mk1967
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Eine bekannte Situation: der nächste Gig ist 500 km entfernt - und wie kommt man mitsamt Kontrabaß hin? Per Auto - fünf Stunden stumpfsinnig hinterm Steuer hocken? Oder die Zeit sinnvoll nutzen: per Zug? (Vielleicht sogar unterwegs noch Sachen für den Gig üben?) Wohin aber dort mit dem Bass?
Mit einem E-Bass ist es auf der Bahn wunderbar simpel: man steigt in den Zug, sucht sich einen schönen Platz, befördert die Axt ins Gepäcknetz, und fertig. Mit dem Kontrabass wird das schon schwieriger. Viele glauben auch, es sei einfach zu hakelig, sich mit solch einer grand-mère auf die Bahn zu wagen.
Aber das liegt sicher auch daran, daß man nicht weiß, wo genau man im Zug das Tonmöbel gut deponieren kann und wo besser nicht. Ich habe mir gedacht (da ich gerade mit dem Problem mit Blick auf Frankreich konfrontiert bin), wir könnten da ja Erfahrungen aus hiesigen Regionen zusammentragen, und ich mache mal den Anfang.
Bekanntlich gibt's bei der Deutschen Bahn unterschiedliche Zugtypen - und jeder hat kontrabasstechnisch unterschiedliche Spezifika, teilweise auch von einem Wagentyp zum anderen. Je besser man sie kennt, desto größere Chancen hat man auf einen relativ angenehmen Zugaufenthalt ohne Schlepperei und hakiges Bass-Rangieren auf engem Raum.
Um diese Punkte ohne große Hektik zu finden, lohnt sich übrigens ein Blick auf den Wagenstandanzeiger auf dem Bahnsteig. Oft weisen einem die Symbole für das Fahrradabteil den Weg. Aber mitunter liegen die angenehmsten Plätze auch woanders - oder die Züge haben gar kein Fahrradabteil.
Außerdem schadet es für die schnelle Orientierung nichts, wenn man die Züge schon von draußen unterscheiden kann. Deswegen kommen gleich auch einige Bilder, die ich im Netz gefunden habe.
Fangen wir mal mit dem an, was unabhängig von Achsbrüchen, defekten Klimaanlagen und durch die Industrie verschlafenen Auslieferungsfristen als Krone des hiesigen Bahnverkehrs gilt: dem ICE.
Bei ihm hat jeder Zugtyp seine eigene Bass-Ecke.
Der ICE 3...
...wie er vorwiegend zwischen der Rhein-Ruhr-Region und Süddeutschland unterwegs ist (besonders auf den Strecken Köln-Frankfurt und Nürnberg-München), besitzt einen sehr gut geeigneten Platz ganz am einen Ende, nämlich dort, wo die 2. Klasse sitzt: Hinter der Glaswand zum Türraum - also in dem Abteil, wo man dem Lokführer über die Schulter gucken kann, scharf rechts. In der Wagenskizze heißt das so schön "Garderobe" (Seite 4, links oben):
http://kursbuch.bahn.de/hafas-res/img/kbview/ContentPDFs/Wagenskizzen_2010_v2.pdf
Pech hat man nur zwischen Frankfurt und Köln in diversen Wagen, die von der Lufthansa besetzt werden, denn dann stehen dort oft Koffer o.ä. In solchen Fällen hilft nur die Notlösung: sich mit dem Baß im Raum vor den Einstiegstüren plazieren. Und natürlich aufpassen, daß man ihn früh genug von der Tür wegbewegt, die sich gleich am nächsten Bahnhof öffnen wird.
Wer Mut hat, kann sich alternativ am anderen Ende des Wagens hinter der letzten Sitzreihe plazieren und den Baß an die Rückenlehne der Sitze lehnen. Und sich daneben auf den Boden hocken. Dann ragt der Baß allerdings ein wenig in den Gang hinein und kann Passanten oder das Zugpersonal leicht nerven.
Im ICE 2...
...sieht es anders aus als im ICE 3. Mit dem ICE 2 hat man es vor allem zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin zu tun. Hier kann man Glück haben und im Wagen am "2.-Klasse-Ende"...
...den Baß an die Sitze der (vom Führerstand aus gesehen) hintersten Reihe anlehnen.
Das ist allerdings eine sehr enge (und meistens zu enge) Geschichte, sodaß man im ICE 2 auf die oben beschriebene Türraum-Notnagel-Methode zurückgeworfen wird. Also: sich selbst in die eine Türecke setzen und den Baß in die andere lehnen.
Und natürlich früh genug aufpassen wegen der Ausstiegsseiten. Die wechseln nämlich. Nach meiner Erinnerung liegt der Bahnsteig bei einer Fahrt in Ost-West-Richtung: in Berlin Hbf rechts, in Spandau rechts, in Hannover dafür wieder links, in Bielefeld links, in Hamm rechts und Dortmund links. Sofern es keine Verspätungen und Gleisänderungen gibt.
Der ICE 1
Ihn erkennt man daran, daß er an jedem Ende einen Triebkopf und mittendrin einen Speisewagen (http://de.wikipedia.org/wiki/ICE_1#mediaviewer/File:Bordrestaurant.jpg ja, tatsächlich wunderbarerweise, zumindest früher sogar mit Tischdecken - kein mickriges "Bistro") mit einem erhöhten Dach hat und außerdem im Schnitt locker 14 Wagen umfaßt, also fast doppelt soviele wie der ICE 2. Unterwegs ist er häufig auf der alten Rheinstrecke Köln-Bonn-Koblenz-Mainz, aber auch auf der Strecke Berlin-Braunschweig-Frankfurt-Stuttgart.
Hier kennt sich jemand anderes im Inneren wahrscheinlich besser aus als ich, aber Fahrradabteile gibt's schon mal keine, und im Notfall ist man auf die erwähnte Türraum-Alternative zurückgeworfen.
Der ICE-T
Der ist besonders auf Strecken unterwegs wie Berlin-Leipzig-München, Berlin-Hamburg, Köln-Passau-Wien, Dresden-Leipzig-Frankfurt/M. In neuerer Zeit aber auch auf der Strecke Berlin-Ruhrgebiet. dort erkennt man ihn auf Anhieb an der im Vergleich zum ICE 2 eleganteren Erscheinung und der stromlinienförmigen Front.
Er hat in vielen Fällen eine absolute ICE-Besonderheit: ein Gepäckabteil in der Mitte:
http://fotos.benno-koch.de/v/Rad_und_Bahn/ICE/ICE_Berlin-Leipzig-Erfurt/P1150171.JPG
http://fotos.benno-koch.de/v/Rad_und_Bahn/ICE/ICE_Berlin-Leipzig-Erfurt/P1150173.JPG
Natürlich der passende Platz für das Tonmöbel, wenn auch nicht üppig, denn man muß es vorn vor das Gepäckregal legen; die Seite mit dem Steg kann etwas in das Regal hineinragen, um Platz zu sparen. Etwas lästig: daß man sich dem Regal gegenüber auf einen der Klappsitze hocken sollte. Speziell im Hochsommer ist es nicht ganz angenehm, dort zu sitzen: der Bereich ist nämlich (zumindest hab ich das mal so erlebt) nicht mit Klimaanlage gesegnet.
Vom Bahnsteig aus erkennt man den Wagen nicht sofort - aber man kann sich am Speisewagen orientieren, da liegt das Gepäckabteil in der Nähe, und zwar auf der "2.-Klasse-Seite".
Im Notfall gilt auch im ICE-T wie schon in den anderen: die Türraum-Alternative.
Der IC
Eine Stufe unterhalb des ICE landen wir beim IC. Auch hier gibt's mehrere Wagentypen - für Bassistenzwecke stellt es sich allerdings etwas geräumiger dar als im ICE.
Erste Anlaufstelle ist der Steuerwagen. Der heißt so, weil an seiner Stirnseite der Lokführer sitzen und den Zug steuern kann; er sitzt also gegenüber der Lok am anderen Zugende (es sei denn, die Technik ist kaputt, und man mußte dort eine Lok vorsetzen ). Auch dann noch erkennt man den Steuerwagen an der stromlinienförmigen Stirnseite. Dieser Wagen enthält u.a. ein Fahrradabteil; dazu gehört die Tür auf der Führerstandseite. Es gibt zwei unterschiedliche Sorten Steuerwagen: in der einen ist es im Fahrradabteil ganz gemütlich, in der anderen ist das Abteil eine bessere Abstellkammer.
Die erstere Sorte ist zum Glück die häufigere. Man erkennt sie von außen sofort an den einteiligen Fenstern (an denen man auch sehen kann, daß der Wagen vollklimatisiert ist - also im Sommer erste Wahl).
Der Baß läßt sich dort in aller Regel (sofern nicht alles mit Fahrrädern zugestellt ist) sehr komfortabel unterbringen.
Wenn der Wagen am Zugschluß läuft und kein Lokführer drinsitzt, habe ich mit einem starken Dämpfer dort sogar schon oft zwischen Magdeburg und Leipzig Pizzicato-Etüden geübt. In manchen Steuerwagen gibt es bis ins Fahrradabteil sogar Steckdosen für Notebooks etc.
Die unbequeme Sorte des Steuerwagens ist zum Glück die seltenere. Man erkennt sie von draußen sofort an den sog. Übersetzfenstern mit dem Metallbalken in der Mitte:
Hier ist das Fahrradabteil kleiner, lauter und unkomfortabler:
Neben dem Steuerwagen gibt es auch in den Wagen mitten im Zug mitunter Platz für den Baß.
Da ist einmal eine bestimmte Bauserie klimatisierter 2.-Klasse-Großraumwagen mit einer großen Gepäck-Ecke.
Die kann man leider von draußen schwer von den "normalen" Großraumwagen unterscheiden:
Im besagten Gepäckbereich läßt sich der Baß sehr gut unterbringen. Allerdings sind diese Wagen seltener als die herkömmlichen Großraumwagen.
Mitunter bietet in diesen Wagen auch der Vorraum Platz, aber das ist nicht immer der Fall, und es ist relativ eng und tageslichtarm.
Einige Großraumwagen haben seit Umbauten auch zusätzliche Fahrradabteile. Das sieht man allerdings erst, wenn man "drin" ist:
http://abload.de/image.php?img=_mg_3662.cr2zja2u.jpg
Schlecht aufgehoben mit dem Baß ist man hingegen in gemischten Abteil- und Großraumwagen, die man zum glück von außen an den Fenstern (nur eine Form) erkennen kann:
http://www.abload.de/image.php?img=_mg_1843dyami.jpg
In den 90er Jahren verfügten diese Wagen über eine originelle und geschmackvolle Inneneinrichtung, bis sie nach 2000 irgendwann auf den normalen blau-grauen Einheits-Stand gebracht wurden: besonders abends grottenhäßlich, und von daher vielleicht gar nicht mal so schlimm, daß man mit dem K-Baß keinen Platz findet.
Besser zurande kommt man dagegen in einer anderen Bauart gemischter Abteil- und Großraumwagen, die man von draußen wieder an ihren Übersetzfenstern und an den Einstiegstüren erkennt:
An sich sind diese Wagen keine IC-Wagen, sondern wurden einfach aus den alten Interregios, also De-facto-Schnellzügen, übernommen. Sie sind deshalb auch deutlich unkomfortabler - man könnte es als grob unangemessen bezeichnen, daß man für die Fahrt in ihnen IC-Tarif berappen muß. Aber in den Großräumen gibt es vor den beiden Klappsitzen (hier unten links am Bildrand zu sehen) jeweils einen Platz, an dem man den Baß hinlegen kann.
Möglichst mit dem Steg stromlinienförmig zum Gang hin, damit der Schaffner leichter dran vorbeikommt .
Häufig sind diese Wagen in Entlastungszügen zu Stoßzeiten im Einsatz - dort beißt sich natürlich die Katze in den Schwanz, denn wenn die besagten Klappsitze besetzt sind, kann man die Baß-Parkmöglichkeit vergessen.
Zusätzlich kann es auch unter diesen gemischten Abteil-/Großraumwagen am einen Ende ein Fahrradabteil geben, in dem man möglicherweise Platz findet.
Bequem ist das allerdings nicht unbedingt.
Nahverkehr
Unterhalb des IC landen wir bei der Sorte Verkehr, an dem man in den seltensten Fällen vorbeikommt: beim Nahverkehr. Dort gibt's zwei Sorten Fahrzeuge: normale einstöckige und doppelstöckige.
Doppelstockzüge...
...breiten sich immer weiter aus - vielleicht sind sie der einzige echte Komfort-Fortschritt, den die DB (von Geschwindigkeit abgesehen) gegenüber der alten Bundesbahn zustande gebracht hat - und das ist (auch) aus Bassistensicht angenehm.
Aufsuchen sollte man hier im allgemeinen den Steuerwagen. Am Eingang am Führerstandende kommt man in das Gepäckabteil (erkennbar am Fahrradsymbol), wo man z.B. den Baß unterbringen kann.
Deutlich komfortabler (weil man z.B. nicht vor einer ständig auf- und zugehenden Toilettentür sitzt) ist allerdings der andere Eingang des Steuerwagens. Von dort aus gelangt man (eine halbe Treppe rauf) in ein Abteil, was zu Dampflokzeiten vermutlich "Traglastenabteil" genannt worden wäre : erkennbar am angrenzenden Kabuff mit der Glasscheibe für den Zugführer. Dort läßt sich der Baß bequem in die Ecke lehnen, und man selbst kann (wenn man sich nicht auf den Klappsitzen postieren möchte) noch eine halbe Treppe hochgehen und sich ganz gemütlich hinsetzen, dabei den Baß auch gut im Auge behalten.
Notfalls auch in diesen Zügen wieder: ab in den Türraum, aber das ist wirklich nur was, wenn es nicht anders geht, denn man kann den Baß kaum anlehnen und muß sich selbst dabei noch permanent festhalten. Wenn schon, dann geht auch das immer noch am besten in den Einstiegsbereichen des Steuerwagens. Allerdings alles sehr eng, besonders in Stoßzeiten.
Sonderfall sind ältere Doppelstockzüge, wie sie zumindest vor einer Weile noch häufig z.B. in Sachsen-Anhalt unterwegs gewesen sind. Am leichtesten erkennt man sie an der kantigen Form der Wagen und den nicht-gebogenen Glasfenstern im oberen Stock.
Hier haben alle Mittelwagen jeweils vorn und hinten im Untergeschoß ein Fahrradabteil. Viel Platz und für den Kontrabaß die ideale Lösung. Das tröstet einen über die drittklassig-unbequemen Sitze hinweg.
Nicht-Doppelstockzüge
Beim einstöckigen Nahverkehr hat man es mit einer Vielzahl unterschiedlicher Wagen zu tun. Sehr häufig z.B. mit solchen Triebzügen:
http://de.wikipedia.org/wiki/DB-Baureihe_425_(1999)
Hier sollte man sich an den Fahrradsymbolen orientieren: meist gibt es an beiden Enden solche Bereiche. Wenn man die Gelegenheit hat, sollte man denjenigen nehmen, an dem die Toilette nicht ist. Nicht (nur) wegen der Düfte, sondern weil im Gepäckbereich am "Toiletten-Ende" etwas wenig Platz ist, es sei denn, der Zug ist schwach besetzt. Erkennbar ist dieses weniger ratsame Ende von draußen an dem "fehlenden" Fenster auf der Höhe der Toilette.
Weiterhin häufig unterwegs sind solche Dieseltriebwagen:
http://de.wikipedia.org/wiki/DB-Baureihe_628
Hier gibt's nur an einem Ende ein Fahrrad- und Gepäckabteil. Also: nach dem Symbol Ausschau halten. Und sich auf kleinen Bahnhöfen mit niedrigen Bahnsteigen auf Treppensteigen gefaßt machen.
Mehr und mehr unterwegs sind diese moderneren Dieseltriebwagen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bombardier_Talent#mediaviewer/File:644_557.jpg
Hier liegt das Gepäckabteil eher in der Zugmitte im Niederflur-Bereich.
Und mitunter immer noch auf Achse sind die alten Bundesbahn-Klassiker aus der Zeit, als der Nahverkehr zwar unbequem, aber zuverlässig war - diese einst silber gefärbten (deshalb "Silberlinge" genannten) und zig-tausendfach bekannten Wagen aus den 60er Jahren erkennt man an den insgesamt vier Einstiegstüren:
http://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?31,4536399
Auch hier wieder der Königsweg: Steuerwagen. Das Gepäckabteil mit viel Platz und zahlreichen Klappsitzen liegt wie gewohnt direkt hinter der "Kanzel" für den Lokführer. Mitunter laufen auch mitten im Zug Wagen mit einem kleinen Gepäckabteil. Sie sind aber nicht die Regel.
Falls es keinen Steuerwagen gibt, enthalten die normalen 2.-Klasse-Wagen an einem Ende eine Toilette, und dort gegenüber gibt es eine Nische mit zwei Klappsitzen. Hier kann man den Baß auch unterbringen - wenn auch ziemlich komfortfrei.
C'est combien?
Eine Frage könnte natürlich noch aufkommen: Muß man für das Tonmöbel im Zug bezahlen??
Mit dieser Frage habe ich mehrere hilfsbereite Schalter-Damen im Leipziger Hauptbahnhof vor vielen Jahren mal intensiv beschäftigt; sie mußten nämlich emsig herumtelefonieren, weil es unter ihren Vorgesetzten keiner wußte.
An sich (so erfuhr ich) gelte die Grundregel, daß man für Gepäck, das man selbst tragen könne, nicht bezahlen müsse. Allerdings hatte mir ein ebenso freundlicher wie eifriger Schaffner gerade für "Bahnfracht im Zug" (eben meinen Kontrabaß) von Leipzig nach Duisburg gerade den Betrag von 56 (in Worten: sechsundfünfzig) D-Mark abgeknöpft.
Die Erkundungen ergaben, daß es zumindest damals im Ermessen des Zugpersonals lag, ob der Baß gratis mitkonnte. Seither ist es mir nie wieder passiert, daß mich jemand nach einer Karte für das Instrument gefragt hätte. Die Karte für die "Bahnfracht im Zug" habe ich als Souvenir aufbewahrt ...
Michael
Mit einem E-Bass ist es auf der Bahn wunderbar simpel: man steigt in den Zug, sucht sich einen schönen Platz, befördert die Axt ins Gepäcknetz, und fertig. Mit dem Kontrabass wird das schon schwieriger. Viele glauben auch, es sei einfach zu hakelig, sich mit solch einer grand-mère auf die Bahn zu wagen.
Aber das liegt sicher auch daran, daß man nicht weiß, wo genau man im Zug das Tonmöbel gut deponieren kann und wo besser nicht. Ich habe mir gedacht (da ich gerade mit dem Problem mit Blick auf Frankreich konfrontiert bin), wir könnten da ja Erfahrungen aus hiesigen Regionen zusammentragen, und ich mache mal den Anfang.
Bekanntlich gibt's bei der Deutschen Bahn unterschiedliche Zugtypen - und jeder hat kontrabasstechnisch unterschiedliche Spezifika, teilweise auch von einem Wagentyp zum anderen. Je besser man sie kennt, desto größere Chancen hat man auf einen relativ angenehmen Zugaufenthalt ohne Schlepperei und hakiges Bass-Rangieren auf engem Raum.
Um diese Punkte ohne große Hektik zu finden, lohnt sich übrigens ein Blick auf den Wagenstandanzeiger auf dem Bahnsteig. Oft weisen einem die Symbole für das Fahrradabteil den Weg. Aber mitunter liegen die angenehmsten Plätze auch woanders - oder die Züge haben gar kein Fahrradabteil.
Außerdem schadet es für die schnelle Orientierung nichts, wenn man die Züge schon von draußen unterscheiden kann. Deswegen kommen gleich auch einige Bilder, die ich im Netz gefunden habe.
Fangen wir mal mit dem an, was unabhängig von Achsbrüchen, defekten Klimaanlagen und durch die Industrie verschlafenen Auslieferungsfristen als Krone des hiesigen Bahnverkehrs gilt: dem ICE.
Bei ihm hat jeder Zugtyp seine eigene Bass-Ecke.
Der ICE 3...
...wie er vorwiegend zwischen der Rhein-Ruhr-Region und Süddeutschland unterwegs ist (besonders auf den Strecken Köln-Frankfurt und Nürnberg-München), besitzt einen sehr gut geeigneten Platz ganz am einen Ende, nämlich dort, wo die 2. Klasse sitzt: Hinter der Glaswand zum Türraum - also in dem Abteil, wo man dem Lokführer über die Schulter gucken kann, scharf rechts. In der Wagenskizze heißt das so schön "Garderobe" (Seite 4, links oben):
http://kursbuch.bahn.de/hafas-res/img/kbview/ContentPDFs/Wagenskizzen_2010_v2.pdf
Pech hat man nur zwischen Frankfurt und Köln in diversen Wagen, die von der Lufthansa besetzt werden, denn dann stehen dort oft Koffer o.ä. In solchen Fällen hilft nur die Notlösung: sich mit dem Baß im Raum vor den Einstiegstüren plazieren. Und natürlich aufpassen, daß man ihn früh genug von der Tür wegbewegt, die sich gleich am nächsten Bahnhof öffnen wird.
Wer Mut hat, kann sich alternativ am anderen Ende des Wagens hinter der letzten Sitzreihe plazieren und den Baß an die Rückenlehne der Sitze lehnen. Und sich daneben auf den Boden hocken. Dann ragt der Baß allerdings ein wenig in den Gang hinein und kann Passanten oder das Zugpersonal leicht nerven.
Im ICE 2...
...sieht es anders aus als im ICE 3. Mit dem ICE 2 hat man es vor allem zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin zu tun. Hier kann man Glück haben und im Wagen am "2.-Klasse-Ende"...
...den Baß an die Sitze der (vom Führerstand aus gesehen) hintersten Reihe anlehnen.
Das ist allerdings eine sehr enge (und meistens zu enge) Geschichte, sodaß man im ICE 2 auf die oben beschriebene Türraum-Notnagel-Methode zurückgeworfen wird. Also: sich selbst in die eine Türecke setzen und den Baß in die andere lehnen.
Und natürlich früh genug aufpassen wegen der Ausstiegsseiten. Die wechseln nämlich. Nach meiner Erinnerung liegt der Bahnsteig bei einer Fahrt in Ost-West-Richtung: in Berlin Hbf rechts, in Spandau rechts, in Hannover dafür wieder links, in Bielefeld links, in Hamm rechts und Dortmund links. Sofern es keine Verspätungen und Gleisänderungen gibt.
Der ICE 1
Ihn erkennt man daran, daß er an jedem Ende einen Triebkopf und mittendrin einen Speisewagen (http://de.wikipedia.org/wiki/ICE_1#mediaviewer/File:Bordrestaurant.jpg ja, tatsächlich wunderbarerweise, zumindest früher sogar mit Tischdecken - kein mickriges "Bistro") mit einem erhöhten Dach hat und außerdem im Schnitt locker 14 Wagen umfaßt, also fast doppelt soviele wie der ICE 2. Unterwegs ist er häufig auf der alten Rheinstrecke Köln-Bonn-Koblenz-Mainz, aber auch auf der Strecke Berlin-Braunschweig-Frankfurt-Stuttgart.
Hier kennt sich jemand anderes im Inneren wahrscheinlich besser aus als ich, aber Fahrradabteile gibt's schon mal keine, und im Notfall ist man auf die erwähnte Türraum-Alternative zurückgeworfen.
Der ICE-T
Der ist besonders auf Strecken unterwegs wie Berlin-Leipzig-München, Berlin-Hamburg, Köln-Passau-Wien, Dresden-Leipzig-Frankfurt/M. In neuerer Zeit aber auch auf der Strecke Berlin-Ruhrgebiet. dort erkennt man ihn auf Anhieb an der im Vergleich zum ICE 2 eleganteren Erscheinung und der stromlinienförmigen Front.
Er hat in vielen Fällen eine absolute ICE-Besonderheit: ein Gepäckabteil in der Mitte:
http://fotos.benno-koch.de/v/Rad_und_Bahn/ICE/ICE_Berlin-Leipzig-Erfurt/P1150171.JPG
http://fotos.benno-koch.de/v/Rad_und_Bahn/ICE/ICE_Berlin-Leipzig-Erfurt/P1150173.JPG
Natürlich der passende Platz für das Tonmöbel, wenn auch nicht üppig, denn man muß es vorn vor das Gepäckregal legen; die Seite mit dem Steg kann etwas in das Regal hineinragen, um Platz zu sparen. Etwas lästig: daß man sich dem Regal gegenüber auf einen der Klappsitze hocken sollte. Speziell im Hochsommer ist es nicht ganz angenehm, dort zu sitzen: der Bereich ist nämlich (zumindest hab ich das mal so erlebt) nicht mit Klimaanlage gesegnet.
Vom Bahnsteig aus erkennt man den Wagen nicht sofort - aber man kann sich am Speisewagen orientieren, da liegt das Gepäckabteil in der Nähe, und zwar auf der "2.-Klasse-Seite".
Im Notfall gilt auch im ICE-T wie schon in den anderen: die Türraum-Alternative.
Der IC
Eine Stufe unterhalb des ICE landen wir beim IC. Auch hier gibt's mehrere Wagentypen - für Bassistenzwecke stellt es sich allerdings etwas geräumiger dar als im ICE.
Erste Anlaufstelle ist der Steuerwagen. Der heißt so, weil an seiner Stirnseite der Lokführer sitzen und den Zug steuern kann; er sitzt also gegenüber der Lok am anderen Zugende (es sei denn, die Technik ist kaputt, und man mußte dort eine Lok vorsetzen ). Auch dann noch erkennt man den Steuerwagen an der stromlinienförmigen Stirnseite. Dieser Wagen enthält u.a. ein Fahrradabteil; dazu gehört die Tür auf der Führerstandseite. Es gibt zwei unterschiedliche Sorten Steuerwagen: in der einen ist es im Fahrradabteil ganz gemütlich, in der anderen ist das Abteil eine bessere Abstellkammer.
Die erstere Sorte ist zum Glück die häufigere. Man erkennt sie von außen sofort an den einteiligen Fenstern (an denen man auch sehen kann, daß der Wagen vollklimatisiert ist - also im Sommer erste Wahl).
Der Baß läßt sich dort in aller Regel (sofern nicht alles mit Fahrrädern zugestellt ist) sehr komfortabel unterbringen.
Wenn der Wagen am Zugschluß läuft und kein Lokführer drinsitzt, habe ich mit einem starken Dämpfer dort sogar schon oft zwischen Magdeburg und Leipzig Pizzicato-Etüden geübt. In manchen Steuerwagen gibt es bis ins Fahrradabteil sogar Steckdosen für Notebooks etc.
Die unbequeme Sorte des Steuerwagens ist zum Glück die seltenere. Man erkennt sie von draußen sofort an den sog. Übersetzfenstern mit dem Metallbalken in der Mitte:
Hier ist das Fahrradabteil kleiner, lauter und unkomfortabler:
Neben dem Steuerwagen gibt es auch in den Wagen mitten im Zug mitunter Platz für den Baß.
Da ist einmal eine bestimmte Bauserie klimatisierter 2.-Klasse-Großraumwagen mit einer großen Gepäck-Ecke.
Die kann man leider von draußen schwer von den "normalen" Großraumwagen unterscheiden:
Im besagten Gepäckbereich läßt sich der Baß sehr gut unterbringen. Allerdings sind diese Wagen seltener als die herkömmlichen Großraumwagen.
Mitunter bietet in diesen Wagen auch der Vorraum Platz, aber das ist nicht immer der Fall, und es ist relativ eng und tageslichtarm.
Einige Großraumwagen haben seit Umbauten auch zusätzliche Fahrradabteile. Das sieht man allerdings erst, wenn man "drin" ist:
http://abload.de/image.php?img=_mg_3662.cr2zja2u.jpg
Schlecht aufgehoben mit dem Baß ist man hingegen in gemischten Abteil- und Großraumwagen, die man zum glück von außen an den Fenstern (nur eine Form) erkennen kann:
http://www.abload.de/image.php?img=_mg_1843dyami.jpg
In den 90er Jahren verfügten diese Wagen über eine originelle und geschmackvolle Inneneinrichtung, bis sie nach 2000 irgendwann auf den normalen blau-grauen Einheits-Stand gebracht wurden: besonders abends grottenhäßlich, und von daher vielleicht gar nicht mal so schlimm, daß man mit dem K-Baß keinen Platz findet.
Besser zurande kommt man dagegen in einer anderen Bauart gemischter Abteil- und Großraumwagen, die man von draußen wieder an ihren Übersetzfenstern und an den Einstiegstüren erkennt:
An sich sind diese Wagen keine IC-Wagen, sondern wurden einfach aus den alten Interregios, also De-facto-Schnellzügen, übernommen. Sie sind deshalb auch deutlich unkomfortabler - man könnte es als grob unangemessen bezeichnen, daß man für die Fahrt in ihnen IC-Tarif berappen muß. Aber in den Großräumen gibt es vor den beiden Klappsitzen (hier unten links am Bildrand zu sehen) jeweils einen Platz, an dem man den Baß hinlegen kann.
Möglichst mit dem Steg stromlinienförmig zum Gang hin, damit der Schaffner leichter dran vorbeikommt .
Häufig sind diese Wagen in Entlastungszügen zu Stoßzeiten im Einsatz - dort beißt sich natürlich die Katze in den Schwanz, denn wenn die besagten Klappsitze besetzt sind, kann man die Baß-Parkmöglichkeit vergessen.
Zusätzlich kann es auch unter diesen gemischten Abteil-/Großraumwagen am einen Ende ein Fahrradabteil geben, in dem man möglicherweise Platz findet.
Bequem ist das allerdings nicht unbedingt.
Nahverkehr
Unterhalb des IC landen wir bei der Sorte Verkehr, an dem man in den seltensten Fällen vorbeikommt: beim Nahverkehr. Dort gibt's zwei Sorten Fahrzeuge: normale einstöckige und doppelstöckige.
Doppelstockzüge...
...breiten sich immer weiter aus - vielleicht sind sie der einzige echte Komfort-Fortschritt, den die DB (von Geschwindigkeit abgesehen) gegenüber der alten Bundesbahn zustande gebracht hat - und das ist (auch) aus Bassistensicht angenehm.
Aufsuchen sollte man hier im allgemeinen den Steuerwagen. Am Eingang am Führerstandende kommt man in das Gepäckabteil (erkennbar am Fahrradsymbol), wo man z.B. den Baß unterbringen kann.
Deutlich komfortabler (weil man z.B. nicht vor einer ständig auf- und zugehenden Toilettentür sitzt) ist allerdings der andere Eingang des Steuerwagens. Von dort aus gelangt man (eine halbe Treppe rauf) in ein Abteil, was zu Dampflokzeiten vermutlich "Traglastenabteil" genannt worden wäre : erkennbar am angrenzenden Kabuff mit der Glasscheibe für den Zugführer. Dort läßt sich der Baß bequem in die Ecke lehnen, und man selbst kann (wenn man sich nicht auf den Klappsitzen postieren möchte) noch eine halbe Treppe hochgehen und sich ganz gemütlich hinsetzen, dabei den Baß auch gut im Auge behalten.
Notfalls auch in diesen Zügen wieder: ab in den Türraum, aber das ist wirklich nur was, wenn es nicht anders geht, denn man kann den Baß kaum anlehnen und muß sich selbst dabei noch permanent festhalten. Wenn schon, dann geht auch das immer noch am besten in den Einstiegsbereichen des Steuerwagens. Allerdings alles sehr eng, besonders in Stoßzeiten.
Sonderfall sind ältere Doppelstockzüge, wie sie zumindest vor einer Weile noch häufig z.B. in Sachsen-Anhalt unterwegs gewesen sind. Am leichtesten erkennt man sie an der kantigen Form der Wagen und den nicht-gebogenen Glasfenstern im oberen Stock.
Hier haben alle Mittelwagen jeweils vorn und hinten im Untergeschoß ein Fahrradabteil. Viel Platz und für den Kontrabaß die ideale Lösung. Das tröstet einen über die drittklassig-unbequemen Sitze hinweg.
Nicht-Doppelstockzüge
Beim einstöckigen Nahverkehr hat man es mit einer Vielzahl unterschiedlicher Wagen zu tun. Sehr häufig z.B. mit solchen Triebzügen:
http://de.wikipedia.org/wiki/DB-Baureihe_425_(1999)
Hier sollte man sich an den Fahrradsymbolen orientieren: meist gibt es an beiden Enden solche Bereiche. Wenn man die Gelegenheit hat, sollte man denjenigen nehmen, an dem die Toilette nicht ist. Nicht (nur) wegen der Düfte, sondern weil im Gepäckbereich am "Toiletten-Ende" etwas wenig Platz ist, es sei denn, der Zug ist schwach besetzt. Erkennbar ist dieses weniger ratsame Ende von draußen an dem "fehlenden" Fenster auf der Höhe der Toilette.
Weiterhin häufig unterwegs sind solche Dieseltriebwagen:
http://de.wikipedia.org/wiki/DB-Baureihe_628
Hier gibt's nur an einem Ende ein Fahrrad- und Gepäckabteil. Also: nach dem Symbol Ausschau halten. Und sich auf kleinen Bahnhöfen mit niedrigen Bahnsteigen auf Treppensteigen gefaßt machen.
Mehr und mehr unterwegs sind diese moderneren Dieseltriebwagen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bombardier_Talent#mediaviewer/File:644_557.jpg
Hier liegt das Gepäckabteil eher in der Zugmitte im Niederflur-Bereich.
Und mitunter immer noch auf Achse sind die alten Bundesbahn-Klassiker aus der Zeit, als der Nahverkehr zwar unbequem, aber zuverlässig war - diese einst silber gefärbten (deshalb "Silberlinge" genannten) und zig-tausendfach bekannten Wagen aus den 60er Jahren erkennt man an den insgesamt vier Einstiegstüren:
http://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?31,4536399
Auch hier wieder der Königsweg: Steuerwagen. Das Gepäckabteil mit viel Platz und zahlreichen Klappsitzen liegt wie gewohnt direkt hinter der "Kanzel" für den Lokführer. Mitunter laufen auch mitten im Zug Wagen mit einem kleinen Gepäckabteil. Sie sind aber nicht die Regel.
Falls es keinen Steuerwagen gibt, enthalten die normalen 2.-Klasse-Wagen an einem Ende eine Toilette, und dort gegenüber gibt es eine Nische mit zwei Klappsitzen. Hier kann man den Baß auch unterbringen - wenn auch ziemlich komfortfrei.
C'est combien?
Eine Frage könnte natürlich noch aufkommen: Muß man für das Tonmöbel im Zug bezahlen??
Mit dieser Frage habe ich mehrere hilfsbereite Schalter-Damen im Leipziger Hauptbahnhof vor vielen Jahren mal intensiv beschäftigt; sie mußten nämlich emsig herumtelefonieren, weil es unter ihren Vorgesetzten keiner wußte.
An sich (so erfuhr ich) gelte die Grundregel, daß man für Gepäck, das man selbst tragen könne, nicht bezahlen müsse. Allerdings hatte mir ein ebenso freundlicher wie eifriger Schaffner gerade für "Bahnfracht im Zug" (eben meinen Kontrabaß) von Leipzig nach Duisburg gerade den Betrag von 56 (in Worten: sechsundfünfzig) D-Mark abgeknöpft.
Die Erkundungen ergaben, daß es zumindest damals im Ermessen des Zugpersonals lag, ob der Baß gratis mitkonnte. Seither ist es mir nie wieder passiert, daß mich jemand nach einer Karte für das Instrument gefragt hätte. Die Karte für die "Bahnfracht im Zug" habe ich als Souvenir aufbewahrt ...
Michael
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