[Review] Klark Teknik KT-76 und KT-2A

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One for the road - two for the rack ...
Ein Dremteam von KT?


Klark Teknik ist eher als Liveequipmenthersteller mit Anspruch bekannt, seit KT zur MusicGroup (dem Uli sein Lädche) gehört - wie auch Midas -, zwingt die "Politik" wohl auch andere Richtungen auf. Naja, wenn dabei was für Hobbyrecordler Sinnvolles bei heraus kommt, will ich nicht meckern.

Nun also hat sich KT drei Ikonen der Studiotechnik vorgenommen und zu jeweils schockierend günstigen Preisen auf den Markt gebracht (wobei die Preise des KT76 und EQP ursprünglich bei rund 600 EUR lagen). Zwei dieser Geräte will ich hier vorstellen und meine Eindrücke teilen. Was ich noch nicht in den Fingern hatte mangels Bedarf, ist der EQP-KT, ein Pultec-Clone.

Die Straßenpreis in D (11/2019) liegt beim KT-76 bei 195 EUR und beim KT-2A bei 315 EUR. Gebraucht gibt es beide für jeweils die Hälfte.
Meine Geräte sind Neugeräte und der KT-76 steht seit Mai, der KT-2A erst seit ein paar Wochen bei mir (längere Geschichte, die aber dank der Tiefenentspannung meines Händlers der Wahl lässig geklärt werden konnte).

Zur Gerätegeschichte muss ich bei beiden wohl nichts mehr sagen: Der KT-2A ist ein Teletronix LA2A-Clone, also ein Mono-Opto-Röhrenkompressor/-limiter und der KT-76 ein Urei 1176-Clone, also ein Mono-FET-Kompressor/Limiter. Zwei Hardware-Studioikonen, die seit Jahrzehnten den Sound prägen, nun zum PlugIn-Budget.

Die Gemeinsamkeiten

Beide Geräte sind in 2 HE hohe und 13cm tiefe Gehäuse aus Stahlblech untergebracht mit Alufront. Beide werden in stabilen Pappkartons verpackt geliefert. Darin die Geräte, Kaltgerätestecker, Anleitung.
Beide Made in China - klar.
Und beide haben das selbe beleuchtete VU-Meter auf der Front. Ebenso wie die Betriebsstatus-LED (die sich aber als Glühlampe verkleidet hat - Vintage lässt grüßen) und der große Kippschalter zum Einschalten auf der Front.
Auch sind beide gut verarbeitet und machen einen robusten Eindruck. Andere Geräte des selben Typs hatten jeweils mal einen etwas stärkeren oder leichteren Widerstand der Potis, der Preis des Preises, die Funktion war dadurch aber nicht betroffen.
Rückseitig sind bei beiden Geräten sowohl XLR, als auch TRS-Verbindungen möglich (Neutrik), allerdings nicht einzeln gebuffert.
In beiden Geräten soll der Signalweg vollständig diskret aufgebaut sein.
Und: in beiden Geräten sind Ein- und Ausgangsübertrager von Midas verbaut, die angeblich speziell dafür entwickelt worden sein sollen.

KT76-KT2A.jpg
Die "Vintage-Abteilung" im kleinsten und schlechtesten HomeRecording-"Studio" der Welt ;)


KT - 76
KT 76.JPG

Die Versionen D und E sollen für den KT-76 als Vorbilder gedient haben. Ich kenne beide nicht, von daher kann ich überhaupt nicht einschätzen, ob die Umsetzung gelungen ist. Der originale 1176 war brutal schnell und dieses Merkmal verspricht KT auch für seinen 1176: Die Attackzeiten sollen zwischen 20 - 800 Mikrosekunden (!) regelbar sein. Die Releasezeiten von 80 Milli- bis 700 Mikrosekunden. Und auch hatten die Originale Class-A Verstärker verbaut, so wie nun auch im KT.

Nur ganz kurz zur Bedienung, die sich im Grunde selbst erklärt: Neben den großen Input- und Outputpotis finden sich die kleineren Potis für Attack und Release und die Taster für die typischen Kompressionsverhältnisse, ja, und auch "All Buttons In" ist möglich. Das VU-Meter kann wahlweise Gainreduction oder in +8, +6, +4 dB skaliert werden.
Bypass gibt es nicht, aber so, wie alle Drucktaster reingedrückt werden können, können auch alle gelöst werden.

Auf der Rückseite sind neben den Anschlüssen auch die Kalibrierungsschraube für das VU-Meter und ein Pad-Schalter zu finden (-20 dB), aber leider kein Stereolink.

In einigen Userbewertungen wurde die schlechte Potiqualiät bemängelt. Das kann ich für mich überhaupt nicht sagen. Vielmehr erinnert mich der Kunststoff von der Optik und Haptik ganz stark an 70er Kunststoff und insofern ist hier der Vintagecharakter für mich sehr gut getroffen. Die Einstellungen lassen sich sehr gut und vor allem auch feinfühlig vornehmen und vermitteln dabei haptisch und über das VU-Meter optisch unmittelbar Feedback. Das ist eines der wichtigen Argumente in meinen Augen für Hardware und wird hier für mich auch zufriedenstellend erfüllt.

Klangcharkter: Transparenz und smoothe Sättigung
Auch ohne den KT-76 stark in die Sättigung zu fahren, hinterlässt er seinen Stempel. Das Signal wird obertonreicher und setzt sich für meine Begriffe besser durch, ohne einen EQ auch nur anschauen zu müssen. Ich habe auch den Eindruck, dass etwas der Body verloren geht. Die ersten Kompressionsstufen gehen eher unauffällig zu Werk und erlauben auch Attack und Release auf Anschlag. Danach zeigt sich der KT-76 mehr und mehr als Limiter. Und im All-Buttons-In-Modus wird Kompression zum Instrument mit Chaosfaktor, aber immer geschmackvoll (und mit teils super Ergebnissen).
Leider schleicht sich mit zunehmender Rechtsdrehung der Ein- und Ausgangspotis auch ein Grundrauschen ein und auch kippt die Sättigung natürlich irgendwann in Verzerrrung. Hier muss experimentiert werden, was noch geht jeweils und was gefällt.

KT - 2A
KT 2A.jpg

Im KT-2A sollen je eine 12AX7, eine 12BH7 und eine EL84-Röhre verbaut sein. Die Attackzeit soll bei 10 Millisekunden liegen und die Releasezeiten bei 50 Millisekunden bis 5 Sekunden. Im Unterschied zum 1176 sind Attack- und Releasezeiten nicht einstellbar, das erledigen adaptiv eine Diode und ein optisches Dämpfungsglied mit einer gewissen grundsätzlichen Trägheit.
Im Prinzip könnte mit dem Kippschalter "Limit / Compress" auf der Front hier eingegriffen werden, faktisch jedoch ändert sich hörbar nichts.
Die maximale Kompression ist bei 7 dbu

Entsprechend des optischen Funktionsprinzips gering sind die Eingriffsmöglichkeiten, daher spare ich mir Worte zur Bedienung, das erklärt sich wirklich von selbst (Peak Reduction, Output Gain - klar, oder?)
Vielleicht nur ein Wort zum "Pre-Emphasis"-Regler: Das Relikt aus Rundfunktagen der Altvorderen sollte mit Bedacht eingestellt werden. Hier kann sich leicht ein unangenehmer Charakter nuancieren.

Rückseitig findet sich beim KT-2A im Gegensatz zum KT-76 ein Stereolink. Leider gibt es nicht die Möglichkeit einer Master-Slave-Funktion. Also muss mit der Trim-Schraube manuell angepasst werden. Na, viel Spaß damit - kann ich da nur sagen :rolleyes:

Ansonsten gilt für den KT-2A auch: Die für mich sehr schöne, direkte haptische und auditive Rückmeldung, die ich mir von einem Hardwaregerät wünsche, wird geliefert. Das macht einfach Spaß damit zu experimentieren und ist sooo viel anders, als das "Schrauben" an PlugIns.

In irgendeiner Bewertung wurde geschrieben, dass das VU-Meter immer wieder eingestellt werden müsse. Das passiert dann, wenn beim ersten Kalibrieren die Röhren zuvor nicht wirklich heiss gefahren wurden. Und das kann dauern. Nach rund zwei Stunden hatte ich bei zwei Geräten diesen Zustand erreicht und seither muss ich das VU-Meter nicht mehr nachkalibrieren.

Klangcharakter: etwas bedeckte Höhen, Mittenfleisch und sanfte Bass-Ausdünnung mit einer Prise metallischem Vibe.
Viel Kompression ist vom KT-2A nicht zu bekommen, das zeigt sich schnell. Aber dafür wird den sich vermutlich auch kein Mensch hinstellen. Hier geht es mehr um einen Klangcharakter bzw. mehr oder weniger Färbung. Und die liefert der KT-2A. Mir persönlich fast schon zu viel. Das bedeutet für mich daher einen eher sensiblen Umgang mit den Potis, wobei das alles doch auch gutmütig reagiert.
Insgesamt finde ich den KT-2A etwas "muffig" mit zu wenig Sahne.
ABER ... eine bestimmte Konstellation zaubert mir doch ein Lächeln ins Gesicht.

Audiofiles
Hier habe ich einen kleinen Ausschnitt als Rohaufnahme mit einem Gefell M92.1 an einem GoldenAgePremier Pre73 am RME FF802 hochgeladen.
Die Rohaufnahme habe ich dann separat durch den KT-76 und den KT-2A geschickt und jeweils ein Beispiel im Mix hochgeladen. Dann habe ich die Aufnahme mit KT-76 noch weiter durch den KT-2A geschickt und ebenfalls ein Beispiel im Mix hochgeladen.
Ich empfehle folgende Reihenfolge: Zunächst die Rohaufnahme, dann die KT-76, dann die KT-2A und dann die KT-76 + KT-2A. Entsprechend die Reihenfolge der Beispiele im Mix.
https://soundcloud.com/mjmueler/sets/review-klark-teknik-kt76-kt2a/s-F3fDy


Fazit
Mit dem KT-76 und dem KT-2A liefert Klark Teknik zwei Klone von Studioklassikern fürs Homerecording zum schmalen Preis. Jedes der beiden Geräte ist durchaus brauchbar, kann aber nicht auf ganzer Linie überzeugen. Für mich hat der KT-76 die Nase vorn, der KT-2A ist mir etwas zu "unedel" und für den Preis wäre ein PlugIn vielleicht doch die bessere Wahl.
Andererseits überzeugen beide als Hardware zum Anfassen, wer das mag und sucht, sollte hier einen Test wagen.
Müsste ich mich für einen von beiden entscheiden, wäre das ganz klar der KT-76, den ich mir auch sehr gut im Liverack vorstelle. Der KT-2A ist für mich in der Studioumgebung aber eine schöne Ergänzung und findet im Zusammenspiel mit dem KT-76 seinen Einsatz.
Ich habe einen Verdacht, den ich aber nicht überprüft habe und der bezieht sich auf die Spannungsversorgung der Röhren im KT-2A. Vielleicht bestätigt sich dieser Verdacht ja irgendwann.
 
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