Obertöne bei verschiedenen Vokalen

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hallo zusammen,

ich habe heute mal mit einem Sonogramm rumgespielt und mich ein wenig gewundert.

Bis jetzt habe ich immer mitbekommen, dass Klassiker von einem U oder O ausgehen, weil dadurch der Resonansraum besser geöffnet wird. Was aber meiner Meinung nach zu mehr Obertönen führen müsste. Oder nicht?

Jetzt aber … ich habe ich ein I, A und U gesungen und ein völlig verkehrtes Bild bekommen. Beim I sehe ich die meisten Obertöne und beim U die wenigsten. Ich nehme natürlich an, dass ich etwas falsch mache, aber was?

Hier mal die Bilder (ich habe immer ein c' gesungen)

P.S. jaja, ich weiß, Bilder und Diagramme sagen nichts über den Gesang aus. Aber es muss an meinem Beruf liegen :D. Ausserdem ist es nicht nur interessant, sondern kann auch nützlich für die Analyse sein. Und auch beim Üben, wenn man mit der Einstellung experimentiert und auf dem Bildschirm die Obertöne sehen kann.
 
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Die Obertöne, die du meinst ist der Sängerformant um etwa 3,5 kHz. Die Obertöne die du dort siehst, das sind genau die Obertöne, die den Vokal ausmachen! Ein O klingt nach O, weil es genau die Obertöne hat.

Füge mal deinen Vokalen Twang hinzu, dann wirst du sehen, dass der 3500er-Bereich anschwillt!
 
das kann so nicht ganz richtig sein, denn ich kann auch ein A oder I so singen, dass ich da oben gar nix sehe. Die Grundfrequenz ist eh weiter unten. Beim I und A kann ich jedoch etwas so ändern, dass plötzlich Obertöne erscheinen. Beim U schaffe ich das aber noch nicht :(.

Und Sängerformant ist ja nur "ungefähr" zwischen 2,5k und 3,5k und variiert von Sänger zu Sänger. Aber wie soll ich den von den Obertönen unterscheiden? Das scheint mir nicht ganz klar definiert zu sein :).
Beim I sehe ich 11 Frequenzen (nicht alle so stark) und die meisten liegen im oberen Bereich irgendwo um die 2,5k bis 3,5k.
 
Ich kann leider nichts zum Thema beitragen :redface:, aber was ist das für eine Software?
 
Overtone Analyzer und Estill Voiceprint (Plus) wären auch noch Alternativen, kosten aber.
 
Und Sängerformant ist ja nur "ungefähr" zwischen 2,5k und 3,5k und variiert von Sänger zu Sänger. Aber wie soll ich den von den Obertönen unterscheiden? Das scheint mir nicht ganz klar definiert zu sein :).

Den Sängerformanten kannst Du nicht von den Obertönen unterscheiden, denn die Obertöne in diesem Bereich (ca. 2,5 - 3,5 kHz) stellen selbst den Formanten dar.

Bei Vokalen sind besonders die ersten beiden Formananten (f1 und f2) für die Sprachverständlichkeit wichtig. Je nach Vokal, haben f1 und f2 jeweils eine andere Lage (Maximum). Die Werte kannst Du aus Tabelle 1 dieser Wiki-Seite entnehmen. Die höheren Obertöne spielen natürlich bei der Klangfarbe eine Rolle.

Nun ist es so, daß bei einem ausgebildeten Sänger die Frequenzen im Bereich von ca. 2,5 - 3,5 kHz (Sängerformant) viel stärker angehoben sind, als bei einem nicht ausgebildeten. Die Stimme des ersteren "strahlt" oder "glänzt" stärker und kann sich aufgrund des relativen Obertonreichtums gegenüber unausgebildeten Stimmen oder auch vielen Instrumenten gut durchsetzen.

Durch die Ausbildung wird erreicht, daß die Resonanzräume besser genutzt werden können und somit ihre Wirkung durch Verstärkung dieses Frequenzbereichs entfalten.

Es ist also ein deutlicher Unterschied, ob ein ausgebildeter Sänger oder ein unausgebildeter z.B. den Vokal "u" oder "i" singen.

Das kann man klar an diesen Beispielen sehen.

Viele Grüße

Klaus
 
Danke. Overtone Analyzer und Estill Voiceprint scheinen für Win zu sein :) Insofern werde ich mir mal Raven angucken.
 
Ansonsten bietet sich noch http://www.fon.hum.uva.nl/praat/ an, das bei Phonetikern und anderen Sprachwissenschaftlern
recht weit verbreitet ist. Man braucht zwar ein bisschen Hintergrundwissen, um damit klar zukommen, aber das scheint hier ja vorhanden zu sein.
 
Man sollte festhalten, dass der Sängerformant kein zwingendes "Qualitätskriterium" oder sowas ist.

Im Grunde handelt es sich einfach um Obertöne in einem Frequenzbereich, der besonders durchsetzungsfähig ist. Der Sängerformant ist daher natürlich für Klassiker sehr wichtig, die in der Oper unverstärkt "gegen" ein Orchester und etwas Störgeräusche (Gemurmel im Publikum, etc.) ansingen. Für Pop- oder Rockgesang ist er aber schlicht Geschmackssache, da kann der Durchsetzungsfähigkeit ja auch anderweitig nachgeholfen werden. Der Sängerformat wirkt sich ja auch aufs Timbre aus (Stichwort "Brillanz") und je nach Genre kann einem das gefallen oder nicht.


Ansonsten hat klaus ja alles Wichtige erklärt.


EDIT: du liegst damit, dass du beim i die meisten und beim u die wenigsten Obertöne hast übrigens voll im Soll. ;)

wiki schrieb:
Der unausgebildete Sänger hat beim Vokal u fast gar keine auffallende Schalldruckamplitude (dB) im Sängerformanten (0,4%). Hier ist der Schalldruck beim ausgebildeten Sänger etwa zehn Mal höher (4,4%), das Maximum der Spitze bei 2860 Hertz liegt sogar um etwa 36 Dezibel (dB) höher, was einem Faktor von 63 entspricht.
Beim obertonreicheren Vokal i sind die Frequenzanteile im Sängerformanten insgesamt viel höher (3,9% und 10,5%), aber auch hier beim ausgebildeteten Sänger deutlich stärker ausgeprägt.


http://de.wikipedia.org/wiki/Sängerformant#Beispiele
 
Es ist hilfreich, sich die Stimme aus zwei Instrumenten bestehend vorzustellen: 1. einen Klangerzeuger, der einen Akkord von Teiltönen (Grundton + Obertöne) produziert, und 2. einen Resonator, der verschiebbare Resonanztöne hat. (Quelle-Filter-Modell, passt an dieser Stelle gut).

Die Anzahl Obertöne ist nur durch unser Gehör begrenzt, sie wird nicht durch Singtechnik beeinflusst. Aber ihre absolute und relative Lautstärke werden im Kehlkopf reguliert. Klassische Sänger erlernen eine Technik, bei der die Öffnungszeit der Stimmlippen gegenüber der Verschlusszeit verkürzt wird. Dadurch wird der Lautstärkeabfall zu hohen Obertöne verringert, sie klingen lauter.

Der Vokaltrakt hat verschiedene Resonanztöne, die durch Zunge, Kiefer- und Lippenöffnung, Nasenresonanz und Kehldeckeleinstellung in der Lage verändert werden. Die beiden unteren Resonanztöne regulieren die deutschen Vokale. Der 3., 4. und 5. Resonanzton liegen meist eng zusammen im Bereich von 3000 Hz und bilden zusammen einen Resonanzbereich, den Sängerformanten (vereinfachte Erklärung). Über /u/-/o/-/a/ steigt der 1. Resonanzton (manchmal 1. Formant genannt) durch öffnen von Kiefer und Lippen. Über /u/-/ü/-/i/ steigt der 2. Resonanzton (2. Formant) durch Verschieben der Rachenzung von hinten nach vorn. Bei /u/ sind die beiden Resonanzen in tiefster, bei /ä/ sind beider in höchster Lage. Alle anderen Vokale liegen dazwischen.

Nun trifft der Teiltonakkord des Stimmklangs auf den Resonanzakkord des Vokaltrakts. Immer dann, wenn ein Teilton mit einem Resonanzton zusammenfällt, klingt die Stimme lauter, was manchmal "obertonreicher" genannt wird. Welche Vokalfarbe den Ton unterstützt, hängt also von der Tonhöhe ab. Hohe Soprantöne können in oder über der Höchstlage des 1. Resonanztons liegen. Maximales Mundöffnen hebt den 1. Resonanzton so hoch wie möglich, um ihn in die Nähe des Grundtons zu bringen. Daher singen Opernsoprane auch /u/ mit offenem Mund.

Der Sängerformant (3.-5. Resonanzton) ist vom Vokal unabhängig. Seine Resonanz wird in der Klassikausbildung optimiert, um die um 3000 Hz schon enger liegenden Teiltöne für eine Überstrahlung von Orchesterklang zu nutzen. Ein starker Sängerformant (starke relative Lautstärke der Teiltöne um 3000 Hz) wird oft als Brillanz empfunden.

Der Overtone Analyzer (nur für PC, es gibt eine free version) kann übrigens die Fourierparameter einfach intuitiv über Schieberegler optimieren, dann siehst Du mehr vom Spektrogramm und brauchst Dich nicht erst in die Software einzuarbeiten.
 

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