[Review] Lewitt MTP340 und MTP540

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Lewitt ist ein relativ neues Gesicht auf dem Mikrofonmarkt. Die in Österreich ansässige Firma war so freundlich, mir über das Musiker-Board zwei Gesangsmikros zum Testen zur Verfügung zu stellen – das MTP540, ein dynamisches Gesangsmikro, und das MTP340, das sozusagen den Zwillingsbruder in Kondensatorausführung darstellt. Preislich sind die beiden Mikros eher am unteren Ende der Skala für ordentliche Gesangmikros angesiedelt; das MTP540 habe ich online für ca. 80€ gefunden, dass MTP340 für 130€. Das sagt allerdings nicht unbedingt etwas über die Qualität aus, von der ich wirklich sehr angetan war.

Mikros.jpg



Die Verarbeitung

Die Gehäuse der beiden Mikros sind identisch, einziger Unterschied ist die Farbgebung des Metallrings unterhalb des Korbs. Sowohl Gehäuse als auch Korb wirken stabil und hochwertig. Die Dinger sind nicht ganz leicht, aber dafür sehr robust. Das MTP340 bringt 350g auf die Waage, dass MTP540 doch schon über 400g, und es ist damit immerhin fast 100g schwerer als mein altes SM58. Der XLR-Stecker rastet leichtgängig und sauber in der Buchse ein, die Kontakte sind vergoldet, da gibt es also nichts zu meckern, vor allem nicht bei Mikros dieser Preisklasse. Und wem es wichtig ist: auch optisch machen die Mikros was her. Das matte Schwarz mit dem eingravierten Lewitt-Logo sieht schon recht edel aus.
Ring 540.jpg Ring 340.jpg
Langzeiterfahrungen bezüglich der Haltbarkeit und Stabilität habe ich naturgemäß keine, aber ich hätte keinerlei Bedenken, die Mikros auch mit auf die Bühne zu nehmen, wenn es mal ein bisschen wilder zugeht oder der Transport nicht immer in sauber gepolsterten Flightcases erfolgt.:)
Auch die mitgelieferte Mikroklemme wirkt sehr stabil und hält das Mikro fest am Platz, ohne dass man Probleme beim Reinstecken oder Entfernen hätte. Gut gefällt mir, dass die Schraube zur Winkelverstellung ein kleines Handrädchen hat, so dass man sie zum Anpassen des Mikrowinkels leicht auf- und zudrehen kann und nicht darauf angewiesen ist, mit roher Gewalt am Mikro zu reißen und dann zu hoffen, dass es in der neuen Position hält. Wer trotzdem gerne während des Auftritts im Einhandverfahren das Mikro verstellt, der lässt die Schraube halt ein bisschen lockerer, dann geht auch das problemlos.
Zum Transport wird eine Kunstledertasche mitgeliefert, die innen mit einer Art Plüschstoff gepolstert ist. Sicher kein Ersatz für ein Heavy-Duty-Road-Case, aber schon mal ein ganz guter Schutz, wenn das Mikro im Rucksack oder in der großen Grabbelkiste transportiert wird.
Box komplett.jpg


Der Klang

Den Klang eines Mikros zu beschreiben ist ja nun nicht ganz einfach. Zum einen ist das besonders im Zusammenspiel mit verschiedenen Stimmen eine sehr subjektive Kiste, zum andern fehlen einem manchmal einfach die Worte. Aber bestimmte Tendenzen lassen sich vielleicht doch so beschreiben, so dass der geneigte Leser weiß, in welche Richtung es hier geht.
Zunächst mal ist klar, dass es sich hier um Gesangsmikros für den Liveeinsatz handelt. Die „Studioanwendung“, die Lewitt bei beiden Mikros auf seiner Website erwähnt, ist wenn überhaupt nur sehr marginal interessant. Trotzdem habe ich die Mikros erstmal zu Hause am PC getestet – eigentlich ein Widerspruch, aber um sich mit dem Grundsound vertraut zu machen, ist so eine Aufnahme, die man dann in aller Ruhe wieder abhören kann, schon mal ein wichtiges Hilfsmittel. Ich hab also mal einen kleinen Songschnipsel auf beiden Mikros eingesungen, indem ich sie direkt nebeneinander gehalten habe. Man hört auf der Datei links das MTP340 (Kondensator) und rechts das MTP540 (dynamisch). Leider müsst ihr als Demosound meine eigenen Sangeskünste tolerieren, aber es kommt ja auf den Klang des Mikros an. Die Gitarre habe ich leise mitlaufen lassen, damit es sich nicht gar so nackt anhört.



Die Aufnahme der Stimme ist komplett unbearbeitet, auch die EQs waren alle neutral eingestellt. Die z.T. überdeutlichen „p“-Laute habe ich absichtlich dringelassen, hier könnte wahrscheinlich ein Popschutz oder auch eine bessere Gesangstechnik Abhilfe schaffen, aber live muss man eben damit arbeiten, und das gehört durchaus auch zur Charakteristik dieser Mikros.
Durch die Tests im Proberaum wurde der Eindruck der Aufnahmen eigentlich vollkommen bestätigt. Meinem Empfinden nach klingt schon das MTP540 relativ klar und lebendig und produziert für ein dynamisches Gesangsmikro erfreulich wenig Mumpf. Im Vergleich z.B. zum SM58 ist die Klangwiedergabe deutlich ausgewogener über das ganze Frequenzspektrum hinweg. Das MTP340 legt dann noch eine Schippe drauf. Wie vielleicht von einem Kondenser nicht anders zu erwarten, kriegt man hier einen noch klareren, höher auflösenden Klang. Das muss nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein, bei meinen Bandkollegen war z.B. das Urteil über das „bessere“ Mikro durchaus nicht eindeutig. Je nach Stimme und Musikstil kann eine allzu deutliche Hervorhebung der stimmlichen Nuancen auch den Gesamteindruck stören, das muss mit Sicherheit jeder Sänger für sich testen. Aber für meinen Geschmack kommt man mit diesem Mikro schon sehr nah an einen offenen, realistischen Studiosound, der live sonst nicht so leicht zu erreichen ist.
Für meine Stimme hätte ich mir beim MTP340 vielleicht noch etwas mehr Bässe gewünscht. Auch durch das Frequenzdiagramm, das Lewitt auf seiner Homepage veröffentlicht, wird der Eindruck bestätigt, dass Frequenzen unter 100 Hz vom MTP340 etwas stiefmütterlich behandelt werden (siehe unten). Die Popp-Laute waren im Probenraum allerdings bei keinem der beiden Mikros ein Problem, unter Umständen war das wohl auch der besonderen Aufnahemsituation mit zwei Mikrofonen geschuldet.

Frequenzgang MTP340.jpgFrequenzgang MTP540.jpg

Klanglich kriegt man also bei beiden Mikros recht viel geboten. Das MTP340 bietet mit Sicherheit eine höhere Auflösung und wäre als Notlösung unter Umständen tatsächlich auch für Recordinggeschichten tauglich, aber auch das MTP540 bringt den Gesang sauber rüber braucht die Konkurrenz der etablierten Marken nicht zu fürchten. Beim Kondensatormikro sollte man allerdings nicht vergessen, dass man 48V-Phantomspannung braucht, damit auch was zu hören ist. Für Sänger und -innen, die sowieso mit großer PA und Tontechniker auftreten, sollte das kein Problem darstellen, bei kleineren Setups kann das aber auch mal Ärger bereiten, den man bei einem dynamischen Mikro nicht hat.

Feedbackanfälligkeit

Da man doch relativ oft hört, das Kondensatormics anfälliger für Rückkopplungen seien, wollte ich das natürlich unbedingt auch genau testen. Im Proberaum ist Feedback aber bei uns kein Thema, da wir uns nicht gegen ein Drumset sondern allerhöchstens gegen ein Akkordeon durchsetzen müssen und deshalb sehr geringe Pegel fahren.
Also musste eine andere Testmethode her, sozusagen unter Laborbedingungen. Da ich kein Tontechnikprofi bin, der Möglichkeiten zu aufwendigen Messungen hat, war mein erster Ansatz, einfach mal eine Bühnensituation zu Hause nachzustellen. Mikro in den Ständer, der SR-Jam 150 simuliert eine Monitorbox, die von hinten auf das Mikro bläst. Jetzt habe ich bei gleichen Kanaleinstellungen jeweils den Master so weit hochgezogen, bis der erste Ansatz von Pfeifen zu hören war. Und tatsächlich fing es beim 340 doch deutlich früher an zu piepsen.

Aaaaber: Bei weiteren Tests fiel mir auf, dass das 340 bei gleichen Gaineinstellungen einfach schon mal einen höheren Pegel liefert. Und für die Praxis ist ja interessant welchen Pegel das Mikro vor Feedback liefert, und nicht, auf welcher Position der Gainregler steht. Also musste ein etwas verfeinerter Test her. Dazu habe ich den Rec-Out des SR-Jam an den PC angeschlossen und in Cubase den Pegel gemessen, der über das Interface ankam. Dann habe ich jeweils den gleichen Sinuston auf beide Mikros gegeben (indem ich ihnen meine Kopfhörer übergestülpt habe) und den Channel Gain so angepasst, dass beim Rec-Out der gleiche Pegel anlag. Nach dieser „Kalibrierung“ wieder das gleiche Spielchen wie oben, jeweils Masterfader so weit aufgedreht, bis es pfeift. Und siehe da, da der Gain beim 340 jetzt weiter unten war, konnte ich den Masterfader bei diesem Kanal jetzt weiter aufreißen als beim 540 (ca 1 Uhr vs. 2 Uhr). Das Sennheiser MD 431 II als Referenz lieferte übrigens einen ähnlichen Wert wie das 540.
Somit also kein Grund zur Sorge beim Kondensatormic, es scheint tendenziell sogar eher weniger Feedbackanfällig zu sein als seine dynamischen Kollegen. Wenn man den technischen Daten auf der Lewitt-Seite Glauben schenkt, dürfte das in erster Linie an der im Vergleich zum MTP540 deutlich ausgeprägteren Nierencharakteristik liegen.

Fazit

Beide Mikros haben mich überzeugt, besonders, was das Preis-Leistungs-Verhältnis angeht. Wenn man sich anschaut, was die etablierten, "ridertauglichen" Marken in diesem Preisbereich zu bieten haben, ist Lewitt auf jeden Fall eine ernsthafte Alternative. Natürlich gilt auch hier, das Stimme, Mikro, Instrument, Band, ... eine Einheit bilden und man um einen ausführlichen Test bezüglich der persönlichen Vorlieben nicht drumrum kommt, aber es ist sicher kein Fehler, wenn ein Lewitt-Mikro in eurem persönlichen Testpool auftaucht.

Zum Schluss noch ein großes Dankeschön an Lewitt und an das Musikerboard, die mir diesen Test ermöglicht haben!:great::D:great:

Gruß

Toni
 
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