Schlüsselstücke zum Erreichen der nächsten Stufe des Könnens auf dem Akkordeon

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Minze
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Mich würde interessieren , ob es für Euch irgendwie "Schlüssellieder" gibt.... also bestimmte Lieder , wo man weiß man hat die nächste Stufe an Können erreicht. Wenn ja, wie könnte die aussehen ?
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Also ich kann ja mal ergänzen : Als Anfängerin natürlich sehr bescheiden , .... mein Knackpunkt war bis jetzt " Mein kleiner grüner Kaktus" ( bitte nicht lachen ), also erst die Hürde der Geschwindigkeit, als ich die hatte ( und ich voll zufrieden war), kam mein Lehrer mit dem Satz " Okay,die Griffe sitzen " , dann haben wir das besprochen und ich hatte das Bild von einem
Erzähler mit tiefer Stimme Macho-melancholisch im ersten Teil, Hampelmann stampfend im zweiten Teil, leichter, eher auf den Fußspitzen hüpfend im dritten Teil ... damit habe ich sehr gekämpft , bis bei mir der Knoten geplatzt ist :Augen zu, Spaß haben, Balg benutzen ...
Seitdem habe ich, für mich, die erste Hürde genommen : Ich versuche das innere Bild oder Gefühl zu vermitteln und wenn das klappt macht es mich richtig glücklich ...
 
Eigenschaft
 
Hallo Minze,

eine pauschale Aussage ist nicht möglich. Es ist nicht unbedingt das "Schlüssellied", das neue Tore öffnet, sondern insbesondere die Bearbeitung. Es gibt leicht gesetzte Stücke sowie Arrangements mit besonderen Herausforderungen.

Die Notenverlage geben oftmals einen Anhaltspunkt, in welchem "Schwierigkeitsgrad" das jeweilige Arrangement geschrieben ist. (z.B: "leicht-mittel" oder "Oberstufe" oder eine Ziffer auf einer Notenskala).

Gruß aus der Eifel
 
Hallo Eifel,

ja, da hast u recht. Vielleicht also besser : Was waren Eure persönlichen harten Nüsse, von Anfänger bis Fortgeschritten, virtuos ? Und ab dann ging was ...
 
Ein Schlüsselerlebnis, das ich hatte, hängt zwar mit einem Stück zusammen, aber auch mit einem Instrument:
Vor Jahren, bei den ersten Akkordeonautentreffen im Wirtshäusle (wer damit nichts anfangen kann, mal die Suchfunktion benutzen, wenn nicht, ist aber auch nicht schlimm) war die Ellin-Polka ein beliebtes Schnell-Spiel-Stück. Wir waren vor allem drei Spieler, die das teilweise als "Wettkampf" (nicht ernst gemeint) spielten: viele Durchgänge, von Mal zu Mal schneller, bis der erste rausflog. Mein Problem: ich kam bis zu einer gewissen Geschwindigkeit (durchaus nicht langsam), aber nicht darüber hinaus. Ich fand mich damit ab: meine Finger können halt nicht schneller. Bis zum Aha-Erlebnis, als ein anderer Treffen-Teilnehmer mich seine Gola spielen ließ. Mit der ging es plötzlich deutlich schneller als vorher mit meiner Morino. Mein Schluss daraus: ok, es sind nicht meine Finger, die das begrenzende Element sind, sondern mein Instrument. Nur: ab diesem Moment ging es auch auf meiner Morino im Gola-Tempo. Ich weiß nicht, wo der Knoten geplatzt ist - vermutlich irgendwo im Kopf ...
 
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Es gab bei mir zwei Schlüsselerlebnisse, wo ich bemerkte, jetzt wird es doch langsam "Musik" ... :

Das erste war, als ich eine neue, von einem unserer Bubenreuther Gitarrenbauer für mich gebaute Gitarre bekam ... plötzlich begann das was ich spielte wirklich zu "klingen", wirklich nach "Musik" zu klingen ...

Das zweite war, als ich bemerkte dass "es sich wie von selbst" spielte, dass ich völlig versunken war ins Spiel, dass die Musik und ich irgendwie "eins" waren, ich nicht mal bemerkte dass meine Frau ins Zimmer gekommen war bis sie mich ansprach ...

Sorry wegen OT-Randbemerkung (zwar nicht Akkordeon, aber schien mir hier irgendwie zu passen).
 
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Scarlatti und Bach.

An Scarlatti habe ich den nonlegato Anschla gelernt, der für brilliantes Spiel elementar ist.

Bach hat mich natürlich Polyphonie gelehrt. Vor Bach gab es immer nur zweistimmige Andeutungen wie in russischen Volksliedern, bei denen sich ein unisono plötzlich teilt, oder zumindest ein Ton gehalten wird und die Melodie mal einstimmig oder in Terzen nebenher läuft.
 
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Mich würde interessieren , ob es für Euch irgendwie "Schlüssellieder" gibt
Total interessant, dass Du das fragst, @Minze. Ja, die gibt es. Aus meiner Jugend weiß ich noch, dass mich das Bass-Solo des "Alten Kameraden" Marsches beschäftigt hat, weil da zum ersten Mal das Solo nach links rutschte. Der dritte Teil von "Tanzende Finger" mit seinen hohen 16tel-Ketten im dritten Teil kommt mir in den Sinn, den ich so schnell als möglich haben wollte. In irgendeinem Heft gab es ein total berühmtes einfaches russisches Stück mit dem Titel "Traummelodie", nicht schwierig, im Gegenteil schön einfach mit vielen Halben und Ganzen. Dort merkte ich, dass man mit Vibrato schöne Töne gestalten kann. Im Forum gab es dann zwei Dinge, die mich bis heute beschäftigen: Johann Sebastian Bach - von all den Stücken insbesondere die erste Invention, die ich meisterte und das C-Moll Präludium aus dem 1.Teil des Wohltemperierten Klaviers, das zeitgleiches flottes Spiel links und rechts erfordert. @Klangbutter hat uns vor einigen Monaten (Jahren?) beim Balgworkshop in St. Georgen gezeigt, wie man in das Thema Bellowshake reinkommt. Als ich das dann konnte, hab ich mich gefreut wie ein Schneehase. Irgendwie ist das das Privileg von uns Musikern: Auch wenn man älter wird, macht man mit seinem Instrument neue Erfahrungen und man staunt und freut sich wie ein neugeborenes Kind.
 
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Mich würde interessieren , ob es für Euch irgendwie "Schlüssellieder" gibt.... also bestimmte Lieder , wo man weiß man hat die nächste Stufe an Können erreicht.

Für mich war das , als ich angefangen habe Akkordeon zu spielen der Carneval von Venedig im Band 1 Akkordeonschule Holzschuhverlag. Als ich den zum ersten mal vorgelegt bekam, war das für mich gefühlt "schwerstes Stück von Welt überhaupt", weil viele Achtel und dann auch gleich noch zwei Variatonen. War für mich zunächst eine unüberwindbare Hürde.
Etliche Übungsstücke später hab ich dann aus Zufall wieder mal den Carneval in die Finger bekommen und siehe da auf einmal lief das Stück recht problemlos. In dem Moment hab ich erkannt, dass ich eine höhere Könnensstufe erreicht hatte.

Ein anderes Stück an dem ich eine Könnenssprung festmachen kann , war bei mir aus der Reihe "bekannt beliebt begehrt" das Stück "American Patrol". Da tauchen im hinteren Teil des Stücks Bassläufe auf und die rechte Hand begleitet. Das war für mich völlig neu so zu spielen. Das war für mich das allererste mal dass die linke Hand auch Führungsaufgaben übernimmt und nicht nur begleitet. Als das Stück dann funktionierte hab ich ebenfalls gespürt, dass jetzt was anders geworden ist.



Und ein eher indirekte Schlüsselerkenntnis habe ich mit dem Stück "Tanzende Finger" gehabt. Ich kannte das Stück nur als "Vollgasstück" das viele im Verein spielten. Und bei allen gings darum, das Stück möglichst rasend schnell zu spielen ... ich also auch...bis ich das Stück dann zufällig mal im Radio als Originalaufnahme hörte (Internet gabs damals noch lange nicht)...und die spielten das Stück im Radio!!! wesentlich langsamer als ich das je von einem anderen Spieler gehört hatte. Und das absolut bemerkenswerte für mich war, dass das Stück auf einmal nicht nur nach schneller Notenfolge geklungen hat sondern "Musik" war.

Für mich war das damals zum ersten Mal die Erkenntis, dass man mit der Art wie man spielt, den Charakter eines Stücks gewaltig ändern kann und dass man z.B. mit anderem Tempo mit dem Stück was ganz anderes ausdrücken kann. Seit dieser Zeit überlege ich mir sehr oft bei meinen Stücken was ich überhaupt damit ausdrücken will und was ich dafür tun muss, dass das Stück auch danach klingt.

...und heute?...

So richtige Meilensteinstücke habe ich da eigentlich nicht mehr. Da ist es eher so dass es viele Stücke gibt, an denen ich spezielle Details gelernt habe, die mit richtig weitergerbacht haben.





damit habe ich sehr gekämpft , bis bei mir der Knoten geplatzt ist :Augen zu, Spaß haben, Balg benutzen ...

@Minze - du schreibst hier so ganz nebenbei was hin, was ich als gewaltige Erkenntis, wenn nicht sogar für die Erkenntnis beim Akkordeon überhaupt ansehe: Den Balg benutzen!

...man kann Fingerfertigkeit haben und schnellste Läufe hinzaubern, größte Sprünge meistern... aber erst mit der Balgarbeit bekommt das Stück Leben! Mit dieser Entdeckung hast du mit den wichtigsten Punkt bei Akkordeonspielen überhaupt endeckt, den manche sehr erfahrene Spieler bis heute noch nicht begriffen haben und immer noch der Meinung sind, der Balg ist nur die Luftpumpe: auf-zu-auf-zu!
 
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Es ist lang her, mein Schlüsselstück war ein "Halbwalzer in G" von Rudi Zapf, bayrische Volksmusik.
Es war das erste Stück das ich auswendig und mit dem Herzen spielte, das ich liebte und wirklich verstanden hatte.
Es war nicht mehr das "Fingergedächtnis" sondern ich "wusste" wie es geht. Ich wusste die Harmonien und konnte jeden Teil beginnen wo ich wollte.
Das bahnbrechende dabei war, das ich mir plötzlich selbst zuhören konnte wie es klingt. Das wiederum war die Basis für die Entwicklung der Balgführung.
Und keine Noten mehr, was für eine Freiheit!
Ich konnte der Melodie zuhören oder mich auf Bass und Begleitakkorde konzentrieren ohne rauszufliegen, alles klar und deutlich, jede Nuance, es war der Wahnsinn.
Jahrelang habe ich jeden Soloauftritt mit diesem Stück begonnen, das beruhigt heute noch ungemein.
 
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Ich hatte lange und durchgängig Unterricht und das verhindert Meilensteine, weil der Schwierigkeitsgrad kontinuierlich steigt und nicht sprunghaft.
An so elementare Steigerungen (Verlassen des Fünftonraumes, erste Doppelgriffe oder Akkorde etc.) erinnere ich mich nicht.
Und wenn der Schwierigkeitsgrad ein gewisses Niveau hat, können neue Techniken unbemerkt einfließen, ohne dass man sie als solche groß wahrnimmt, wenn der Rest einen auch fordert.
Solche Basssoli wie bei den alten Kameraden oder in "Dem Land Tirol die Treue" könnte ich nennen, aber nur weil die rechte Hand so wenig zu tun hat und man deshalb auch seinen Fokus auf der linken Seite hat.
Auch den Kuckuckswalzer muss ich dazuzählen - ein grundsätzlich nicht so schweres Stück, bei dem man aber ausgiebig mit 4-5 trillert.
Ich weiß leider überhaupt nicht, wann es bei mir losging mit der "schönen" Balgdynamik, also damit, dass man über das, was in den Noten steht hinausgeht.
Das wäre definitiv ein Schlüsselerlebnis.
 
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@Minze - du schreibst hier so ganz nebenbei was hin, was ich als gewaltige Erkenntis, wenn nicht sogar für die Erkenntnis beim Akkordeon überhaupt ansehe: Den Balg benutzen!

Das hört sich nebenbei an, war aber tatsächlich ein flash... Ich habe ursprünglich Klavier gelernt, mein "fühlen also in den Fingern" , das sture " ich möchte das noch besser hören, wenn ich nicht das Gefühl hätte, sie können das, würde ich das nicht von Ihnen verlangen" meines Lehrers, hat mich kurz richtig wütend gemacht. Was will er von mir ? Geschwindigkeit stimmt, Bässe kurz, Balgwechsel nicht an schlimmen Stellen ... und plötzlich war er da , der Balg, wie beim singen , das Gefühl, daß der die Musik macht und nicht die Finger. Seitdem bin ich hin und weg ...hört sich ein bißchen viel und vielleicht blöd an , aber ich habe das weder bei Klavier noch bei Gitarre (autodidaktisch, eher Lagerfeuer) erlebt, daß ein Instrument Glücksgefühle in mir auslöst.
Beim Akkordeon ist das definitiv so !
 
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Das bahnbrechende dabei war, das ich mir plötzlich selbst zuhören konnte wie es klingt.
Total wichtig, @Balgseele. Super, dass Du darauf hinweist. Ich glaube auch, dass man sich nur wesentlich verbessern kann, wenn man sich selber zuhören kann. Noten können einen total fesseln. Die Aufmerksamkeit hängt nur an den schwarzen Punkten und alles andere gerät total aus dem Blickfeld: Wie laut bin ich? Habe ich schöne Melodiebögen? Setze ich meine Phrasen sauber voneinander ab? Atmet mein Spiel? Atme ich selber richtig? Bin ich locker? Geht alles nicht, wenn ich vor lauter Noten die Musik nicht mehr wahrnehmen und fühlen kann.
 
Du zählst ganz viele neue Dinge auf die Du dann statt der Noten kontrollierst.
Das ist zwar ein höheres Niveau,
aber auch das wird irgendwann überwunden und unbewusst und wieder neue Dinge treten in den Vordergrund.

Zb. Kommunikation mit dem Publikum.
Verbindungen zu Gott und der Welt schaffen ... und so hört man von vielen Künstlern so abgefahrene Sachen, Assoziationen oder Gefühle die man kaum glauben kann und ziemlich absurd erscheinen.

Eigentlich ist die Chance dazu am höchsten, wenn es gerade nicht so kompliziert ist. Andererseits muss es einen auch selbst packen und fordern.
 
Ich versuche das innere Bild oder Gefühl zu vermitteln
Ich weiß nicht, wo der Knoten geplatzt ist - vermutlich irgendwo im Kopf ...
dass ich völlig versunken war ins Spiel, dass die Musik und ich irgendwie "eins" waren
neue Erfahrungen und man staunt und freut sich wie ein neugeborenes Kind.
Atmet mein Spiel? Atme ich selber richtig?

ich kann euch nur beneiden ...
 
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auch das wird irgendwann überwunden und unbewusst und wieder neue Dinge treten in den Vordergrun
Ich freu mich drauf. Früher hab ich Akkordeonspielen mal mit Klettern verglichen. Los geht's im Schwierigkeitsgrad 1, dann.. Erst auf einen 2000er, dann ein 2500er. Aber mit dem Mt. Everest ist Schluss. Beim Akkordeonspielen ist das anders. Es geht immer weiter, immer abgefahrener wie Du sagst:

Verbindungen zu Gott und der Welt schaffen
Irgendwann kommt NICHTS oder ES oder ... Ich bin gespannt.

Man hat mir mal gesagt, man könne über alles reden. Tabu sind nur Sex und Religion. Darum schweig ich jetzt mal lieber und wir quatschen beim nächsten Workshop...
 
Tabu sind nur Sex und Religion.

<OT an> Ich habe es mir mal so zurechtgelegt und bin damit zeitlebens gut gefahren: Vor einer anonymen Öffentlichkeit darf man über alles reden nur nicht über

- Geld
- Religion
- Politik.

Ich mache hier aber mal eine kleine Ausnahme, das Forum ist ja nur fast eine anonyme Öffentlichkeit: In ein paar Minuten ist ein Drecksack weniger an der Macht. <OT aus>
 
Mein Schlüsselstück - und damit die Erkenntnis, dass vier Finger nicht reichen, um es korrekt zu spielen, war die
"Etude en Fa majeur" von Gérard Grisey.

Da habe ich begonnen, den Daumen einzubeziehen - damals war nur das Spiel mit vier Fingern erlaubt, den Daumen hatte man zum Stützen anzustellen! :rolleyes::nix:
 
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