[Review] Beyerdynamic M 90 Pro X

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Beyerdynamic M 90 Pro X


Im Grunde bin ich überwiegend live auf Bühnen unterwegs, auch mit Gesang, wofür ich schon diverse Mikrofone getestet habe, am Ende aber an einem Neumann MKS105 hängen geblieben bin, was für mich bislang kompromisslos ist. Weil ich aber gelegentlich auch zu Hause Aufnahmen mache, mal kurze Sprach-Videos, mal Gesangsaufnahmen, manchmal auch Instrumente, wo auch ein hochwertiges Live-Mikro wie das Neumann hauptsächlich vom Handling nicht wirklich geeignet ist, hab ich schon verschiedene Mikrofone getestet, angefangen bei einem einfachen günstigen no-name Großmembran-Mikro, dann letztes Jahr ein Rode NT USB mini und ein weiteres günstiges Großmembran von t.bone, beide mit USB Anschluss, weil ich dachte, es ist vom Anschluss praktischer, weil ich nicht zwingend ein Audio-Interface brauche. Letztlich hat mir bei beiden allerdings der Klang nicht wirklich gefallen - sind ja auch nicht unbedingt qualitativ hoch angesiedelt. Was wäre also die nächste Stufe? Ein Rode NT1 – hatten wir schon mal bei Probeaufnahmen, und fand ich auch nicht so herausragend, außerdem noch mal billig kaufen? Über 500 EUR wäre für mich eine Preisklasse, die ich für meinen Anwendungsbereich ausgeschlossen hab. Also sollte es eigentlich ein Sennheiser MK4 werden, für mich das beste Preisleistungsverhältnis für den gelegentlichen oder Home-Recording Bereich, und noch gut unter der von mir gesteckten Grenze. Wir hatten vor vielen Jahren im Rahmen einer Sennheiser Werksbesichtigung organisiert vom MB einen umfangreicheren Vergleich von Mikros in den Peppermint Studios machen können, wo das Sennheiser MK4 sehr gut abgeschnitten hatte, sogar besser klang als ein doppelt so teures Neumann. Ich hatte das MK4 schon im Warenkorb, war dann aber über den Preis der dazugehörigen Spinne erschrocken, die man natürlich benötigt. Dann kam die Gelegenheit, das Beyerdynamic M90 Pro X für einen Test zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das liegt mit Spinne bei dem Preis des MK4 ohne Spinne. Also her damit.

Unpacking​

Es kommt in einer recht unspektakulären Verpackung (das t.bone kam in einem kleinen schicken Koffer, in dem es auch transportiert werden kann).
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Dafür ist im Lieferumfang neben der schon erwähnten Spinne zusätzlich noch ein Popschutz-Filter und eine gepolsterte Hülle, allerdings nur für das Mikrofon selbst und leider nicht die Spinne.
Das Mikro selbst ist relativ schlicht, besteht aus einem anthrazit-farbiges Alu-Gehäuse und hat außer der XLR Buchse keine Schalter, Knöpfe, Regler oder andere Anschlüsse.
Es besitzt eine 34mm große Echt-Kondensator-Kapsel, hat damit 30% mehr Membranfläche als die meisten seiner Kollegen, die mit einer 1“ Membran ausgestattet sind. Trotzdem ist es vom Durchmesser etwas schlanker als z.B. ein MK4 und wiegt mit knapp unter 300g sogar deutlich weniger, was mir ganz recht ist, weil ich zu Hause ein Teleskop Arm verwende, der bei vielen Mikrofonen die Segel streicht. Die mitgelieferte Spinne ist aus einem stabilen Kunststoff und auch entsprechend leicht. Den Pop-Schutz sehe ich mal als nette Dreingabe, erfüllt sicher seinen Sinn, ist aber leider etwas blöd zu befestigen. Der Schwanenhals ist zwar 35cm lang, könnte aber gerne 5cm länger sein, um ihn besser zu positionieren. Kann aber auch an meinem Stativ liegen, das ich verwende.
Weiter ist im Lieferumfang eine Bedienungsanleitung in 7 Sprachen mit 70 Seiten, von denen allerdings nur 8 Seiten auf deutsch sind und davon zwei Seiten für die Beschreibung des kleineren Modells, dem M 70 Pro X. Im Prinzip ist eine Bedienungsanleitung in diesem Fall überflüssig, die einzig wichtige Information, die ich daraus entnommen habe, ist die Einsprechrichtung, die beim M90 von der Seite ist, und zwar von dort, wo die Modellbezeichnung aufgedruckt ist bzw. ein kleiner roter Strich.
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Das ist nicht selbsterklärend. Dreht man das Mikro etwas, kann bei entsprechendem Lichteinfall die goldbeschichtete Membran hinter dem Drahtkorb sehen. Am Rande bemerkt, das kleinere M70 ist im Gegensatz zum M90 kein Kondensator Mikro, sondern hat eine dynamische Kapsel, wird auch nicht von der Seite sondern von oben besprochen.
Neugierig, wie ich bin, wollte ich das Mikro gerne einmal aufschrauben, um es von innen zu sichten. Normalerweise sind die Gehäuse durch ein Gewinde zu öffnen, was mir allerdings nicht gelungen ist, bzw. wollte ich keine allzu große Gewalt anwenden, weil es sich ja nur um eine Teststellung handelt, die im Anschluss wieder an Beyerdynamic zurückgeht. Ich hab dann ein Bild auf der Hersteller Webseite gefunden:
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Schlecht wäre es aber trotzdem nicht, wenn man es öffnen könnte, damit man gelegentlich den Korb säubern kann.
Das Mikrofon ist relativ schnell mit einer Überwurfmutter in der Spinne montiert, und schon kann es losgehen.
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Wie üblich bei Kondensern benötigt dieses Mikro Phantompower, in diesem Fall extern über das XLR Kabel vom Pult oder Interface, 20-52V werden benötigt, was die meisten Geräte wohl liefern dürften. Die Stromaufnahme mit <6,2mA ist nicht die Welt.
Der erste Klang-Eindruck ist, dass es wirklich sehr klar, dabei trotzdem warm und angenehm klingt. Was die Aussteuerung angeht, bin ich vermutlich noch etwas zu vorsichtig herangegangen, da kann man deutlich heißer herangehen, ohne dass man in die Gefahr von Verzerrungen oder Übersteuerung läuft.
Schaut man sich den Frequenzgang an, der eigentlich von unten her ziemlich linear verläuft, ist ab ca. 3,5kHz ein Anstieg zu sehen, der bei 5kHz sogar 5dB erreicht und erst bei 10kHz wieder abnimmt.
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Das wirkt sich für mein Empfinden klanglich nicht negativ aus, sorgt für eine gute Transparenz in der Aufnahme.
Hier mal ein paar einfache, ohne viel Aufwand eingespielte Soundbeispiele verschiedener abgenommener Instrumente, die ich auf die Schnelle verfügbar hatte:
Westerngitarre mit Stahlsaiten:

Klassikgitarre mit Nylonsaiten:

eine kleine 6,5" Bongo:

Ein Cajon:

Schellenkranz:




Fazit​

Die grundsätzliche Frage, ob Kondensator oder dynamisches Mikrofon sollte man je nach der Anwendung und auch den räumlichen Verhältnissen betrachten. Auf der Bühne komme ich besser mit einem Kondensator-Mikrofon zurecht, weil ich eine nicht zu kräftige Stimme besitze, als Instrumentalist das Mikro auch nicht in der Hand halte, und damit auch eher einen variierenden Abstand zum Mikrofon einhalte. Ein dynamisches Mikrofon kann gut klingen, wenn man entsprechend direkt und nah hineinspricht, was mir nicht immer möglich ist. Bei Aufnahmen zu Hause, wo eigentlich nicht gerade akustisch optimale Verhältnisse da sind, kommen über das Kondensator-Mikrofon zwar auch mehr Nebengeräusche und auch mehr Raumresonanzen mit, aber trotzdem finde ich den Klang transparenter. Außerdem ist ein Kondensator Mikrofon für die Abnahme von Instrumenten, die üblicherweise einen größeren Abstand zum Mikrofon benötigen und auch nicht nur punktuell abstrahlen, einfach besser geeignet. Für reine Sprachaufnahmen würde ich vermutlich das M70 Pro X vorziehen.
Für meine Einschätzung ist dies ein wirklich gelungenes Mikro, das mit einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis und einfacher Handhabung für den semi-professionellen Einsatz hervorragende Ergebnisse liefern kann. Man muss nicht zu vorsichtig mit dem Gainregler sein, wie ich bereits erwähnt hatte. Die Soundbeispiele sind daher etwas leise geraten. Ich wollte aber nicht im Nachhinein noch pushen, um den Sound nicht zu beeinflussen
 
Eigenschaft
 

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