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GEMA Gebühren - Segen oder kultureller Ruin?

  • Ersteller dr_rollo
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Sicher müssen Künstler entlohnt werden, keine Frage. Die erhalten aber wohl nur einen Bruchteil der Gebühren, den Rest steckt ein Wasserkopf an Verwaltung ein.

Selbst viele mittelgroße Musiker/Songwriter, die eigene Musik machen und es einigermaßen professionell angehen, und mit der eigenen Musik und Band auf Tour gehen (also nicht 1-2 Gigs pro Jahr im lokalen Jugendclub, sondern Größenordnung 30-50 Gigs im Jahr, eigene Musik, Videos, Streams, CDs), bestreiten einen nicht unerheblichen Anteil ihres Einkommens über die Gema. Ich bin auch ganz froh, dass es jemanden gibt, der meine Interessen gegen Giganten wie Spotify, YT und andere Plattformen durchsetzen kann, aber das ist ein anderes Thema.

Wenn man auf der Kerwa nicht auf Musik verzichten kann, muss man halt dafür bezahlen. Und halt eben nicht nur die Band, sondern auch die Songschreiber. Das hier irgendwas um Faktor 10 erhöht wurde, halte ich für pure Polemik - dass der ursprüngliche Zeitungsartikel Schwächen hat, wurde ja jetzt schon paarmal durchgerechnet.
 
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Ich bin auch ganz froh, dass es jemanden gibt, der meine Interessen gegen Giganten wie Spotify, YT und andere Plattformen durchsetzen kann, aber das ist ein anderes Thema.
Mag sein, dass das ein anderes Thema ist.
Aber meines Erachtens spielt das hier rein. Seitdem es die Plattformen YT und andere gibt, gehört es zu deren Geschäftsmodell, dass unter anderem Musik auf ihnen veröffentlicht wird und sie mit diesem content, der weder ihnen noch den usern gehört, enorme Einnahmen generieren. Von Rechts wegen hätte der Staat da direkt einschreiten sollen. Das ist nicht passiert. Irgendwann hat dann auch die GEMA mit denen einen Rahmenvertrag gemacht, damit die Inhaber und Inhaberinnen der Veröffentlichungsrechte bzw. die Musiker*innen nicht komplett leer ausgehen.

Es ist garantiert nicht nur Zufall, dass der Rückgang im Verkauf von Datenträgern wie LP oder CD einher geht mit der enormen Zunahme des Musikhörens via streaming sowie Plattformen wie YT und andere. Das ist doch vollkommen klar, dass das erheblichen Einfluss auf die Einnahmen der GEMA hat. In den letzten zwanzig Jahren hat das Konsumieren von Musik über diese Medienkanäle dem Musikhören über die klassischen Kanäle, die alle in das Verwertungssystem der GEMA eingebunden waren, den Rang abgelaufen. Und währenddessen machen diese Medienkanäle jedes Jahr Riesengewinne, den sie hier nur zu einem kleinen Teil, wenn überhaupt, versteuern. Und der Staat schaut gelangweilt weg und zu.

Kurz: durch geänderte Hörgewohnheiten sind die klassischen Stützen der GEMA und darüber der Musiker*innen enorm geschrumpft und bei den neuen Medienkanälen hat niemand aufgepasst, was da eigentlich passiert. Bzw. dass die Veröffentlichung und das Konsumieren von Musik komplett an der GEMA und den Musiker*innen vorüber lief.

Insofern glaube ich schon, dass da ein Zusammenhang besteht, und zwar ein direkter. Der Staat, der hier darauf hätte pochen sollen, dass bestehendes deutsches Recht zu beachten und dass gefälligst die GEMA zu beteiligen ist, hat sich rausgehalten bzw. nicht durchgesetzt und faktisch eine riesige Steueroase für die Betreiber dieser Plattformen errichtet.

x-Riff
 
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Kurz: durch geänderte Hörgewohnheiten sind die klassischen Stützen der GEMA und darüber der Musiker*innen enorm geschrumpft

Enorm geschrumpft?

Da zitiere ich doch mal die GEMA am 3. Mai 2017:
„GEMA erzielt erstmals Gesamteinnahmen von über einer Milliarde Euro“
Quelle https://www.gema.de/de/w/gema-erzielt-erstmals-gesamteinnahmen-von-uber-einer-milliarde-euro-1

Begründet hat das die GEMA damals durch die Einigung mit YouTube. Und auch das Streaming soll mit über 81 Millionen Euro zum Erfolg beigetragen haben.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Wenn man auf der Kerwa nicht auf Musik verzichten kann, muss man halt dafür bezahlen.

Immer noch spannend, wie viele Leute den Original-Artikel nicht gelesen haben. Also nochmal: Es geht um einen neue Bemessungsgrundlage für Open-Air-Veranstaltungen, bisher wurden Volksfeste und Weihnachtsmärkte genannt.

Beispiel: Stadtteilfest, vor der Bühne Platz für 400 PAX. Da würde nach der neuen Logik die GEMA nun nicht mehr für 400 Leute abrechnen, sondern für das gesamte Gelände der Festivität, und da würden nun locker 30.000 Personen drauf Platz finden. Die würden dann quasi alle als hypothetisches Publikum deklariert und abgerechnet. Zugleich hat das Stadteilfest so viel wenig Geld, dass schon Regenwetter in einem Jahr ausreicht, um kaum noch Bands und Bühnentechnik bezahlen zu können. Auf der Bühne stehen 6 Bands, von der Nachwuchs-Schülerband aus dem Viertel bis zu abhottenden Headlinern. Wenn die GEMA das nun ernsthaft nach dem Muster durchzieht, ist diese Bühne Geschichte.

Da könnt Ihr jetzt über Smoke on the Water und das Knallrote Gummiboot lästern, wie ihr wollt – die Ska-Band, zu der alle von 8 bis 88 hüpfen, ist dann eben auch raus aus der Nummer, wenn diese Bühne wegfällt.

(Dieses Event habe ich nicht erfunden. Gebucht bin ich allerdings dieses Jahr auch nicht am Pult, offenbar haben sie endlich einen noch billigeren gefunden, der nicht nur für den 10h Tagessatz eben 17h durchbuckelt und nicht nur 14h und Pausen einfordert. Ja, vielleicht hat's auch eine gute Seite, wenn solche Events sterben und es nur noch alles für richtigen Eintritt passiert.)

Überhaupt finde ich es unkollegial, verschiedene Musikrichtungen hier gegeneinander auszuspielen.
 
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Tja - das war nach der Einigung 2017. Davor ist meines Wissens nicht viel in dieser Richtung passiert.

Danke jedenfalls für die Zahlen! Es wäre interessant, über die Zusammensetzung der Einnahmen über die Zeit hinweg Zahlen zu haben.

x-Riff
 
Danke jedenfalls für die Zahlen! Es wäre interessant, über die Zusammensetzung der Einnahmen über die Zeit hinweg Zahlen zu haben.

Du fragst, ich Google und im Jahr 2022 ergibt sich:

„Gema nimmt fast 1,2 Milliarden Euro ein“

gema-erträge.png
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuille...milliarden-euro-rekordeinnahmen-18799588.html

Als wer mit der GEMA finanziell sympathisierend Tränen verdrücken möchte… kauft Euch nen Krokodil.
 
Immer noch spannend, wie viele Leute den Original-Artikel nicht gelesen haben.
Eher spannend, wie du die komplexe und verschiedenen Überzeugungen zugängliche Sache plump in (d)eine Richtung drehen willst.
 
bestreiten einen nicht unerheblichen Anteil ihres Einkommens über die Gema.
kann das nur bestätigen, bin ja kein Musiker, sondern u.a. Schreiberling und Fotograf und da kommt ein Teil der jährlichen Kohle über die Verwertungsgesellschaften Bild und Wort.
Wenn man nicht kreativ, sondern nur reproduzierend arbeitet, Stichwort Coverband, sollte der Veranstalter allerdings die GEMA zahlen, so kannte ich das bisher aus meinem kleinen Umfeld.
 
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Worauf noch niemand eingegangen ist: laut dem Artikel geht die Änderung der Berechnungsgrundlage auf ein Urteil des BGH zurück.
Um genau zu sein, ist es eher so, dass das BGH 2011 letztinstanzlich die Rechtmäßigkeit der damals von der GEMA zunächst provisorisch angewandten Berechnungsgrundlage, welche dann später in den neuen Tarif gemündet ist, bestätigt hat. Wer mehr darüber wissen will: hier.
Es ist also nicht so, dass die böse GEMA hier Recht bricht und alle schauen weg.

Wobei natürlich nicht alles, was rechtmäßig ist, dadurch auch automatisch gerecht ist…
 
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Die GEMA ist von der Idee her ja eine gute Sache. Aber vielleicht sollten ihre hier so harten Verfechter sehen, dass auch ihre eigenen potenziellen Gigs auf Stadtfesten in Gefahr sind, gecancelt zu werden wegen der neuen Berechnungsgrundlage. Auch die Gigs der höherwertigen, eigenkreativen Musiker, die keine schnöde Covermusik machen, sind ja davon betroffen.

Ich denke, da wird man am Ende eine Lösung finden, wenn die GEMA das nun konsequent durchzieht. Ein Teil der Stadtfeste u.ä. wird nicht mehr stattfinden. Andere werden auf Musik außerhalb klar definierter Bereiche (durch Bauzäune oder Festzelte) verzichten. Und wieder andere werden eben Eintritt verlangen für ihr Fest. Oder man kombiniert es, dass man nur mit Eintrittsbändel in abgegrenzte Bereiche eintreten darf, die Fressstände und Risenräder und whatnot eben kostenfrei betreten werden dürfen. Natürlich müsste man nun das hier verbotene Thema Gesellschaft anschneiden, um zu schreiben, was das für die Geringverdiener in unserer Gesellschaft dann an (Nicht)Teilhabemöglichkeit bedeuten würde.

So, und bevor ich jetzt weitere persönliche Angriffe auf mich ziehe, verlasse in den Thread lieber. Im Usenet schrieb man einst außerdem so schön: *plonk*
 
So, und bevor ich jetzt weitere persönliche Angriffe auf mich ziehe, verlasse in den Thread lieber. Im Usenet schrieb man einst außerdem so schön: *plonk*
Wo hat es denn persönliche Angriffe auf Dich gegeben?

Es geht doch überhaupt nicht um "Feinde" oder "Freunde" der GEMA und darum, dass die ihre jeweiligen Wagenburgen beziehen. Es geht doch darum, verschiedene Aspekte einzubeziehen, um eine eigene Position zu beziehen. In irgendeiner Form braucht man etwas, das den Bezug des Nutzens von Musik zu deren Quelle / den Musikschaffenden herstellt. Und natürlich gibt es unterschiedliche Form, wie das passieren kann und Kritik daran, wie das passiert. Und natürlich kann man andere Vorstellungen davon haben, wer wie viel vom Kuchen abbekommt und wer wie viel zum Kuchen beisteuern soll. Und auch zu den Kriterien der GEMA kann man unterschiedlicher Meinung sein.

Wo ist das denn hier in dem thread ein Problem?

x-Riff
 
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Es geht um eine potentielle Veränderung der Veranstaltungskultur.
Ob diese nun eintrifft oder nicht, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen, wenn neue Statistiken verifiziert vorliegen.
 
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mit der GEMA finanziell sympathisierend
verstehe, Du bist als Tontechniker selbst betroffen, wenn diese Veranstaltungen wegfallen würden. Da bist Du nicht vertreten, weil es um Musikaufführungsrechte und deren Verwertung geht.
Kann Deine Sorgen da verstehen und Selbstausbeutung ist auch keine dauerhafte Lösung. Weiß aber auch nicht ad hoc was da jetzt zu fordern wäre. Höhere Eintittspreise und Gagen könnten helfen. Abgesperrte Bereiche sicherlich. Aber man hört die Musik auch darüber hinaus, wäre also als Nicht-Karteninhaber auch nicht total ausgeschlossen. Hab ich früher als Schüler auch schonmal so gemacht, zum Zuhören...
Jedenfalls bin ich der Meinung, dass Dir hier niemand an die Karre fahren wollte !
 
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Es geht um eine potentielle Veränderung der Veranstaltungskultur.
Gibt es die nicht schon?

Wenn ich mir die Ticketpreisentwicklung in den letzten Jahren ansehe, sind wir schon auf dem "besten" Weg dazu.
Ein Normalverdiener muss sich da schon überlegen, auf welche Konzerte er geht. Für bekannte Stars sind Eintrittspreise weit jenseits der 150 € die Regel, nicht die Ausnahme.

Zum Glück habe ich die Bands, die ich sehen wollte, schon gesehen als es noch erschwinglich war.
 
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Da solche Veranstaltungen für viele Vereine eine wichtige Einnahmequelle ist, werden die sich gut überlegen, ob man das verdiente Geld der GEMA als Gebühr in den Rachen wirft.
Sicher müssen Künstler entlohnt werden, keine Frage. Die erhalten aber wohl nur einen Bruchteil der Gebühren, den Rest steckt ein Wasserkopf an Verwaltung ein.
Ich bin erstaunt, wie man einfach Fakten ignoriert, nur um seine Meinung über die GEMA mit Legenden zu untermauern. Die GEMA hat laut dem verlinkten Artikel 85,65 % der Einnahmen an die Urheber ausgeschüttet. Das ist ein bisschen mehr als "ein Bruchteil". Dazu kommt, dass die Urheber ohne Verwertungsgesellschaften ja gar nichts bekommen würden.
 
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Verwertungsgesellschaft WORT: 31.01.2023 — Die Verwaltungskosten lagen bei ca. € 11,7 Mio. (6,9 % der Inlandserlöse).
Die VG Bild-Kunst schweigt sich diesbezüglich aus, die Datenaufnahme dürfte aber auch komplizierter sein mit TV + Film + Video Blogs etc. Es geht ja hier nur noch in geringerem Umfang um Printmedien...
 
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Es gibt ja immer noch genug Gema-freie Musik. [...] die ist ja nicht per se schlechter).
Dieser Meinung war ich auch lange Zeit, habe aber die Erfahrung gemacht, dass das Publikum es anders sieht.

Ich bin auf dem Hobby-/semiprofessionellen Niveau als DJ für gemischtes Publikum aktiv und habe es über viele Jahre hinweg versucht, die Leute auch mal mit altenativeren Platten zu beglücken. Es hat leider nie funktioniert. Den Leuten gefiel es einfach nicht; sie fragten immer wieder nur nach den bekannten großen Namen.
Die Corona-Zeit habe ich schließlich dazu genutzt, meine komplette Plattensammlung zu "entrümpeln" und alles, was nicht Mainstream im weitesten Sinne ist, rausgeschmissen. Die Songs müssen nicht zwangsläufig in den Charts gewesen sein, aber irgendeinen "Aufhänger" braucht es eben doch: z. B. Proyecto Uno "El Tiburon" ist der Aida-Clubtanz auf deren Kreuzfahrtschiffen, Joey Diggs "Always Coca-Cola" aus dem gleichnamigen Werbespot, oder Lindsay Buckingham "Holiday Road" als Titelsong des Filmklassikers "Die schrillen Vier auf Achse". Aber auch derartige Anlässe sorgen letztlich dafür, dass die Interpreten/Komponisten unter die "oberen Zehntausend" fallen.

Die GEMA unterscheidet zwischen angeschlossenen, außerordentlichen und ordentlichen Mitgliedern. Nur letztere haben wirklich was zu sagen in der GEMA – und wie wird man ordentliches GEMA-Mitglied? Indem man genug GEMA-Ausschüttung bekommt.
Im Kern ist das ja auch gar nicht so ganz verkehrt. Im Wesentlichen wollen die Leute halt die großen Hits hören - ob es nun "Cheri Cheri Lady", "Born To Be Wild" oder eben auch der Aida-Clubtanz ist. Letztlich ist die Musik von lediglich "angeschlossenen" Mitgliedern halt diejenige, die am Markt nicht sehr erfolgreich war. Das ist natürlich für die Musiker dahinter erst einmal bitter, aber letztlich die einzig praktikable Vorgehensweise, da in vielen Fällen der Aufwand viel zu groß wäre, bei der GEMA Titellisten einzureichen, was gespielt wurde. Gerade auf Bierständen, in Kneipen, im Fitnesstudio oder im Kaufhaus ist nicht selten ein Computer am Laufen, der einen Haufen MP3's über Winamp im Zufallsgenerator abspielt. Und da ist es logisch, dass bei unzähligen solchen Einrichtungen quer durch die Republik Dieter Bohlen oder Miley Cyrus häufiger irgendwo dudelt als etwa Knorkator. Und daher bekommen die einfach am Ende mehr vom Kuchen ab.
Naja, wenn man nachweisen kann, dass man keine GEMA-lizensierte Musik dargeboten hat, kostet es auch keine GEMA-Gebühr. Es gilt die „GEMA-Vermutung.“ – es wird davon ausgegangen, dass per se immer GEMA-lizensierte Musik dargeboten wird. (Überall sonst gilt in unserem Rechtsstaat übrigens die „Unschuldsvermutung”, aber wir dürfen hier ja nicht über Politik sprechen.)
Man weise nun also nach, dass auf keiner der öffentlichen Bühnen zu keiner Zeit ein Stück oder Ausschnitt eines Stücks GEMA-lizensierter Musik live oder aus der Dose dargeboten wurde.
Von der grundsätzlichen Logik her müsste die Unschuldsvermutung im Veranstaltungswesen eigentlich auch gelten. Aber wie in den ersten Zeilen meines Postings erwähnt habe, möchte das Publikum im Wesentlichen nur Mainstream hören - also Musik, die von den großen Bands und Plattenfirmen kommt. Und die wird von vornherein immer bei der GEMA registriert.

Ich konstruiere jetzt mal eine rein fiktionale Geschichte, die - wenn sie sich so abspielen würde - die GEMA-Vermutung beenden würde:
Ein Newcomer-Künstler bietet auf einer Plattform für gemeinfreie Musik, z. B. Jamendo, einen Song an. Dieser gefällt den Leuten genauso gut wie die Hits von Dieter Bohlen oder Miley Cyrus. Er wird massenhaft via Facebook, Tiktok usw. geteilt. Der Titel läuft auf einmal in diversen Kneipen, in der Disco, auf dem Stadtfest am Getränkestand, im Fitness-Center, in Kitzbühel an der Après-Ski-Bar. Ein Lokalsender nach dem anderen nimmt den Song in die Rotation auf. Universal, EMI und Bertelsmann fragen beim Künstler an und bieten ihm einen Plattenvertrag über mehrere Millionen an. Der Künstler aber winkt ab, er möchte seine Musik lieber weiterhin gemeinfrei bei Jamendo anbieten. Die größeren Radiosender (WDR, BR, SWR, NDR...) nehmen den Song in die Rotation auf. Der ZDF-Fernsehgarten lädt den mittlerweile zum mittleren Star avancierten Musiker ein. Schließlich füllt er die Westfalenhalle, die Lanxess-Arena oder das Münchener Olympiastadion. Auch im Ausland wird man auf ihn aufmerksam. Er bleibt aber weiterhin Jamendo treu.
Das Publikum merkt, dass freie Musik tatsächlich nicht zwangsläufig schlechter ist als das GEMA-Repertoire. Also werden die Veröffentlichungen von Universal, EMI und BMG weitestgehend ignoriert, und der nächste Jamendo-Künstler wird nach oben gespült. Diese Geschichte wiederholt sich im Laufe der nächsten Jahre immer wieder. Irgendwann nach einiger Zeit ist festzustellen, dass im Radio, in der Kneipe, in der Disco, im Fernsehen oder auf Stadtfesten bestimmt 50% GEMA-freies Material läuft. Und wieder vergeht einige Zeit, weitere GEMA-freie Künstler etablieren sich im Mainsteam. Beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe reichen zuerst 2, dann 20 und dann 50 Veranstalter eine Klage ein. Sie alle haben - teils vor mehreren zehntausend Gästen - keinen einzigen GEMA-registrierten Song mehr gespielt und weigern sich deshalb zu Recht, die GEMA-Gebühren zu bezahlen. Spätestens an diesem Punkt werden auch die Damen und Herren in Rot erkennen, dass die GEMA-Vermutung nicht mehr zeitgemäß ist und sie kippen.

Dies ist aber ein Szenario, was vollkommen an den Haaren herbeigezogen ist. Es wird (zu Recht!) pauschal davon ausgegangen, dass auf einem öffentlichen Event Musik aus dem GEMA-Repertoire gespielt wird - egal ob das jetzt Abba, die Wildecker Herzbuben oder Miles Davis ist (jede Musikrichtung hat ihre Zielgruppe!). Der Anteil von GEMA-freier Musik auf öffentlichen Veranstaltungen ist derzeit quasi null. Sobald sich das ändern sollte, wäre auch die GEMA-Vermutung rechtlich nicht mehr haltbar.
 
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Im Kern ist das ja auch gar nicht so ganz verkehrt. Im Wesentlichen wollen die Leute halt die großen Hits hören - ob es nun "Cheri Cheri Lady", "Born To Be Wild" oder eben auch der Aida-Clubtanz ist. Letztlich ist die Musik von lediglich "angeschlossenen" Mitgliedern halt diejenige, die am Markt nicht sehr erfolgreich war.
Nur als Zwischenbemerkung, weil es im Thread schon öfter falsch erwähnt wurde:

Es gibt nur noch ZWEI Arten der Mitgliedschaft, nicht drei: Außerordentliche und Ordentliche Mitglieder.

https://www.gema.de/de/hilfe/musikurheber/mitgliedschaft/bereits-mitglied/formen-der-mitgliedschaft
 
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Hier sind halt einige schon etwas älter: Früher gab es drei Mitgliedschaften: Ordentliche, außerordentliche und angeschlosene Mitglieder. Und nur die außerordentlichen hatten die Möglichkeit, zu ordentlichen Mitgliedern aufzusteigen (was in den meisten Fällen eh nicht passiert). Wer einen Antrag auf außerordentliche Mitgliedschaft stellte, wurde in Einzelfällen sogar von einem Gremium überprüft. Ist mir nicht passiert, aber die Jungs von Floh de Cologne mussten der GEMA etwas vorkomponieren und vordichten. Hat mir zumindest Gerd Wollschon mal erzählt.
 
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Okay, die Kurzfassung für alle, die den hier nun zum dritten Mal von mir gebrachten Link nicht anklicken können, weil ihre Maus spinnt, eine spitze Kurzfassung: Die GEMA unterscheidet zwischen angeschlossenen, außerordentlichen und ordentlichen Mitgliedern. Nur letztere haben wirklich was zu sagen in der GEMA – und wie wird man ordentliches GEMA-Mitglied? Indem man genug GEMA-Ausschüttung bekommt.

Jetzt mitdenken, das steht nicht explizit so pointiert im Artikel: Wenn man also bei der Geldverteilung mitreden kann, und Gefahr läuft, dass man nicht mehr mitreden kann, wenn man das Geld ab sofort gerechter verteilt, was macht man dann?
Der Beitrag ist schlicht eine Ansammlung von Falschaussagen und Ungenauigkeiten.

Es stimmt zwar, dass man innerhalb eines festgelegten Zeitraums eine Mindestmenge an Ausschüttungen erhalten muss, um ordentliches Mitglied werden zu können, aber das bleibt man auch, wenn man kein Geld mehr bekommt. Und das betrifft wohl mehr Leute, als einige hier denken. Und das ist auch keine Ansammlung von geldgierigen Blutsaugern, wie hier immer unterstellt wird.


Zum Schluss meines Posts noch ein Zitat aus dem Artikel: „Wenn also ein Konzertveranstalter 500 Euro an die Gema für das Konzert einer Newcomer Band an die Gema entrichtet, kommen vielleicht 50 Euro davon bei der Band an.“

Naja. Da wird bestenfalls ein Einzelfall herausgegriffen, eher ist das schlicht Polemik. Schon mit dem Verweis aud die "Newcomerband". Die Band kriegt überhaupt keine GEMA-Gebühren, außer sie hat ihre Titel nicht nur selber geschrieben sondern auch als Werk der Band gemeldet.

Zum anderen ist es völlig wumpe, ob da eine Newcomerband oder die Rolling Stones auf der Bühne stehen: entscheidend ist, ob eine Einzelverrechnung des Konzerts vorgenommen wird. Die muss man beantragen, und dann kommt es auf die Größe der Veranstaltung an, ob das möglich ist. Bei Stadionkonzerten eine Selbstverständlichkeit, bei den diskutierten Stadtfesten trotz entsprechender Größe wahrscheinlich eher nicht, weil keine verlässlichen Playlisten vorliegen.

Im übrigen wird ohne Einzelabrechnung nach Anzahl der im Konzert gespielten Titel ein Betrag ausgeschüttet, der sich aus der Gesamtzahl aller überhaupt gemeldeten Aufführungen und den Gesamteinnahmen aus Livemusik erreichnet. Und da sind dann 50 € mal 200 % oder 10 % der abgeführten GEMA-Abgaben. Dass für Newcomerbands 500 € anfallen, dürfte nicht der Regelfall sein. Hängt ja von der Größe des Veranstaltungsorts und der Höhe des Eintritts ab.

… der Rest geht also in die Verwaltung und an die ordentlichen Mitglieder.

Der Sockelbetrag für ordentliche Mitglieder ist sogar niedriger, weil der "Ausfall" (nichtgemeldete oder GEMAfreie Titel) nicht ausgezahlt wird, sondern in den Rentenfonds geht (und die Rente muss man ja erst erreichen). Und auch für sie gilt, dass sie nur Geld für gemeldete Aufführungen bekommen.

Okay, ich glaub ich hab was vergessen, aber auch das steht im Artikel: Es wird natürlich nicht für die Musik ausgeschüttet, die gespielt wird bei der Veranstaltung. Das Geld kommt in einen Topf und aus diesem wird nach Verteilungsschlüssel an Mitglieder ausgezahlt. Es ist egal, was ich mit meiner Coverband nach dem Gig in die GEMA-Musikfolge schreibe, diese Liste hat keine direkte Auswirkung auf Auszahlungen an die Urheber.
Und hier wird es völliger Humbug. Natürlich ist die Playliste entscheidend, ob ein Urheber (nicht der aufführende Musiker) überhaupt was bekommt. Selbstaufführer sind natürlich im Vorteil, weil sie sich darum kümmern können, dass die Playlists ausgefüllt und eingereicht werden (können sie auch selber machen). Wenn die Coverband den Bogen nicht ausfüllt, kriegt der Urheber gar nichts.
 
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Ich spiele fast ausschließlich Coversongs und muss immer, egal was für eine Veranstaltung, und egal ob ich wir einen festen Vertrag mit Gage haben oder ob wir lediglich aus Spaß auf Hut spielen, immer eine Songfolge abliefern, da liegt mir der Veranstalter schon in den Ohren, wenn ich die nicht von mir aus bei ihm abliefere. Aber was auf diesen Listen steht hat keinen Einfluss auf das, was er zahlt, und er zahlt nicht weniger oder gar nichts, wenn da ausschließlich GEMA-freie Songs drauf stehen. Wie die Ausschüttung am Ende aussieht, welche Künstler was und wieviel bekommen, da hab ich keine Ahnung und offensichtlich auch keinen Einfluss. Ich hab ne lange Zeit mal konsequent auf jeder unserer Songfolge alle bei der GEMA angemeldeten Songs einer befreundeten Band aufgeführt, um sie zu sponsern, auch wenn wir nicht einen dieser Songs jemals gespielt haben. Das interessiert anscheinend niemanden, und es hat auch keine merklichen Auswirkungen auf die Einnahmen bei ihnen gezeigt, obwohl wir teilweise 100 Gigs im Jahr hatten, durchaus größere Veranstaltungen mit bis zu 3000 PAX.
 
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