verfluchte Bogenhand

Janita
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Hallo Forum.

Da bin ich wieder. Und wieder melde ich mich mit einem Problemchen (siehe Thema). Bei vielen Übungen, und auch meist an der selben Stelle, zittert der Bogen. Es ist in 99 % beim Abstrich der Fall und, wie fiddle schonmal mutmaßte, in der Mitte des Bogens. Am schlimmsten ist das, wenn ich mich eh etwas abgeschlafft fühle oder aufgedreht bin, aber da kann ich genau lokalisieren, dass es eben daran liegt dass mein ganzer Körper irgendwie grad keinen Bock aufs Spielen hat. Aber es kommt auch dann vor, wenn ich hochmotiviert bin - nur nicht so häufig.
Nun sagte fiddle mal in einem anderen Beitrag, dass man an der Bogenhand arbeiten soll. Gerne, aber wie genau macht man das? Wie kann man den rechten Arm effektiv schulen? Habe das Problem meiner Lehrerin geschildert. Die spielte daraufhin mit meinem Bogen und kam zu dem Schluss, dass der Bogen ihrer Meinung nach in Ordnung sei und es an selbigem nicht liegen kann. Sie meinte, eine gute Übung sei Folgendes: man soll es allmählich schaffen, einen Bogenstrich auf 60 Sekunden zu spielen, also sehr sehr langsam streichen. Ein Musikprofessor hat es ihr mal so beigebracht als sie noch Studentin war. Das soll die kleinen Muskeln in der Hand stärken.
Ansonsten hat sie an meiner Geigenhaltung auch nichts auszusetzen, alles sieht prima aus, aber das Gezittere macht mich wahnsinnig. Es passiert auch, wenn ich ein Stück spiele, bei dem ich einen Viertelnoten-Abstrich mache, Viertelpause und soll gleich wieder mit einem Abstrich den neuen Takt beginnen. Bei einem Anfänger ist das eine verdammt kurze Pause und so wird der Abstrich im nächsten Takt wie eine Autofahrt durch Schlaglöcher.

Hat jemand Tips?

LG,
Janita
 
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Hallo Janita,

eine Technik von meinem Lehrer:
Deine Pausen sind zu kurz:
- Arm und Bogen zunächst frisch ansetzen - entspannen aber konzentrieren.
- einen Strich machen (von mir aus eine Viertel), sofort wieder entspannen, konzentrieren und nächsten Strich setzen.

Der langsame Strich ist viel schwieriger, da über eine lange Zeit die volle Kontrolle aufrecht gehalten werden muß.
Es stimmt schon: langsam Streichen zeigt alle Unzulänglichkeiten.

Das bewußte Üben in geduldigen Schritten bereitet die Basis für eine Technik, über die man später dann nicht mehr
nachdenken muß.
- Mentale Vorbereitung: "gleich setze ich einen Strich und der soll so und so klingen".
- Ansetzen, Muskulatur entspannen, Sinne (Tschi) in die Finger (rechts) und machen.
Ging daneben? Egal. Hat einmal geklappt? -> weiter versuchen dieses Ideal zu reproduzieren.

Pausen, wichtig. Nicht etwas anders machen, nur ne einfache Pause. Kurz absetzen, atmen, Muskulatur lockern.
Neu ansetzen. Dabei konzentriert bleiben.

Alles, was du methodisch und konzentriert im richtigen Tempo (und das ist immer langsam) machst, wird hängen bleiben.


cheers, fiddle
 
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Das oben geschilderte Problem hatte ich auch und habe es hin und wieder auch heute noch. Dann muss ich eine Pause machen und ganz "locker" weitermachen. Meine rechte Hand ist zu starr, wenn es passiert... wenn ich sie lockerer lasse ist es besser oder weg.
Wenn das Problem mal wieder auftritt, werde ich fiddles Übung versuchen. Das klingt vielversprechend.
 
Ich möchte nur noch ergänzen, daß es sehr viele methodische Übungen zur Bogenfühung gibt.
Die kann man hier garnicht alle aufzählen - da würde man sich die Finger wund tippen.

Vielleicht einige Stichpunkte:
- Bogendruck: Am Frosch entlasten, kontrolliert heben und zur Spitze hin Druck verstärken
- Druck und Geschwindigkeit - hohe Geschwindigkeit, Kontaktstelle zum Griffbrett / langsam - mit mehr Druck zum Steg
- weicher Bogenwechsel, Fingerglieder wie Seegrass in einer Welle bewegen. Druck und Geschwindigkeit anpassen.
Der Handrücken geht den Fingern immer voraus: Z.B. beim Bogenwechsel von Abstrich zu Aufstrich, ist der Handrücken
bereits auf dem Weg zur Spitze, während die Finger noch ab-streichen.

- Martelé: Streicholz-anzünden-Gefühl, Akzente setzen, aus den Fingern heraus explodieren.
- Endlos-Ton, ohne den Arm zu Bewegen, sondern nur aus den Fingern heraus.
- Geschwindigkeitswechsel mit Anpassung der Kontaktstelle.
- Legato-/ Springbogenwechsel. Akzente wie im Martelé setzen.

Man kann so viele Sachen machen, die meistens keinen großen Spass machen :D
(aber helfen..)

p.s.

weitere Übungen:
- 4 Abstriche auf einen Bogen, Impulse aus den Fingern. Anschließend 4 Aufstriche auf einen Bogen.
So kurz und knackig wie es geht.
Wärend der Pause wandert der Arm und die Hand voraus, die Finger strecken sich, aber
der Bogen steht. Jetzt kann der nächste Impuls kommen. Sehr spannend und komplex, sowas.
- Steigerung: 8 knackige Abstriche und 8 Aufstriche, je auf eine Bogenlänge.
- Knackiger, kurzer Impuls am Frosch, weit absetzen, an der äußersten Spitze wieder ansetzen und
einen Martelé Knack-Aufstich hinsetzen, zurück an den Frosch. Die Schulter muß frei bleiben, der Arm
locker, der Rücken gerade und der Atem gleichmäßig.

Das Knackige schult das Weiche und umgekehrt. Gehe in die Extreme, um die Grenzen zu erfahren.
 
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Was ist eigentlich mit Zittern gemeint? Ich habe das manchmal, dass ich beim Wechseln von Saite zu Saite einen ungewollten Sprungbogen bekomme, dass also der Bogen auf der Saite auf und ab eiert. Ist es das? (ich spiele allerdings KB mit deutscher Haltug, da ist es vielleicht noch was anderes)
 
Danke für den interessanten Einblick fiddle. Diese Übungen wurden dir mündlich weiter gegeben? Oder gibt es die irgendwo als gesammelte werke? :)
 
An diese Übungen erinnere ich mich rein aus meinem Gedächtnis.
Mein Geigenlehrer hatte, abseits der Standard-Übungshefte, ein wirres Sammelsurium an
selbst-geschriebenen Übungen - vieles davon als fotokopierte Handzeichnungen.
Zu den Bogenübungen gab es wenig Material - das wurde mir hauptsächlich gezeigt / erzählt.

Das waren wohl die ersten Entwürfe, seines (ich weiß es aber nicht sicher) später verfassten Lehrbuches.

Ich fand diese "Spezial"-Übungen immer viel ineressanter, als den Standard-Krimskrams, der ja auch nicht so schlecht ist.

Aber - einen guten Lehrer kann kein Buch ersetzen.


cheers, fiddle
 
Hi fiddle,

:great: :great: :great:

Echt super Beiträge/Übungstipps zur Bogenführung!

LG,

Cellohm
 
Hallo,
ich habe diesmal diesen alten Beitrag herausgekramt, weil ich eine Frage zu dieser genannten Übung zur Bogenführung habe:

Nun sagte fiddle mal in einem anderen Beitrag, dass man an der Bogenhand arbeiten soll. Gerne, aber wie genau macht man das? Wie kann man den rechten Arm effektiv schulen? Habe das Problem meiner Lehrerin geschildert. Die spielte daraufhin mit meinem Bogen und kam zu dem Schluss, dass der Bogen ihrer Meinung nach in Ordnung sei und es an selbigem nicht liegen kann. Sie meinte, eine gute Übung sei Folgendes: man soll es allmählich schaffen, einen Bogenstrich auf 60 Sekunden zu spielen, also sehr sehr langsam streichen. Ein Musikprofessor hat es ihr mal so beigebracht als sie noch Studentin war. Das soll die kleinen Muskeln in der Hand stärken.

Ist die Übung wohl sinnvoll - was meint Ihr?
Ich (als Anfänger) würde vermuten, dass ein sooo laaaangsamer Strich ordentlich die Haltung und Kontrolle des Bogens usw schult.

Aber: ist es richtig, dass ich diesen Strich nur ganz ganz leise machen kann, weil es sonst nur knerzt und knarrt?
Wenn ich das ausprobiere, kriege ich natürlich keine 60 Sekuinden hin, aber immerhin schonmal 30-40 Sekunden - aber eben nur total mega leise.

Oder liegt es an meinem Unvermögen, dass ich das nicht anders hinkriege?
Oder ist die ganze Übung irgendwie unzweckmäßig?

Ich freue mich auf Eure Meinung und Tipps :)
Petra
 
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Hi Petra,

wenn ein Musikprofessor eine bestimmte Übung empfiehlt, dann ist meistens auch etwas dran ;)

Die Frage ist immer, ob diese Übung auch dann richtig umgesetzt wird.

Wenn du das nur im Pianissimo spielen kannst, dann denke ich als aller erstes an die Kontaktstelle.
Viel näher an den Steg, mehr Bogenhaare (weniger aufkanten) und mehr Druck -> mehr Ton/Lautstärke.

Was das nun verlangt: einen total langsamen, satten, zitterfreien und kontrollierten Bogenstrich.
Das ist eine richtig schwere Übung!

Da kann ich mir durchaus vorstellen, daß diese Übung deine Lehrerin einen gewaltigen Schritt vorwärts gebracht hat.


cheerrs, fiddle
 
Hallo Petra!

Ich halte generell alle Übungen für die rechte Hand als absolut sinnvoll.
Nach meinen Beobachtungen wird die rechte Hand zu gerne beim Üben "vergessen".
Fiddle hat in #2 und #4 wertvolle Tipps gegeben; vielleicht nur als kleiner Zusatz meinerseits: Alle diese (und andere) Übungen auf allen leeren Saiten und mit voller Konzentration auf die rechte Hand machen.

Oder: Nimm die eine bekannte Melodie, die du im Ohr hast und spiele nur die Rhythmik auf allen leeren Saiten. Dann kannst du mal versuchen, so viel Töne wie möglich hintereinander jeweils im Auf- und Abstrich auf einen Bogen zu bekommen.
Auch eine schöne Übung ist es, wenn du Achtel, Triolen und Sechzehntel jeweils am Frosch, in der Bogenmitte und an der Spitze spielst. Wenn du das noch miteinander variierst, Pausen und lange Töne auf ganzem, halben oder viertel Bogen einbaust, hast du unendliche Übungsvarianten.

Viel Erfolg!
 
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Hallo, vielen Dank für die Antworten und die Hilfe!

Ja, ich mache also jeden Tag brav und fleißig nur Übungen für den Bogen, also mit leeren Saiten, und orientiere mich an den Tipps hier und an dem, was meine Lehrerin mir sagt.

Naja, niemand hat gesagt, dass es leicht sein würde, ein Streichinstrument ganz neu zu erlernen....:rolleyes:

LG Petra
 

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