KI als VORSCHLAG nutzen, um dann seine eigene Komposition mit diversen Abweichungen draus zu machen!
Das ist mit Sicherheit das, was derzeit schon passiert und was auch noch ausgeweitet werden wird. Das entscheiden und machen - zum Teil - die Kunstschaffenden selbst.
Was die im weitesten Sinne "industrielle", also die direkt für den Konsum und die professionelle Verwertung produzierte Musik angeht, ist die derzeit seit einigen Jahren laufende Auseinandersetzung in den USA interessant:
Erstens klagten und klagen dort Musiker*innen gegen KI-Unternehmen, weil mit ihren Songs, zum einen weitgehend ohne Berücksichtigung von üblichen Tantiemen, zum anderen teils illegal (also ohne ihre Genehmigung und unter Umgehung der Richtlinien für die Verwendung als Trainingsdaten), KI gefüttert wurden, um die Höhe zu erringen, die überhaupt für eine taugliche Dienstleistung nötig ist. In einigen maßgeblichen Urteilen wurde den klagenden Kunstschaffenden Recht gegeben, was zum Teil hohe Entschädigungsforderungen nach sich zog. Diese Urteile waren Grundlage für die GEMA, auch in Deutschland ähnliche Klagen anzustrengen und gesetzgeberische Richtlinien und Regelungen einzufordern. Dieses Vorgehen hat schon früher gegenüber Plattformen wie youtube gefruchtet, die auch lange Zeit nichts an die GEMA abgeführt haben.
Zweitens erstritten die in der US-Musikindustrie Beschäftigten bzw. deren Vertretungen - und zwar in der Filmindustrie - Regelungen für den Einsatz von KI. Dies wird als erster Erfolg gewertet, was den Umgang mit KI in Unternehmen angeht - befürchtet wird gleichwohl, dass die Beschäftigten zunehmend in eine Rolle gedrängt werden, bei denen ihnen KI-generierte Vorprodukte vorgesetzt werden und sie selbst letztlich nur noch am Ende des Prozesses angesiedelt sind und eingesetzt werden: sie treffen eine Auswahl unter den verschiedenen Vorlagen oder modifizieren diese bzw. bügeln deren Fehler aus und arbeiten nach, bis das Endprodukt steht. Das betrifft derzeit im wesentlichen die Bereiche Filmmusik, Drehbücher und Übersetzungen. Bei allen computergenerierten Filmen ist der Einsatz von KI schon längst Gang und Gäbe.
Kommerziell gesehen ist der Einsatz von KI bzw. ChatGTP, die sich direkt an private user wenden, eher uninteressant bzw. Teil eines im online-Bereich üblichen Geschäftsmodells, wo der wirkliche Nutzen für die Unternehmen eher im Bereich der Marktforschung, der zwangsweisen Berieselung mit Werbung sowie der Erhebung von Daten und Profilen dient, die wiederum selbst genutzt und/oder verkauft werden. Die für die user weitgehend kostenfreie Nutzung (es gibt ja schon längst auch Bezahlmodelle - etwa bei Suno, wo man erst gegen Aufpreis "hochaufgelöste" Daten oder separierte Dateien bekommt, die man selbst weiterbearbeiten kann) hat dennoch einen Wert für die KI- und ChatGPT-Unternehmen, weil diese Erfahrungen dazu dienen, ihre Produkte und Dienstleistungen weiter zu entwickeln - jeder user, der KI oder ChatGPT nutzt, macht sich zum freiwilligen Lerngehilfen. Zudem - auch das ist ein wesentlicher Faktor - dient es dazu, bestehende Hemmschwellen bezüglich KI und ChatGPT in der breiten Bevölkerung zu senken, sie zu etwas normalem zu machen.
In einer Gesellschaft, in der Kunstprodukte gleichzeitig kommerzielle Produkte sind, ist davon auszugehen, dass der Einsatz von KI auch weiter um sich greifen wird. Zum Teil von einigen Kunstschaffenden selbst, aber auch völlig losgelöst von diesen durch kommerziell ausgerichtete Unternehmen. Ich glaube allerdings, dass die kommerziellen Interessen vor allem auf Gebieten um sich greifen, welche mit Kunst nur bedingt zu tun haben. Das betrifft beispielsweise kommerziell genutzte Stock-Fotos oder die Herstellung von Katalogen, die im Grunde ja nur aus Produktfotos, technischen Informationen, dem Preis und der Vergabe von Metadaten bestehen, die zur Auffindung der Produkte dienen. Dazu kommt dann noch ein kurzer werbender Text als Teaser, der am ehesten noch einem Menschen überlassen wird. Dort, wo die Arbeitsprozesse schon stark aufgeteilt, umrissen und strukturiert sind und nach gewissen beschreibbaren Regeln erfolgt, ist das eigentliche Einfallstor und Betätigungsgebiet für KI - genauso lief es auch bei der Einführung des Computers oder früher bei der Manufaktur und später der industriellen Produktion. Der Unterschied ist eher, dass KI sich auch oder besonders dafür eignet, personennahe Dienstleistungen zu unterstützen oder zu ersetzen. Das wird bei Hotlines sein, bei allen reinen Vermittlungstätigkeiten, im Pflegebereich etc. Das liegt daran, dass KI und ChatGPT insbesondere dialogorientiert arbeiten und lernende Systeme sind, was eine gewisse Flexibilität ermöglicht.
Es gibt allerdings einen weiteren Grund, warum KI und ChatGPT-Modelle im Bereich der Kreativität oder Kunst eingesetzt werden, obwohl dies kommerziell keinen sonderlichen Erfolg oder Profit verspricht: Ich sehe eine Analogie zur damaligen Entwicklung herausragender Computer-Software - es lag ein sehr großer Reiz darin, zu zeigen, dass ein Computer in der Lage ist, einen Menschen im Schach zu schlagen. (Die kommerziellen Aspekte waren dabei ähnlich vernachlässigenswert wie bei der Teflon-Pfanne und der bemannten Raumfahrt.) Da ging es eher um einen symbolischen Wert: zu zeigen, dass eine Software einen Menschen dort schlagen kann, wo es undenkbar schien, denn Schach ist ein sehr komplexes Spiel, bei dem es nicht nur um den unterschiedlichen Wert von Spielfiguren geht (Bauer schlägt Turm ist von Vorteil, Turm schlägt Bauer ist von Nachteil), sondern wo ausschlaggebend und spielentscheidend ist, strategisch zu denken, verschiedene Szenarien zu vergleichen, mit Figuren räumliche Schlüsselpositionen zu besetzen und auch Bluffs und Ablenkungsmanöver erkennen zu können. Wie wir wissen, gelang der Umschlag vor mehr als einem Jahrzehnt: heutzutage ist der Mensch der Außenseiter und der Computer der Favorit.
So ähnlich sehe ich den Einsatz von KI und ChatGPT-Modellen auf dem Bereich der Kunst: es geht eher um einen symbolischen Wert - es geht darum, zu zeigen, dass künstliche Intelligenz in der Lage ist, mit dem Menschen gleichzuziehen oder ihn zu übertreffen auf einem Gebiet, das er als seine Domäne betrachtet: die Kreativität.
Das gelingt derzeit noch nicht. Was gelingt, ist, anhand von Mustererkennung und Simulation anhand von großen Datenmengen beispielsweise Musik zu generieren, die mainstremmäßig erfolgreich sein kann und die auf Anweisungen von Menschen (prompts) reagiert. Dies ist ein Mix aus der Erkennung und Befolgung bestimmter Regeln und Mustern, die recht gut herauszufiltern sind, sowie der Orientierung an bestimmten Anweisungen, welche direkt eingegeben werden. Was mich persönlich überhaupt nicht tangiert, weil ich die Musik, die dabei herauskommt, schon - von wenigen Ausnahmen abgesehen - auch dann weiträumig umschiffe, wenn sie von Menschenhand geschaffen wird. Aber das ist eben auch nur ein Teil dessen, worum es geht.
x-Riff