Harley Benton BigTone White Vintage Series

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Burkie
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Hallo,

vor kurzem habe ich mir besagte Gitarre (Harley Benton BigTone White Vintage Series) als B-Stock für 260€ gekauft. (Review dieser Gitarre habe ich hier nicht gefunden.)

Ich wollte eine E-Gitarre, und diese sah erstmal sehr schön aus auf den Produktbildern.

Verarbeitet ist sich auch ganz gut, die Bünde am Hals haben keine scharfen Kanten. Lack und Bindings haben auf ersten Blick auch keine Mängel.

Poliert sind die Bünde allerdings nicht.

Die verbaute Elektrik (Potis, Schalter, Buchse) knacksen nicht und haben keine Wackelkontakte.

Schaut man in die F-Löcher rein, sieht man die Kabel, die mit Klebeband und Kabelbinder zusammen gehalten werden. Schön hinter den Kulissen ist zwar anders, aber erfüllt seinen Zweck. Es schnarrt oder klappert in der Gitarre erst mal nix.

Korpus und Hals sind recht dick lackiert, vom Holz spürt man am Hals nichts mehr.

Der Sound gefällt mir gut. Ich mag diesen leicht "hohlen" "Ü-tönigen" Sound, den man durch Mischung der beiden Pickups hinbekommt.

Den Sound kann man fein tunen, indem man die Tonabnehmer in der Höhe verstellt (die beiden Schrauben ober- und unterhalb der Pickups). Damit kann man sie auch schräg einstellen, etwa, dass der Neck-Pickup näher an den Bass-Saiten ist, aber größeren Abstand zu den hohen Saiten hat. Sinngemäß umgekehrt am Bridge-Pickup. Oder wie immer man das auch mag.

Die Gitarre hat vier Potis, die (noch) nicht kratzen: Master-Volume, Master-Tone, sowie Volume für jeden der beiden Pickups, geschaltet vor dem Master-Volume. Mit diesen beiden Volume-Potis stellt man also die Mischung der beiden Pickups ein, und mit dem Master-Volume dann die Gesamtlautstärke.
Sinnvoller wäre meines Erachtens ein einfacher Überblend-Regler zwischen den beiden Tonabnehmern. Und stattdessen für jeden Pickup eigenen Tone-Regler.
Zusätzlich hat die Gitarre noch einen Umschalter für die Pickups.
Dummerweise schaltet dieser Umschalter leider nur den jeweils anderen Pickup aus...
Sprich, wenn du z.B. den Volumen-Regler für den Neck-Pickup ganz leise eingestellt hast, dann spielt der Neck-Pickup auch nur genauso leise, wenn du den Umschalter auf Neck-Pickup umschaltest, bloß der Bridge-Pickup ist dann ganz ausgeschaltet.
Sinnvoller wäre eine Beschaltung, bei der in Mittenstellung des Umschalters die Pickups entsprechend ihren Pegel-Verhältnissen gemäß ihrer eigenen Volumen-Reglern (oder des vorgeschlagenen Überblend-Reglers) zum Gesamtsound beitragen, aber in Stellung "Neck-Pickup" oder "Bridge-Pickup" jeweils dieser angewählte Pickup mit vollem Pegel (100%) spielen würde.

Die Tuner, die Stimm-Mechaniken erscheinen mir nicht die berühmtesten zu sein; man muss ein paar mal runter und wieder rauf stimmen, bis es stimmt. Das kann aber auch am verbauten Bigsby-Nachbau liegen.

Die Gitarre hat ein Bigsby-Nachbau montiert, mit Saiten-Runterhalter-Rolle, die sich auch dreht, wenn das Bigsby betätig wird. Das ist gut.
Die Saiten gehen über eine "floating" Rollerbridge, was im Grunde eine gute Idee ist, die Roller-Bridge, die Rollen in der Bridge, um Reibung der Saiten an der Bridge beim Betätigen des Bigsbys zu reduzieren.

Leider ist die Saiten-Runterhalter-Rolle recht nahe an der Roller-Bridge, und somit machen die Saiten einen recht scharfen Winkel gegenüber der floating Roller-Bridge. Die Bridge neigt sich hin und her, wenn das Bigsby betätigt wird. :-( Nicht so gut. Eigentlich fast schon Pfusch.

Manche Leute fädeln deswegen die Saiten einfach oberhalb der Saiten-Runterhalter-Rolle ein, um den Winkel zur Bridge sanfter zu gestalten.

Die Bridge selber ist floating, wird also nur durch den Saitendruck an Ort und Stelle gehalten. Sie ist nicht am Korpus verschraubt.

Das hat Vor- und Nachteile.
Vorteil ist, die Bridge kann vor und zurück geschoben werden, und auch angewinkelt werden, damit und bis Mensur und Bundreinheit stimmen.
Nachteil ist, sie verschiebt sich eben, und nach Saitenwechsel muss man die richtige Position erstmal wieder finden.
Und sie "kippelt", wenn das Bigsby betätigt wird. Das ist leider schlecht.
Sie hat verstellbare Saitenreiter, um für jede Saite Bundreinheit einzustellen.
Außerdem kann sie durch Rändelschrauben in der Höhe verstellt werden, um die Saitenlage einzustellen.
Einstellmöglichkeiten sind also reichlich vorhanden.

Ausgeliefert wird die Gitarre mit einer Art "Transportsicherung", einem Filzstreifen, der unter der floating Bridge liegt (und durch Saitendruck auf die Bridge auch festgedrückt wird), wohl um den Lack beim Transport zu schützen, o.ä.
Ausgeliefert wird die Gitarre in Pappschachtel mit Schaumstoffpolsterung, aber ohne "Bedienungsanleitung" zur Bridge oder Bigsby. Was allerdings durchaus sehr sinnvoll wäre. (Allein, die Saiten ins Bigsby einzulegen, ist nicht jedem Gitarristen von Natur aus gegeben. Ist ja auch durchaus ungewöhnlich.)


Ab Werk ist die Gitarre nicht sehr stimmstabil, besonders nicht, wenn das Bigsby benutzt wird. Hier hilft es, die Rollen der Rollerbridge zu schmieren, und auch die Saiten an der Rollerbridge zu schmieren. Entweder drehen sich dann die Rollen der Bridge, oder die Saiten rutschen gut geschmiert einfach so über die Rollen.

Vielleicht "spielen" sich die Saiten auch etwas ein, oder dehnen sich aus, wenn das Bigsby zu Anfang recht häufig betätigt wird. Ich denke, ein Wunder an Stimmstabilität wird diese Gitarre nicht werden. Aber brauchbar.

Vielleicht hilft es auch, die Saiten über die Niederhalter-Rolle statt drunter durch einzufädeln, beim nächsten Saitenwechsel.


Will ich diese Gitarre behalten?
Ja. Es macht Spaß, sie zu spielen und am Bigsby rum zu hebeln. Der Sound gefällt mir. Die Verarbeitung ist ohne erkennbare Mängel. (Einige Leute beklagten früher mal scharfe Grate am Bigsby-Hebel. Diesen Mangel haben sie wohl mittlerweile abgestellt.)

(Gebe ich meine Garantieansprüche auf? Nein, ich weiß ja nicht, welche verdeckten Mängel noch zu Tage treten würden.)

Diese Gitarre ist ja nun nicht irrsinnig teuer. Ist sie für Anfänger geeignet?
Nein.

Die "Fummelei" mit der floating Bridge, mit dem Bigsby, mit den Einstellungen an der Bridge und evtl. notwendige Schmierungen, damit sie einigermaßen stimmstabil wird, macht sie für Anfänger oder Leute, die sich nicht so in diese Einstellungs-Fummelei einlassen wollen, völlig ungeeignet.
(Anfänger werden erschrocken sein, wenn ihnen beim Saitenwechsel die floating Bridge einfach so entgegen fällt... "hab ich jetzt was kaputt gemacht?" Wo die Bridge jetzt wieder hin tun? Und wie rum nur?)
Selbst die Saiten am Bigsby richtig einzuhängen, erschließt sich nicht direkt jedem von selbst.

Ist die floating Bridge etwas verschoben, klingt die Gitarre schon mal gar nicht bundrein, sondern stets wie praktisch immer verstimmt. Anfänger sind damit vollkommen aufgeschmissen, weil normale Western- oder E-Gitarren solche Problem (verschobener Steg) gar nicht kennen.

Thomann täte sehr sehr gut daran, eine Bedienungsanleitung dieser Gitarre beizugeben! Dreimal Ausrufungszeichen!!!

Diese Gitarre ist ein "Mixed Bag". Viel gutes ist dabei. Die Verarbeitung ist erst mal völlig okay.
Das Bigsby und Stimmstabilität sind gewisse Baustellen.
Der Sound ist speziell und gefällt nicht jedem. Mir gefällt er.
Als Hollow-Body-Gitarre (mit hohlem Korpus als Resonanz-Körper) ist sie "fast" auch ohne Verstärker spielbar, und ist etwas anfällig für Feedback, etwa, wenn der Verstärker etwas lauter spielt und auf Verzerrungen eingestellt ist. Was mir auch gefällt, weil die Gitarre dann so Rückkopplungs-Verstärker-Sustain macht, was mir gefällt. Sie fiept halt... fein.

Für den Preis (als B-Stock, 259€) noch Okay. Für mehr aber eher nicht, bzw. sollte man sich noch mal gründlicher überlegen. Speziell dieses Modell des Bigsbys scheint mir eher nachträglich zu dieser Gitarre dazu gedacht bzw., gebaut zu sein, ohne direkt die Saitenrunterhalter-Rolle und den Saitenwinkel an der floating Bridge wirklich durchdacht zu haben.


Bessere Alternativen zu dieser Gitarre bitte gerne hier nennen!

Das Aussehen ist je nach Geschmack natürlich schick, weiß mit güldener Hardware. Sieht fast so aus wie eine Gretsch Synchromatic Falcon BB White.
Die Elektrik ist glaub ich auch so wie bei der verschaltet.
Aber klingt sie auch vergleichbar?

Der Sound dieser Gitarre gefällt mir, wie heiß köchelnde dunkle Blues-Suppe (wenn das jemand nachvollziehen kann....). Aber das ist ja auch immer sehr subjektiv.

Die Problem und Baustellen habe ich dargestellt.

Ich hoffe, es war hilfreich oder nützlich.

Grüße
 
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Ein sehr gutes Review, man merkt, dass du dich ausgiebig damit beschäftigt hast. Das ist diese hier, oder?
[URL="https://www.thomann.de/de/harley_benton_bigtone_white_vintage_series.htm"]Harley Benton BigTone Trem White​
[/URL]

Was du zur Volumen- und Klangregelung der Pickups schreibst, ist die Standardverschaltung dieses Gitarrentyps, in Les-Paul-Modellen ist es genauso. Das würde ich jetzt also nicht speziell diesem Modell anlasten. Theoretisch kannst du ja auch die Verschaltung nach deinen Wünschen ändern, allerdings ist das bei Halbakustikgitarren immer unheimlich frickelig, die Verkabelung durch die F-Löcher zu bekommen.
 

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