbohrer), darum das Pilot- oder Führungsloch. Durch den Bohrerkörper geht ein Kanal, durch den man normalerweise ein Kühl- und Schmiermittel pumpt, wenn der Bohrer sich durch Metalle frisst. Im Fall vom deutlichstens weicheren Holz kann man den Bohrer per Hand halten, sollte das aber ausdrücklichst nicht tun! Auf dem Foto sieht das nur so aus, als ob ich den per Hand halte! Don't try this at home!
Durch den Kanal fließt hier dann Pressluft, die die Späne aus der Bohrung bläst. So kommt man durch ein 300mm langes Holzstück in unter einer Minute durch und die Bohrung ist kerzengerade.


06 rohlinge gebohrt und geraeumt.jpg
Das sind fertig gebohrte sowie teilweise geräumte (konisch aufgebohrte) Einzelteile.


07 zapfen andrehen.jpg
Hier drehe ich auf der Drehmaschine einen Zapfen an ein Werkstück an. Kann man auch auf der Drechselmaschine machen, auf der Drehmaschine gehts aber genauer und einfacher.


08 drechseln.jpg
Hier wird gerade die Außenform gedrechselt, man sieht schon die Vertiefung, in der später der Zapfenkork eingeklebt wird.


09 aussenform fertig und geschliffen und poliert.jpg
Gedrechselte, geschliffene und polierte Rohlinge.


10 tonloecher bohren.jpg
Bohren der Grifflöcher auf einer 4-Achs-Fräsmaschine.


11 tonloecher gebohrt.jpg
Alle Grifflöcher und das Mundloch der Querflöte sind gebohrt, aber noch nicht nachbearbeitet (entgratet, unterschnitten etc.). Wäre das Teil ganz links ein Blockflötenkopf, würde man jetzt den Windkanal innen einfräsen, das Fenster und Labium schneiden usw.


12 geoelt.jpg
Alle Löcher sind bearbeitet und unterschnitten, das Holz geölt, jetzt fehlen nur noch die Verstärkungsringe an den Übergängen zwischen zwei Teilen. Bei Holzquerflöten schmiedet man die normalerweise aus Silber, manche Kollegen nehmen auch Rohr-Abschnitte aus Kupfer, Messing oder Neusilber. Blockflöten haben an den Stellen, an denen Risse auftreten können, meistens direkt ins Holz gedrechselte "Ringe", manche haben auch (Kunst)Elfenbeinringe, die aufgeklebt und dann gedrechselt werden. Ein Foto davon brauch ich euch nciht zeigen, wie das aussieht wisst ihr ja :)

13 fertig.jpg
Die fertige und beringte Querflöte.


00 Bent Boxwood.jpg
Und als kleiner Bonus noch eine unartige Buchsbaumflöte ;)
 
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Vielen, vielen Dank! :great:
Das ist sehr interessant!

"unartige Buchsbaumflöte" :eek:

Ich habe schon öfters gelesen, das manche (in der Regel die härteren) Hölzer schwieriger zu bearbeiten sind. Mal abgesehen von dem Risiko, dass sich manche Hölzer stärker als andere im Nachhinein verziehen können, und die Schneidewerkzeuge schneller stumpf werden, worin bestehen die Schwierigkeiten im Einzelnen?

Lisa
 
Interessante Einblick in den Flötenbau :great:
 
Ich habe schon öfters gelesen, das manche (in der Regel die härteren) Hölzer schwieriger zu bearbeiten sind. Mal abgesehen von dem Risiko, dass sich manche Hölzer stärker als andere im Nachhinein verziehen können, und die Schneidewerkzeuge schneller stumpf werden, worin bestehen die Schwierigkeiten im Einzelnen?

Ebenholz explodiert gerne mal auf der Maschine beim Bearbeiten. Denkst dir nix und auf einmal, BOOM, alles kaputt. Und wenn du keinen fetten Splitter in der Hand stecken hast, hast du Glück gehabt. Das Holz ist extrem spröde und bricht gerne ohne Vorwarnung...

Grenadillstaub ist sehr reizend für die Atemwege, genau wie die meisten anderen Palisanderarten, aber Grenadill und Cocobolo (s.u.) sind da extrem. Ohne Absaugung und/oder Vollschutz i.S.v. Gasmaske geht da garnix.

Cocobolo (Dalbergia retusa, eine Palisanderart) ist eins der giftigsten Hölzer überhaupt, so ziemlich jeder entwickelt Kontaktallergien dagegen, besonders die Leute, die es verarbeiten. Deswegen wirds auch nicht (mehr) bzw. kaum noch benutzt. Früher gabs diverse Flöten daraus...sehen wirklich sehr hübsch aus, sind aber halt echt gefährlich. Das Gemeine ist, dass nach einer Sensibilisierung gegen Cocobolo auch die meisten anderen Palisanderarten nicht mehr vertragen werden, also Grenadill usw. - daher: Finger weg von Cocobolo.

Fast alle australischen Hölzer nutzen die Werkzeugschneiden extrem ab, und man muss bei ein und demselben Werkstück mehrmals nachschärfen. Zum Vergleich, bei Grenadill schärfe ich alle drei bis fünf Instrumente nach, und pro Instrument gibts fünf Werkstücke. Eine australische Holzsorte heißt "Wüsteneisenholz", und der Name trifft's.

Bei den meisten sehr harten Hölzern ist man auf sehr scharfes Werkzeug angewiesen, sonst gibt's Ausrisse in den Fasern, die bei viel Pech ein Werkstück unbrauchbar machen können. Weichere Hölzer sind da unkomplizierter...

Viele Grüße,
shib
 
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Danke!
Wenn man das liest, begreift man, woher die durch die Hölzer bedingten Preisunterschiede bei den Flöten kommen.

Viele Grüße
Lisa
 
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