Rotkäppchen-Moritat (Duett in dt.)

Katz23
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Die Begegnung von Rotkäppchen und Wolf im deutschen Märchen lässt für mich oft die Frage offen, warum hat er sie nicht gleich im Wald gefressen? Deshalb hab ich ein Duett geschrieben, wo das im Wald erledigt wird. Bzw. ist es offen, ob es sich überhaupt um Rotkäppchen (R) und den Wolf (W) handelt und nicht um ein Mädchen und einen "fremden Burschen"...

Das ganze ist als Folksong gedacht - bzw. ist es eine gesungene Dialogszene.
(Zur Info der "Miriquidi" ist der einstige "Urwald" unserer Region und kann mit "Finsterwald" übersetzt werden)

Es ist etwas lang geworden (ca. 5-6 min) und ich habe schon Strophen gestrichen, gekürzt, zusammengefasst. Hoffe, dass die Zusammenhänge noch funktionieren.

Miriquidi-Roadtrip oder Rotkäppchen-Moritat

R: Dort, wo die Lupinen steh'n - Sonne Blüten hell durchleuchtet,
Werd ich sicher sein vor IHM. - Waldboden vom Tau durchfeuchtet,

R: Weich vom Moos, die Äste knacken. - Hinter jedem Strauch ein Schatten.
Ein leises Knistern in dem Busch - nur ein Vogel, er huscht fort.

R: An der Lichtung, die große Eiche - ragt stolz aus dem Sumpf hervor.
Plötzlich steht ER hinter mir - und flüstert in mein Ohr:

Refr.: Im Wald - im tiefen Finsterwald
Miriquidi-Roadtrip, Miriquidi-Roadtrip
Let's get lost iiiiiiiim Wald - im tiefen Finsterwald
Miriquidi-Roadtrip, Miriquidi-Roadtrip
Let's get lost in a tale!

W: Mädchen so allein im Wald? - Komm ja nicht vom Wege ab!
Wenn das deine Mutter wüsste - was ich Schönes für dich hab.

W: Sonnenstrahl'n, wie Silberfäden - stechen abseits durch das Laub,
Rote Kirschen nur für dich - Keiner denkt dabei an Raub.

W: Ich fädel Perlen dir auf Gräser - Schmücke damit deinen Hals.
Ewig werden sie dort hängen - wenn du mir nur einmal traust.

Refr. Im Wald...

R: Perl'n auf Gräser, nur Gefasel! - Denkst du denn, ich bin naiv?
Wolfsmilch, Schierling, Schneidegras - wachsen dort im Walde tief.

W: Süße, das sagt dir die Mutter - Purer Neid auf deine Jugend.
Nie den Mut zum Weitergeh'n - als den Weg der keuschen Tugend.

W: Willst du es nicht einfach wagen? - Lauf so weit die Füße tragen,
Rechts und links am Pfad vorbei! - Ich indes zieh meines Weges.

Refr. Im Wald...

R: Weg ist er der fremde Bursche - war'n der Mutter Mahnungen
Doch zu forsch, zu grob, zu hart? - Nur diffuse Ahnungen?

R: Ein kleiner Blick, ein kleiner Tritt - zur Seite, oh was muss ich seh'n?
Beeren, leuchtend rot wie Kirschen - kann sie naschen ohne Stehl'n.

R: Ach wie wird mir Schaum im Kopf - weiche Hände, Füße, Kniee.
Ist es von den Beeren nun - dass mir alle Kräfte flieh'n?

R: Muss mich hocken, setzen, legen. - Alles dreht sich im Gesicht.
Sehe noch den dunklen Schatten. - Kommt er doch, der Bösewicht!?

Ref: Im Wald...

W: Mädchen, hast du dir gedacht - dass ein zartes Ding wie du,
hier einen Spaziergang macht - und ich geb so einfach Ruh?

W: Hab dir Perlen an den Gräsern - aufgefädelt, gönnerich.
Leg sie um dein zartes Hälschen - und danach verspeis ich dich!

Ref: Im Wald...
 
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Hallo Katz23
interessant, interessant: ein allseits bekanntes Märchenmotiv zu nehmen und interpretierend zu verfremden.
Nicht dass das nicht schon gemacht worden wäre, aber es ist doch immer mal wieder eine Variante wert.

Dabei weiß ich auch beim zweiten oder dritten mal lesen noch nicht, ob ich die unaufgelöst durchscheinende sexuelle Komponente nun gut finde oder nicht ... möglicherweise hast Du da auch zu sehr gekürzt - warum soll sowas nicht auch mal 8 oder 10 Minuten gehen, vorausgesetzt, die Musik und der Vortrag trägt es? Mir kommt es eher ein bißchen aufgesetzt vor - oder vielleicht hängt es auch zu sehr vom Vortrag ab ... momentan setzt es bei mir kein Feuerwerk von Bildern frei. Das mag aber auch individuell bei mir so sein und bei anderen dementsprechend anders.

Bei der Sprache allerdings würde ich schon auf die etwas fremdelnd wirkende, leicht veralterte Märchensprache setzen - und da fallen für mich Worte wie "roadtrip", das englische Let's get lost in a tale!, "diffus" "purer Neid" heraus.
Oder es ist an eine bewußte Mixtur gedacht, die sich mir nicht erschließt ... Märchenwelt plus Rock? Mittelalter mit modernem Mädchen oder lässig-jugendlichem Wolf?
Da stellt sich für mich der Anschluss nicht her, es ergibt sich für mich kein stimmiges Bild, aber auch keine reizvolle Collage ...

Vielleicht kannst Du schildern, was Dir vorgeschwebt hat?
Hast Du eine Szenerie vor Augen, wie wäre das besetzt, wäre es ein vertontes Theaterstück bzw. ein oder zwei Akte davon?

Herzliche Grüße

x-Riff
 
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Danke @x-Riff für die Antwort. Der Text ist zugegen etwas speziell ;-)
Leider kann ich es gar nicht so exakt erklären, was das ganze "soll", weil die Idee einfach da war und ich sie schnell umsetzten wollte.
Ich vermute aber es kommt daher, dass ich zu viel über "Pickup-Artists" im Netz gelesen habe, manipulatives Verführen etc.

Bei dem Lied spielen mehrere Ebenen zusammen, die sich überschneiden und im Endeffekt auch nicht sauber auseinander-dividiert werden können:
Märchenhandlung (Rotkäppchen/Wolf), lokale Bezüge/Realität (Miriquidi, Botanik), Zeit (Vergangenheit/Heute) Psychologie (Manipulation, Rauschmittel, problem. Beziehungen).
Es ist ne Art "diffuse Ahnung" - die ich damit versuche auszudrücken.
Eine dünne Decke, die man über einen Haufen Geheimnisse gelegt hat und jeder denkt etwas anderes aus den Konturen zu lesen.

Wahrscheinlich erschließt es sich nicht allein durch den Text und benötigt die richtige Umsetzung. Auch wenn es nur musikalisch vorgetragen werden soll,
hab ich vom Ausdruck an eine Theaterszene gedacht, deshalb ist die Sprache etwas dramatisch angehaucht. Die Vertonung ist allerdings gechillter.
Vielleicht kann man es etwas mimisch untermauern, was gerade gesungen wird - Angst, Verstellung, Neugier, Schwindel...

Dann gibt es den Bruch mit der englischen Wendung: "Miriquidi-Roadtrip, Let's get lost in a tale!" (in Anlehnung an die Red Hot Chilli Peppers)
Da wird einfach noch eine andere Dimension aufgemacht, in der man sich verlaufen soll. Bzw. ist es für mich ein roter Faden, auf der ich
die unterschiedlichen Ebenen der Geschichte aufädel und hin-und herspringen kann.

Vielleicht ist das ganze aber auch nur eine Irreführung des Publikums - oder wie zu Zeiten der alten Bänkelsänger, eine Lehre für alle leichtsinnigen
und neugierigen Mädchen! "Hör auf de Muddi!" XD

(Mit Märchen beschäftige ich mich schon immer, auch professionell als Künstler - Bild, Text, Theater etc. - könnte eine Doppel-X-Chromosomale Schädigung sein)
 

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Hi Katz23,
habe mir schon sowas gedacht - und vielleicht muss man es einfach machen ...
Bilder zu erklären, ist sowieso schwierig - deshalb sind es ja Bilder ... auch das mit den verschiedenen Sprachebenen, Aspekten und Einflüssen - den einen flasht es, den anderen läßt es kalt ...

Klasse Bild übrigens ... und ja: das mit den Moritatensängern fand ich immer schon ne sehr reizvolle Geschichte ... schön unter der Linie der Moral und der Botschaft des rechten Lebenswandels Angst, Ekel und Schrecken, Abscheu und Reiz beim Publikum zu erwecken ...

x-Riff
 
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In dem Bild ist übrigens 1 Wolf versteckt und es ist immer sehr interessant, wo andere den überall schon entdeckt haben - bzw. gibt es auch paar wenige, die ihn überhaupt nicht wahrnehmen, selbst wenn ich drauf zeige.
Vielleicht ist es bei Texten nicht anders...

Aber im groben muss es erstmal funktionieren, bevor man mit den Spielereien anfängt.
 
Fertsch! Lied mit E-Gitarre (Kollege) und E-Bass (ich!) eingespielt, gesungen und gleich noch vom letzten Trip durch den Miriquidi Filmsequenzen verarbeitet:

 
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In dem Bild ist übrigens 1 Wolf versteckt
Hm. Normal bin ich nicht schlecht, so etwas zu finden, aber den sehe ich auch nicht. Am ehesten würde ich ihn im Baum vermuten. Gib mal an Tip, steht er, heult er, ungefährer Platz?

Dabei weiß ich auch beim zweiten oder dritten mal lesen noch nicht, ob ich die unaufgelöst durchscheinende sexuelle Komponente nun gut finde oder nicht ...
Ob gut oder nicht - jedenfalls passt es schon, das Märchen wird doch auch so interpretiert. Den Bruch mit dem Roadtrip könnte man vielleicht dahingehend interpretieren, dass das heute immer noch passieren kann. Vielleicht sogar mehr; von einem Rotkäppchen im Mittelalter hätte ich erwartet, dass sie zwischen essbaren und giftigen Beeren unterscheiden kann.

Ich finde den Finsterwald etwas hell, der wirkt auf mich ziemlich freundlich :) Haben die Margeriten auch eine besondere Bedeutung, also, dass es Margeriten sind? Oder stellen die nur den Bezug Mädchen - Blumen pflücken her? Was für Beeren waren das? Die haben mir nicht nach welchen ausgeschaut, die Schwindel erregen, sondern bestenfalls Durchfall und Magenkrämpfe?
 
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@moniaqua danke für deine Antwort.

Ja, der Wolf ist im Baumstamm versteckt...

Für das Video habe ich einfach die Handy-Aufnahmen von der Wanderung weiterverwendet. War etwas schwierig bei den Lichtverhältnissen und Kontrasten die Dunkelheit abzubilden. Aber unheimliche Dinge passieren auch am helllichten Tag...
Der Film muss auch nicht eins zu eins auf das Lied gemünzt werden. Ist mehr wie ein Trip durch den Wald in der Annahme dass etwas passieren könnte...

Mit den Margariten verbinde ich meist die Blumen, die das Rotkäppchen im Volksmärchen pflückt (und meine Tochter heißt so ähnlich).
Die Vogelbeeren hab ich aus meinem Filmarchiv - hatte einfach keine Aufnahme richtiger halluzinogener roter Beeren - deshalb sind sie auch nur angedeutet.
 
Die Vogelbeeren hab ich aus meinem Filmarchiv - hatte einfach keine Aufnahme richtiger halluzinogener roter Beeren - deshalb sind sie auch nur angedeutet.
Ah, ok, ich hatte mich schon gewundert :) War mir nicht sicher, ob das roter Holler oder Vogelbeeren sein soll und die wirken beide nicht halluzinogen.
 
...naja ich verbanne den Sachverhalt "der betäubenden roten Beeren" ins Reich der Märchen - aber symbolisch stehen sie für sogenannte "Vergewaltigungsdrogen" - gruselig, was da alles im Text steckt...

Hab letztens erst von einer alten frz. Fassung des Märchens gehört, wo ich auch dachte: uijuijui...
Sollte eben auch als Abschreckung und Warnung vor allem für Mädchen und junge Frauen dienen.
 

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