Tinnitus oder was...?

  • Ersteller Cool Hand Tom
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Das erste mal Tinnitus (oder vermutlich das erste Mal bemerkt) hatte ich nach meinem ersten Wacken… aber nicht wegen mangelndem Gehörschutz, sondern wohl eher wegen „Streß“ und Belastung durch mangelnden Schlaf, zu wenig Flüssigkeit etc. Dem habe ich jahrelang nur wenig Beachtung geschenkt, maximal abends vor dem Einschlafen im Bett. Dann kam mein erster Job und viel Streß, und plötzlich hatte ich das, was mir der HNO als „Hörsturz“ verkaufen wollte: ein Ohr total wattig und zu, Töne habe ich dort versetzt gehört. Wurde mit Kortison behandelt, das Wattige ging, aber ein fetter Tinnitus blieb. Damals hatte ich totale Panik, dass ich taub werden könnte oder es so bleibt. Danke auch an den HNO, der die Panik mit Gerede von „Infarkt im Ohr“ noch geschürt hat.

Über die Jahre kam das noch oft (mittlerweile locker 15 Mal, eher öfter) und ging wieder. Und je mehr ich mich dran gewöhnt habe, je weniger Beachtung ich dem geschenkt habe und je weniger Streß im Leben war, desto weniger war es. Mein Tinnitus ist mittlerweile fast nichtexistent und vor Corona hatte ich 5 Jahre kein wattiges Ohr. Ich habe mehrere HNOs abgeklappert um Schlimmes auszuschließen. Nachdem einer mir gegenüber angedeutet hat, dass Tinnitus und Hörsturz alles andere als eindeutig erforscht sind habe ich mir mal die Behandlungsleitlinien durchgelesen und war entsetzt: für die ganzen Behandlungen, die ich habe über mich ergehen lassen und teils teuer selbst bezahlen musste, gibt es keine oder nur schwache Evidenz. In anderen Ländern wird bei Hörsturz und Tinnitus erst mal nichts gemacht und die Spontanheilungsraten sind identisch. Deutet auch sehr stark darauf hin, dass die teuren Behandlungen nur einem helfen: dem Arzt.

Bottom line für mich: (Hobby-)Musiker haben wenig überraschend besonders große Angst, dass sich ihr Gehör verschlechtert. Man sollte auf jeden Fall organische Ursachen ausschließen lassen, aber danach hat mir nur eines so richtig geholfen: sich an das Thema zu gewöhnen und sich nicht damit zu beschäftigen.

In der aktuellen Forschung gibt es übrigens die Position, dass Tinnitus im Hirn, nicht im Ohr entsteht und etwas mit der Filterung von wahrgenommenen Reizen zu tun hat.
 
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Deutet auch sehr stark darauf hin, dass die teuren Behandlungen nur einem helfen: dem Arzt.
Was Du schreibst ist einerseits nachvollziehbar, andererseits ein ziemlich unsachliches Arzt-Bashing. Es stimmt, dass einem von manchen Ärzten individuelle Gesundheitsleistungen (IGEL-Leistungen) verkauft werden. Die sind - zum Teil völlig richtigerweise - nicht von den Krankenkassen anerkannt, eben weil eine wissenschaftliche Evidenz dafür fehlt, dass sie ausreichend nützlich sind. Gerade bei z.B. Ozon-Therapien bei Hörsturz, hätte ich da meine Zweifel. Aber letztlich habe ich eben nur Zweifel und nicht ausreichend Ahnung um das bewerten zu können. Aber die regulären Behandlungen wie z.B. Kortisontherapien sind wissenschaftlich anerkannt, weil sie in der Abwägung von Wirkung/Nebenwirkung und Therapiekosten ohne gesundheitliche Einbußen für den Patienten eine Hilfe herbeiführen können. Das ist bei vielen anderen Behandlungen nicht anders. Kortison kann gegen die vielen entzündlichen Ursachen einer solchen Symptomatik helfen und ist somit das Mittel der Wahl und damit laut Leitlinie korrekt.
Nicht korrekt finde ich, da bin ich voll bei Dir, wenn ohne Wissen um Ursache usw. einfach irgendwelche Therapien als Sonderleistungen angeboten werden. Als Patient muss ich erst einmal davon ausgehen, dass das ursächlich hilft, was mir mein Arzt da anbietet. Und oft kostet das verdammt viel Geld, sich mit z.B. Ozon bedampfen zu lassen.

Dann kam mein erster Job und viel Streß, und plötzlich hatte ich das, was mir der HNO als „Hörsturz“ verkaufen wollte: ein Ohr total wattig und zu, Töne habe ich dort versetzt gehört.
Da verstehe ich nicht, wieso Dir der Arzt das als Hörsturz "verkaufen" wollte. Es war ein Hörsturz, so wie Du es beschreibst. Ein Problem hätte ich mit seiner Zuschreibung "Ohrinfarkt". Ein Hörsturz ist eine Symptomatik, die Du offensichtlich hattest. Bis dahin alles richtig. Ob es ein Durchblutungsproblem war, wird er aber nicht festellen können, womit die Erläuterung "Ohrinfarkt" einfach geraten war.

Wie schon vorher beschrieben, ist die Symptomatik eines Hörsturzes auf sehr viele Ursachen zurückzuführen. Wie Du schon schreibst, spielen Stress und viele weitere Ursachen eine Rolle. Und ein guter Arzt klärt über die Ungewissheit auf, in der man sich bewegt (auch als Arzt).
 
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Was Du schreibst ist einerseits nachvollziehbar, andererseits ein ziemlich unsachliches Arzt-Bashing. Es stimmt, dass einem von manchen Ärzten individuelle Gesundheitsleistungen (IGEL-Leistungen) verkauft werden. Die sind - zum Teil völlig richtigerweise - nicht von den Krankenkassen anerkannt, eben weil eine wissenschaftliche Evidenz dafür fehlt, dass sie ausreichend nützlich sind. Gerade bei z.B. Ozon-Therapien bei Hörsturz, hätte ich da meine Zweifel. Aber letztlich habe ich eben nur Zweifel und nicht ausreichend Ahnung um das bewerten zu können. Aber die regulären Behandlungen wie z.B. Kortisontherapien sind wissenschaftlich anerkannt, weil sie in der Abwägung von Wirkung/Nebenwirkung und Therapiekosten ohne gesundheitliche Einbußen für den Patienten eine Hilfe herbeiführen können. Das ist bei vielen anderen Behandlungen nicht anders. Kortison kann gegen die vielen entzündlichen Ursachen einer solchen Symptomatik helfen und ist somit das Mittel der Wahl und damit laut Leitlinie korrekt.
Ich würde dir hier widersprechen wollen und sagen, dass es sachliches Arzt-Bashing ist. Glucokortikoide haben in einem Cochrane-Review keine klare Evidenz für eine Wirksamkeit geliefert und wurden aus dem Grund als Kassenleistung gestrichen. Wenn ein Arzt mir Dinge verkaufen will (bei IGEL ja wortwörtlich), dann sollte es etwas sein, für dessen Wirksamkeit eindeutige Evidenz vorliegt. Die Leitlinie geht ja auch darauf ein, dass die meisten Studien nicht komplett randomisiert, kontrolliert und verblindet sind, bei fast allen fehlte ein Faktor.
Nicht korrekt finde ich, da bin ich voll bei Dir, wenn ohne Wissen um Ursache usw. einfach irgendwelche Therapien als Sonderleistungen angeboten werden. Als Patient muss ich erst einmal davon ausgehen, dass das ursächlich hilft, was mir mein Arzt da anbietet. Und oft kostet das verdammt viel Geld, sich mit z.B. Ozon bedampfen zu lassen.

Oder hyperbarer Sauerstoff. Oder Rheologika. Das Problem ist, dass die meisten Menschen im Panikmodus sind und irgendetwas machen wollen. Das wird von vielen (nicht allen!) Ärzten da ausgenutzt und ist unethisch. Wenn es darum ginge einfach "irgendetwas zu tun", sprich: ein Placebo einzusetzen, dann geht das auch für deutlich geringere Beträge. Mal abgesehen davon dass der Einsatz von Placebos ethisch problematisch ist. Wirkstoffe ohne Evidenz einzusetzen ist aber letzten Endes genau das, der Arzt suggeriert eine Wirkung ohne dafür nach wissenschaftlichen Maßstäben hinreichenden Beleg zu haben.
Da verstehe ich nicht, wieso Dir der Arzt das als Hörsturz "verkaufen" wollte. Es war ein Hörsturz, so wie Du es beschreibst. Ein Problem hätte ich mit seiner Zuschreibung "Ohrinfarkt". Ein Hörsturz ist eine Symptomatik, die Du offensichtlich hattest. Bis dahin alles richtig. Ob es ein Durchblutungsproblem war, wird er aber nicht festellen können, womit die Erläuterung "Ohrinfarkt" einfach geraten war.

Wie schon vorher beschrieben, ist die Symptomatik eines Hörsturzes auf sehr viele Ursachen zurückzuführen. Wie Du schon schreibst, spielen Stress und viele weitere Ursachen eine Rolle. Und ein guter Arzt klärt über die Ungewissheit auf, in der man sich bewegt (auch als Arzt).
Meine persönliche Stichprobe sah so aus: einer von sechs Ärzten klärte angemessen über die Ungewissheit auf. Um den Bogen zum Anfang zu spannen, ich denke dass Ärzte, die das nötige Fachwissen und die Grundlagen haben um die Wirksamkeit einer Behandlung einschätzen zu können, das im Interesse des Patienten tun sollten und ihre Entscheidung auch auf Anfrage belegen und verargumentieren können sollen. Wer das nicht tut, der hat aus meiner Sicht durchaus ein Bashing verdient, das er durch sorgfältige und fachlich fundierte Arbeit leicht vermeiden kann.
 
Danke, der Placebo-Effekt ist natürlich auch nicht zu unterschätzen, da Tinnitus ja u.a. auch ganz viel mit der Psyche zu tun hat...?
Naja, soweit ich weiß kann es mit der Psyche zu tun haben, muss aber nicht. Es können ja durchaus auch organische Schädigungen sein.


Ich kann nur sagen wie es bei mir ist. Da es bei jedem wohl anders ist.

Habe auch einen Tinitus mit leichtem Piepen auf einem Ohr. Mal stärker, mal schwächer. Aber immer gut auszuhalten, kann aber schon mal nerven. Ähnlich dem Piepen von Röhrenfernsehern.
War ich beim HNO mit dem Ergebnis, beginnende Hochtonschwerhörigkeit. Schädigung durch Überlastung, wie es bei fast jedem Schlagzeuger Standard wäre. Zum Glück bin ich keiner :rock:. Leider auf dem Ohr, das piept etwas mehr. Eigentlich gerade so ein Fall fürs Hörgerät, aber der Doc meinte ich sei zu jung und das Hirn würde das noch irgendwie ausgleichen. Das Piepen kommt wohl von der Überlastung des Hörnervs. D.h. ich höre schlecht, überanstrenge den Nerv beim Hören, daher reagiert dieser mit einem leichten dauerhaften Piepen. Mal mehr mal weniger, bei Ablenkung ganz vergessen. Das Paradoxe, man soll dem Ohr möglichst viel Ruhe gönnen um die Überlastung zu vermeiden, aber wenn es ruhig ist höre ich es stärker piepen ... Bei mir wäre wohl nur ein Hörgerät eine mögliche Abhilfe, da der Nerv entlastet wird, was sich positiv auf den Tinitus auswirkt, aber das hat noch viele Jahre Zeit. Sonst hätte man wohl nur direkt nach der Schädigung was tun können, aber da ich die nicht bemerkt habe, ging das nicht.

Mein Doc gesagt, das wichtigste ist Ruhig bleiben und damit leben lernen, da Panik eher fördernd für das Ganze ist. Das nehme ich mir zu Herzen. Es gibt also ganz viele mögliche Ursachen, welche nur ein Arzt abklären kann oder einfach damit leben lernen.
 
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Da das hier auf der Titelseite gelandet ist, hier mein Senf dazu:

Ich habe auf beiden Seiten einen Tinnitus, ein sehr hoher Ton (wie ihn weiter vorne auch schon jemand beschrieben hat, so 15 .. 16 kHz wie früher die Monitore gepfffen haben)

Den Tinnitus habe ich schon, seit ich denken kann, also schon als kleines Kind. Bin damit aufgewachsen und habe den quasi adoptiert.

Geändert hat sich seither prinzipiell nichts. Gelegentlich (Stress) wird er lauter. Auch in einer Zeit, als ich viel vor solchen Monitoren gesessen bin wurde der lauter und dann behandelt. Mnchmal kommt ein anderer Ton dazu oder der Höreindruck ist mal kurz weg. Dann massiere ich in der Kuhle unter dem Ohr (hinter dem Unterkieferknochen) und damit ist es praktisch immer schnell behoben. Vermutlich Durchblutungsstörung durch Verspannung.

Tinnitus und Schwindel können bei Verspannung im Nacken auftreten. Der Hörnerv kommt aus der Wirbelsäule. Verspannungen können auf den Nerv drücken oder die Durchblutung stören.
Hatte ich auch schon (Schwindel). Das ging weg durch entspannende Massagen und Wärmebehandlung. Wenn man schnell gegensteuert, bevor sich das manifestiert, geht es auch schneller wieder weg. In diesem besagten Fall dachte ich, das feste Gebilde sei der Knochen, aber es war der Muskel, der so hart war. ....

Allgemein:
Der 16 kHz Ton ist aber immer da und geht nicht weg. Ich kann damit leben.
Ich vermute, dass der wohl der Referenzton für mein absolutes Gehör ist. Reine Vermutung, wissenschaftlich nicht belegt. Wäre aber sicher eine interessante Untersuchung.

Ansonsten habe ich aber altersentsprechend ein sehr gutes Gehör, da ich mich freiwillig nicht lauten Lärmpegeln aussetze (der HNO Arzt meinte: Ihr Gehör möcht ich haben ... allerdings wurden nur Töne bis 12 kHz getestet. Mit dem Sinusgenerator habe ich mal den Hörbereich durchgefahren und ich höre drüber durchaus auch noch gut)
Laute Konzerte sind mir ein Graus. Am liebsten habe ich gehobene Zimmerlautstärke, also so, wie wenn man bei einem Lieblingslied weiter aufdreht.

Mein Vater war bei der Gewerbeaufsicht, der hat mich entsprechend sensibilisiert. Wer z.B. mit dem Hammer auf Metall arbeitet, kann sein Gehör schädigen, obwohl ihm die Schläge gar nicht laut vorkommen. Daher habe ich bei Werkzeugeinsatz in der Regel auch einen Gehörschutz auf.
 
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Ich muss auf Deine Ausführungen antworten, weil leider einige Dinge daran so nicht stimmen oder unvollständig sind. Also einmal der Reihe nach:

Ich würde dir hier widersprechen wollen und sagen, dass es sachliches Arzt-Bashing ist. Glucokortikoide haben in einem Cochrane-Review keine klare Evidenz für eine Wirksamkeit geliefert und wurden aus dem Grund als Kassenleistung gestrichen.
Das ist auszugsweise richtig. Allerdings erwähnst Du nicht, dass sie nach wie vor als Empfehlung und Behandlungsoption in der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde empfohlen wird. Und wie Du schon schreibst, wird der Nutzen als "bislang unzureichend belegt" beschrieben. Wohlgemerkt mit der Erwähnung, weil ausreichend Studien mit entsprechend hohem Evidenzgrad fehlen. Übernommen von der Kasse werden - meines Wissens - weiterhin die orale Gabe als auch die tympanale Gabe, die direkt im Ohr appliziert wird.

Ohne da jetzt einen riesigen Allgemeinplatz aufmachen zu wollen: Aber es sind so viele Dinge, die noch nicht ausreichend mit Studien belegt sind. Medizin ist keine exakte Wissenschaft, auch wenn der Gedanke beunruhigend ist. Gerade Dinge der "best practice" sind oft erprobt, wurden aber - weil z.B. die freie Wirtschaft daran kein Interesse hat - nicht mehr weiter beforscht. Wenn Ärzte auf alles, was nicht in höchster Evidenzbewertung belegt ist verzichten sollten, bekäme man in akuten Erkrankungssituationen oft ein Schulterzucken und warme Worte.

Oder hyperbarer Sauerstoff. Oder Rheologika. Das Problem ist, dass die meisten Menschen im Panikmodus sind und irgendetwas machen wollen. Das wird von vielen (nicht allen!) Ärzten da ausgenutzt und ist unethisch. Wenn es darum ginge einfach "irgendetwas zu tun", sprich: ein Placebo einzusetzen, dann geht das auch für deutlich geringere Beträge. Mal abgesehen davon dass der Einsatz von Placebos ethisch problematisch ist. Wirkstoffe ohne Evidenz einzusetzen ist aber letzten Endes genau das, der Arzt suggeriert eine Wirkung ohne dafür nach wissenschaftlichen Maßstäben hinreichenden Beleg zu haben.
Das ist absolut richtig, die meisten Menschen mit akuten Problemen sind auch ziemlich besorgt und suchen deshalb einen Arzt auf. Dein Vorschlag ein Placebo einzusetzen ist ethisch und juristisch absolut untragbar, auch wenn sie bestimmt günstiger wären. Aber das schreibst Du ja selbst.
Aber das was Du beschreibst funktioniert doch genau so auch umgekehrt und ist Teil meiner täglichen Erfahrung. Sehr wenige Menschen sind erquickt, wenn der Arzt sagt "Das geht schon von alleine weg, kommen sie in ein paar Tagen wieder, wenn es schlimmer wird oder so bleibt!". Häufig wird das als Desinteresse verstanden und Patienten bestehen auf eine Therapie. Wenn sie die bei A nicht bekommen, gehen sie zu B. Und wehe genau der Patient kommt eine Woche später wieder und hat einen entzündlichen Prozess (z.B. mit Abszessbildung), der vorher nicht sichtbar war. Da wird der tolle Arzt, der nicht immer "sofort die Chemiekeule rausholt" dann mit dem Anwalt bedroht. Kurzum: Manchmal handelt man, weil die Therapie das kleinere Übel ist, auch wenn man sie selbst nicht unbedingt für notwendig hält.

Und wie oben schon gesagt: Für viele in der Medizin unstreitbar wichtige und alltäglich hilfreiche Behandlungen fehlt bis heute ein evidenzbasierter Beleg per Studie. Daraus - gerade bei so wenigen Studien - zu schließen, die Therapie sei unwirksam, ist gewagt. Man weiß es einfach nicht. Aber unzählige HNO-Ärzte haben damit Jahre lang gute Erfolge erzielt. Im übrigen war es - solange es von der Kasse bezahlt wurde - für den Arzt teurer, wenn er therapierte als wenn er es nicht tat. Die Quartalspauschale ist unabhängig ob ich dem Patienten ins Ohr gucke und ihn wegschicke oder ob ich etwas verordne, das dann von meinem Budget abgeht. Bei den IGEL-Leistungen hast Du Recht. Aber es wäre auch denkbar, dass der HNO von der Therapie überzeugt war und dafür Gründe hatte.

Meine persönliche Stichprobe sah so aus: einer von sechs Ärzten klärte angemessen über die Ungewissheit auf. Um den Bogen zum Anfang zu spannen, ich denke dass Ärzte, die das nötige Fachwissen und die Grundlagen haben um die Wirksamkeit einer Behandlung einschätzen zu können, das im Interesse des Patienten tun sollten und ihre Entscheidung auch auf Anfrage belegen und verargumentieren können sollen. Wer das nicht tut, der hat aus meiner Sicht durchaus ein Bashing verdient, das er durch sorgfältige und fachlich fundierte Arbeit leicht vermeiden kann.
Das ist leider wahr, dass viele Ärzte ihren Auftrag von Aufklärung und Therapieauswahl nicht besonders ernst nehmen. Der Job des Arztes sollte es sein (und ist es per Gesetzgebung eigentlich), den Patienten über Diagnose (oder diagnostische Überlegungen) und Therapieoptionen mit ihren Für und Wider aufzuklären. Und da muss ich eine Lanze für meine Kollegen brechen: Wenn die Zeit dafür da wäre und Du nicht als Facharzt von Patienten (Ärztemangel) überrannt würdesst, würde man das sicherlich auch mehr tun. Das ist keine Entschuldigung für die unterlassene Aufklärung, aber eine gewisse Erklärung.

Bevor der Thread hier von einer Arzt-Diskussion gekapert wird, noch ein letztes Wort von meiner Seite dazu: Ärztliche Behandlung ist mehr als eine Leitlinie anzuwenden, die im Einzelfall und den ständigen Befunden "im Grenzbereich" leider oft nicht hilft. Von den Behandlungen dort aus guten Gründen abzuweichen, gehört zur Qualität der Behandlung eines guten Arztes. Und natürlich ist es Quatsch jedem Patienten mit Hörsturz sofort für drölfhundert Euro Kortikoide zu verkaufen.
Aber es ist nach wie vor erste Wahl beim Hörsturz, hat als "best practice" seinen Platz und kann im Fall, wenn nach einigen Tagen keine Besserung eingetreten ist, ein sehr sinnvoller Behandlungsansatz sein.

Aber eigentlich (!) ging es hier um Tinnitus, nicht um Hörstürze.
 
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Ohne da jetzt einen riesigen Allgemeinplatz aufmachen zu wollen: Aber es sind so viele Dinge, die noch nicht ausreichend mit Studien belegt sind. Medizin ist keine exakte Wissenschaft, auch wenn der Gedanke beunruhigend ist. Gerade Dinge der "best practice" sind oft erprobt, wurden aber - weil z.B. die freie Wirtschaft daran kein Interesse hat - nicht mehr weiter beforscht. Wenn Ärzte auf alles, was nicht in höchster Evidenzbewertung belegt ist verzichten sollten, bekäme man in akuten Erkrankungssituationen oft ein Schulterzucken und warme Worte.
Bei etwas so Hochverantwortlichem, wie dem Arbeiten an Körper (und evtl. Psyche) eines anderen Menschen ist das leider nicht gut genug. Wenn das in der Breite so wäre, dann hätte ich nicht wochenlang nach einem Kinderarzt suchen müssen, der mit einem zugelassenen(!) Impfstoff meine Kinder impft. Ich glaube schon, dass die meisten Ärzte sich hier sehr an wissenschaftlichem Konsens und Studienlage orientieren, und das aus gutem Grund. Wenn etwas funktioniert, dann tut es das auch doppelt verblindet, randomisiert und kontrolliert und dort mit statistischer Signifikanz. Die wissenschaftliche Methode und ihre Maßstäbe sind aus gutem Grund erprobt und über Jahrhunderte verfeinert.
Bevor der Thread hier von einer Arzt-Diskussion gekapert wird, noch ein letztes Wort von meiner Seite dazu: Ärztliche Behandlung ist mehr als eine Leitlinie anzuwenden, die im Einzelfall und den ständigen Befunden "im Grenzbereich" leider oft nicht hilft. Von den Behandlungen dort aus guten Gründen abzuweichen, gehört zur Qualität der Behandlung eines guten Arztes. Und natürlich ist es Quatsch jedem Patienten mit Hörsturz sofort für drölfhundert Euro Kortikoide zu verkaufen.
Aber es ist nach wie vor erste Wahl beim Hörsturz, hat als "best practice" seinen Platz und kann im Fall, wenn nach einigen Tagen keine Besserung eingetreten ist, ein sehr sinnvoller Behandlungsansatz sein.

Aber eigentlich (!) ging es hier um Tinnitus, nicht um Hörstürze.
Tinnitus und Hörstürze liegen als Themen ja jetzt nicht so weit auseinander. Aber wenn du den Thread nicht weiter in die Richtung schubsen möchtest, dann lassen wir das. Danke für die Diskussion auf jeden Fall. :)
 
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Ich lebe seit Jahren mit einem Grundrauschen, das sich so im Bereich der oberen Hörgrenze abspielt. So richtig gestört hat es mich noch nie, ich beachte es aber auch nicht besonders.
 
also bei mir war es so: Stress weg durch Pensionierung :bang: ,1/2 Jahr später Tinitus weg.... :hail:
Jetzt hör ich wieder die Flöhe im Leslie husten :m_key: :great:
 
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Bei mir ist es wie bei den meisten von Euch.
Schleichender Prozess, seit der Kindheit. Leicht unterschiedliche Töne bei ungefähr 10 kHz. Schwankt im Panorama.
Wollt ihr mal reinhören? :D




Was mich wundert
(der HNO Arzt meinte: Ihr Gehör möcht ich haben ... allerdings wurden nur Töne bis 12 kHz getestet. Mit dem Sinusgenerator habe ich mal den Hörbereich durchgefahren und ich höre drüber durchaus auch noch gut)

das funktioniert wohl nur, weil Deine Töne arg hoch sind.
Meine Überlegung:
Alles um die 10 khz höre ich schlecht, weil das echte Geräusch vom inneren verdeckt wird bzw die Hörnerven dort ziemlich abgestumpft sind.
Alles über 10 kHz ist sowieso geschwächt im Alter.

Wenn Deiner jetzt bei 16 khz liegt, scheint das viel höher, aber zwischen 10 und 20 khz ist es ja auch nur eine Oktave...
Deshalb müsste es bei Dir eigentlich ähnlich sein wie bei mir.
 
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das funktioniert wohl nur, weil Deine Töne arg hoch sind.
Mit dem Sinusgenerator höre ich tatsächlich auch um die 15,16kHz ganz gut. Scheint eine recht schmale Stelle zu sein und wenn ich ein gleich hohes Pfeifgeräusch höre (vor allem länger und lauter), dann regt das mein Tinnitus-Geräusch an.

Dein Pfeifton liegt deutlich tiefer als meiner und ist für mich deutlich unangenehm.
 
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... Tinnitus und Schwindel können bei Verspannung im Nacken auftreten. Der Hörnerv kommt aus der Wirbelsäule. Verspannungen können auf den Nerv drücken oder die Durchblutung stören.
Hatte ich auch schon (Schwindel). Das ging weg durch entspannende Massagen und Wärmebehandlung. ...
Das ist auch meine Erfahrung: Lange gesessen und Dauerstress, und schon fiept es laut und penetrant vorzugsweise im rechten Ohr. Bin dann schnellstens beim Physiotherapeuten, um mir beim Lösen der Verspannungen helfen zu lassen. Danach ist wieder eine Weile Ruhe. Und nachdem mir ein guter Chiropraktiker mal Becken und Wirbel zurechtgerückt hatte, sind die Pausen zwischen den Attacken nun deutlich größer.
Ob Rücken, Schultern, Nacken, Kau- oder Zungengrundmuskulatur - lockern und entspannen ist auf jeden Fall ein guter erster Schritt.
 
Ich hatte Tinnitus, hat mich sehr behindert vor allem und insbesondere beim Singen, weil ich schon Angst hatte nicht den richtigen Ton zu treffen oder meinen Einsatzton (von anderen Instrumenten) nicht übernehmen zu können. Selbst das Einschlafen gestaltete sich immer schwieriger, weil es ja nie wirklich still war. Hab sehr vieles ausprobiert (der HNO sagte alles ok), u.a. gibt es Hörprogramme zum "Initialisieren", das hat (wenn überhaupt) nur sehr kurze Linderung gebracht. Was wirklich geholfen hat war, der komplette Verzicht auf Zucker (und andere Kohlehydrate) über einen längeren Zeitraum (bis jetzt 24Monate), das hat neben meinem Körpergewicht auch den Tinitus reguliert (und meine beiden großen Zehennägel). Sehr viele Gebrechen hängen mit der Ernährung zusammen, alles was auch Schachteln kommt oder in Pulverform in den Regalen steht ist jetzt vielleicht schmackhaft, sollte aber möglicherweise nur in Maßen zu sich genommen werden. Koffein, Nikotin, Alkohol, Zucker, ... sind Suchtgifte und auch als solche zu behandeln.
Wer sich gesund fühlt und schneller Linderung sucht, dem kann ich nur Fasten (mal einen Tag nichts essen) empfehlen (während des Fasten natürlich kein Koffein, Nikotin, Alkohol, ...)
 
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Ja, der ist weg
 
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Habe mit großem Interesse die Beiträge gelesen.
Es gibt nur einen Rat, probt und tretet mit in ear monitoring auf.
Alles schön dicht halten und moderate Lautstärke verwenden.
Falls kein Monitoring, da gibt es akustisch gute Ohrstöpsel.

Mich hat es im Laufe von 45 Jahren Bandleben erwischt.
Habe nun ein ständiges Grundrauschen.
Es kam schleichend.
In meinem Job musste ich alle paar Jahre einen Tauglichkeitstest zum Führen von Kraftfahrzeugen absolvieren.
Von Jahr zu Jahr sank die Hörleistung in den höheren Frequenzen.
Natürlich altersbedingt sinkt die Wahrnehmung höherer Frequenzen tatsächlich. Da ist nichts mehr mit HIFI 45500.
Schneller geht es dann im Bandegefüge und volle Pulle.

Mein Negativbeispiel ist einer unserer ehemaligen Drummer.

Von Beruf Dr. HNO

Wir hatten uns in seiner Praxis zum gemeinsamen Hörtest getroffen.
Jetzt ratet mal, wer am wenigsten hörte?

Genau, er.

Noch brauche ich keine elektronischen Helferlein, aber der Fernseher ist schon deutlich lauter, sagt mein Weib.

Und Tinnitus, soweit mir bekannt, kann man nur lindern.
 
Moinsen
ist ja schon ein bisschen älter der Thread, aber das Thema ja immer aktuell...
Ich hab vor 6 Jahren einen extrem lauten Tinnitus in Form von zwei Tönen bekommen mit Dysakusis und Hyperakusis.
Ich hab dann unterschiedliche Therapien gemacht und für 2 Jahre komplett aufgehört mit Musik. Corona hat die Zeit dann natürlich verlängert.
Nach ein paar Jahren wurde es dann tatsächlich besser und jetzt hab ich "nur" noch ein leichtes Rauschen, was im Vergleich zu vorher ein Lacher ist.
Ich geh nur noch mit Ohrschutz, der an meine Gehörgang angepasst ist auf die Bühne, was problemlos funktioniert.
 
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Mir stellt sich in dem Zusammenhang immer die Frage, ob laute Musik die spezifische Ursache für Tinnitus ist oder ob dieser stressbedingt ist und somit gar nichts mit der Musik zu tun hat.
 

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